2401/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.02.2005
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BM für Finanzen

 

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMF-310205/0072-I/4/2004

»

 

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

Erledigungstext:

»Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2428/J vom 10. Dezember 2004 der Abgeordneten Erika Scharer und KollegInnen, betreffend Post AG – Dienstleistungsunternehmen mit Infrastrukturauftrag oder Transportunternehmen mit Gewinnmaximierung, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich zur Rolle des Staates als Eigentümer erneut grundsätzlich festhalten, dass diese durch die Liberalisierung und Globalisierung der Märkte obsolet geworden ist. Die Versorgungssicherheit der Bevölkerung hängt nicht mehr an Einzelentscheidungen von Politikern oder dem Einsatz von Steuergeld, sondern wird durch rechtliche Rahmen-
bedingungen und Spielregeln für die Märkte geregelt. Durch moderne Marktregulierung können Versorgungsziele effizienter erfüllt werden, was den Wohlstand der BürgerInnen nachhaltig verbessert.

 


Betrachtet man den von der Bundesregierung erteilten Privatisierungs-
auftrag an die Österreichische Industrieholding AG (ÖIAG) und die Ergebnisse der bisherigen, äußerst professionellen Privatisierungen der ÖIAG seit dem Jahr 2000, so erkennt man, wie erfolgreich dieser Kurs umgesetzt wird. Als Beispiel sei der Verkauf der voestalpine AG über die Wiener Börse genannt, bei welchem von der ÖIAG sämtliche Punkte des Regierungsauftrages optimal erfüllt wurden: bei der Privatisierung konnte ein guter Preis erzielt und eine Eigentümerstruktur mit einem österreichischen Aktionärskern geschaffen werden, die dem Unternehmen die Eigenständigkeit garantiert und die beste Grundlage für eine weitere günstige wirtschaftliche Entwicklung bietet. Gerade die Sicherung von Standorten und Arbeitsplätzen ist unmittelbar vom wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens abhängig. Mit der vollständigen Privatisierung der voestalpine AG wurde die bestmögliche Grundlage für die weitere positive Entwicklung geschaffen; durch die erhöhte Autonomie des Unternehmens ist gesichert, dass die erfolgreiche Unternehmensstrategie ungestört von politischen Einflüssen weiterverfolgt werden kann. Dass dieses Konzept erfolgreich ist, beweist auch die Kurssteigerung seit der Privatisierung von 77 Prozent zum 26. Jänner 2005.

 

Als weiteres Beispiel einer besonders erfolgreichen Privatisierung der ÖIAG ist Böhler-Uddeholm zu nennen. Auch bei dieser Privatisierung ist es gelungen, die österreichische Kernaktionärsstruktur zu stärken; dies hat unter anderem dazu beigetragen, dass die Unternehmensstandorte und damit die Arbeitsplätze weiterhin gesichert werden können. Auch hier beweist auch die Kurssteigerung seit der Privatisierung von 106,2 Prozent zum 26. Jänner 2005, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde.

 

In formaler Hinsicht möchte ich darauf hinweisen, dass sich die vorliegende Anfrage überwiegend auf Angelegenheiten bezieht, die nicht Gegenstand der


Vollziehung durch das Bundesministerium für Finanzen sind. Von meinem Ressort werden neben den Zuständigkeiten nach § 17 Poststrukturgesetz und § 14 Abs. 8 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 ausschließlich die Rechte der Republik Österreich als Alleineigentümerin der Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG) in der Hauptversammlung wahrgenommen. Dabei habe ich nach der bestehenden Gesetzeslage keine Möglichkeit, Ent-
scheidungen von Organen der ÖIAG beziehungsweise der Österreichischen Post AG als einer zu 100 % im Eigentum der ÖIAG stehenden Gesellschaft zu beeinflussen.

 

Die vorliegenden Fragen betreffen daher im Wesentlichen Entscheidungen von Organen der ÖIAG beziehungsweise der Österreichischen Post AG und somit keine in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen fallenden Gegenstände der Vollziehung, insbesondere auch keine Angelegen-
heiten der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten. Sie sind somit von dem in § 90 Geschäftsordnungsgesetz 1975 determinierten Frage-
recht nicht erfasst.

 

Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich ausschließlich zu den das Bundesministerium für Finanzen betreffenden Fragen 1. bis 3. sowie 6. und 7. Stellung nehme. Dabei kann ich mich im Hinblick auf das bereits dargelegte, in § 90 Geschäftsordnungsgesetz 1975 determinierte Fragerecht zu den Fragen 1. bis 3. nur im Einverständnis mit der Österreichischen Post AG beziehungsweise der ÖIAG aufgrund einer von diesen Gesellschaften dem Bundesministerium für Finanzen erteilten Information äußern. Ich gebe dabei die von der ÖIAG zur Verfügung gestellte Stellungnahme weiter. Hinsichtlich der übrigen, nicht das Bundesministerium für Finanzen betreffenden Fragen 4. und 5. verweise ich auf die Beantwortung der gleich lautenden Fragen 8. und 9. in der parlamentarischen Anfrage Nr. 2427/J vom 10. Dezember 2004 durch den Herrn Bundesminister für Verkehr, Inno-
vation und Technologie.

 

Nun zu den konkreten Fragen.

 

Zu 1. und 2.:

Bei der Ausgliederung der Österreichischen Post aus dem Bundeshaushalt wurde im Jahr 1996 die Rechtsform der Aktiengesellschaft gewählt, wobei hinsichtlich der Zuständigkeit und Verantwortung der Organe keine Aus-
nahmeregelung vom Aktiengesetz normiert wurde. Gemäß den Verant-
wortungsregeln für die Organe einer Aktiengesellschaft hat der Vorstand alle Maßnahmen zu setzen, die dem Wohl des Unternehmens dienen. Bei Beachtung dieser Handlungsmaxime sind in der Österreichischen
Post AG selbstverständlich die Regeln des Postgesetzes und die dort auferlegten Leistungsverpflichtungen zu beachten. Im Rahmen der im Postgesetz festgelegten Universaldienstverpflichtung haben die in der Österreichischen Post AG zuständigen Organe jene Strategien zu entwickeln, die die Wettbewerbs- und Marktfähigkeit des Unternehmens sicherstellen und die Werterhaltung des Unternehmens gewährleisten. Restrukturierungs-
aufwendungen sowie zur Erhaltung der Marktfähigkeit notwendige Investitionen und Akquisitionen sind unter Beachtung der Finanzierungs-
möglichkeiten und der Kapitalstruktur des Unternehmens als operative Geschäftsführungsangelegenheiten zu sehen.

 

Zu 3.:

In Anbetracht der kommenden Liberalisierung des Postmarktes ist es erforderlich, dass die Unternehmensführung der Österreichischen Post AG durch eine ausreichende Gewinnerzielung eine langfristige Werterhaltung des Unternehmens sicherstellt und somit verhindert, dass das Unternehmen zu einem die SteuerzahlerInnen belastenden Subventionsempfänger wird. Wie bei allen anderen in Österreich tätigen Unternehmungen ist auch für die
Österreichische Post AG eine Gegenrechnung von unternehmensinternen Ergebnisentwicklungen und gesamtwirtschaftlichem Arbeitsmarkt – be-
ziehungsweise Pensionsstandentwicklungen nicht möglich.

 

Zu 6. und 7.:

Wie bereits in der Einleitung ausgeführt, werden die Anteilsrechte an der Österreichischen Post AG von der ÖIAG wahrgenommen.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 ÖIAG-Gesetz 2000 entscheidet die ÖIAG nach dem pflicht-
gemäßen Ermessen ihrer Organe, wann und in welchem Umfang Priva-
tisierungen erfolgen.

 

Die ÖIAG prüft für die Postprivatisierung zwei Varianten, nämlich die so genannte "stand alone"-Variante, bei welcher der Bund 100%iger Eigentümer bleibt, sowie die Variante der strategischen Partnersuche. Damit ist ein erster Privatisierungsschritt unter der Voraussetzung der flächendeckenden Erhaltung der Servicequalität und Verbesserung der Unternehmensstruktur im Interesse der SteuerzahlerInnen und Konsu-
mentInnen vorzunehmen.

 

Nach Mitteilung der ÖIAG hat sich die Österreichische Post AG dank des konsequenten Restrukturierungskurses zu einem national erfolgreichen Unternehmen entwickelt. Durch Fortsetzung dieses Kurses, Kooperationen und Partnerschaften auf Geschäftsfeldebene, ein Vorantreiben der Expan-
sion sowohl im Paket- als auch im Briefbereich in Richtung Zentral- und Osteuropa, Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung sowie Produktinno-
vationen soll die Wettbewerbsfähigkeit der Österreichischen Post AG weiter gestärkt werden. Vor dem Hintergrund des Privatisierungsauftrags und der oben genannten Parameter erscheint nach Mitteilung der ÖIAG ein Börse-
gang als durchaus attraktive Variante, die auch zusätzliche Wachstums-
fantasie und einen deutlichen Motivationsschub in das Unternehmen bringen könnte. Erste Überlegungen in diese Richtung können allerdings erst konkretisiert werden, wenn die Österreichische Post AG ihre "Hausauf-
gaben" erfüllt hat und auf Basis einer attraktiven Equity Story die erforderliche Börsenreife erreicht werden kann.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Karl-Heinz Grasser eh.