2137/AB XXII. GP

Eingelangt am 22.11.2004
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

BM für Wirtschaft und Arbeit

 

Anfragebeantwortung

 

Präsidenten des Nationalrates

Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL

 

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

                                Wien, am 18. November 2004

 

                                Geschäftszahl:

                        BMWA-10.101/5074-IK/1a/2004

 

 

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2168/J betreffend Umgehung von bergrechtlichen Genehmigungspflichten für Schottergruben, welche die Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen am 22. September 2004 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage:

 

Nach § 2 Abs. 1 des Mineralrohstoffgesetzes - MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999, in der Fassung der Mineralrohstoffgesetznovelle 2001, BGBl. I Nr. 21/2002, und der Kundmachung BGBl. I Nr. 83/2003, gilt dieses Bundesgesetz u. a. für das Gewinnen mineralischer Rohstoffe. Nach der Legaldefinition des Begriffes „Gewinnen“ im § 1 Z 2 MinroG sind darunter das Lösen oder Freisetzen (der Abbau) mineralischer Rohstoffe und die damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten zu verstehen.

 

Das MinroG stützt sich kompetenzmäßig - soweit im vorliegenden Zusammenhang von Relevanz - auf den Kompetenztatbestand „Bergwesen“ (Art. 10 Abs. 1 Z 10 BVG).

Nach den Ausführungen in den Erläuterungen des § 1 der Regierungsvorlage betreffend das MinroG, 1428 der Beilagen zu den Stenografischen Protokollen des Nationalrates, XX. GP, sind Eingriffe in die Erdkruste im Zusammenhang mit Straßen-bauten, mit der Verbesserung landwirtschaftlicher Böden („Bodenaustausch“), mit dem Ausheben von Baugruben u. dgl., nicht mehr dem Gewinnen im Sinne des § 1 Z 2 MinroG zuzurechnen. In Bezug auf Straßen und Eisenbahnbauten ist hiezu auch das Erkenntnis des VfGH vom 12. Dezember 1992, G 171/91-29, G 115/92-22 von Bedeutung, in dem der VfGH ausdrücklich ausführt, dass Eisenbahn- und Straßentunnel von den im Verhältnis zum „Bergwesen“ spezielleren Kompetenztatbeständen „Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen“ und „Angelegenheiten, der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei“ erfasst werden.

 

Das Gewinnen mineralischer Rohstoffe setzt nach dem MinroG, unabhängig von seiner sehr weiten Definition, immer ein gewisses operationales Ziel, nämlich den planmäßigen Abbau der Erdkruste voraus. Maßnahmen, die ein anderes Ziel, wie etwa die Anlage eines Fischteiches, einer Deponie oder des Bodenaustauschs im Rahmen der Landwirtschaft vor Augen haben, bei welchem als Nebenprodukt  Schotter anfällt, unterliegen daher nicht dem MinroG; dies unabhängig davon, ob der (als Nebenprodukt) angefallene Schotter in weiterer Folge wirtschaftlich verwertet wird oder nicht.

 

Ob im Einzelfall ein dem Mineralrohstoffgesetz unterliegendes Vorhaben geplant ist, ergibt sich insbesondere aus der Art der vorgesehenen Tätigkeit, aus dem Zeitraum, während dessen das Vorhaben verwirklicht werden soll sowie daraus, ob das Ausmaß der Schotterentnahme für den angegebenen Zweck erforderlich ist.

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.

 

Antwort zu den Punkten 4 und 5 der Anfrage:

 

Nach § 178 Abs.1 MinroG hat die Behörde bei Außerachtlassung der im § 174 Abs.1 leg.cit. angeführten Rechtsvorschriften - zu diesen zählt auch das MinroG selbst - dem Bergbauberechtigten aufzutragen, den vorschriftswidrigen Zustand binnen    angemessener Frist zu beheben. Wird diesem Auftrag nicht, nur unvollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen, so gilt das Verwaltungsvollstreckungs-gesetz 1991.

 

Im Falle eines nach dem MinroG genehmigungspflichtigen, aber nicht genehmigten Schotterabbaus bedeutet dies, dass die Behörde die unverzügliche Einstellung der Arbeiten bis zum Vorliegen eines rechtskräftig genehmigten Gewinnungsbetriebs-planes aufzutragen hat. Wird diesem Auftrag nicht nachgekommen, ist nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 vorzugehen.

 

Unabhängig davon ist ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 193 Abs. 1 MinroG   wegen eines unbefugten Bergbaus durchzuführen.

 

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Das Mineralrohstoffgesetz sieht eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für Bergschäden vor. Nach § 160 Abs.1 leg.cit. liegt ein Bergschaden vor, wenn durch eine Bergbautätigkeit ein Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wird. Ersatzpflichtig ist der Bergbauberechtigte, wenn die Bergbauberechtigung jedoch nicht mehr aufrecht ist, der zuletzt Bergbauberechtigte. Nach § 161 Abs.3 MinroG ist einem Bergbauberech-tigten gleichgestellt, wer, ohne Inhaber einer Bergbauberechtigung zu sein oder ohne dass ihm die Ausübung einer solchen Berechtigung überlassen worden ist, tatsächlich eine Bergbautätigkeit ausübt.


Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Nach Auskunft der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten wurde die wasserrechtliche Bewilligung für einen Fischteich vom Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 1. März 2002 erteilt. In der Begründung dieses Bescheides sei u.a. Folgendes ausgeführt worden: „Was die Frage einer Bewilligungspflicht nach dem Mineralrohstoffgesetz betrifft, ist auszuführen, dass Zweck dieses Fischteiches einzig allein die Fischzucht ist und daher die Schotterentnahme lediglich ein unabdingbares Nebenprodukt - auch im wirtschaftlichen Sinne - darstellt. Eine Bewilligungspflicht nach dem MinroG wäre nur dann anzunehmen, wenn ausschließlicher Zweck die Schotterentnahme wäre, was im gegenständlichen Fall absurd erscheint, da es ausschließlich um Fischzucht geht.“

 

 

Antwort zu den Punkten 8 bis 10 der Anfrage:

 

Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten als die für einen Schotterabbau in der KG Ebersdorf zuständige MinroG-Behörde hat die Frage einer bergrechtlichen Bewilligungspflicht für den in Rede stehenden Fischteich wie folgt beurteilt:

 

„Nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten ist bei verwaltungsbehördlich bewilligten Anlagen, bei deren Errichtung Material anfällt, das in der Folge verwertet wird, grundsätzlich keine zusätzliche Genehmigung nach dem Mineralrohstoffgesetz erforderlich.

 

Bei jedem Vorhaben (Gebäude, Straße, Teich, Lagerplatz und ähnlichem), bei dem verwertbares Material anfällt, wird es aus wirtschaftlich logischen Gründen auch zu einer Verwertung dieses Materials kommen. Bei einer möglichen Genehmigungspflicht nach dem Mineralrohstoffgesetz müsste jedes dieser Vorhaben einer strengen Prüfung unterzogen werden, was zu einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand führen würde.

 

Da es bei jedem solchen Vorhaben zu einer wirtschaftlichen Verwertung des anfallenden Materials kommen wird, kann aus Gründen der Gleichbehandlung und des Rechtsschutzes nur dann von einer wirklichen Umgehung des Mineralrohstoffge-setzes gesprochen werden, wenn das Vorhaben entweder tatsächlich nicht verwirklicht wird oder von vornherein überwiegend beabsichtigt ist, Material zu gewinnen.

 

Im ersten Fall wird eine solche Feststellung jedoch ex ante von der Behörde nicht getroffen werden können - eine Umgehung des Mineralrohstoffgesetzes, die die Behörde zu einer Maßnahme nach § 178 leg. cit. berechtigt, wird hier erst dann nachweisbar vorliegen, wenn zwar das Material verwertet wurde, das ursprünglich bewilligte Vorhaben aber tatsächlich nicht ausgeführt wurde. Im zweiten Fall wird eine  überwiegende Materialgewinnungsabsicht durch ein eingereichtes Projekt ex ante nur bei Vorliegen stichhaltiger Anhaltspunkte angenommen werden können (z.B. übermäßig lange Ausführungsdauer des Vorhabens, nicht erforderlicher, tiefer Eingriff in die Erdkruste etc.), wobei auch solche Anhaltspunkte keinen sicheren Beweis bilden.

 

Aus rechtsstaatlicher und auch aus verwaltungsökonomischer Sicht wird daher beim Großteil der Fälle eine ex post-Betrachtung angestellt werden müssen. Falls die   Behörde dabei zur Auffassung gelangt, dass das ursprünglich bewilligte Vorhaben nicht ausgeführt wird und nur eine Materialentnahme vorgenommen wurde, muss ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt werden; (wünschenswert wäre es, den Strafrahmen des § 193 Abs. 1 Mineralrohstoffgesetz erheblich zu erhöhen).

 

Im gegenständlichen Fall ist durchaus argumentierbar, dass neben dem Zweck der Fischzucht die Verwertung des anfallenden Materials von vornherein beabsichtigt war. Es kann jedoch vor dem tatsächlichen Betrieb der Anlage nicht bewiesen     werden, dass hier der Zweck der Materialverwertung das überwiegende oder vordringliche Motiv bei der Errichtung der Fischteichanlage ist.


Auch wenn das anfal-lende Material laufend verwertet wird, so schreitet die Errichtung der Fischteich-anlage doch zügig voran, es erscheint der Betrieb einer Fischzucht im Rahmen der Landwirtschaft durchaus sinnvoll und es dürfte die Herstellung der Anlage mittels Nassbaggerung die kostengünstigste Variante sein.“