2288/AB XXII. GP
Eingelangt am 10.01.2005
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BM
für Gesundheit und Frauen
Anfragebeantwortung
Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Dr.
Andreas Khol
Parlament
1017
Wien
Wien, am 5 . Jänner 2005
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche
parlamentarische
Anfrage Nr. 2352/J der Abgeordneten Mag. Gisela
Wurm und GenossInnen wie folgt:
Die
Unterschiede hinsichtlich Inzidenz, Prävalenz und Symptomatik bei Männern und
Frauen mit KHK (koronarer Herzerkrankung) erscheinen einerseits biologisch
bedingt, hängen andererseits aber auch mit dem Lebensstil zusammen:
Frauen
haben während der reproduktiven Lebensphase einen gewissen Schutzfaktor durch
Östrogene, welcher jedoch in der Menopause fehlt. Dies führt dazu, dass Frauen
im Durchschnitt um rund zehn Jahre später als Männer an
Herz-Kreislauferkrankungen (Schlaganfälle mit eingeschlossen) erkranken. Die
koronare Herzkrankheit ist die führende Todesursache bei Frauen über dem
65. Lebensjahr. Aufgrund des zunehmenden Anteils älterer Frauen an der
Gesamtbevölkerung ist die Anzahl der Frauen mit Herz-Kreislauferkrankung
absolut gesehen im Ansteigen, der Anteil beträgt über 50%. Zusätzlich wirken
sich die Lebensstilfaktoren auf die Herzgesundheit von Frauen aus, so ist die
Anzahl der Raucherinnnen in den letzten 20 bis 30 Jahren wesentlich gestiegen.
In
Österreich beträgt die Zahl der im Jahre 2002 an Krankheiten des
Herz-Kreislaufsystems verstorbenen Frauen 532,8 pro 100.000 Frauen (im
Vergleich dazu beträgt die Zahl der Verstorbenen im Jahr 2002 bei den Männern
379,0 pro 100.000); (Statistik Austria, Jahrbuch der Gesundheitsstatistik
2002).
Das
Risiko für die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer KHK wird bei Frauen
meist unterschätzt, da die Beschwerden sowohl von den Patientinnen selbst als
auch von ihren behandelnden Ärzten eher mit anderen Ursachen erklärt oder als
weniger bedrohlich wahrgenommen werden.
Zu den wichtigen Maßnahmen
im Präventiv-
und im Behandlungsbereich bei KHK zählt, das Bewusstsein auf eine erhöhte
Aufmerksamkeit für die Diagnostik kardiovaskulärer Erkrankungen bei Frauen zu
lenken, wichtig ist auch die Sensibilisierung mittels gezielter Informationen
für Frauen über Herz-Kreislauferkrankungen (wie z.B. Erkennen der Beschwerden
und Präventionsmaßnahmen).
Generell
ist mir die Umsetzung der Prinzipien der „geschlechtergerechten Medizin“ ein
großes Anliegen. Frau Prof. Anita Rieder, die Autorin des Buches „Gender
Medizin“ wird von mir immer wieder als Beraterin herangezogen. Ich verweise
auch auf die Berichterstattung über mein Zusammentreffen mit der amerikanischen
Kardiologin und Begründerin der „gender based medicine“, Frau Prof. Marianne
Legato und meinen Appell an die medizinische Ausbildung und Praxis, die
Prinzipien der geschlechtergerechten Medizin umzusetzen.
Frage
1:
Die
genaue Registrierung von Todesursachen ist ein wichtiges Anliegen der
Gesundheitsstatistik. Im internationalen Vergleich ist die
Todesursachenstatistik in Österreich äußerst präzise. Dies steht mit einer
relativ hohen Obduktionsrate in Zusammenhang.
Tatsache
ist aber, dass Frauen nicht nur öfter Herzkrankheiten erleiden als Männer,
sondern auch einen Herzinfarkt seltener überleben, die Ursache hiefür ist
wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt.
Frage
2:
Es
wird von einer Obduktion abgesehen, wenn der Totenbeschauarzt dies wegen einer
Einschätzung der Eindeutigkeit der Todesursache nicht für notwendig erachtet.
Bei dieser Einschätzung fließt auch das Alter des/der Verstorbenen ein. Bei
hohem Alter (Frauen haben bekannterweise eine höhere Lebenserwartung als
Männer) sind chronische Myokardschäden (inklusive Mikroinfarkten) infolge der
altersbedingten Arteriosklerose häufiger. Ein sogenannter „natürlicher Tod“ in
hohem Alter ist an mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer
Arteriosklerose begleitet und wahrscheinlich auch verursacht.
Frage 3:
Wichtig
ist jedenfalls die präventivmedizinische Konsequenz der Todesursachenstatistik,
d.h. der Einfluss der Zahlen auf die Gesundheitsversorgung. Frauen werden im
Schnitt nicht nur älter, sondern sind auch im Allgemeinen gesundheitsbewusster,
was u.a in einer höheren Frequenz der Arztbesuche (verglichen mit Männern) zum
Ausdruck kommt. Frauen haben auch insgesamt eine viel längere körperliche
Aktivität (die auch eine längere Selbstständigkeit zu Hause gewährleisten
kann). Die in rezenten wissenschaftlichen Studien beschriebene Tatsache, dass
Herzinfarkte bei Frauen öfter übersehen werden als bei Männern ist jedoch ein
Hinweis auf den Bedarf intensiverer Vorsorgebemühungen: mein Ressort entwickelte
gemeinsam mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger die
„Vorsorgeuntersuchung neu“, die erstmals alles- und geschlechterspezifisch
differenziert u.a. auch auf die Früherkennung und Verhütung von
Herz-Kreislaufkrankheiten ausgerichtet ist. Ein wichtiges Ziel ist nicht nur
eine Frequenzerhöhung der Vorsorgeuntersuchungen, sondern auch ein
genderspezifisches Vorgehen in der praktischen Durchführung. Im Zusammenhang
mit der „Vorsorgeuntersuchung neu“ wird ein Gesundheitspass für SeniorInnen
konzipiert, der den SeniorInnen noch im Jahre 2005 zur Verfügung stehen soll.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Rauch-Kallat
Bundesministerin