2226/AB XXII. GP

Eingelangt am 28.12.2004
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BM für Gesundheit und Frauen

 

Anfragebeantwortung

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/0173-I/A/3/2004

Wien, am      23. Dezember 2004

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 2293/J der Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde wie folgt:

 

Frage 1:

In den Arbeiten zur Gesundheitsreform und den Arbeiten für die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheits-wesens wurde die Schnittstellenproblematik berücksichtigt. Die Vereinbarung und die vom Parlament beschlossenen Gesetze bilden die Basis für die Entwicklung von bundesweit gültigen Rahmenvorgaben zur Bewältigung des Nahtstellenmanagements. In einem ersten Schritt ist nun sowohl die Bundesgesundheitsagentur zu etablieren und ein Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen zu gründen, in deren Aufgabenbereich u.a. auch die Entwicklung von Rahmenvorgaben zum Nahtstellenmanagement fällt. Um den Empfehlungen aus den abgeschlossenen Projekten zu folgen, wären demnach Rahmenvorgaben zum Aufnahme- und Entlassungsmanagement zu entwickeln, die die Qualität und Kontinuität der Versorgung sicherstellen, aber genügend Freiraum für die individuelle Behandlung der Patientinnen- und Patientenbedürfnisse ebenso zulassen wie das Reagieren auf lokale und sektorale Gegebenheiten.

 

Frage 2:

Im Laufe des Jahres 2005 werden die Bundesgesundheitsagentur und ein „Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen“ errichtet werden und ihre Arbeit aufnehmen. Ab diesem Zeitpunkt kann mit der Entwicklung und Verbindlichmachung von Standards im Bereich des Nahtstellenmanagements begonnen werden. Dabei kann auf gute Vorarbeiten aus den bundesweiten und aus regionalen Projekten zurückgegriffen werden.

 

Die Instrumente, die im Rahmen des Projektes MedTogether (Projekt zur Verbesserung des Schnittstellenmanagements zwischen ambulanter und stationärer Versorgung) entwickelt wurden, werden bereits im Frühjahr 2005 allen österreichischen Leistungsanbietern durch die Publikation der Projekter-gebnisse zur Verfügung gestellt.

 

Frage 3:

Laut Schätzung von Expertinnen und Experten bedürfen derzeit rund 15-20% aller stationären Krankenhauspatientinnen und –patienten aufgrund der komplexen medizinischen, pflegerischen, therapeutischen und/oder sozialen Situation einer individuell spezifischen Unterstützung im Entlassungsprozess (koordinierte Entlassung, Überleitpflege, etc.). Daher ist zunächst zu prüfen, ob Personen, die sich ausschließlich mit der Koordination der Nahtstellenprozesse beschäftigen, für jedes österreichische Krankenhaus notwendig sind. Weiters ist abzuklären, welchem Versorgungsbereich diese Personen idealerweise zugeteilt werden sollten (dies kann sowohl der extra- als auch der intramurale Bereich sein) und aus welchem beruflichen Bereich diese Personen kommen sollten (sozial, ärztlich, pflegerisch, therapeutisch..). Weiters ist auf regionale und strukturelle Voraussetzungen und Anforderungen Bedacht zu nehmen. Ebenso sind für diesen Aufgabenbereich spezifische Anforderungen und Kenntnisse notwendig, wie sie im Positionspapier des Projektes MedTogether beschrieben sind.

 

Fragen 4 und 7:

Im Zuge der Umsetzung der Gesundheitsreform und nach Aufbau der dazu notwendigen Strukturen sowohl in meinem Ressort als auch in der Bundes-gesundheitsagentur und im „Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen“ wird an der Weiterentwicklung von Instrumenten und Maßnahmen zur Verbesserung des Nahtstellenmanagements - insbesondere des Aufnahme- und Entlassungsmanagements - auf Basis der Ergebnisse der vorangegangenen Projekte gearbeitet werden. Unterstützung der Leistungserbringerinnen und -erbringer im Gesundheitswesen wird es auch durch die Entwicklung und Erstellung von Bundesqualitätsleitlinien und Bundesqualitätsrichtlinien geben.

 

Ein wichtiger Aspekt in der Gesundheitsreform ist die Gesundheitsförderung für alle Beteiligten. Besonders auch den pflegenden Angehörigen wird der gesund-heitsförderliche Aspekt bei der Bewältigung des Nahtstellenmanagements zugute kommen. Eine für Patientinnen und Patienten, aber auch für deren Angehörige sofort spürbare Verbesserung erwarte ich mir von der in der eben abgeschlossenen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens enthaltenen Verpflichtung der Krankenanstalten, die Medikationsempfehlungen bei der Entlassung unter Berücksichtigung des Erstattungskodex zu erstellen und erforderlichenfalls auch eine Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Krankenversicherungsträger einzuholen.

 

Im Übrigen ist auch auf das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz zu verweisen, das im interdisziplinären Tätigkeitsbereich des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege ausdrücklich auf die Aufgaben der Vorbereitung auf die Entlassung, Hilfestellung bei der Weiterbetreuung sowie die Beratung und Sorge für die Betreuung auch nach einer physischen oder psychischen Erkrankung abstellt (siehe genau § 16 Abs 3 Z 2 und 4 GuKG). Diese Aufgaben des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sollten ebenso ein wirkungsvoller Beitrag sein, die Situation pflegender Angehöriger zu verbessern.

 

Frage 5:

Ich trete in jedem Zusammenhang für eine Optimierung der Hauskrankenpflege ein. Dies gilt auch für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

Weder die Initiative noch der Abschluss eines Vertrages betreffend Hauskranken-pflege liegen jedoch in meinem Kompetenzbereich. Dennoch habe ich, wie schon erwähnt, im Rahmen des Gesundheitsreformpaketes dafür Sorge getragen, dass alle Akteurinnen und Akteure im Gesundheitswesen gemeinsam an der Bewältigung des Nahtstellenmanagements arbeiten werden.

 

Frage 6:

Entlassungsmanagement ist ein Prozess, der im Krankenhaus initiiert wird.

Den Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin kommt dabei die Rolle von extramuralen Partnerinnen/Partnern zu, die wohlinformiert und wohlvorbereitet die Patientinnen und Patienten wieder in häusliche Betreuung übernehmen können. Die Rolle der Ärztin/des Arztes für Allgemeinmedizin muss vor allem hinsichtlich des patient/inn/enorientierten Fallmanagements definiert werden.

 

Frage 8:

Um diese Ergebnisse auch umzusetzen, finden sich sowohl im Gesundheits-reformpaket als auch in der Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG Bestimmungen, dass die nahtstellenrelevanten Ergebnisse der aufgrund der vorangegangenen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Neustrukturierung des Gesundheits-wesens und der Krankenanstaltenfinanzierung, BGBl. I Nr. 60/2002, durchge-führten und abgeschlossenen Projekte sinnvoll in die Entwicklung der Rahmen-vorgaben mit einzubeziehen sind.

 

Beispielsweise wurde schon bei der Durchführung des Projektes MedTogether darauf geachtet, bereits gewonnene Ergebnisse und Erfahrungen zum Thema Nahtstellenmanagement in die Arbeiten strukturiert einfließen zu lassen.

So wurden in einer Vorstudie alle nahtstellenrelevanten Projekte in Österreich zusammengefasst. Jene Expertinnen und Experten, die in die Erstellung dieser Vorstudie und auch in das Projekt eingebunden waren, haben nicht nur einen Projektbericht verfasst, der detailliert Auskunft über die Methoden, Maßnahmen und Ergebnisse gibt, sondern sie haben alle Aktivitäten und Projekte kondensiert und zu einem Positionspapier zusammengefasst.

 

Frage 9:

Insbesondere möchte ich den Artikel 5 der Vereinbarung gem. Art 15a B-VG hervorheben, der das Nahtstellenmanagement im Interesse der Patientinnen und Patienten regelt. Dazu sind von der Bundesgesundheitsagentur die Rahmenvor-gaben im Hinblick auf Struktur, Prozesse und gewünschte Ergebnisse festzulegen.

 

So werden zumindest die Verantwortung und die Kostentragung, ebenso die Ressourcenplanung und –sicherstellung sowie der funktionierende Informations-transfer zur organisatorischen Sicherstellung eines nahtlosen Überganges der Patientinnen- und Patientenversorgung zwischen leistungserbringenden Einrichtungen geregelt. Besonders möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass alle diese Rahmenvorgaben ein gesundheitsförderndes Umfeld zu berücksichtigen haben.

 

Im Zuge der Gesundheitsreform wurden einige Gesetze novelliert bzw. unter anderem auch ein Entwurf eines Gesetzes zur Qualität von Gesundheits-leistungen erarbeitet. In diesen Normen finden sich Bestimmungen zum Nahtstellenmanagement. Die Umsetzung soll u.a. durch die Bundesgesund-heitsagentur in Zusammenarbeit mit dem „Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen“ und allen relevanten Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern erfolgen.

 

Die sozialversicherungsgesetzlichen Rahmenbedingungen zur Verbesserung des Schnittstellenmanagements werden mit der 63. ASVG Novelle geschaffen. Hauptverband und Sozialversicherungsträger werden zur Teilnahme an einer - insbesondere mit Bund und Ländern - gemeinsamen Steuerung und Planung der Gesundheitsversorgung verpflichtet. Der Einsatz von finanziellen Mitteln für übergreifende Projekte des intra- und extramuralen Bereiches wird ausdrücklich für zulässig und notwendig erklärt.

 

In der Verordnungsermächtigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zum Nahtstellenmanagement (künftiger § 84b ASVG) ist auch die Bestimmung von geeigneten Koordinationsformen für den gesamten Behandlungsprozess eines Krankheitsbildes angeführt. Darunter ist die Installierung eines/einer Fall(Behandlungs)managers/managerin - insbesondere für den Übergang aus dem intramuralen in den extramuralen Bereich - subsumierbar.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin