2596/AB XXII. GP
Eingelangt am 04.04.2005
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BM für
Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ. BMF-310205/0019-I/4/2005
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter
Herr Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 2634/J vom 4. Februar 2005 der Abgeordneten Ing. Erwin
Kaipel und Kollegen, betreffend Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (BBG),
beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Die
Bundesregierung hat im Jahr 2000 als eine der Maßnahmen zur
Budgetkonsolidierung eine umfassende Neuorganisation des Beschaffungswesens des
Bundes beschlossen. Der Gesetzgeber legte im Bundesgesetz über die Errichtung
einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz)
die Rahmenbedingungen für die Optimierung der Einkaufsbedingungen des Bundes
durch ökonomisch sinnvolle Volumens- und Bedarfsbündelung fest.
Durch
die Konzentration der Beschaffungsvorgänge konnten einerseits bessere
Einkaufspreise erzielt werden, andererseits wurde den Ressorts damit auch die
Möglichkeit eingeräumt, ihre Beschaffungsprozesse zu optimieren.
Das
von der BBG im Jahr 2004 erwirtschaftete Einsparungspotenzial des Bundes bei
den Einkaufspreisen beträgt rund 50 Mio. Euro. Damit wurde wieder ein wichtiger
Beitrag zur nachhaltigen Verwaltungsreform geleistet.
Zwar
führten die Optimierungsprozesse zu verminderten Einnahmen in Teilbereichen der
Wirtschaft, doch kommt jeder in der Verwaltung eingesparte Euro dem
Steuerzahler und letztlich wieder der Wirtschaft, insbesondere auch den KMUs
zugute.
Für
die heimische Wirtschaft stellen die KMUs eine wichtige Säule dar, die
maßgeblich zu unserem Steueraufkommen und damit zur Erhaltung der
Standortqualität Österreichs beitragen. Allein die Senkung der
Körperschaftsteuer bringt eine Nettoentlastung von 975 Mio. Euro. Davon
profitieren rund 100 000 Unternehmen - etwa 80 % davon sind KMUs. Weitere Maßnahmen zur Förderung der
klein- und mittelständischen Unternehmen stellen die begünstigte Besteuerung
nicht entnommener Gewinne bis 100.000,- Euro, die Abschaffung der 13.
Umsatzsteuer-Vorauszahlung, die allgemeine Senkung der Lohn- und
Einkommensteuer und die Abschaffung der Bagatellsteuern wie der
Schaumweinsteuer oder der Biersteuer dar.
In
diesem Zusammenhang weise ich aber darauf hin, dass öffentliche Auftragsvergaben
jedenfalls den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes sowie den Grundsätzen des
EG-Vertrages unterliegen. Insbesondere ist das Prinzip der Gleichbehandlung,
Nichtdiskriminierung und Transparenz zu beachten. Jegliche Bevorzugung von
Unternehmen und damit Diskriminierung anderer Unternehmen ist somit rechtlich
unzulässig. Die BBG hält sich strikt an diese gesetzlich vorgebenden
Rahmenbedingungen.
Die
Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens für den Wettbewerb ist als
tragender Grundsatz des EU-Vergaberechts anzusehen. Zentrale
Beschaffungsmethoden tragen gemäß EU-Richtlinie 2004/18/EG zur Verbesserung des
Wettbewerbs und damit zur Rationalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens
bei.
Es
ist mir ein besonderes Anliegen, meiner verfassungsgesetzlichen Verpflichtung
zur Auskunftserteilung gemäß Art 52 B-VG nachzukommen, weise aber darauf hin,
dass dieser Verpflichtung im Einzelfall gesetzliche Vorgaben entgegenstehen.
Insbesondere habe ich die Amtsverschwiegenheit gemäß Art 20 Abs. 3 B-VG, das
verfassungsmäßig gewährleistete Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 2
Datenschutzgesetz und § 21 Abs. 5 BVergG 2002 (Geheimhaltungspflichten von
Bietern und Bewerbern und Auftraggebern) zu wahren.
Stellt
im Einzelfall die Beantwortung einer Frage einen unverhältnismäßigen Aufwand
dar beziehungsweise sind die geforderten Daten in der gebotenen Zeit oder in
der gebotenen Datentiefe nicht eruierbar, ersuche ich um Verständnis, dass ich
derartige Fragen nicht beantworten werde.
Zu
1. bis 5.:
Hinsichtlich des geforderten
Datenmaterials darf ich Ihnen mitteilen, dass die nach Ansicht der zugezogenen
Experten für die Beschaffungsreform des Bundes notwendigen Daten
selbstverständlich erhoben wurden. Die von Ihnen gewünschte Datentiefe war
jedoch für eine erfolgreiche Beschaffungsreform nicht erforderlich und hätte
die Beratungsleistung durch AT-Kearny wesentlich in die Länge gezogen und
dementsprechend Mehrkosten verursacht.
Zu
6. und 7.:
Ich
verfüge über keinerlei Informationen darüber, dass Menschen aufgrund der
"BBG-Vergabepraxis" ihren Arbeitsplatz verloren haben. Selbstver-
ständlich bedauere ich den Verlust eines jeden Arbeitsplatzes, möchte
allerdings darauf hinweisen, dass der Verlust von Arbeitsplätzen vielerlei
Ursachen haben kann. Die "BBG-Vergabe-Praxis" erfolgt nach den
gesetzlichen Vorgaben und kann daher nicht für den Verlust von Arbeitsplätzen
verantwortlich sein.
Ihre
Behauptung würde bedeuten, dass man künstlich durch staatliche Subventionierung
über erhöhte Preise Unternehmen aufrecht erhält. Ich gehe davon aus, dass auch
unter Vorgängerregierungen keine derartigen Subventionierungen stattgefunden
haben, was im klaren Widerspruch zum fairen Wettbewerb stehen würde. Es ist das
Wesen der Marktwirtschaft, dass sich der Anbieter durchsetzt, der bessere
Produkte mit den besten Preisen anbietet.
Zu
8.:
Es
liegen für die Jahre 2001 bis 2003 keine diesbezüglichen Meldungen vor.
Für
2004 gab es Meldungen in den Beschaffungsgruppen Bekleidung, Chemische
Mittel/Reinigungsmittel, Elektroartikel, Facility Management, IT-Hardware,
Metallprodukte, Möbel, Telefonie, Transporte/Bedarfsflüge, Wäscherei, die
jedoch laut Mitteilung der BBG nicht die von Ihnen geforderte Informationstiefe
aufweisen.
Für
das Jahr 2005 hat die BBG zu den Beschaffungsgruppen Elektrogeräte und
–komponenten, IT-Hardware, Metallprodukte und Wäscherei von den Ressorts
vereinzelt Meldungen erhalten. Derzeit verfügt die BBG diesbezüglich über keine
näheren Aufschlüsselungen.
Zu
9., 11.,13., 16. und 17.:
Es
handelt sich hierbei um Daten aus dem Ressortbereich des Bundesministeriums für
Justiz. Die Beantwortung unterliegt somit nicht dem Aufgabenbereich meines
Ressorts.
Zu
10.,12., 14. und 15.:
Nach
Mitteilung der Geschäftsführung der BBG haben im Jahr 2004 zwei
BBG-Vertragspartner Haltbarprodukte an Justizanstalten geliefert. Hierbei
handelt es sich um Trockenwaren (= Firma AGM 1,15 Mio. Euro) und um Suppen,
Saucen und Bindemittel (= Firma Hügli 0,15 Mio. Euro). Frischwaren werden von
den Justizanstalten selbst beschafft.
Das
über die BBG insgesamt abgewickelte Lebensmittel-Beschaffungsvolumen der
österreichischen Justizanstalten betrug laut Angabe der BBG im Jahr 2004 somit
rund 1,3 Mio Euro. Die Zahlen für das erste Quartal 2005 liegen noch nicht vor.
Welche
Firmen darüber hinaus noch Justizanstalten beliefern, entzieht sich meiner
Kenntnis, da es sich hierbei um Daten des Bundesministeriums für Justiz handelt
und diese nicht meinem Aufgabenbereich als Bundesminister für Finanzen
unterliegen.
Zu
Frage 18.:
Wie
bereits eingangs erwähnt, sind die Erfahrungen mit der BBG angesichts der
bisher erwirtschafteten Einsparungen und der Tatsache, dass knapp drei Viertel
aller Vertragspartner den KMUs zugeordnet werden können, äußerst erfreulich zu
beurteilen.
Zur
Beschaffungsgruppe Lebensmittel möchte ich darauf hinweisen, dass laut
Mitteilung der Geschäftsführung der BBG rund 76 % des ausgeschriebenen
Lebensmittelvolumens an KMUs und insgesamt an 66 Einzelfirmen vergeben wurden.
Mit den Verträgen wurden rund 6 % Einsparungen erzielt.
Darüber
hinaus mussten die Dienststellen keine äußerst aufwändigen Vergabeverfahren
durchführen. Die von der BBG abgeschlossenen Verträge bieten für die
Dienststellen hohe Rechtssicherheit und für die Lieferanten faire, nach
einheitlichen Standards konzipierte Ausschreibungen sowie Verträge mit der
Möglichkeit, mehrere Dienststellen im eigenen regionalen Lieferkreis beliefern
zu können.
Aus
den genannten Gründen halte ich es nicht für sinnvoll, dass die
Beschaffungsgruppe Lebensmittel aus der Verordnung der über die BBG zu
beschaffenden Güter und Dienstleistungen herausgenommen wird.
Zu
19. und 20.:
Ich
nehme an, sie sprechen mit der "Sachverhaltsdarstellung" die im
Vorwort zur parlamentarischen Anfrage angeschnittene Praxis der BBG an, bei der
Ausschreibung sogenannte Warenkörbe zu erstellen. Meinem Ressort liegen
keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die diesbezügliche Vorgangsweise der
BBG rechtlich unzulässig wäre. Rechtsverstöße gegen das Bundesvergabegesetz
unterliegen dem vergaberechtlichen Rechtsschutz (§§ 135 ff BVergG 2002)
und können daher von jedem Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines
dem Bundesvergabegesetz unterliegenden Vertrages behauptet, beim
Bundesvergabeamt angefochten werden.
Zu
21. und 22.:
Es
gab laut Mitteilung der BBG keinerlei Preisaufschläge oder Preisabschläge
innerhalb von Warenkörben.
Zu
23.:
Nach
Angabe der BBG gab es 17 derartige Ausschreibungen.
Zu
24. und 25.:
Selbstverständlich
wurde kein einziger Bieter übergangen, da stets eine Bestbieterermittlung gemäß
dem in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Bewertungsschema erfolgte.
Es
wurden alle
Bieter laut Information der BBG unmittelbar nach der Zuschlagsentscheidung
gemäß § 100 BVergG 2002 über die beabsichtigte Zuschlagserteilung
informiert. Alle gesetzlich normierten Fristen und Mitteilungspflichten wurden
eingehalten. Der (innerstaatliche) Rechtsschutz für Bewerber und Bieter in
Vergabeverfahren ist in den §§ 135 bis 177 BVergG 2002 abschließend
geregelt. Die BBG verweist in ihren Ausschreibungsunterlagen einerseits auf die
Internetadresse, unter der die aktuelle Fassung des BVergG auf
der Website des BKA (RIS) jederzeit kostenlos abrufbar ist und stellt
andererseits selbst auf der BBG-Website die jeweils gültige Fassung für alle
Nutzer der Website kostenlos zur Verfügung.
Zu 26. und 27.:
Gemäß §§ 163 und 164 BVergG 2002
sind nur Unternehmer, die ein Interesse am Abschluss eines dem
Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages haben beziehungsweise
hatten, zur Einleitung eines Nachprüfungs- beziehungsweise
Feststellungsverfahrens antragslegitimiert. Öffentliche Auftraggeber sind in
ihrer Eigenschaft als Auftraggeber nicht berechtigt, eine Nachprüfung
beziehungsweise eine Feststellung beim Bundesvergabeamt (BVA) zu
beantragen. Ein dementsprechender Antrag wäre vom BVA mangels
Antragslegitimation als unzulässig zurückzuweisen.
Zu 28.:
Laut Mitteilung der BBG werden
Warenkörbe seit Gründung der BBG ausgeschrieben. Dies stellt eine Entscheidung
der Geschäftsführung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben dar.
Mit freundlichen Grüßen