2164/AB XXII. GP
Eingelangt am 02.12.2004
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. 11.500/0006-I/CS3/04
An den
Präsidenten des
Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 W i e n
Wien, .
2004
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr.
2185/J-NR/2004 betreffend PPP-Projekte der ASFINAG, die die Abgeordneten
Kräuter und GenossInnen am 5. Oktober 2004 an mich gerichtet haben, beehre ich
mich wie folgt zu beantworten:
Mit der
Kenntnisnahme eines von meinem Haus gemeinsam mit dem Bundesministerium für
Finanzen am 03.12.2003 eingebrachten Ministerratsvortrages hat die
Bundesregierung beschlossen, zur beschleunigten und wirtschaftlicheren
Umsetzung von Infrastrukturprojekten, vor allem im Straßenbau, neue Wege zu
gehen. Die ASFINAG als zuständige ausgegliederte Gesellschaft wurde ermächtigt,
zur Realisierung der notwendigen Investitionen in der Ostregion die alternative
Vergabe von Bau und Betrieb in einem, als Konzessionsmodell zu prüfen und
gegebenenfalls auszuschreiben. Die ASFINAG ist angehalten, als
Aktiengesellschaft die für die Volkswirtschaft und damit auch für den Bund als
Eigentümer wirtschaftlichste Form zu prüfen. Wie sich international gezeigt
hat, ist durch die Hereinnahme privater Partner durchaus eine weitere
Steigerung der Wirtschaftlichkeit, betrachtet über den gesamten Lebenszyklus
einer Straße, erreichbar. Eine englische Studie konnte z.B. bei
PPP/PFI-Projekten Einsparungen in der Höhe von 17% feststellen. Die britische
Highways Agency gibt bei ihren PPP-Projekten einen durchschnittlichen
Kostenvorteil von 15% gegenüber der traditionellen Beschaffung an.
Zu den Ihrerseits zitierten
Ausführungen des Rechnungshofs in seinem Tätigkeitsbericht 1995 kann nur soviel
angemerkt werden, dass es seit 1995, vor allem im Infrastrukturbereich, eine
starke Weiterentwicklung von PPP Modellen in Europa gegeben hat und wie schon
damals vom Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst angemerkt, die
vertragliche Absicherung der angesprochenen Risiken schon oftmals erfolgt ist
und daher für beide Partner das Risiko einschätzbar ist.
Bezüglich Ihrer
negativen Anmerkungen zum Erfolg des fahrleistungsabhängigen Mautsystems möchte
ich festhalten, dass durch die mehrmalige Wiederholung einer Behauptung diese
nicht an Glaubwürdigkeit gewinnt.
Im nachfolgenden
erlaube ich mir, die Fragen im Einzelnen zu beantworten:
Frage
1:
Welche genau definierten
Risken der Straßenbetreibung werden an den privaten Betreiber im Zuge des
PPP-Projektes übertragen ?
Antwort:
Die ASFINAG
beabsichtigt die teilweise oder vollständige Übertragung verschiedener Risiken
an die Projektgesellschaft (den Betreiber). Hievon sind beispielhaft als
maßgebliche Risiken die Baukostenüberschreitung, das Fertigstellungsrisiko, das
Betriebsrisiko und somit auch das Betriebskostenrisiko sowie das Verfügbarkeitsrisiko
der Bundesstraßen zu nennen.
Welche Risiken in
genauer Definition und Umfang an den privaten Betreiber übertragen werden, ist
Ergebnis des Verhandlungsverfahrens mit den Bietern, welches die ASFINAG
durchführt und das plangemäß mit Anfang 2005 starten und bis Anfang 2006
abgeschlossen werden soll.
Frage
2:
Inwieweit
garantieren die Ausschreibungsbedingungen ein bestimmtes Haftungs-kapital der
Betreibergesellschaft ?
Antwort:
Die
Ausschreibungsbedingungen sind derzeit in Ausarbeitung. Von den privaten
Partnern wird jedenfalls die Projektgesellschaft mit ausreichendem Eigen- und
Fremdkapital auszustatten sein, das ausschließlich für den Bau und Betrieb der
umfassten Straßen zu verwenden sein wird. Insbesondere wird der
Eigenkapitalanteil für Risiken und Haftungen der Projektgesellschaft
herangezogen.
