2538/AB XXII. GP
Eingelangt am 24.03.2005
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BM für
Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-10.000/0004-I/CS3/2005 DVR:0000175
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 W i e n
Wien, am 21. März 2005
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 2571/J-NR/2005 betreffend Versagen beim Streben
nach legistischer Qualität sowie Schädigung von Allgemeinheit und
Eisenbahnunternehmen durch Versagen bei Errichtung und Durchführung einer
verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonformen Marktaufsicht und Regulierung im
Bahnbereich, die die Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 26.
Jänner 2005 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Zum Motiventeil
Wie bereits in meiner Anfragebeantwortung zur schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1061/J-NR/2003 ausführlich dargelegt, sieht das gemeinschaftsrechtliche Konzept zur Öffnung des Marktzuganges mehrere in jeweils wenigen Jahren aufeinander folgende Regulierungsschritte vor. Jeder dieser auf Gemeinschaftsebene ausverhandelte Schritt stellt einen Kompromiss unter den Mitgliedstaaten dar, um die Marktöffnung etappenweise und für die bestehenden Eisenbahnunternehmen und ihre Bediensteten verträglich zu gestalten. Diese gebotene Rücksichtnahme auf eine sozial verträgliche Öffnung traditioneller Strukturen bringt es mit sich, dass die Umgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen, die jeweils einer Umsetzung jedes dieser Regelungsschritte im innerstaatlichen Recht bedarf, insgesamt eher langsam und kompliziert vorangeht. In Österreich wird diese Umsetzung noch durch das strikte Legalitätsprinzip bestimmt, weil die EU- Richtlinien in diesem Lichte öfters Defizite aufweisen.
Hier lassen beispielsweise die auf
Gemeinschaftsebene ausverhandelten Kompromissregelungen eine Fülle von
Detailfragen bei der Umsetzung offen, und auch hiezu bedarf es zahlreicher
Sitzungen von Kommission und Experten der Mitgliedstaaten, um die Richtlinien
- die eben Leitliniencharakter für die Umsetzung und noch nicht
Gesetzescharakter haben - konkret implementieren zu können. Der inhaltliche
Handlungsspielraum ist dabei bei manchen Regelungen wie solchen mit
Verfahrenscharakter relativ eng, bei manchen anderen hingegen wird er ausdrücklich
den Mitgliedstaaten eröffnet, wie insbesondere bei den organisatorischen
Vorgaben für die Bahnreform. Diese nutzten schon bisher die Mitgliedstaaten in
verschiedenen Modellen, und dies ist auch aktuell der Fall, wie
Bahnreformbestrebungen in mehreren Staaten zeigen. Für die ÖBB als dem weitaus
größten in Österreich betroffenen Eisenbahnunternehmen bedurfte es einer über
die eher rudimentär formulierten Vorgaben aus den zitierten Richtlinien selbst
hinausgehenden Vorbereitung einer umfassenden Bahnreform, deren Eckpunkte ich
bereits in Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 862/J-NR/2003 auch
in Bezug auf die angesprochenen EG-Richtlinien ausführte, und die als
Bundesbahnstrukturgesetz 2003 im Nationalrat verabschiedet wurde. Damit sind
für den Bereich der ÖBB als dem weitaus größten österreichischen Eisenbahnunternehmen
die Voraussetzungen für einen fairen Marktzugang als der Kerngedanke der den
Richtlinien zugrundeliegenden Marktordnung erfüllt worden.
Parallel dazu - wie gleichfalls
bereits in Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 1061/J-NR/2003
ausgeführt - und parallel zu den Klärungen in den erwähnten EG-Gremien erfolgte
auch die Vorbereitung einer weiteren Anpassung des Eisenbahngesetzes als
Grundlage für die Regulierungsbestimmungen für alle innerstaatlich
betroffenen Eisenbahnunternehmen. Nach dem den jeweiligen Richtlinien-Etappen
folgenden umfangreichen Anpassungen des Eisenbahngesetzes im
Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz 1997 und im Schienenverkehrsmarktregulierungsgesetz
1999, in welchem in Österreich bereits viele Elemente wie ein erweiterter
Zugang im Güterverkehr oder die Einrichtung eines Regulators vorweggenommen
wurden, die dann in den Richtlinien 2001/12 bis 2001/14 auch ins Gemeinschaftsrecht übernommen wurden, wurde
eine weitere Anpassung des Eisenbahngesetzes vorgenommen, um die o.a.
Richtlinien sowie die Richtlinie 2001/16 vollständig umzusetzen. Auch in diesem
Regelungsbereich liegt die zeitliche Verzögerung im jeweiligen Umfang und im
ganz und gar nicht einfachen Inhalt und der nötigen gemeinschaftsrechtlichen
Abstimmung begründet. Was die Zahl der mit der legistischen Umsetzung
betrauten Beamten anlangt, ergibt sich in Österreich eine kapazitative
Begrenzung. Bei einem solchen geballten Zusammentreffen von europäischen und
innerstaatlichen Gesetzen im Eisenbahnbereich bedeutet das einen
Arbeitsumfang, der auch aus Kapazitätsgründen an Grenzen stößt.
Weder zur ersten Richtlinie 96/48/EG bezüglich des Hochgeschwindigkeitsbahnsystems noch zur zweiten 2001/16/EG bezüglich des konventionellen Verkehrs gab und gibt es einen Versuch von Beamten, die Vorbereitungsarbeiten zur gesetzlichen Umsetzung zu verzögern. Bei der gegebenen Ausgangssituation kommen die Arbeiten auf Gemeinschaftsebene einfach nicht so zügig voran wie gewünscht, gerade weil es sich um eine - wie alle involvierten Fachleute bestätigen - ganz und gar nicht einfach umzusetzende Materie handelt. Die Gemeinschaft beschränkt sich in der jeweiligen Richtlinie zunächst auch nur auf prozedurale Grundsätze. Die Ausarbeitung der eigentlichen, die Interoperabilität bewirkenden technischen Spezifikationen (TSI) hinkt nach, aber nicht seitens der Mitgliedstaaten, sondern der EU-Kommission. In dem eigens eingerichteten begleitenden Ausschuss der Europäischen Kommission sind eine Vielzahl von Fragen erst anhand der Umsetzung zu klären. Der entsprechende Ausschuss hat seither nicht weniger als 36 Tagungen ( teilweise mehrtägig ) benötigt, und noch immer sind einige Punkte offen (z. B.: Definition des interoperablen Hochgeschwindigkeitszuges). Bei dieser Sachlage ist es nicht verwunderlich, dass die Mitgliedstaaten Schwierigkeiten hatten, die komplizierte neue Materie als Richtliniengerüst umzusetzen, ohne dass die zugehörigen Spezifikationen oder zumindest die zu erwartenden Texte von der Kommission rechtzeitig vorgelegt wurden. Nur darin liegen die eine späte Umsetzung auslösenden Umstände, und das ist nicht nur österreichischerseits dokumentiert.
Was die Richtlinie 96/48/EG anlangt,
erfolgte parallel zur Klärung von Umsetzungsfragen und zur Vorbereitung der den
Spezifikationen zugrundeliegenden Entwürfen auch die Vorbereitung und
Einbringung einer diesbezüglichen Novellierung des Eisenbahngesetzes, die am
26.4.2002 kundgemacht wurde. Die Spezifikationen für das
Hochgeschwindigkeitsbahnsystem wurden als Entscheidung der Europäischen
Kommission erst danach, nämlich am 30.5.2002 erlassen und erst nach einer
Anwendungsfrist von 6 Monaten wirksam.
Als Konsequenz aus den Erfahrungen
mit der Richtlinie 96/48 wurde
im Zusammenhang mit der
gesetzlichen Umsetzung der Richtlinie 2001/16/EG die Europäische Kommission im
entsprechenden Ausschuss um eine raschere und parallele Klärung von
Umsetzungsfragen und Vorbereitung der zugehörigen Spezifikationsentwürfe ersucht,
und auch dies nicht nur österreichischerseits. Im Übrigen zählt Österreich
keineswegs zu den Schlusslichtem bei der Umsetzung, wie dies die vorliegenden
Berichte zu früheren Richtlinien-Etappen zeigen, und auch diesmal ist die
Umsetzung der Bahnstrukturreform in Österreich weiter als in manchem anderen
Mitgliedstaat.
Frage 1:
Welche
Maßnahmen werden Sie bis wann setzen, um den offenkundigen legistischen Qualitätsmängeln
entgegenzuwirken, die offenbar mit der Überforderung der Spitze des Ressorts
mit dessen Führung zu tun haben?
Antwort:
Zunächst ist zur einleitenden
Bemerkung in der Anfrage, die auf Begutachtungsdetails zum Erstentwurf eines
Gesetzesvorschlages unter dem Arbeitstitel Verkehrssicherheitsbehörde Bezug
nimmt, weder ein legistischer Qualitätsmangel für den Eisenbahnbereich zu
erkennen, noch liegt ein derartiger Mangel vor.
Das bmvit hat im Eisenbahnbereich in
jüngster Zeit umfangreiche Reformgesetze in gewohnt guter legistischer
Qualität vorbereitet. Aufgrund der Vorarbeiten meines Ressorts sind
gemeinschaftsrechtskonforme neue Vorschriften für die Regulierung der
Schienenbahnen und die Neustrukturierung der Österreichischen Bundesbahnen
genauso vom Parlament verabschiedet worden wie Neuregelungen für die
Finanzströme an die Privatbahnen.
Fragen 2 und 3:
Wie hoch sind die Kosten für die
Schienen Control GmbH für die Jahre 2000 - 2004? (Wir ersuchen um jahresweise
Aufstellung im einzelnen.)
Wie hoch sind die Personalkosten für
die Schienen Control GmbH für die Jahre 2000 - 2004? (Wir ersuchen um
jahresweise Aufstellung im einzelnen.)
Antwort:
Für die SCG fallen in meinem Ressort
keine Kosten an. Aufgrund der Kostenbeitragsverordnung BGBl II 365/2000 hat die
SCG in den vergangenen Jahren von Eisenbahnunternehmen eingehoben (in 1000€),
ich zitiere daher aus den Jahresabschlüssen der Gesellschaft:
Jahr Beiträge Personalaufwand
2000 746 528
2001 830 647
2002 808 643
2003 831 666
Die Abrechnung 2004 ist
noch nicht fertig, liegt voraussichtlich aber im ähnlichen Rahmen.
Frage 4:
Können Sie aufgrund der Anzahl der von
bzw. im Auftrag der Schienen Control GmbH erstellten Studien ausschließen,
dass die Schienen Control GmbH aufgrund von Unterbeschäftigung nach anderen
Aufgaben sucht?
Antwort:
Die SCG hat ihre gesetzlichen
Verpflichtungen gemäß § 77 Eisenbahngesetz 1957 in den vergangenen Jahren
gründlich erfüllt. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurden unter anderem Studien über
die Entwicklung des Eisenbahnwesens in anderen Ländern erstellt, um die in §
77 Abs. 1 Z. 1 vorgeschriebene Marktbeobachtung zu realisieren. Die dabei
gewonnenen Erkenntnisse waren und sind für die Arbeit der SCG und der
Schienen-Control Kommission von großem Wert, zumal sich die Liberalisierung
des Eisenbahnmarktes generell im europäischen Rahmen und grenzüberschreitend
erfolgt. Mit der Novelle 2004 des Eisenbahngesetzes erfolgte allerdings eine
Änderung des bisherigen Gesetzesauftrages hinsichtlich der Beobachtung des
österreichischen Marktes, was selbstverständlich zu einer entsprechenden
Anpassung der Tätigkeit der Gesellschaft geführt hat.
Der guten Ordnung halber sei darauf
hingewiesen, dass Größe und
Kapazität der SCG trotz der umfangreichen Aktivitäten aus Gründen der
Sparsamkeit wesentlich geringer gestaltet wurden, als seinerzeit (1999) laut
Regierungsvorlage mit 20 Mitarbeitern und Kosten von 29 Mio S (also rund dem
zweieinhalbfachen des tatsächlichen Aufwandes) veranschlagt wurde.
Fragen 5 bis 8:
Können Sie ausschließen, dass bei der
Schienen Control GmbH hochbezahlte MitarbeiterInnen der ÖBB tätig waren oder
sind?
Können Sie ausschließen, dass diese
ÖBB-Mitarbeiter bei der Schienen Control GmbH die Interessen der ÖBB
wahrgenommen haben (noch dazu gelten die ÖBB als wettbewerbsscheu)?
Können Sie ausschließen, dass
Mitarbeiter der Schienen Control GmbH lückenlos auf gut dotierte Posten der ÖBB
wechseln, was Rückschlüsse auf die Fairness im Wettbewerb zulässt?
Der Verfassungsgerichtshof hat am
7.10.2004 erkannt (G 3/04 - 20): "Besteht aber an der Erfüllung der Aufgaben
und Ziele, die in § 2 KOG umschrieben sind, auch ein Interesse der
Allgemeinheit, das sich vom Interesse der Marktteilnehmer an einem geordneten
Rundfunkmarkt deutlich unterscheidet (vgl. den auch von der Bundesregierung
hervorgehobenen Art. I Abs. 3 BVG Rundfunk, BGBl. 396/1974, wonach Rundfunk
eine öffentliche Aufgabe ist), so erscheint es sachlich nicht gerechtfertigt,
die Finanzierung dieser Regulierungstätigkeit ausschließlich den
Marktteilnehmern aufzuerlegen, weil diese dann auch Aufgaben zu finanzieren
hätten, die im Interesse der Allgemeinheit liegen. Insoweit müsste auch die
Finanzierung einer solchen Aufgabe durch die Allgemeinheit, somit aus
Steuermitteln, erfolgen."
a) Bis wann werden Sie § 80 Eisenbahngesetz
entsprechend Erkenntnis G 3/04-20 den verfassungsrechtlichen Anforderungen
anpassen?
b) Bis wann werden Sie den
Eisenbahnunternehmen die zu viel erstatteten Beträge rückerstatten?
Antwort:
Bei der SCG sind insgesamt je eine
Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter der ÖBB beschäftigt, die selbstverständlich
in jeglicher Hinsicht gegenüber der ÖBB weisungsfrei sind, sodass an der Objektivität
ihrer Tätigkeit kein Zweifel besteht. Ein Fall, in dem ein SCG-Mitarbeiter in
die ÖBB gewechselt bzw. dorthin zurückgekehrt wäre, liegt nicht vor und ist
auch nicht absehbar.
Das angesprochene Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofes behandelt den Rundfunkbereich. Da die Regelung des Aufwandes
für die Schienen-Control GmbH von einer anderen rechtlichen Grundlage und
Interessenslage ausgeht, einer Regulierung im Interesse der betroffenen Eisenbahnunternehmen,
kann aus diesem Erkenntnis kein Änderungsbedarf für die Regelung im Eisenbahngesetz
abgeleitet werden.
Weitere Auskünfte kann ich nicht
geben, da die SCG eine eigenverantwortliche Gesellschaft ist, die mir aufgrund
des Neutralitätsgebotes eines Regulators keinerlei Einflussmöglichkeiten
zukommen lässt.
Mit freundlichen Grüßen