2305/AB XXII. GP
Eingelangt am 14.01.2005
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BM
für Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ. BMF-310205/0055-I/4/2004
Herrn
Präsidenten
des
Nationalrates
Dr. Andreas
Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr
Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr.
Einleitend
möchte ich darauf hinweisen, dass vom Bundesministerium für Finanzen bereits im
Spätsommer 2004 Erhebungen zum Thema Besteuerung von Alkopops durchgeführt
wurden. Dies geschah im Rahmen der Beantwortung der schriftlichen
parlamentarischen Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Christoph Hagen und
Kollegen, Nr. 2234/J-BR, vom 22. Juli 2004, betreffend Sonderabgabe auf
Alkopops. Diese Anfrage und deren Beantwortung sind als Beilage angefügt.
Der Grundtenor der damaligen Anfragebeantwortung war, dass die
Einführung einer Sondersteuer auf Alkopops nach internationaler Erfahrung den
gewünschten Zweck aus vielerlei Gründen nicht erfüllt. Dies deshalb, weil
Ausweichversuche unternommen werden. Getränke werden z.B. in Verbundform
verkauft (Alkohol + Fruchtkonzentrat werden zwar zusammen, aber in getrennten
Behältern angeboten) oder es erfolgt eine Nachfrageverlagerung auf andere
Alkoholika (z.B. auf Wein- und Bierbasis) bzw. Inhaltsstoffe, Zucker- und
Säuregehalte. In einem weiteren Schritt müsste dann eine neue Definition des
Besteuerungsgegenstandes erfolgen. Eine in den Materialien referenzierte (vom
Bundesministerium für Finanzen jedoch nicht näher untersuchte) deutsche Studie
soll sogar zeigen, dass die
Einführung der Steuer wegen des möglichen Ausweichens (z.B. auf andere
Inhaltsstoffe) gesundheitspolitisch nachteilige Effekte erzielen könnte (wie
z.B. Allergien).
Vom Bundesministerium für Finanzen wird daher nach wie vor die Meinung vertreten,
dass es primär Aufgabe der Jugendschutzgesetzgebung ist, hinsichtlich des
Konsums von Alkohol (Alkopops) durch Jugendliche lenkend einzugreifen. In
diesem Zusammenhang ist auch auf die in der eingangs angeführten
Anfragebeantwortung dargelegte Aussage des Wirtschaftsausschusses des deutschen
Bundesrates (Drucksache 387/1/04) hinzuweisen, der im Zusammenhang mit der
Einführung der Sonderabgabe in Deutschland empfohlen hat, den Gesetzesbeschluss
des deutschen Bundestages aufzuheben. Weiters ist auch (wie ebenfalls bereits
bei der Beantwortung der zitierten Anfrage) auf das Arbeitsprogramm der
Europäischen Kommission zum Thema "Gesundheit, soziale und ökonomische
Auswirkungen des Alkohols" hinzuweisen. Dieses beinhaltet die Untersuchung
umfassender Maßnahmen im Bereich von Kennzeichnungsvorschriften und Werbebeschränkungen,
Informations- und Aufklärungskampagnen und auch die Vereinbarung eines
Verhaltenskodex für Vertrieb, Vermarktung und Werbung (Verkäuferschulungen,
Etikettierung, Ausweispflichten für Jugendliche beim Kauf, Automatenverbot für
Alkopops, etc.).
Hinsichtlich der weiteren, dem
Bundesministerium für Finanzen bekannten Entwicklung ist Folgendes
festzuhalten:
Die Europäische Kommission hat im Oktober 2004 eine Projektgruppe
(Fiscalis) – der Österreich nicht angehört ‑ eingerichtet, die über
die Klassifikation von alkoholischen Getränken berichten soll. Deren
Arbeitsprogramm umfasst insbesondere Vergleich und Analyse der nationalen
Regelungen (Klassifizierung, Umfang der Besteuerung von Alkopops) und die
Ausarbeitung einer einheitlichen Lösung. Die Arbeitsaufnahme der Gruppe
erfolgte am 14. Dezember 2004 auf Basis eines Berichtes (Entwurf) der
Kommission an den Rat und das Parlament über die "angewandten
Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke". In diesem
Bericht (Entwurf) wird besonders auch auf den Zusammenhang zwischen Besteuerung
und Gesundheitspolitik eingegangen.
Hinsichtlich der folgenden Fragen,
welche die Situation in Frankreich, der Schweiz und
Deutschland behandeln, ist darauf hinzuweisen, dass dem Bundesministerium für
Finanzen die dafür notwendigen Informationen nur begrenzt zur Verfügung stehen.
Eine Beantwortung konnte daher nur im Rahmen der (beschränkt) vorliegenden
Informationen erfolgen.
Zu 1. bis 3.:
Der Steuer unterliegen nur Branntwein-Mischungen, nicht jedoch
Mischungen mit Gäralkohol. Nach Einführung der zweckgebundenen Steuer im Jahr
1997 erfolgte sofort eine Produktionsanpassung, wobei auf nicht der Steuer
unterliegende Komponenten / Mischungen ausgewichen wurde. Ab 1. Jänner
2005 soll eine Steuererhöhung den Verkaufspreis von Alkopops stark erhöhen. Ein
durchschnittlicher Alkopops-Drink wird danach 3 bis 4 € kosten. Ebenso soll eine
Etikettierungspflicht (Warnhinweise) und ein Werbeverbot für Alkoholika
allgemein eingeführt werden.
Informationen über die konkreten Steuereinnahmen (Alkopops) für
die Jahre 2003 und 2004 in Frankreich sind dem österreichischen
Bundesministerium für Finanzen ebenso wenig zugänglich, wie die konkrete Anzahl verkaufter Flaschen. Verkaufszahlen
aus Vorjahren (in Zeitschriften) zeigen einen stark rückläufigen Trend.
Zu 4. bis 6.:
In der Schweiz beläuft sich die Steuer seit 1. Februar 2004
pro 0,275 l Flasche Mixgetränk mit destilliertem Alkohol (Branntwein,
Mindest-Zuckergehalt 50 g je
Liter, konsumfertig gemischt in Flaschen) auf bis zu 2 Franken. Mischgetränke
mit vergorenem Alkohol (Wein, Most, Cider, etc.) und schwach süßhaltige
Mischgetränke (z.B. Panache) unterliegen nicht der Steuer.
Es bestehen aktuelle Vorschläge, nach denen die Bier-Komponente in
Biermischgetränken um 500 % höher besteuert werden könnte. Weiters wird derzeit
überlegt, ob ein neues Gesetz eventuell sämtliche alkoholischen Mischgetränke
umfassen könnte.
Informationen über die konkreten Steuereinnahmen (Alkopops) für
das Jahr 2004 (die Einführung ab 1. Februar 2004 lässt Einnahmen für 2003
nicht zu) in der Schweiz sind dem österreichischen Bundesministerium für
Finanzen ebenso wenig zugänglich,
wie die konkrete Anzahl verkaufter Flaschen. Verkaufszahlen aus Vorjahren (in
Zeitschriften) zeigen einen stark rückläufigen Trend.
Da die Steuer als Einkaufs- und Importsteuer (und nicht als
Verkaufssteuer) ausgestaltet ist und die Lager im Jänner 2004 - vor Einführung
der Steuer - kräftigst aufgefüllt wurden, wären die Zahlen für 2004 vermutlich
auch nicht repräsentativ.
Zu 7.:
Einem Verweis auf eine offizielle Berechnung (Zeitschrift für
Zölle und Verbrauchsteuern: "Die neue Sondersteuer auf Alkopops"; ZfZ
2004 Nr. 10, S 329) ist zu entnehmen, dass auf Grund der unterjährigen
Einführung für 2004 mit Einnahmen von 6 Mio € gerechnet wird. Für die folgenden Jahre
werden je 12 Mio € erwartet.
Dabei wird davon ausgegangen, dass durch die Einführung der Sonderabgabe der
Absatz um 75 % zurückgeht, wobei allerdings keine Substitution durch andere
alkoholische Getränke erfolgt. Die Mehreinnahmen aus der Sonderabgabe (nach
Abzug der korrespondierenden Mindereinnahmen aus der Branntweinsteuer) sind für
Maßnahmen zur Suchtprävention zweckgebunden.
Zu 8.:
Das deutsche Alkopop-Steuergesetz (Inkrafttreten 2. August
2004) legt fest, dass Mischgetränke mit Branntwein bzw. branntweinhaltigen
Waren, die gemischt zwischen 1,2 %vol und 10 %vol Alkoholgehalt aufweisen und
trinkfertig in verkaufsfertigen, verschlossenen Behältnissen abgefüllt sind,
dieser Steuer unterliegen (auch in gefrorenem Zustand). Dies gilt auch, wenn
die Mischungskomponenten nur in einer gemeinsamen Verpackung enthalten sind.
Mischgetränke ohne Branntwein auf Basis von Wein, Bier und Ähnlichem, ebenso
wie ungemischte, klassische Spirituosen fallen nicht darunter.
Bemessungsgrundlage ist die in den Alkopops enthaltene
Alkoholmenge. Die Steuer beträgt 5.550 €
je Hektoliter reinen Alkohols bei 20 Grad C. Dies
bedeutet bei einem 0,275 l Behältnis mit einem Alkoholgehalt von
5,5 % eine zusätzliche Steuerbelastung von ca. 0,84 €. Die Besteuerung erfolgt nach dem
Branntweinsteuerrecht.
Daneben bestehen allgemeine Kennzeichnungspflichten und
spezifische Berichtspflichten.
Zu 9. und 10.:
Dem Bundesministerium für Finanzen liegen keine Informationen über
die konkrete Anzahl verkaufter Flaschen vor. Die in der Anfrage angegebene Zahl
von 30 Mio Flaschen kann daher nicht verifiziert werden.
Ein Zeitungsartikel (NEWS 33/04) weist auf einen Bereich von etwa
9 Mio Stück hin.
Zu 11. und 12.:
Die Einführung einer möglichst hohen Abgabe und damit eines
möglichst hohen Verkaufspreises je Alkopop-Getränk sollte zwar theoretisch im
Einzelfall präventiv wirken, doch kann die effektive Wirkung möglicherweise -
wie von Fachleuten behauptet - an der tatsächlich nur beschränkt wirkenden
Präventivwirkung einer hohen Tabaksteuer
im Bereich des Zigaretten-Konsums gemessen werden.
Darüber hinaus dürfte durch Einführung einer Sonderabgabe auf nur
bestimmte Alkohol-Mischgetränke die Tendenz zur Entwicklung, Produktion bzw.
Konsumation von - nicht mit der Abgabe belasteten - Alternativen (inklusive
ungebündeltem Erwerb der Komponenten) aber nur umso stärker gefördert werden.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Besteuerung von Alkopops
nur dann EU-rechtlich unbedenklich erscheint, wenn die Steuer aus
gesundheitspolitischen Gründen eingeführt wird und eine Widmung zugunsten der
Krankenversicherung erfolgt. Nach den in Frankreich gemachten Erfahrungen ist
davon auszugehen, dass nur mit einem geringen Abgabenaufkommen zu rechnen ist.
Eine grobe Schätzung beläuft sich auf Einnahmen in Höhe von maximal 3 bis 5 Mio €. Dies würde daher die
Einführung einer neuen Bagatellsteuer in Österreich bedeuten, was den
Intentionen der Bundesregierung eindeutig widerspricht. Abgaben mit wesentlich
höherem Aufkommen wurden bei der letzten Steuerreform als Bagatellsteuern
abgeschafft (Schaumweinsteuer).
Letztlich bleibt festzuhalten, dass die Einführung einer Steuer
auf Alkopops aus Gründen des Jugendschutzes im Endeffekt "eine
Kapitulation vor der Durchsetzung bestehender Gesetze" bedeutet, wie der
Wirtschaftsausschuss des deutschen Bundesrates (Drucksache 387/1/04)
festgestellt hat. Aus heutiger Sicht wird daher die Einführung einer
Sonderabgabe auf Alkopops vom Bundesministerium für Finanzen nicht befürwortet.
Nach Meinung meines Ressorts kann der angepeilte Zweck des Schutzes der
Jugendlichen (bis 18 Jahren), der ausdrücklich begrüßt wird, nur durch einen
konsequenten Vollzug der bestehenden und eventuell zu adaptierenden Regelungen
zum Jugendschutz erreicht werden, wobei beispielsweise auf die Angleichung des
Schutzalters bundesweit auf 18 Jahre und die von der Europäischen Kommission
vorgesehenen Maßnahmen der Bewusstmachung und zur Vermarktungsbeschränkung
hinzuweisen ist.
Beilage
Anmerkung der Parlamentsdirektion:
Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image
zur Verfügung.