Frage
3:
Warum sollten sich
private Unternehmen angesichts der technischen und rechtlichen Probleme der
ASFINAG mit dem derzeitigen Mautsystem auf das Risiko einer spekulativen Höhe
einer "Schattenmaut" einlassen, die von der ASFINAG weitergeleitet
werden soll ?
Antwort:
Für das
beabsichtigte Vergütungsmodell für die Projektgesellschaft und insbesondere für
die Schattenmaut gibt es im europäischen Umfeld eine Reihe erfolgreicher
Anwendungsfälle. Es ist demnach davon auszugehen, dass das vorgesehene
Vergütungsmodell von den privaten Unternehmen akzeptiert wird.
Darüber hinaus ist
zu bemerken, dass die angestrebte Schattenmaut in keinem Zusammenhang mit dem
derzeitigen Mautsystem steht. Bei einer Schattenmaut werden die Fahrzeuge
gezählt und je Kfz pro Abschnitt eine frequenzabhängige Zahlung vom
Konzessionsgeber an den Konzessionsnehmer ausgelöst.
Frage
4:
Wie soll die von der
ASFINAG proklamierte "Schattenmaut" im Rahmen des sogenannten
"Kombinierten Vergütungsmodells" konfiguriert sein und wie soll das
Geld eingehoben werden ?
Antwort:
Auch für die
beabsichtigte Schattenmaut gibt es im europäischen Umfeld eine Reihe
erfolgreicher Anwendungsfälle. Jedenfalls wird die Echtbemautung (Vignette und
fahrleistungsabhängige Maut für Kfz>3,5t) auf den Konzessionsstrecken durch
die ASFINAG und in gleicher Weise wie auf dem gesamten Bundesstraßennetz
("ASFINAG-Netz") stattfinden. Die Schattenmaut-Zahlungen an die
Projektgesellschaft erfolgen losgelöst von der Echtbemautung direkt durch die
ASFINAG. Die genaue Konfiguration der Schattenmaut ist Ergebnis des
Verhandlungsverfahrens mit den Bietern, welches die ASFINAG durchführt und plangemäß mit Anfang 2005 starten und
bis Anfang 2006 abgeschlossen werden
soll.
Frage
5:
Ist es richtig, dass
die ASFINAG versucht, das tschechische Teilstück der Nordautobahn (etwa 22 km
lang) in ihr PPP-Projekt aufzunehmen, finden Verhandlungen mit Tschechien statt und wie ist der
derzeitige Verhandlungsstand ?
Antwort:
Mit Hilfe einer
PPP-Realisierung ist es möglich, die Ausbauprojekte Richtung Tschechien und die
Nord-Ost-Umfahrung Wiens rascher zu realisieren. Damit kann ein Teil jenes
Zeitverlustes, der nicht zuletzt durch die ablehnende Haltung zum Ausbau der
Straßenverbindungen Richtung neue EU-Staaten in früheren Jahren entstanden ist,
wieder wett gemacht werden. Wenn nunmehr mit den tschechischen Stellen
Sondierungsgespräche über gemeinsame Finanzierungs-/Realisierungs-modelle für
die grenzüberschreitenden Strecken geführt werden, entspricht dies der in der
Van Miert Gruppe geborenen Idee, gemeinsamen grenzüberschreitenden Projekten
eine höhere EU-Mitfinanzierung angedeihen zu lassen.
Dass im Zuge dieser
gemeinsamen Planungen auch über die Möglichkeit der PPP-Realisierung und einer
möglichen EIB-Finanzierung gesprochen wird, ist ein Gebot der Vernunft. Diese
Gespräche erfolgen im Rahmen eines sogenannten „Crossborder management“. Das
sind bilaterale Highlevel-Arbeitsgruppen, die auf meine Initiative inzwischen
mit den Ländern Tschechien, Ungarn und Slowakei zur Abstimmung unserer
grenzüberschreitenden Planungen eingerichtet wurden.
