2262/AB XXII. GP

Eingelangt am 05.01.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2321/J-NR/2004 betreffend Schienenverkehrs-Abbau in
Ungarn und Folgen für Österreich, die die Abgeordneten Moser, Freundinnen und Freunde am 16.
November 2004 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Frage 1:

Ist Ihnen die beschriebene Entwicklung des Schienenverkehrs in Ungarn bekannt?

Antwort:

Aufgrund meiner häufigen Kontakte mit meinen Kollegen aus den Nachbarstaaten sind mir die
Probleme der jüngsten EU-Mitglieder im Schienenverkehr durchaus bekannt. Daher bin ich auch
über die Situation in Ungarn informiert, muss jedoch festhalten, dass hinsichtlich der finanziellen
Zahlungsströme jedes Mitgliedsland autonom agieren kann und grundsätzlich durch die
Wettbewerbsaufsicht der Europäischen Kommission kontrolliert wird. Hinsichtlich der
Infrastrukturausbauten haben meine zuständigen Beamten regelmäßig Kontakte aufgrund eines
seit dem Jahre 1999 bestehenden Eisenbahnkooperationsabkommens mit Ungarn, worin der
Schieneninfrastrukturausbau mit Ungarn festgelegt ist.

Frage 2:

Ist die Vorgangsweise Ungarns mit den vertraglichen und sonstigen Übereinkünften zwischen
Österreich und Ungarn mit Bezug zum Schienenverkehr vereinbar?

Antwort:

Hinsichtlich jener Verträge und Vereinbarungen zwischen Österreich und Ungarn, welche die
wichtigen Infrastrukturausbauten betreffen, sind keine Diskrepanzen festzustellen. In den übrigen
Angelegenheiten ist Ungarn als autonomer Staat selbst verantwortlich.

Fragen 3, 4 und 5:

Welche Informationen, Untersuchungen o.ä. liegen Ihnen zu den negativen Konsequenzen vor, die
a) das Veralten des Wagenmaterials, b) die Qualitätsverschlechterung der ungarischen
Schieneninfrastruktur für die österreichische Bevölkerung mit sich bringt, etwa im Hinblick auf


Schienenverkehrslärm oder auf Verlagerung von Verkehrsströmen von der Schiene auf die
Straße?

Welche Möglichkeiten bestehen, auf die Einhaltung des europarechtlichen Rahmens des
Schienenverkehrs in Nachbarstaaten wie speziell Ungarn hinzuwirken, und welche
entsprechenden Schritte haben Sie auf bilateraler und auf europäischer Ebene gesetzt?

Haben Sie oder Ihre Regierungskollegen insbesondere Ihren ungarischen Amtskollegen oder
andere Mitglieder der ungarischen Regierung auf dieses Problem und auf die Folgen der
Vorgangsweise für Österreich aufmerksam gemacht, wenn ja, wann und wen, wenn nein, warum
nicht?

Antwort:

Grundsätzlich ist dazu festzuhalten, dass mir die entsprechenden Informationen aufgrund meiner
bilateralen Kontakte sowie aufgrund von Informationen meiner zuständigen Beamten vorliegen.
Wie ich schon ausgeführt habe, versuche ich mit meinem ungarischen Amtskollegen auf bilateraler
und auch auf europäischer Ebene allfällige Probleme hinsichtlich Rollmaterial und Infrastruktur zu
lösen. Im Übrigen ist Ungarn als EU-Mitglied verpflichtet, alle gemeinschaftsrechtlichen
Vorschriften des Bahnsektors einzuhalten, sodass davon auszugehen ist, dass bei Nichteinhalten
die Kommission als Hüterin der Verträge eingreifen wird.

Frage 6:

Welche sachlichen Gründe gibt es für die Schwierigkeiten und langwierigen Verzögerungen bei der
Zulassung von Lokomotiven, Triebwagen u. dgl. aus den Beitrittsstaaten für den Verkehr auf dem
österreichischen Schienennetz?

Antwort:

Während Reisezugwagen im Allgemeinen als dem RIC-Abkommen unterliegende und analog
Güterwagen dem RIV-Abkommen unterliegende Schienenfahrzeuge ohne Einschränkungen aus
den Nachbarstaaten H, SK, CZ nach Österreich übergehen können und auch eisenbahnrechtlich
dürfen, ist für Triebfahrzeuge (Lokomotiven und Triebwagen) über die Grenzbahnhöfe hinaus aus
diesen, wie allen anderen Nachbarländern, also auch Deutschland und der Schweiz ein nationales
Zulassungsverfahren erforderlich. Technische Grundlage hierfür sind

          z. T. abweichende gesetzliche Bestimmungen (z.B. Schienenfahrzeug-Lärmzulässigkeits-
verordnung, Arbeitnehmerschutzbestimmungen) von den Herkunftsländern abweichende
Infrastrukturbedingungen (z. B. Fahrstromsysteme, Zugsicherungssysteme, Steilrampen)

          z. T. abweichende Sicherheitsstandards (z. B. Brandschutz)

Dennoch gelang es in den letzten Jahren, alle Zulassungsverfahren zu einem positiven Abschluss
zu bringen, sodass z. B. die neuen Siemens-Hochleistungslokomotiven von MAV und GYSEV
österreichweit erfolgreich eingesetzt werden.

Voraussetzung für die eisenbahnrechtliche Genehmigung in Österreich ist u.a. auch die
Genehmigung im Herkunftsland, die sich beim CD-Neigezug derzeit wegen hartnäckiger
technischer Probleme in Tschechien erheblich verspätet.

Es gibt derzeit kein einziges Triebfahrzeug aus H, SK, CZ, dessen Österreicheinsatz beantragt,
aber ohne allgemein anerkannte technische Probleme nicht genehmigt ist. Um diesen Missstand
erst gar nicht entstehen zu lassen, sind die Experten meines Hauses bemüht, frühzeitig Kontakte


auch zu den Herstellern und Betreibern dieser Länder herzustellen, um bereits hier Abstimmungen
vornehmen zu können.

Im Übrigen werden auf Gemeinschaftsebene laufend technische Harmonisierungen durchgeführt -
ich darf hier nur beispielhaft die Richtlinien zur Eisenbahninteroperabilität und die dazugehörigen
technischen Spezifikationen sowie die Richtlinie für die Eisenbahnsicherheit erwähnen - und es ist
davon auszugehen, dass in absehbarer Zeit keine nationalen Genehmigungen mehr erforderlich
sein werden.

Mit freundlichen Grüßen