2210/AB XXII. GP

Eingelangt am 21.12.2004
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

GZ. BMVIT-10.000/0015-I/CS3/2004     DVR:0000175

 

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017   W i e n

 

 

Wien,       .             2004

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2243/J-NR/2004 betreffend Absichten zur Stilllegung von 72 „B-Strecken“ des österreichischen Schienennetzes, die die Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 4. November 2004 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Zu den Fragepunkten 1 bis 4, 9 bis 10 und 12 bis 14

Was ist im einzelnen der Inhalt des in den SN vom 27.10.2004 erwähnten „Strategieplans“ im Bereich des ÖBB-Personenverkehrs?

 

Welche 72 Strecken sind angesprochen?

 

Welche dieser 72 Strecken im einzelnen sollen komplett stillgelegt werden, und bis wann soll dies jeweils geschehen? Wir ersuchen Sie um detaillierte Beantwortung.

 

Sind von den offenbar beabsichtigten Angebotsreduktionen a) B-Strecken, b) C-Strecken, d) Strecken beider Art befasst?

 

Besteht in der ÖBB Güterverkehr bzw. der künftigen ÖBB Güterverkehrs AG Personalmangel, sodass die den SN zufolge von einem ÖBB-Manager angekündigte Verwendung des im Zuge des gegenständlichen Streichkonzerts im Personenverkehr überzählig werdenden Personals im Güterverkehr realistisch ist? Wenn ja, bitte beziffern Sie den Personalmangel im ÖBB-Güterverkehr bzw. in der künftigen ÖBB Güterverkehrs AG, wenn nein, bitte um Angabe, für welche Funktionen im künftigen ÖBB-Konzern Personenverkehr überzählig werdendes Personal stattdessen vorgesehen ist.

 

Ist tatsächlich der Auftrag an die Post-Bahnbus-Spitze ergangen, entsprechende Linienpläne anstelle der zur Einstellung oder Angebotsreduktion vorgesehenen Schienenstrecken zu erstellen? Wenn ja, von wem?

 

Ist es zutreffend, dass das gesamte bundesweite Synergiepotential Bus-Schiene mit 14,5 Mio Euro pro Jahr zu beziffern ist? Wenn ja, wie erklärt sich die Differenz zu den hier kolportierten 150 Mio Euro Einsparungsziel pro Jahr?

 

Welche Maßnahmen zur besseren Auslastung der offenbar schlecht ausgelasteten ÖBB-Post-Busse sind abgesehen von einer Umlagerung von Bahnpassagieren für Sie anzustreben, und welche Maßnahmen haben Sie diesbezüglich im einzelnen gesetzt?

 

Welche Auswirkungen hätte eine Angebotskürzung des beschriebenen Ausmaßes, die ja zum Schreiben schwarzer Zahlen, also zur Eigenwirtschaftlichkeit, führen soll, auf die jährlichen Zahlungen des Bundes an die ÖBB, insbesondere für Gemeinwirtschaftliche Leistungen? Da der Detaillierungsgrad sowie die gesetzwidrige Frequenz Ihrer bisherigen Berichterstattung an das Parlament hiezu keinen Aufschluss ermöglicht, ersuchen wir Sie um Quantifizierung und um Offenlegung Ihrer entsprechenden Kalkulationsgrundlagen im einzelnen.

 

 

Es muss von Seiten des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie grundsätzlich festgestellt werden, dass das Unternehmen ÖBB mit dem Bundesbahngesetz (BBG 92) ab 1.1.1993 hinsichtlich seines Absatzbereiches, also des Personen- und Güterverkehres, in die wirtschaftliche Unabhängigkeit entlassen worden ist. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des § 1 BBG 92 obliegt daher die Tarifgestaltung im Personen- und Güterverkehr sowie die Führung oder Nicht-Führung von Zügen der ausschließlichen Entscheidung des Managements der ÖBB (kaufmännischer Bereich).

 

Einflussnahmen durch den Verkehrsminister sind daher nicht möglich. Das ehemals weit gefasste Weisungsrecht des Bundesministers ist gemäß § 12 BBG 92 auf allgemeine verkehrspolitische Grundsatzweisungen und auf Anweisungen im Katastrophenfall eingeschränkt worden. Durch das Bundesbahnstrukturgesetz 2003 und die nunmehrige ÖBB-Holding AG ändert sich daran  nichts.

 

Ebenso unterliegt die Wahl von Geschäftsfeldern oder Marktstrategien der freien Entscheidung des Managements der ÖBB (Vorstand) und wird nur durch die Grenzen der Geschäftsordnung des Vorstandes eingeschränkt, die bestimmte Tätigkeiten und Maßnahmen von der Zustimmung des Aufsichtsrates abhängig machen kann. Ausnahmen sind - wie oben erwähnt - nur in den sehr eingeschränkten Fällen des § 12 BBG (Verkehrspolitische Weisung und Weisung im Falle von Naturkatastrophen) möglich. Solche Weisungen sind jedoch auch durch den Weisungsgeber (= Bund) in jedem Einzelfall anzuordnen und auch gesondert an die ÖBB zu bezahlen.

 

Ich habe aber die Österreichischen Bundesbahnen mit der gegenständlichen parlamentarischen Anfrage befasst und erlaube mir nachstehend folgende Anmerkungen der ÖBB mitzuteilen:

 

 

 

Zu Frage 1:

Die Strategie des ÖBB-Personenverkehrs wurde dem Aufsichtsrat der Österreichischen Bundesbahnen präsentiert und deckt sich in keiner Form mit den Aussagen der Salzburger Nachrichten.

 

Zu Frage 10:

Die Gestaltung des regionalen Verkehrsangebots erfolgt in Abstimmung mit den Bestellern bzw. den Verkehrsverbünden, vorzugsweise im Rahmen lokaler, regionaler und überregionaler Verkehrskonzepte. Das gilt auch für Schiene-Bus-Abtäusche.

Im Zuge der Zusammenlegung der beiden Busdienste wurde zwischen der ÖBB-Schiene und dem Post-/Bahnbus ein Abstimmungsprozess für Marktauftritt und Angebotsplanung vereinbart.

 

Zu Frage 13:

Die Auslastung der Busse und der einzelnen Kurse ist sehr unterschiedlich und kann keinesfalls als generell schlecht bezeichnet werden. Zur weiteren Erhöhung der Auslastung wird einerseits das Angebot laufend verbessert und werden andererseits gezielte Marketingaktivitäten gesetzt.

 

Zu Frage 14:

Sobald die ÖBB das mit dem Bund im gemeinwirtschaftlichen Leistungsvertrag vereinbarte Grundangebot im Nahverkehr von 59 Mio. Zug-km unterschreiten, werden die Zahlungen an die ÖBB aliquot gekürzt. Die ÖBB fahren derzeit im Nahverkehr über 62 Mio. Zug-km.

 

Fragen 5 und 6:

Was werden Sie gegen die beabsichtigten Stilllegungen unternehmen?

 

Welche Möglichkeit haben die Aufgabenträger, sich gegen Angebotskürzungen zur Wehr zu setzen, und wie werden Sie die Aufgabenträger dabei im Sinne Ihrer Aussagen pro Nahverkehr und pro Verlagerung des Güterverkehrs unterstützen?

 

Antwort:

Grundsätzlich ist dazu anzumerken, dass es den Eisenbahnkunden frei steht, sich selbst jedes Eisenbahnunternehmen zu wählen, das um die notwendigen Zugtrassen ansucht und diese auch bekommen muss, sofern die Strecken im juristischen Sinn noch nicht eingestellt sind.

 

Durch den Abschluss bzw. das Vorhandensein von Verkehrsdiensteverträgen haben die Aufgabenträger Einfluss auf die Angebotsgestaltung. Die Fahrplangestaltung und der Leistungsumfang wird gemäß diesen Verträgen mit den Bestellern abgestimmt.

 

Frage 7:

Welche Möglichkeit werden Sie vorsehen, um sicherzustellen, dass die Aufgabenträger für den Nah- und Regionalverkehr im Falle von Rückzugsabsichten der ÖBB dennoch ein Verkehrsangebot auf der Schiene, etwa durch Dritte, bestellen können?

 

Antwort:

Bei Übernahme des Betriebes der Infrastruktur würde auch für Dritte die Erhaltung der Infrastruktur gemäß dem Privatbahnunterstützungsgesetz gefördert werden. Dies bedeutet, dass Investitionen in die Infrastruktur im Schlüssel 50 : 50 / Bund : Dritte geteilt werden. Ausgaben für die Infrastrukturerhaltung sollten 80 : 20 / Bund : Dritte geteilt werden und sind somit gleich wie bei den Österreichischen Bundesbahnen.

 

 

 

Frage 8:

Welche Aktivitäten werden Sie ergreifen, um die als Argument für Angebotsreduktion angeführten höheren Kilometerkosten „der Eisenbahn“ im Nahverkehr zu reduzieren, etwa durch gezielte Förderung effizienterer Light-Rail-Betriebsmittel?

 

Antwort:

Für die von Ihnen angeführten Maßnahmen existiert keine Fördermöglichkeit.

 

Frage 11:

Welcher Anteil der Infrastrukturkosten auf B- und C-Netzstrecken sind jeweils Fixkosten und daher durch Reduktion des Zugsangebots nicht reduzierbar?

 

Antwort:

Die Österreichischen Bundesbahnen teilen mit, dass der Anteil der Fixkosten an den Infrastrukturkosten grundsätzlich der weitaus überwiegende ist. Die Kostencharakteristik einer Strecke zeigt jedoch häufig Fixkostensprünge, die sich aus Veränderungen des Verkehrsaufkommens, aus geänderten Öffnungszeiten oder aus Investitions- und Erneuerungsmaßnahmen ergeben. Eine generelle Aussage kann aus diesem Grunde nicht getätigt werden.

 

 

Mit freundlichen Grüßen