Frage
6:
Stimmen Sie mit
Vorstandsvorsitzenden Walter Hecke überein, dass ein entsprechendes PPP-Projekt
die Betriebskosten senken könne und wenn ja, wie reagieren Sie auf diese
vernichtende Selbstkritik des Vorstandes der ASFINAG Walter Hecke an seinen
eigenen Managementfähigkeiten und an der ASFINAG insgesamt ?
Antwort:
Wie bereits
ausgeführt, erwartet sich der Bund und die ASFINAG bei Realisierung eines
PPP-Projektes eine wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit. Diese soll aus dem
Gesamtauftrag, das heißt Detailplanung, Bau, Finanzierung und Betrieb
entstehen. Es ist daher auch eine Einsparung während des Betriebes möglich.
Auf Grund der bisherigen
Regelung der betrieblichen Erhaltung im Wege über die pauschalen Werkverträge
mit den Ländern, die 1997 vom damaligen Bundesministerium für wirtschaftliche
Angelegenheiten, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen
verhandelt und mit den Bundesländern abgeschlossen wurden, ist eine Einsparung
unter betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten beschränkt möglich gewesen. Mit
den in Gründung befindlichen Betriebsgesellschaften soll eine unter
betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten abgewickelte Betriebsführung durch die
ASFINAG erfolgen. Auch für diesen Prozess sind die Erkenntnisse aus dem ersten
PPP-Projekt hilfreich. Durch den entstehenden Wettbewerb und die durch die
Neuorganisation zu erwartenden Effizienzen wird es der ASFINAG nunmehr möglich
sein, auch im Straßenbetrieb zusätzliche Einsparungen zu generieren.
Frage
7:
Inwieweit wäre es
der ASFINAG möglich, Bundesstraßen, die in die Bundeskompetenz fallen, an
Private zu verpachten oder zu vermieten ?
Antwort:
Gemäß § 6 letzter
Absatz des ASFINAG-Ermächtigungsgesetztes 1997 ist die ASFINAG ermächtigt, ihr
Fruchtgenussrecht mit Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen an Dritte
zu übertragen.
Frage
8:
Was setzen Sie den
grundsätzlichen Einwänden des Rechnungshofes entgegen, dass der Bau und der
Betrieb einer Autobahn mit einer Vertragszeit von 30 Jahren von Privaten
naturgemäß so gestaltet werden wird, dass nach Vertragsablauf enorme
Sanierungskosten für die öffentliche Hand anfallen ?
Antwort:
Für Errichtung,
Betrieb und Rückübertragung nach Ablauf der Konzessionsdauer werden
Qualitätsstandards für den Zustand der Straßen definiert und vertraglich
vereinbart. Eine Nichteinhaltung dieser Standards für Errichtung und Betrieb
führt zu einer entsprechenden Reduzierung der Vergütungszahlungen an die
Projektgesellschaft. Auch die rückzuübertragende Strecke hat aufgrund
vertraglicher Regelungen einem Mindestqualitätsstandard zu entsprechen, welcher
sich schon alleine aus den geltenden Normen und Vorschriften (z.B. RVS) ergibt
und der, falls nicht eingehalten, zu entsprechenden Ansprüchen gegen den
privaten Partner führen wird. Die genaue Festlegung dieser
Sicherungsmechanismen für die ASFINAG in diesem Falle ist ebenfalls Ergebnis
des Verhandlungsverfahrens mit den Bietern.
Darüber hinaus sei angemerkt,
dass mit dem Rechnungshof bereits Gespräche geführt werden.
Frage
9:
Wie stehen Sie zu
den nicht verstummenden Gerüchten, dass mit dem PPP-Projekt von
Vorstandsvorsitzenden Hecke ein Vorstoß für die Einführung einer PKW-Maut durch
die Hintertür geplant ist und wie stellt sich Herr Hecke die Einhebung einer
PKW-Maut eigentlich technisch vor ?
Antwort:
Ich habe bereits
mehrmals klargestellt, dass die Einführung einer fahrleistungs-abhängigen
PKW-Maut derzeit für die Bundesregierung kein Thema ist und nicht zur
Diskussion steht.
Mit freundlichen
Grüßen