2285/AB XXII. GP
Eingelangt am 10.01.2005
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BM für Wirtschaft und Arbeit
Anfragebeantwortung
Präsidenten des Nationalrates Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL Parlament 1017 Wien |
Wien, am
5. Jänner 2005
Geschäftszahl:
BMWA-10.101/5098-IK/1a/2004
In Beantwortung
der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2294/J betreffend Steinbruch
Hollitzer Bad Deutsch-Altenburg, welche die Abgeordneten Dr. Eva
Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen am 10. November 2004 an mich richteten,
stelle ich fest:
Antwort zu
den Punkten 1 bis 3 der Anfrage:
Die nach dem Mineralrohstoffgesetz (MinroG) für die
Aufsicht über den gegenständlichen Betrieb zuständige Bezirkshauptmannschaft
Bruck an der Leitha hat zu diesen Fragen Folgendes ausgeführt:
„Die seit 12.4.2004 im Bereich der Pfaffenbergsiedlung
durchgeführten Luftgütemessungen haben bis 31.8.2004 kein einziges Mal eine
Überschreitung des Grenzwertes von 50 µg/m³ als Tagesmittelwert laut Anhang 1
zum IG-L für PM10 ergeben.
Die Grenzwerte aller übrigen Parameter gemäß IG-L,
ausgenommen Ozon, wurden eingehalten, wobei die Konzentrationen weit von
Grenzwerten entfernt waren. Bei Ozon wurde der Zielwert von 120 µg/m³ einige
Male überschritten. Die Grenzwerte der Informationsschwelle wurden am 19.8.2004
einmal kurzfristig überschritten.
Aufgrund der Messergebnisse wurden dem
Steinbruchbetreiber keine Maßnahmen vorgeschrieben.
Die von je einem Amtssachverständigen für Geologie, Schieß-
und Sprengmittelwesen sowie Bautechnik (Statik) eingeholten Gutachten
hinsichtlich der Durchführung von Sprengungen im Steinbruch der Hollitzer
Baustoffwerke Betriebs-Gesellschaft m.b.H. und der Auswirkungen der Sprengungen
auf Gebäude haben Folgendes ergeben:
Sämtliche im Zeitraum zwischen 13.2.2004 und 7.6.2004 durchgeführten
Erschütterungsmessungen lagen unter 2,6 mm/sec und somit deutlich unter dem
Richtwert für Häuser der Gebäudeklasse III von 10 mm/sec.
Der Amtssachverständige
für Geologie kommt zu dem Schluss, dass entsprechend der ÖNORM S 9020
schädigende Auswirkungen der von den Sprengungen im Steinbruch ausgehenden
Erschütterungen auf Gebäude im genannten Zeitraum auszuschließen sind.
Bei der Einsichtnahme in die Sprengprotokolle
durch den Amtssachverständigen für Geologie und den Amtssachverständigen für Schieß-
und Sprengmittel im Zuge einer unangekündigten Überprüfung vor Ort konnten
keine Verstöße gegen die einschlägigen Bestimmungen festgestellt werden.
Der Amtssachverständige für Bautechnik (Statik)
kam aufgrund von Literatur zu in Schweden durchgeführten Untersuchungen
betreffend die Rissbildung an Gebäuden, die über zehn Jahre keinen
Erschütterungen ausgesetzt waren, zu dem Schluss, dass das Schadensrisiko durch
Erschütterungen bei Schwinggeschwindigkeiten unter 12,5 mm/sec praktisch gleich
Null ist.
Gemäß ÖNORM S 9020 betragen die zulässigen
Schwinggeschwindigkeiten zwischen 5 mm/sec (Gebäudeklasse IV) und 30 mm/sec
(Gebäudeklasse I).
Die bei mehreren Ortsaugenscheinen vorgefundenen
Risse an den besichtigten Gebäuden wären ohne die Zusatzbelastung (Sprengungen)
zu einem späteren Zeitpunkt auch aufgetreten. Die Zusatzbelastung alleine würde
in einem spannungsfreien Bauteil keinen Riss verursachen.
Aufgrund der obigen Feststellungen wurden vom
Amtssachverständigen für Bautechnik (Statik) folgende Schlussfolgerungen
gezogen:
· Die Errichtung eines Bauwerkes führt unvermeidlich zu Spannungen in und zwischen verschiedenen Bauteilen, als deren Folgen Entspannungsrisse auftreten.
· Temperaturänderungen bilden materialmäßig die bei weitem größte Belastung eines Baustoffes.
· Die Belastung eines Bauteiles durch eine Temperaturdifferenz von 1°C erfordert Schwinggeschwindigkeitsbeträge von größenordnungsmäßig 10 mm/sec.
·
Es gibt keine
typischen Sprengschäden, weil die vorhandenen Bauwerksspannungen die
maßgebliche Rolle für die Rissbildung spielen.
Aufgrund der
Ausführungen der beigezogenen Amtssachverständigen kommt die Behörde zu dem
Schluss, dass seitens dieser keine Maßnahmen im Sinne des § 179 MinroG zu
ergreifen sind, da die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht gegeben sind.
Aufgrund der eingeholten
Sachverständigengutachten und der Tatsache, dass keine
Grenzwertüberschreitungen durch Emissionen vorliegen, kann seitens der
Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha keine unzumutbare Situation für die
ansässige Bevölkerung erkannt werden.
Demzufolge vertritt die
Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha die Auffassung, dass keine Maßnahmen
im Sinne des § 68 Abs.3 AVG 1991 zu setzen sind.“
Hiezu ist ergänzend auszuführen, dass mit dem (offensichtlich gemeinten) Bescheid der (ehemaligen) Berghauptmannschaft Wien vom 22. Juli 1998, GZ 12.242/2/98, keine „Abbauberechtigung“ erteilt wurde (näheres siehe zu den Fragen 4 und 5).
Antwort zu
den Punkten 4 und 5 der Anfrage:
Der Tagbau Pfaffenberg
wurde durch die am 1. Jänner 1991 in Kraft getretene Berggesetznovelle 1990,
BGBl. Nr. 355, dem bergrechtlichen Regime unterstellt. Vorher fand darauf
die Gewerbeordnung Anwendung. Aufgrund der Übergangsbestimmungen im § 238
des Berggesetzes 1975 in der Fassung der Berggesetznovelle 1990 galten die
Gewinnungsbewilligungen für die den gegenständlichen Tagbau betreffenden
Abbaufelder „Hollitzer I bis VII“ ex lege als erteilt.
Ab 1. Jänner 1995
(Inkrafttreten der Berggesetznovelle 1994, BGBl. Nr. 633), bedurfte die
Aufnahme sowie nach einer länger als 5 Jahre dauernden Unterbrechung die
Wiederaufnahme des Gewinnens grundeigener mineralischer Rohstoffe in einem
Abbaufeld eines genehmigten Aufschluss- und Abbauplanes.
Für Fälle, in denen der
Abbau zwischen dem 1. Jänner 1991 (Inkrafttreten der Berggesetznovelle 1990)
und dem 1. Jänner 1995 (Inkrafttreten der Berggesetznovelle 1994) aufgenommen
worden war, sah die Übergangsbestimmung im Art. II der Berggesetznovelle 1994
die Anordnung von Sicherheitsmaßnahmen nach § 203 Abs.2 des Berggesetzes 1975
auf Antrag einer von dem Gewinnen betroffenen Partei vor.
Mit dem in Rede stehenden Bescheid vom 22. Juli 1998 hat
die Berghauptmannschaft unter Bezugnahme auf einen von der Unternehmung
vorgelegten Rahmenbetriebsplan gemäß § 203 Abs.2 des Berggesetzes 1975 eine
Reihe von derartigen Sicherheitsmaßnahmen angeordnet. Hiezu ist auszuführen,
dass Rahmenbetriebspläne nach dem Berggesetz 1975 ua. dann aufzustellen waren,
wenn mineralische Rohstoffe in einem bergbaulich nicht genützten Gebiet
abgebaut werden sollten oder eine solche Tätigkeit eine erhebliche Erweiterung
erfahren sollte. Rahmenbetriebspläne bedurften keiner Genehmigung und waren
damit auch nicht genehmigungsfähig. Der gegenständliche Rahmenbetriebsplan
wurde von der Berghauptmannschaft daher auch ausdrücklich (nur) zur Kenntnis
genommen. Der Begründung dieses Bescheides ist zu entnehmen, dass die
Berghauptmannschaft auch Artikel II der Berggesetznovelle 1994 angewendet hat.
Nach dem angeführten Rahmenbetriebsplan sollte im Endausbau
eine Fläche von 27,6 ha in Anspruch genommen werden.
Antwort zu
Punkt 6 der Anfrage:
Wie zu den Fragen 2, 4 und 5 ausgeführt, handelt es sich bei dem in Rede stehenden Bescheid der Berghauptmannschaft um keinen Genehmigungsbescheid, sondern um einen Maßnahmenbescheid. Dieser hätte jederzeit durch einen weiteren Bescheid nach § 203 Abs. 2 des Berggesetzes 1975 ganz oder teilweise ersetzt werden können und könnte dies derzeit auf Grund des § 179 Abs. 2 MinroG werden, wenn sich herausgestellt hätte bzw. herausstellen sollte, dass mit den angeordneten Maßnahmen der Schutz der im § 203 Abs. 2 des Berggesetzes 1975 bzw. § 179 Abs. 2 MinroG angeführten Güter nicht gewährleistet werden konnte bzw. kann. Daran vermag die von der Berghauptmannschaft gebrauchte Formulierung, dass die - im Spruch näher angeführten - „Maßnahmen für einen Zeitraum von 60 Jahren ab Dezember 1997 angeordnet“ werden, nichts zu ändern; damit wird nämlich nur zum Ausdruck gebracht, dass die mit diesem Bescheid angeordneten Maßnahmen während der gesamten vorgesehenen Betriebsdauer einzuhalten sind.
Anordnungen im Bescheid der
Berghauptmannschaft Wien vom 22. Juli 1998, GZ 12.242/2/98:
1. Bei Fortsetzung
des Gesteinsabbaues mit unverritzter Oberfläche ist der Mutterboden und der
Abraum abzuschieben und im Tagbaugelände für die spätere Rekultivierung
zwischen zu lagern.
2. Der Mutterboden
und der Abraum ist mindestens 12 m von der obersten Abbaukante gemessen
abzuschieben.
3. Der freigelegte
Abraumstreifen entlang der obersten Tagbaukante ist unter Berücksichtigung des
Abbaufortschrittes mitzuführen.
4. Die Etagen sind in
Abständen von max. 26 m mit einer Breite von mind. 40 m anzulegen.
5. Die Gewinnung des
Kalksteines hat durch Sprengung zu erfolgen.
6. Die Sprenganlage
ist als Einreihsprengung auszuführen, wobei die Kopfbohrlöcher mit einer
Vorgabe von max. 6 m, einem Seitenabstand von max. 3,5 m, angeordnet werden.
Die Sohlbohrlöcher sind zwischen den Kopfbohrlöchern auf der tiefer liegenden
Etage anzuordnen. Bei Kopfbohrlöchern und Sohlbohrlöchern mit einem Durchmesser
von 90 mm sind die Kopfbohrlöcher
mit 17,5 kg Gelatin Donarit bzw. Rovolit und 100 kg Rovolan bzw. Lambrit zu
laden. Die Besatzlänge muss mind. 15 cm betragen.
7. Für die Zündung
der Sprengstoffladesäulen sind je Bohrloch und je Zustand des Bohrloches (nass
oder trocken) detonierende Zündschnüre mit 12 g/m (trocken) und 24 g/m (nass)
in Verbindung mit Millisekundenzündern zu verwenden.
8. Für jedes Bohrloch
ist eine eigene Zündstufe der Millisekundenzünder zu verwenden.
9. Entlang der
Tagbaugrenzen sind, soweit Absturz gefährdete Böschungen vorliegen,
Einzäunungen von mind. 80 cm Höhe anzubringen.
10. Entlang der Tagbaugrenze sind
neben der Einfriedung Tafeln mit dem Hinweis „Das Betreten des Bergbaugebietes
ist Unbefugten gemäß § 9 der ABPV verboten“ aufzustellen.
11. Förderwege innerhalb des
Tagbaues und Werksplätze sind so Instand zu halten, dass bei gewöhnlicher
Vorsicht niemand Gefahr läuft bei ihrer Benützung Schaden zu leiden.
