2134/AB XXII. GP

Eingelangt am 19.11.2004
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BM für Justiz

 

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0054-Pr 1/2004

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2187/J-NR/2004

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Vergünstigungen für den zu lebenslanger Haft verurteilten Wolfgang Ott“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Der Leiter der Justizanstalt Graz-Karlau gewährte dem Strafgefangenen Wolfgang Ott im Zeitraum vor seinem Fluchtversuch die Vergünstigungen des Tragens eigener Oberbekleidung (§ 24 Abs. 3 Z 1 StVG), die Benutzung eines eigenen Fernsehgerätes sowie eines eigenen Personalcomputers (§ 24 Abs. 3 Z 3 StVG) und gemäß § 24 Abs. 3 StVG in Verbindung mit der generell erteilten Zustimmung des BMJ vom 25. Jänner 1994 die Aufstockung des Hausgeldes aus Eigengeldern auf das 20-fache der höchsten Vergütungsstufe (für die Bezugstermine ab 1. Jänner 2004 maximal 108,80 Euro monatlich).

Zu 2:

Ein Zusammenhang zwischen den gewährten Vergünstigungen und dem Versuch des Untergebrachten Wolfgang Ott, aus der Justizanstalt Graz-Karlau in einem verschlossenen, zur Auslieferung bestimmten und auf einen LKW verladenen Kasten zu flüchten , besteht nicht.

Zu 3:

Gemäß § 24 Abs. 1 StVG sind Strafgefangenen, die erkennen lassen, dass sie an der Erreichung der Zwecke des Strafvollzuges mitwirken, auf deren Ansuchen geeignete Vergünstigungen zu gewähren. Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 18.2.1999, GZ 97/20/0742), wonach es sich zumindest bei der Gewährung von Vergünstigungen, die nicht an die Zustimmung des BMJ gebunden sind, im Fall des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen um ein subjektiv-öffentliches Recht des Strafgefangenen handelt, gewährt der Leiter der Justizanstalt Graz-Karlau den zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Personen Vergünstigungen unbeschadet ihres Strafausmaßes vor allem unter Beachtung der Mitwirkung des Insassen an der Erreichung der Vollzugszwecke. Daher erhalten die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Personen Vergünstigungen in mit anderen Strafgefangenen vergleichbarer Raschheit und Anzahl.

Zu 4:

Die Angemessenheit der Gewährung von Vergünstigungen ist vor dem Hintergrund der Zwecke des Strafvollzuges zu beurteilen, weil alle im Rahmen des Strafvollzuges ergriffenen Maßnahmen der Erreichung dieser Zwecke dienen. Nach § 24 Abs. 1 StVG dürfen Vergünstigungen nur Strafgefangenen gewährt werden, die erkennen lassen, dass sie an der Erreichung der Zwecke des Strafvollzuges mitwirken (§ 20 StVG). Dieser Zustand kann – unabhängig von der Straflänge – bei einem Strafgefangenen früher, bei anderen später eintreten. Der Zweck des § 24 StVG geht dahin, diese geänderte, positive Motivation durch geeignete Vergünstigungen zu stärken. Eine starre Bindung der Gewährung von Vergünstigungen an den Vollzug einer bestimmten Strafzeit, widerspräche dem pädagogischen Zweck des § 24 StVG.

Zu 5:

In der Justizanstalt Graz-Karlau wurden zum Stichtag 19. Oktober 2004 insgesamt 46 Personen mit lebenslanger Freiheitsstrafe angehalten. Diesen Personen wurden unterschiedliche Vergünstigungen nach § 24 Abs. 3 Z 1 bis 5 StVG gewährt. Die Unterschiede bei der Gewährung von Vergünstigungen resultieren einerseits aus der Qualität der Mitwirkung des Strafgefangenen an der Erreichung der Ziele der Anhaltung, andererseits aus den unterschiedlichen Ansuchen der Insassen und nicht zuletzt aus der Eignung der konkret beantragten Vergünstigung. Da es sich bei der Gewährung von Vergünstigungen um höchst individuell zu bemessende pädagogische Maßnahmen handelt, scheint ein Vergleich zwischen einzelnen Strafgefangenen nach der Länge der Freiheitsstrafe nicht zielführend.

Zu 6:

Der Untergebrachte Wolfgang Ott versuchte die Anstalt in einem zur Auslieferung bestimmten verschlossenen und auf einen LKW geladenen Kasten die Anstalt zu verlassen. Im Rahmen der Sicherheitskontrolle in der Schleuse der Justizanstalt Graz-Karlau wurde der Kasten geöffnet und Wolfgang Ott entdeckt. Um auch weiterhin derartige Fluchten zu unterbinden, werden die die Justizanstalt Graz-Karlau verlassenden Fahrzeuge und deren Ladegut ständig kontrolliert. Zusätzlich wird im Schleusenbereich ein Pulsfrequenzmessgerät installiert werden, das die Detektion von in Kraftfahrzeugen versteckten Personen ermöglichen wird.

Zu 7:

Ich plane derzeit keine grundsätzliche Änderung der Regelungen über die Verbüßung lebenslanger Freiheitsstrafen.

 

. November 2004

 

(Maga. Karin Miklautsch)