2575/AB XXII. GP

Eingelangt am 31.03.2005
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0006-I 3/2005

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 29. März 2005

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

Kolleginnen und Kollegen vom 4. Februar 2005, Nr. 2623/J,

betreffend Maßnahmen zur Schaffung von gentechnikfreien

Regionen in Österreich

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen vom 4. Februar 2005, Nr. 2623/J, betreffend Maßnahmen zur Schaffung von gentechnikfreien Regionen in Österreich, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu Frage 1:

 

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Studie der AGES „Die Produktion von Saatgut in abgegrenzten Erzeugungsprozessen zur Vermeidung einer Verunreinigung mit Gentechnisch Veränderten Organismen im Kontext mit der Koexistenz von konventioneller Landwirtschaft mit oder ohne GVO und ökologischer Landwirtschaft“ nach dem Landwirtschaftsausschuss im Parlament vom 8. Juni 2004 von meinem Ressort den Landwirtschaftssprechern der vier Parlamentsfraktionen übermittelt wurde. Diese Studie bildet die Grundlage für die Erarbeitung nationaler Maßnahmen des Koexistenzmanagements. Dieses Forschungsprojekt wurde 2004 abgeschlossen, die Zusammenfassung des Endberichtes ist unter www.ages.at verfügbar.

 

Weiters sind inzwischen zwei Studien der Firma Brainbows fertig gestellt worden, die in der  unter Frage 2 angesprochenen Bundesländer-übergreifenden Arbeitsgruppe Gentechnik noch zu prüfen und zu behandeln sind (Mitfinanzierung durch die Länder). Es handelt sich dabei um die Studie „Modellregionen ohne Einsatz von GVO- Vorüberlegungen zur Koexistenzthematik“ und die Zusatzstudie „Rechtliche und strategische Optionen zur Vermeidung des großflächigen Anbaus von GVO-Kulturen in der Landwirtschaft in Österreich“.

Weiters wurde in meinem Ressort die Bundesanstalt für Bergbauernfragen mit einer Studie mit folgendem Titel beauftragt: „Gentechnikfreiheit in Landwirtschaft und Ernährung als Konzept und Produktionsprozess“. Mit diesem Projekt sollen die internationalen Entwicklungen auf dem Gebiet der gentechnikfreien Agrarerzeugnisse erfasst und die unterschiedlich eingeschlagenen nationalen oder regionsspezifischen Politiken diskutiert sowie die Ursachen für diese Entwicklungen analysiert werden.

 

Derzeit erfolgt die Beauftragung einer weiteren Studie an die AGES mit dem Titel: „Feststellung der maximalen Fremdbefruchtungsrate in Maiskonsumflächen unter Berücksichtigung der Umwelten in Hauptanbaugebieten Österreichs“. Der Projektabschluss ist für Herbst 2005 vorgesehen. Das Ergebnis wird eine unmittelbare Anwendung für die „Erarbeitung bundeseinheitlicher Richtlinien des Koexistenzmanagements“ erfahren.

 

Hinsichtlich die Gesundheit betreffende Studien darf ich auf eine Vielzahl von beauftragten Studien des BMGF verweisen, wobei mein Ressort vielfach mitbeteiligt war. Insbesondere sind Sicherheitsstudien des Umweltbundesamtes zu nennen.

 

Zu Frage 2:

 

Die genannte Arbeitsgruppe „Gentechnik“ hat im Rahmen der eingesetzten Koexistenz-Strategiegruppe eine Expertengruppe unter der Leitung der AGES für die Erarbeitung bundeseinheitlicher Richtlinien zum Koexistenzmanagement beauftragt. Diese technischen Richtlinien sollen den Ländern für eine möglichst einheitliche Umsetzung ihrer Gentechnik-Vorsorgegesetze dienen. Die ersten Entwürfe dieser Richtlinien liegen bereits vor, wobei die derzeit noch fehlenden gemeinschaftlichen Schwellenwerte für GVO-Verunreinigungen in Saatgut noch berücksichtigt werden sollen. Mit einer sogenannten Saatgut-Anbaugebiete-Verordnung auf Basis des Saatgutgesetzes wird die Möglichkeit genutzt, per Verordnung jene Arten festzulegen, die Gegenstand geschlossener Saatgutvermehrungsgebiete sind. Diese Gebiete sind  prinzipiell durch die Länder festzulegen (Anbau ist verfassungsmäßig Landeszuständigkeit). Innerhalb dieser Gebiete darf kein GVO-Anbau erfolgen. Diese Verordnung wurde der Europäischen Kommission notifiziert (Stillhaltefrist bis 21.4.2005) und soll am 1. Mai 2005 in Kraft treten.

