2466/AB XXII. GP

Eingelangt am 11.03.2005
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

GZ. BMF-310205/0001-I/4/2005

 

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2483/J vom 11. Jänner 2005 der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen, betreffend Schuldenstreichungen und "fresh money" für die von der Tsunami-Katastrophe betroffenen Länder im Budget für Entwicklungs-zusammenarbeit (EZA) 2006, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Bereits einleitend möchte ich festhalten, dass die Bundesregierung auf die Flutwelle bisher nicht gekannten Ausmaßes, welche binnen weniger Stunden zu teils gewaltigen Zerstörungen an den Küsten von Indonesien, Malaysia, Myanmar, Bangla Desh, Indien, Sri Lanka, Malediven, Seychellen, Somalia und Kenia führte und mehr als 280.000 Todesopfer forderte, sofort mit einem umfassenden Krisenmanagement reagiert hat. Neben Sofortmaßnahmen und der Nachsorge für betroffene ÖsterreicherInnen konnte man sich auf einen Aktionsplan zur Internationalen Katastrophenhilfe und Wiederaufbauhilfe für die Katastrophenregionen einigen. Die internationale Hilfe im Katastrophengebiet ist binnen kürzester Zeit voll angelaufen. Im Sinne seiner langjährigen Tradition auf dem Gebiet der humanitären Hilfe hat Österreich rasch auf die einlangenden Hilfeersuchen reagiert. Neben finanziellen Maßnahmen zur humanitären Soforthilfe wurde etwa ein Kontingent des Österreichischen Bundesheeres zur Trinkwasserversorgung nach Sri Lanka entsendet. Zur Verfolgung konkreter Wiederaufbauprojekte konnte auch von Ländern, Gemeinden, Städten und Sozialpartnern eine finanzielle Beteiligungszusage eingeholt werden.

 

In Erinnerung an die anlässlich der österreichischen Hochwasser-katastrophe des Jahres 2002 gewonnene Erfahrung, wie wichtig finanzielle Solidarität ist, erscheint es selbstverständlich, dass Österreich einen angemessenen Beitrag zum internationalen Kraftakt leistet, den es für den Wiederaufbau der betroffenen Regionen braucht.

 

Nun zu den konkreten Fragen:

 

Zu 1.:

Gegenüber Abnehmern in Indien, Indonesien, Malaysia, Malediven, Myanmar, Sri Lanka und Thailand bestehen nach dem Ausfuhrförderungsgesetz 1981 (AFG) insgesamt garantierte Forderungen in Höhe von € 1.764,37 Mio.. Das garantierte Obligo beträgt dabei zum 31.12.2004 im Einzelnen (Angaben in Millionen Euro):

 

Indien

120,62

Indonesien

1429,58

Malaysia

3,74

Malediven

2,24

Myanmar

34,86

Sri Lanka

63,50

Thailand

109,83

 

Diese Beträge stellen die Gesamtobligi dar, von denen jeweils nur ein Teil für eine Behandlung im Pariser Club in Betracht kommt. Forderungen an private Abnehmer in den besagten Ländern sowie Haftungen für Auslandsbeteiligungen österreichischer Investoren wären von Maßnahmen des Pariser Clubs nicht betroffen.

 

Zu 2.:

Die Konditionen variieren naturgemäß von Vertrag zu Vertrag und von Land zu Land und können nicht einzeln dargestellt werden. Generell besteht das Portefeuille aus Geschäften zu Cash–Konditionen, mehrjährigen Krediten sowie Krediten mit langjährigen Rückzahlungen für Soft Loans und Umschuldungen.

 

Zu 3.:

Österreich wird, wie in der Vergangenheit bei international akkordierten Aktionen üblich, die im Konsensweg erzielten Maßnahmen unterstützen. Daher hat die Bundesregierung bereits klargestellt, dass eine grundsätzliche Bereitschaft Österreichs besteht, sich an einer internationalen Hilfe im Rahmen des Clubs von Paris zu beteiligen, um den Ländern bei der Bewältigung der ihnen aus der Naturkatastrophe erwachsenden Schuldendienstprobleme zu helfen. Österreich trägt daher sämtliche Beschlüsse des Pariser Clubs mit und wird diese vollinhaltlich umsetzen.

 

Zu 4. bis 6.:

Schuldenstreichungen für die betroffenen Länder sind derzeit weder vorgesehen noch angedacht. Dies war bisher in den Verhandlungen des Pariser Clubs kein Diskussionsgegenstand.

 

Ein Schuldenerlass stellt kein probates Mittel dar, um die angesichts der Katastrophe unmittelbar erforderliche Soforthilfe zu gewährleisten. Weiters kann nicht sichergestellt werden, dass derartige Schuldenerleichterungen der tatsächlich von der Flutkatastrophe betroffenen Bevölkerung zugute kommen würden.

Zu 7.:

Mit Ministerratsbeschluss vom 11. Jänner 2005 wurde bezüglich der Flut­katastrophe in Asien von der Bundesregierung ein projektorientiertes Finanzierungsziel für Soforthilfe und Wiederaufbau in Höhe von € 50 Mio., verteilt über drei Jahre, festgelegt. Die Aufteilung auf die einzelnen Jahre ist dabei noch offen ist. Auf den Bund entfallen € 34 Mio., auf die Länder € 10 Mio. und auf die Städte und Gemeinden € 6 Mio.. Im Bundesministerium für Inneres wurde eine Koordinationsstelle für die österreichische Wiederaufbauhilfe eingerichtet, welche den Informationsfluss zwischen den beteiligten Akteuren gewährleisten soll. Transparenz über Wiederaufbauaktivitäten bietet darüber hinaus eine eigene, beim Bundeskanzleramt eingerichtete Webpage.

 

Soweit die einzelnen Bundesministerien im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereiches Sofort- und Wiederaufbauhilfe leisteten bzw. leisten (wie z.B. durch Entsendung von Einheiten des Österreichischen Bundesheeres), können nähere Auskünfte über die einzelnen Aktivitäten und Projekte sowie deren konkrete Finanzierung nur von den betroffenen Bundesministerien erteilt werden.

 

Im Sinne einer möglichst effizienten und zugleich verwaltungsökonomischen Lösung hat der Ministerrat am 25. Jänner 2005 weiters beschlossen, dass beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten ein Verwaltungs­fonds eingerichtet werden soll. Diesem sollen einschließlich der bereits genannten Mittel bis zu € 100 Mio. nach Maßgabe bundesfinanzgesetzlicher Vorsorge zur Verfügung gestellt werden. Zuwendungen von Dritten sowie sonstige Einnahmen des Fonds sollen ebenso möglich sein wie Kofinan­zierungen durch Länder und Städte bzw. Gemeinden.

 

Über Art und Umfang der Hilfsleistungen entscheidet im jeweils einzelnen Katastrophenfall die Bundesregierung. Dem Fonds obliegt die Finanzierung. Die erforderlichen legistischen Maßnahmen werden derzeit vom Bundes­ministerium für auswärtige Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen getroffen. Es ist beabsichtigt, das Gesetz im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2006 dem Parlament zur Beschluss­fassung zuzuleiten.

 

Mit dem "Hilfsfonds für Katastrophenfälle im Ausland" wird ein Pendant zum bereits bestehenden "nationalen" Katastrophenfonds geschaffen, aus dem bekanntlich Maßnahmen zur Vorbeugung gegen künftige und zur Beseiti­gung von eingetretenen Katastrophenschäden im Inland finanziert werden können.

 

Zu 8.:

Die hier angesprochenen internationalen Finanzinstitutionen Weltbank, Asiatische Entwicklungsbank und Afrikanische Entwicklungsbank werden ihren Boards Spezialmaßnahmen und Umschichtungen in den jeweiligen Länderprogrammen sowie Sonderfinanzierungen zum Wiederaufbau in den von der Flutwelle vom Dezember 2004 im Indischen Ozean betroffenen Ländern vorschlagen. Österreich wird in den Boards all diese Vorschläge auf der Basis größter Solidarität mit den betroffenen Ländern behandeln. Dabei wird Österreich befürworten, dass diese Finanzierungen, wo immer es angebracht und möglich erscheint, aus den konzessionellen Fonds ("soft windows"), erfolgen. Es soll also mit Anteilen nichtrückzahlbarer Zuschüsse geholfen werden.

 

Die drei konzessionellen Fonds der genannten internationalen Finanz­institutionen befinden sich derzeit im Stadium der Wiederauffüllung gemäß erhöhter Auffüllungsszenarien. Österreich wird in allen drei Fällen bei der Wiederauffüllung seiner Verpflichtung zur Solidarität und den moralischen Verpflichtungen vollinhaltlich nachkommen.

 

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) ist bereit, alle ihm zur Verfügung stehenden Instrumente zur Unterstützung der vom Tsunami betroffenen Länder einzusetzen. Dazu zählt neben der politischen Beratungstätigkeit und der technischen Hilfe bei der Beurteilung der budgetären Auswirkungen der Katastrophe (von den Malediven bereits ange­fordert) auch die Kreditvergabe aus der "emergency assistance policy line" für Katastrophenfälle. Für die am meisten betroffenen Länder kann der IWF Kredite in der Höhe von1 Mrd. Dollar ohne IWF-Programm zu Verfügung stellen. Der IWF ist weiterhin bereit, einen Aufschub für Schuldenzahlungen zu gewährleisten und bestehende Kreditprogramme für betroffene Länder auf Anforderung anzupassen. Ein solcher Aufschub wurde von Sri-Lanka beantragt. Gemeinsam mit einem neuen Kredit hat der IWF Sri-Lanka bisher 250 Mio. Dollar zur Verfügung gestellt.

 

Auch in diesem Zusammenhang hat Österreich in seiner Stimmrechtsgruppe allen gemachten Vorschlägen seine uneingeschränkte Unterstützung zugesagt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen