2601/AB XXII. GP

Eingelangt am 04.04.2005
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BM für Justiz

 

 

Anfragebeantwortung

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0012-Pr 1/2005

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2611/J-NR/2005

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Ermittlungen im Fall Großbrand Tiroler Loden Innsbruck“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Eine aus § 8 Abs. 1 StAG abzuleitende Berichtspflicht liegt nicht vor. Die für Einzelstrafsachen zuständige Fachabteilung der Sektion IV meines Hauses wurde erstmalig im Oktober 2001 auf Grund von Eingaben des Herrn Mag. Andreas G. an meinen Amtsvorgänger mit dieser Strafsache befasst.

Zu 2:

Der Akt enthält fünf mit dem Brandgeschehen im Zusammenhang stehende Gutachten, zwei Sachverständige haben ein Privatgutachten erstattet.

Zu 3:

Ja.

Zu 4:

Es ist richtig, dass Dipl.-Ing. G. im Verfahren 59 Cg 24/02h des Landesgerichtes Innsbruck Fehler eingeräumt hat, die für ihn jedoch keine relevanten Auswirkungen auf seine gutachterlichen Schlussfolgerungen hatten. Die zuständige Fachabteilung meines Hauses hat vom Ergebnis dieser Einvernahme durch einen vor kurzem im Bundesministerium für Justiz eingelangten Bericht der Staatsanwaltschaft Innsbruck Kenntnis erlangt.

Zu 5:

Die Bundespolizeidirektion Innsbruck hat zur Ermittlung der Brandursache die kriminaltechnische Zentralstelle des Bundesministeriums für Inneres beigezogen.

Zu 6:

Die Zuweisung von Ermittlungsaufgaben im Bereich des Bundesministeriums für Inneres fällt nicht in den gesetzlichen Wirkungsbereich der Bundesministerin für Justiz. Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich mich dazu nicht äußere.

Zu 7:

Die Ergebnisse der Ermittlungen der kriminaltechnischen Zentralstelle des Bundesministeriums für Inneres waren nicht unschlüssig. Im Stadium der gerichtlichen Voruntersuchung oblag es der zuständigen Untersuchungsrichterin allenfalls ein Ergänzungsgutachten einzuholen. Nach Beurteilung der Anklagebehörde war eine solche Antragstellung zum damaligen Zeitpunkt nicht erforderlich.

Zu 8:

Nach dem mir vorliegenden Bericht der Anklagebehörde ist dieser von einem Naheverhältnis zwischen dem Bundesministerium für Inneres und der UNIQA-Versicherung nichts bekannt, was auch mit den Angaben von Dipl.-Ing. Herbert G. im Verfahren 59 Cg 24/02h des Landesgerichts Innsbruck konform geht. Im Übrigen weise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zur Zahl 2612/J-NR 2005 durch die Bundesministerin für Inneres hin.

Zu 9:

Für die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Dipl.-Ing. Herbert G. und andere Personen auf Grund des Gutachtens von Oberbrandrat P. besteht nach derzeitigem Wissenstand keine Veranlassung. Aus der Tatsache, dass ein Vorgutachten von einem weiteren Gutachter angezweifelt wird, ergibt sich kein zwingender Hinweis auf den Verdacht einer strafbaren falschen Gutachtenserstattung.

Zu 10:

Für den in der Fragestellung zum Ausdruck kommenden Verdacht, das Gutachten von Dipl.-Ing. G. könnte ein "Gefälligkeitsgutachten" für die UNIQA-Versicherung gewesen sein, gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt. Der Sachverständige P. hat in seinem Gutachten selbst darauf hingewiesen, dass auch Dipl.-Ing. G. einen elektrischen Defekt als Brandursache nicht ausgeschlossen hat.

Zu 11:

Ob die Staatsanwaltschaft Innsbruck Günter M. wegen Verleumdung gem. § 297 Abs. 1 (zweiter Deliktsfall) StGB verfolgen wird, steht derzeit in Prüfung.

Zu 12:

Gemäß § 119 Abs. 1 StPO steht die Wahl der Sachverständigen dem Untersuchungsrichter zu. Eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft ist gesetzlich nicht vorgesehen. Der Sachverständige Oberbrandrat P. wurde daher von der Staatsanwaltschaft Innsbruck nicht "mitbestellt". Die Anklagebehörde hat gegen seine Bestellung durch die Untersuchungsrichterin zwar keinen Einwand erhoben, allerdings hegte sie in ihrer Äußerung zur Gebührennote Bedenken gegen die inhaltliche Richtigkeit der Ausführungen des Gutachters, zumal dieser nicht Sachverständiger für Brandursachenermittlung sondern für Brandschutzwesen ist.

Zu 13:

Die genannte Staatsanwältin hat keine solche Weisung erhalten. Sie hat die ablehnende Äußerung nach Rücksprache mit dem Leiter der Staatsanwaltschaft aus den zur Frage 12 dargestellten Gründen abgegeben.

Zu 14:

Bereits ab Beginn der Ermittlungen wegen des Brandes auf dem Firmenareal von Tiroler Loden im Jahr 2001 bestand der Verdacht einer Brandlegung. Ein konkreter Tatverdacht gegen eine bestimmte Person lag aber vorerst nicht vor. Im Jahr 2003 ergaben sich im Rahmen der Überwachung einer Telekommunikation in einem anderen, mit dem Brand bei Tiroler Loden nicht unmittelbar zusammenhängenden Strafverfahren Verdachtsmomente, Mag. G. könnte eine Brandstiftung in Auftrag gegeben haben. Auf Grund von belastenden Zeugenaussagen leitete die Untersuchungsrichterin auf Antrag der Anklagebehörde am 1. Dezember 2003 die Voruntersuchung unter anderem auch gegen Mag. G. ein. Wegen einer zu befürchtenden Flucht ins Ausland stellte die Anklagebehörde Anträge auf Erlassung von Hausdurchsuchungs- und Haftbefehlen, die am 5. Dezember 2003 samt einem vom Bundeskriminalamt vorgelegten umfangreichen Aktenkonvolut im Büro der Untersuchungsrichterin deponiert wurden. Da sie aber dienstlich anderweitig beschäftigt war und die Kriminalbeamten weder den Journalstaatsanwalt noch den Journalrichter erreichen konnten, nahmen die Beamten Mag. G. wegen Gefahr im Verzug aus eigenem fest. In weiterer Folge wurde über Mag. G. die Untersuchungshaft verhängt. Gegen seine Tage später erfolgte Enthaftung hat die Anklagebehörde eine Beschwerde erhoben. Das Oberlandesgericht Innsbruck hat dieser Beschwerde zwar nicht Folge gegeben, weil es das Vorliegen von Haftgründen verneinte, einen dringenden Tatverdacht gegen Mag. G. allerdings ausdrücklich bejaht.

Zu 15:

Der Haftbefehl wurde vom zuständigen Journalrichter des Landesgerichtes Innsbruck auf Grund eines Antrages der Staatsanwaltschaft Innsbruck erlassen.

Zu 16:

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hatte schon vor der Verhaftung von Mag. G. die Erlassung eines Haftbefehles gegen den Genannten beantragt und nach erfolgter Festnahme auch einen Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft über den Genannten gestellt. Anträge der Staatsanwaltschaft richten sich nicht nach der An- oder Abwesenheit des zuständigen Richters. Über den Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft über Mag. G. hat - auf Grund der damaligen Verhinderung der Untersuchungsrichterin - der nach der Geschäftsverteilung des Landesgerichtes Innsbruck zuständig gewesene Vertreter entschieden.

Zu 17:

Es hat keinen Auftrag seitens der Justizbehörden gegeben, die Ermittlungen "rechtswidrig" zu führen. Die von Mag. G. gegen mehrere Kriminalbeamte erhobenen Vorwürfe wegen Missbrauchs der Amtsgewalt sind Gegenstand gesonderter gerichtlicher Vorerhebungen. Ob gegen die Kriminalbeamten weitere Verfolgungsschritte gesetzt werden, wird derzeit geprüft. Dienstrechtliche Maßnahmen gegen sie fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Justiz.

Zu 18:

Vereinzelte mediale Äußerungen des Leiters der Staatsanwaltschaft Innsbruck waren vermutlich missverständlich und haben zu entsprechenden Hinweisen der vorgesetzten Dienstbehörde an ihn geführt.

Zu 19:

Der Strafgefangene behauptete Vorgänge, für deren Abklärung nach Beurteilung der Anklagebehörde es nicht tunlich war, die Einvernahme des Strafgefangenen durch die genannte Untersuchungsrichterin durchführen zu lassen.

Zu 20:

Gegen Mag. G. ist eine Voruntersuchung eingeleitet worden. Gemäß § 93 Abs. 1 StPO wird die Voruntersuchung in der Regel vom Untersuchungsrichter persönlich und unmittelbar geführt. Ist die Voruntersuchung eingeleitet, so schreitet der Untersuchungsrichter gemäß § 96 StPO ohne weitere Anträge des Anklägers abzuwarten, von Amts wegen ein, um den Tatbestand zu erheben, den Täter zu ermitteln und die zur Überführung oder Verteidigung des Beschuldigten dienenden Beweismittel so weit festzustellen, als es der Zweck der Voruntersuchung erfordert. Die Untersuchungsrichterin hat die Voruntersuchung erst vor wenigen Tagen geschlossen.

Zu 21:

Nach Meinung der Staatsanwaltschaft Innsbruck ist die Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Betruges noch durch weitere Erhebungen fortzuführen. Ihr diesbezügliches Vorhaben steht derzeit in Prüfung im Bundesministerium für Justiz.

Zu 22:

Der Verteidiger von Mag. G. hat im Juli 2004 bei der Untersuchungsrichterin einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens wegen des Verdachtes des Scheck- und Wechselbetruges eingebracht. Diesen Antrag hat die Untersuchungsrichterin im November 2004 der Anklagebehörde übermittelt. Diesen Verfahrenskomplex will die Staatsanwaltschaft Innsbruck nunmehr einstellen.

Zu 23:

Derzeit besteht kein Anlass zu Erhebungen gegen Verantwortliche der UNIQA-Versicherung, ein strafrechtlich fassbares Belastungsmaterial liegt nicht vor.

Zu 24 bis 26:

Zur Ergreifung dienstaufsichtsbehördlicher Maßnahmen gegen Bedienstete der Staatsanwaltschaft/Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck besteht (zumindest derzeit) kein Anlass.

Zu 27:

Soweit die staatsanwaltschaftlichen Agenden betroffen sind, wurden zwei Vorhabensberichte erstattet. Diese werden derzeit von der für Einzelstrafsachen zuständigen Fachabteilung im Bundesministerium für Justiz geprüft und so rasch wie möglich erledigt werden.

    . April 2005

 

(Maga. Karin Miklautsch)