 

Zu Frage 3:

 

Nach dem Salzburger Gesetz ist nun auch das Gentechnikvorsorgegesetz in Kärnten bereits in Kraft. Die Gesetze der anderen Länder orientieren sich weitgehend an den Modellen Salzburgs und Kärntens (siehe auch Beantwortung der Frage 2). In der Arbeitsgruppe Gentechnik erfolgt der Austausch über die Erfahrungen zwischen den Ländervertretern, so dass die Struktur der Gesetze sehr ähnlich ist. Diese Ländergesetze sollen in Hinkunft auf die in Beantwortung der Frage 2 angeführten bundeseinheitlichen (technischen) Richtlinien zum Koexistenzmanagement zurückgreifen.

 

 

 

Zu Frage 4:

 

Das BMGF wird unter Einbindung des BMLFUW die Grundzüge eines Verordnungsentwurfes für ein Gentechnikregister für Freisetzungsversuche und Orte des GVO-Anbaus ausarbeiten. Ich gehe weiters davon aus, dass die Landesbehörden zusätzlich zu den Diskussionen in der genannten Arbeitsgruppe ihre Vorschläge im Begutachtungsverfahren einbringen können.

 

Details darüber sollen im oben zitierten Verordnungsentwurf enthalten sein. Weiters enthalten bereits die Bestimmungen des Gentechnikgesetzes die Offenlegungspflicht (die freie Zugänglichkeit) des Gentechnikregisters.

 

Zu Frage 6:

 

In meiner Charta für Gentechnikfreiheit spreche ich mich klar für freiwillige Vereinbarungen und Zusammenschlüsse aus. Dies ist auch eine Vorgangsweise, wie sie derzeit von der Europäischen Kommission anerkannt wird. Weiters pflege ich regelmäßige Kontakte zu Ministerkollegen der benachbarten und auch anderer Mitgliedstaaten, um über mögliche staatenübergreifende gentechnikfreie Regionen zu diskutieren.

 

Zu Frage 7:

 

Schon seit etwa 2 Jahren setze ich mich in den EU-Gremien vehement für gemeinschaftlich verbindliche Koexistenzregelungen ein, die auch die Frage der Haftung einschließen. Anlässlich des Rates Landwirtschaft am 18.10.2004 habe ich – unterstützt von einem Großteil der anderen Mitgliedstaaten – die Europäische Kommission (EK) aufgefordert, gemeinschaftlich harmonisierte und rechtsverbindliche Richtlinien zur Koexistenz zu etablieren und eine Task Force zum Erfahrungsaustausch betreffend die Koexistenz einzurichten.

 

Im Vorfeld der Eröffnung der grünen Woche in Berlin hat Kommissarin Fischer–Boel laut über EU-weite Regelungen nachgedacht. Beim von Österreich gemeinsam mit der EK in Wien organisierten TAIEX Symposium  zum Thema: „Koexistenz von genetisch modifizierten Organismen in Saatgut und landwirtschaftlicher Produktion“ am 22./23.2.05 brachte Österreich wieder mit Nachdruck seine Forderung nach harmonisierten Rahmenbestimmungen für die Koexistenz einschließlich Haftungsregelungen ein.

 

Zu Frage 8:

 

Diese Vorgangsweise würde nicht flächendeckend das Problem der Koexistenz zwischen GVO-Saatgut-anbauenden Landwirten und herkömmlichen Bewirtschaftern lösen, da nicht alle Landwirte an diesem Programm teilnehmen. Überdies vertreten Experten der EK die Position, dass im Sinne des Prinzips der Koexistenz die freie Wahl der Produktionsform – also mit oder ohne GVO – dem Produzenten überlassen bleiben muss. Unter diesem Gesichtspunkt ist zu berücksichtigen, dass man bei der Vorlage einer derartigen Bestimmung in einem Agrarumweltprogramm eine Ablehnung des gesamten Programms riskieren könnte.

 

Es ist absehbar, dass GVO auch künftig kaum zum Einsatz kommen werden und damit die Mitnahmeeffekte bei einer etwaigen Abgeltung der GVO-Freiheit im Vordergrund stünden. Weiters wird der Bund, wie in der Beant­wortung der anderen Fragen deutlich dargelegt, gemeinsam mit den Ländern wirksame rechtliche Rahmenbedingungen festlegen, welche die Koexistenz absichern.

 

Zu Frage 9:

 

Die Zuständigkeit für den Anbau liegt gemäß Verfassung bei den Ländern. Mit der Saatgut-Anbaugebiete-Verordnung schaffe ich die Möglichkeit für die Länder, geschlossene Saatgutvermehrungsgebiete einzurichten, damit auch in Hinkunft Österreichs Bauern gentechnikfreies Saatgut beziehen können (siehe auch Antwort zu Frage 6).

 

Zu Frage 10:

 

Ergänzend zur Beantwortung der Fragen 2 und 3 wird darauf hingewiesen, dass die dort behandelten Gentechnikvorsorgegesetze zuständigkeitshalber auch die Frage der ökologisch sensiblen Gebiete berücksichtigen.

 

 

Der Bundesminister: