2408/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.02.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit und Frauen

Anfragebeantwortung

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/0190-I/A/3/2004

Wien, am      12. Februar 2005

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 2431/J der Abgeordneten Petra Bayr, Bettina Stadlbauer und GenossInnen wie folgt:

 

Fragen 1, 2, 4 bis 7, 9 bis 12, 16 und 17:

Einleitend möchte ich zu der in der vorliegenden Anfrage angesprochenen Problematik betonen, dass es mir als Gesundheits- und Frauenministerin ein wichtiges Anliegen ist, das Gesundheitssystem in die Gewaltprävention und ‑bekämpfung verstärkt einzubinden und die in der medizinischen Versorgung vorhandenen Präventions- und Interventionsmöglichkeiten bestmöglich zu nutzen.

 

Das Thema Gewalt ist auch im aktuellen österreichischen Frauengesundheitsbericht, der im ersten Quartal 2005 veröffentlicht werden soll, als eines der zentralen Handlungsfelder der Frauengesundheit angeführt. In einem eigenen Kapitel "Gewalt gegen Frauen" werden die Bereiche der geschlechtsbedingten Gewalt und die gesundheitlichen Folgen, der Verantwortung des Gesundheitswesens bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt, der Prävalenz von Gewalt gegen Frauen bis hin zu amtlichen Statistiken zum Ausmaß von Gewalt gegen Frauen und der Bereich der Frauenhäuser in Österreich dargestellt. Dabei stehen vor allem auch die konkreten Handlungsempfehlungen im Mittelpunkt, wie die Situation der von Gewalt betroffenen Frauen verbessert werden kann.

 

Neben dem Informationsmaterial zu diesem Thema, welches gezielt bereit gestellt werden soll, sind die Kooperation mit den betroffenen Anlaufstellen, die Verbesserung der Fortbildungskonzepte in den Krankenhäusern, die Erstellung von verbindlichen Standards für Psychiatrie, forensische Medizin, Standards bei der Gewaltanamnese sowie die Bereitstellung von ausreichenden psychotherapeutischen Angeboten für Betroffene als wichtige Maßnahmen zu nennen.

 

Die Sensibilisierung von Gesundheitseinrichtungen und Gesundheitspersonal auf das Thema Gewalt wurden als Best Practice Beispiele im Frauengesundheitsbericht zusammengefasst.

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Einrichtung eigener Anlaufstellen für von Gewalt betroffene Frauen in Spitälern dazu beitragen könnte, allenfalls bestehende Defizite bei der Versorgung von Gewaltopfern zu verringern und betroffenen Frauen über die Akutversorgung hinaus eine weiter führende Unterstützung durch spezialisierte Einrichtungen anzubieten.

 

Dazu ist jedoch auf entsprechende Regelungen des Ärztegesetzes 1998 hinzuweisen (diese werden in meiner Beantwortung zu den Fragen 3 und 18 bis 21 näher ausgeführt).

 

Fragen 3 und 18 bis 21:

Grundsätzlich ist zu den nachstehenden Ausführungen festzuhalten, dass die Angelegenheiten der Heil- und Pflegeanstalten – abgesehen von der Kompetenz des Bundes zur Regelung der Grundsätze – in die Kompetenz der Länder fallen.

 

Eine „Absicherung“ derartiger Anlaufstellen im KAKuG wäre – vergleichbar den Kinderschutzgruppen – legistisch denkbar, es muss jedoch generell die Frage gestellt werden, ob es tatsächlich eines Tätigwerdens des Bundesgrundsatzgesetzgebers bedarf: Der Arzt hat nach dem – auch für die ärztliche Berufsausübung in Krankenanstalten geltenden – Ärztegesetz 1998 umfassend das Wohl der Patientin/des Patienten zu wahren (§ 49 Abs. 1 leg.cit.). Dies umfasst wohl auch die entsprechende Betreuung von Patientinnen, die Opfer von Gewalt wurden. Überdies hat der Arzt nach § 54 Abs. 6 Ärztegesetz 1998 in Fällen vorsätzlich begangener schwerer Körperverletzungen die Pflicht, auf bestehende Opferschutzeinrichtungen hinzuweisen.

 

Eine Regelung dieser Art im ärztlichen Berufsrecht, die daher sowohl den extramuralen Bereich erfasst als auch den Bereich freiberuflicher Berufsausübung, und damit in Verbindung ein effizientes Netz an Opferschutzeinrichtungen scheint umfassend und daher besser geeignet, als punktuell für Krankenanstalten gesetzlich vorgegebene „Frauenschutzgruppen“.

 

Eine entsprechende Sensibilisierung und Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte und des Pflegepersonals sowie die Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit sind in diesem Zusammenhang unabdingbar.