12. Alle Arbeitsstellen im Tagbau
müssen gefahrlos erreichbar sein.
13. Vor Aufnahme der Bohrarbeit
für die Sohlbohrlöcher sind die Etagenböschungen von lockeren Gesteinsbrocken
zu säubern.
14. Wenn die Gefahr von
Kopfverletzungen besteht, haben alle Arbeitnehmer bei ihrer Tätigkeit einen
Helm zu tragen.
15. Sollte für die Rekultivierung
Fremdmaterial erforderlich sein, so ist zur Kontrolle dieses zugeführten und
bewuchsfähigen Materials für alle 5000 m³ eine Unter-suchung vorzunehmen. Zu
diesem Zweck ist von einem Organ der mit der Untersuchung betrauten staatlichen
anerkannten Anstalt eine repräsentative Mischprobe herzustellen und auf die in
der ÖNORM S 2072 angeführten Inhaltsstoffe im Eluat untersuchen zu lassen und
zwar auf pH-Wert, elektrische Leitfähigkeit, Geruch, Aussehen, GSB,
Kohlenwasserstoffe, PAK, BTX, TOC, Gesamtphenole, Gesamtstickstoff und
Ammoniumstickstoff.
16. Das Eluat des Fremdmaterials
darf die Eluatklasse I gemäß ÖNORM nicht überschreiten.
17. Der Tagbau ist alle zwei
Jahre mit einer tachymetrischen Geländeaufnahme zu vermessen und das
Vermessungsergebnis in einer Tagbaukarte (in Form einer Mutterpause)
darzustellen. Die Tagbaukarte ist im Maßstab 1:2500 zum Vergleich mit dem
derzeit aktuellen Bestandsplan herzustellen.
18. Die Rekultivierungsvorgänge
haben dem Abbau zu folgen. Bei Beginn der Abbauphase 3 muss die
Renaturierungsphase 1 abgeschlossen sein.
Antwort zu
Punkt 7 der Anfrage:
Nach Angabe der
Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha liegen folgende Genehmigungen für
den Betrieb des Steinbruches Pfaffenberg vor:
· gewerberechtlicher Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 19. März 1908 zur Errichtung und zum Betrieb eines Steinbruchs zur Erzeugung von Bruchsteinen und Schotter auf dem Grundstück Nr. 1613 der KG Bad Deutsch Altenburg (Anmerkung: Dieser Bescheid ist mit Unterstellung des Abbaues per 1. Jänner 1999 unter das Bergrecht obsolet geworden.)
· naturschutzrechtliche Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft für die Errichtung und die Erweiterung einer Anlage zur Gewinnung von Steinen, Kies, Schotter etc. (Kalksteinbergbau) in den Katastralgemeinden Bad Deutsch Altenburg und Hainburg an der Donau vom 17. Dezember 1997
· Rodungsbewilligung der Bezirkshauptmannschaft zur Rodung des Waldbestandes im Ausmaß von 24 ha vom 11. Juli 1958
· Wasserrechtliche Bewilligung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 31. März 1992 in der Fassung eines Bescheides vom 4. Juni 1998 zur
Ø Errichtung einer Anlage für die Oberflächenentwässerung des Waschplatzes, des Betankungsplatzes und einer Abstellfläche für Schwerfahrzeuge im Werksbereich der Fa. Hollitzer,
Ø Einleitung von Oberflächenwässern nach Reinigung in einer Abscheideanlage, bestehend aus Sandfang und Restölabscheider mit einem Gehalt von weniger 20 mg/l Summe der Kohlenwasserstoffe mit einer Menge von max. 1,8 l/s bei Trockenwetter bzw. 7,5 l/s bei Regenwetter in den Mischwasserkanal der Gemeinde B.D.A.,
Ø Errichtung einer Anlage für die Oberflächenentwässerung des Werksbereiches mit Speicherung in einem dichten Becken und großflächiger Rückverregnung und
Ø Errichtung einer Anlage zur Erfassung der
Oberflächenwässer des Tagbaubereiches mit Ableitung in mehreren Versitzmulden.
Im Übrigen ist auszuführen, dass Angelegenheiten des Naturschutzes sowie des Wasser- und des Forstrechtes nicht in den Vollziehungsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit fallen.