 

Frage 8:

In diesem Zusammenhang möchte ich wichtige Maßnahmen zur Schulung von medizinischem Personal sowie Pflegepersonal in Krankenhäusern im Bereich Gewaltprävention und spezifischer Betreuung für von Gewalt betroffene Frauen anführen: So wurde im Jahr 2003 in meinem Auftrag ein viertägiges Seminar zur Ausbildung als „Trainer/in für medizinische und psychosoziale Berufsgruppen“ durchgeführt. An diesem Seminar haben 18 Mitarbeiterinnen von Fraueneinrichtungen teilgenommen mit dem Ziel, Angehörige der genannten Berufsgruppen im Themenbereich „Gewalt an Frauen“ zu sensibilisieren und zu schulen. Im Jahr 2005 wird ein eintägiges Follow-up-Seminar für diese Trainerinnen zur Vertiefung und Reflexion der eigenen Trainingstätigkeit stattfinden.

 

Dieses Seminar wird aber auch der Rückmeldung dienen, wie weit es gelungen ist, das Ziel, Angehörige von medizinischen Berufen zu schulen, umzusetzen und welche Schwierigkeiten dem gegebenenfalls entgegenstehen. Insofern wird es einen wichtigen Beitrag zu den Überlegungen und Bestrebungen, das Gesund­heitssystem bestmöglich in die Gewaltbekämpfung einzubinden, liefern.

 

Ergänzend möchte ich noch weitere Fortbildungsprojekte in Wien und Niederös­terreich anführen: Im Rahmen des Wiener Frauengesundheitsprogramms wird seit 2001 das Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder als eigener Schwerpunkt behandelt.

In Kooperation mit der MA 11, dem Frauennotruf und dem Krankenanstaltenver­bund wurde das Konzept für das Projekt “Wiener Krankenhaus Curriculum“ erar­beitet, welches als Fortbildungsveranstaltung in den Krankenhäusern nach den 5 Themenblöcken

 

-          Sexuelle Gewalt gegen Frauen

-          Körperliche Gewalt gegen Frauen

-          Gewalt gegen Kinder

-          Rechtliche Grundlagen

-          Polizeiliche Aspekte – das Gewaltschutzgesetz,

 

angeboten wird.

Bisher wurde dieses Fortbildungsprojekt in vier Wiener Spitälern (SMZ-Ost, Lainz, Rudolfstiftung, Wilhelminenspital) durchgeführt. Zielgruppe war das Krankenhauspersonal vor allem der Abteilungen Unfallchirurgie, Interne-Aufnahme, Gynäkologie, Psychiatrie, HNO, Dermatologie, Augen und Pädiatrie.

Ziele der Veranstaltung waren die Sensibilisierung der Ärztinnen und Ärzte sowie des Pflegepersonals gegenüber körperlicher Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie die Etablierung der Früherkennung und der opferschutzspezifischen Behandlungsstandards.

 

Das Programm dieser Curricula wird fortgesetzt und auf weitere Wiener Krankenhäuser ausgeweitet.

 

Ein weiteres Fortbildungsprojekt zum Thema „Gewalt gegen Frauen – die Bedeutung des Gesundheitswesens. Fortbildung für medizinische Berufe im NÖ Gesundheitswesen“ wurde in Kooperation mit der Landesakademie NÖ – Bereich Gesundheit und Soziales, mit dem Frauenreferat der NÖ Landesregierung, NÖGUS (NÖ Gesundheits- und Sozialfonds, Bereich Soziales) und der NÖ Ärztekammer durchgeführt.

 

Projektleiterin war die Leiterin der Frauenberatungsstelle „Kassandra“. In einem 2-tägigen Curriculum „Fortbildungskonzept für medizinische Berufe“ werden die Module, wie u.a. frauengerechte Gesundheitsversorgung, Indikatoren und Identifikation von Gewalt, Gesprächsführung sowie regionale Kooperation mittels praxisorientierter interaktiver Methoden vermittelt.

 

Ziel dieses Fortbildungsprojekts war die Sensibilisierung der Ärztinnen und Ärzte im Bereich Unfallchirurgie, Interne-Aufnahme, Gynäkologie, Psychiatrie, HNO bezüglich der komplexen gesundheitlichen Folgen von Gewalterfahrungen sowie die Miteinbeziehung der Bereiche Gesundheits- und Krankenpflegeschulen, NÖ Hebammengremium sowie die NÖ Sozialpsychiatrie.

 

In den Jahren 2000 bis 2003 haben 640 Mitarbeiter/innen des NÖ Gesundheitswesens an zweitägigen Fortbildungsseminaren, Workshops, Informationsveranstaltungen und Vorträgen teilgenommen. Erstmals waren 2003 auch Mitarbeiter/innen der NÖ Sozialpsychiatrie im Fortbildungsprojekt miteingebunden (Projektbericht Gewalt gegen Frauen. Die Bedeutung des Gesundheitswesens. Ausweitung der Fortbildung für medizinische Berufe im NÖ Gesundheitswesen, 2003).

 

Fragen 13, 14 und 15:

Hinsichtlich der in der Anfrage angesprochenen Kinderschutzgruppen verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 2433/J durch die Frau Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz; im Übrigen darf ich auf meine bisherigen Ausführungen verweisen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin