2630/AB XXII. GP
Eingelangt am 13.04.2005
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BM für
Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ.
BMVIT-12.000/0001-I/CS3/2005 DVR:0000175
An den
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 2654/J-NR/2005 betreffend unvollständige und
teilweise unrichtige Beantwortung einer Anfrage zum Wirken des
"Wissenschaftlichen Beirats Funk" (Thema: "Mobilfunk und
Gesundheit") sowie zu den alarmierenden Ergebnissen der TNO- und der
Reflex-Studie, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
am 14. Februar 2005 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu
beantworten:
Fragen 1 und 2:
Wie hoch beliefen sich die Gesamtkosten der Arbeit des WBF?
Wie viel davon wird von Seiten des Ressorts aufgewendet?
Antwort:
ARC hat an Bundesmitteln in den Jahren 2001-2004 insgesamt € 845.000,-- für die EMF-Forschung (Elektromagnetische Felder und biologische Systeme) eingesetzt. Aus diesem Budget wurden auch Aufwendungen für die Tätigkeit des WBF bestritten. Zusätzliche finanzielle Beiträge von dritter Seite wurden über die ARC abgewickelt. Eine direkte Zahlung von Mobilfunkbetreibern an die Mitglieder des WBF ist nicht erfolgt.
Frage 3:
Wie hoch waren die Beiträge der Mobilfunkindustrie (Nennung einzelner Firmen und Summen)?
Antwort:
Von Seiten der Mobilfunkbetreiber wurden in Kooperation mit ARC gesamthaft rund
€ 100.000,-- beigetragen. Die Aufsplittung in einzelne Firmen und Summen ist nur bedingt möglich und unterliegt der Amtsverschwiegenheit. Eine Beantwortung ist daher nicht möglich.
Frage 4:
Was waren die Mindestauswahlkriterien für wissenschaftliche Analysen, die an die Studien gestellt wurden? (Dass es diese Kriterien geben soll, wird in den Antworten zu den Fragen 4 und 6 der erwähnten Anfrage behauptet.)
Antwort:
Die Mindestauswahlkriterien waren die Folgenden:
Ø Dosimetrie
Die
relevanten Expositionsparameter (Frequenzbereich, Signalform, Expositionsdauer,
Expositionsintensität -SAR, Feldstärke, Mittelwert) müssen angegeben und das
Protokoll so geführt sein, dass der Versuch nachvollziehbar ist. Wünschenswert
wäre darüber hinaus: Angabe der Typen der verwendeten Messgeräte und der
Variabilität der dosimetrischen Größe.
Ø Statistische Signifikanz
Können
die Befunde hinreichend gut gegen die Vermutung eines Zufallsergebnisses
abgesichert werden?
Minimalanforderungen
sind die Angabe der statistischen Standardkriterien (Konfidenzintervall oder
p-Wert) und der angewendeten statistischen Verfahren.
Ø Replikation der Untersuchungsergebnisse
Replikation ist
grundsätzlich wünschenswert, für die meisten Untersuchungen zur Wirkung
elektromagnetischer Felder des Mobilfunk fehlen solche Replikationen.
Minimalanforderung ist, dass eine Studie so gestaltet sein muss, dass sie von einem anderen Laboratorium nachvollziehbar ist.
Ø Kausalität
Können andere
Variablen als Erklärung für den gefundenen Zusammenhang mit hinreichender
Sicherheit ausgeschlossen werden?
Entscheidend für die Kausalität und damit Minimalanforderungen sind:
Dokumentation der Versuchs- und Kontrollgruppe, verblindete Exposition und Auswertung, Selektionsmechanismen, Confounder.
Ø Adversität
Hat der gefundene Effekt gesundheitliche Relevanz für
den Menschen?
Ein Effekt ist dann advers, wenn eine Störung der Organfunktion vorliegt, der Effekt nach Wegfall der Exposition nicht rückbildungsfähig ist, die Nachkommenschaft geschädigt wird.
Ø Ökologische Validität
Lässt sich die in der Studie betrachtete Situation
hinreichend gut auf die realen Bedingungen übertragen, unter denen Mobilfunk
stattfindet?
Diese inhaltliche Beurteilung muss klar bejaht werden. Darüber hinaus ist für eine transparente, nachvollziehbare Bewertung der Studie auch die Dokumentation der Beurteilung von großer Bedeutung.
Ø Erstellen des wissenschaftlichen Gesamtbildes
Studien, die die oben definierten Qualitätskriterien nicht erfüllen, können in die Gesamtbewertung nicht einbezogen werden.
Die sollte aber begründet werden.
Fragen 5 und 6:
In der Antwort zu Frage 5 der erwähnten Anfrage in bezug auf die TNO-Studie wird gefordert, dass sie unbedingt wiederholt werden müsse, bevor sie wissenschaftlich akzeptiert werden kann.
Können Sie bei den in der Antwort auf Frage 10 genannten Studien (die 46 "guten") belegen, dass diese (einmal oder mehrmals) wiederholt worden sind?
Wir ersuchen um Belege im einzelnen.
Falls nein, wieso werden dann an diese Studien geringere Anforderungen gestellt als an die TNO-Studie?
Antwort:
Bezüglich der Studie der Netherlands Organization for Applied Scientific Research TNO, die bisher in keiner Fachzeitschrift publiziert wurde, möchte ich darauf hinweisen, dass der Health Council of the Netherlands selbst eine Replizierung wichtiger Teile der Studie bzw. weiterführende Untersuchungen fordert. Eine Orientierung an solchen Forderungen bei der Berücksichtigung von Studien ist gerechtfertigt. Wie ich bereits in der Beantwortung zur parlamentarischen Anfrage Nr. 2268/J dargelegt habe, wird sich der WBF mit den in der zweiten Hälfte des Jahres 2005 zu erwartenden Ergebnissen der Replikationen der TNO-Studie beschäftigen, sodass jedenfalls nicht davon gesprochen werden kann, die TNO-Studie würde nicht berücksichtigt werden. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass an die bisher berücksichtigten Studien geringere Anforderungen gestellt werden als an die TNO-Studie.
Bezüglich der Mindestanforderungen für die Replikation der Studien verweise ich auf die Antwort zu Fragepunkt 4.
Frage 7:
In der Antwort auf Frage 4 der erwähnten Anfrage wird als Begründung dafür, die Reflex-Studie nicht zu berücksichtigen, angeführt, sie wäre noch nicht approbiert.
Muss eine Studie, die von 12 Forschergruppen aus 7 europäischen Ländern erstellt wurde, noch von einer zusätzlichen Stelle approbiert werden? Welche Stellen gibt es, die noch mehr Kompetenz als diese 12 Forschergruppen aufweisen und solch eine Approbation durchführen könnten?
Antwort:
Zum Zeitpunkt der Recherchen für die
Konsensus-Konferenz war der Endbericht dieser Studie noch nicht publiziert
worden, weshalb sie vom WBF auch nicht berücksichtigt werden konnte. Die
Publikation eines Endberichts, der die Ergebnisse aller Forschergruppen
zusammenfasst und diskutiert, ist eine Grundvoraussetzung für die Bewertung.
Wie einige Studienautoren selbst betonen, ist für einige Bereiche eine
Wiederholung und allfällige Bestätigung der Studienergebnisse erforderlich. Die
Verwendung des Zeitworts „approbieren“ in der Beantwortung
auf die Anfrage Nr. 2268/J hat hier offenbar zu einem Missverständnis geführt, da es im einfachen
und unakademischen Sinne von „bestätigen“ zu lesen ist. Wie aus der zitierten
Anfragebeantwortung - insbesondere zu den Fragen 4, 5 und 26 - eindeutig
hervorgeht, werden diese Ergebnisse vom WBF zu berücksichtigen sein.
Frage 8:
In der Antwort auf Frage 4 der erwähnten Anfrage wird außerdem behauptet, ein Mitglied des WBF wäre an der Ausarbeitung der Reflex-Studie beteiligt gewesen.
Welches Mitglied des WBF war an der Ausarbeitung der Reflex-Studie beteiligt?
Antwort:
Beim Mitautor an der REFLEX-Studie
handelt es sich um Herrn ao. Univ.-Prof. Dr. Oswald Jahn (früherer Leiter der
Klinischen Abteilung für Arbeitsmedizin, Medizinuniversität Wien). Im Übrigen
darf ich auf die Antwort zu den Fragen 12 bis 14 verweisen.
Fragen 9 und 10:
Ist es zutreffend, dass bei der 2. Sitzung des Gremiums, bei der die Beurteilungen besprochen wurden, keine Abstimmung stattgefunden hat?
Erscheint es Ihnen unter diesen Umständen nicht etwas irreführend, zB in der Antwort zu Frage 9 der erwähnten Anfrage von "Teilnehmern mit Stimmrecht" zu sprechen?
Antwort:
Die Ergebnisse (Statements) der
Konsensus-Konferenz wurden in der Konferenz diskutiert und gemeinsam
(um)formuliert, bis alle (stimmberechtigten) Teilnehmer mit dem Text
einverstanden waren. Vor der endgültigen Fixierung des jeweiligen Textes als
Ergebnis der Konsensus-Konferenz wurde nochmals die Frage gestellt, ob nunmehr
alle Teilnehmer mit der Formulierung des Textes einverstanden seien. Erst als
alle (stimmberechtigten) Teilnehmer dies eindeutig ausdrückten und andererseits
keine weiteren Textänderungen vorgebracht wurden, wurde die zu diesem Zeitpunkt
formulierte Letztversion des jeweiligen Textes/Statements als einvernehmliches
Ergebnis der Teilnehmer an der Konsensus-Konferenz festgehalten. Eine formelle
Abstimmung war daher nicht notwendig. Dies ändert nichts daran, dass in der
Konsensus-Konferenz nur die Äußerungen der Teilnehmer mit Stimmrecht relevant
waren, dies erscheint mir nicht irreführend.
Frage 11:
Ist es zutreffend, dass zur 2. Sitzung des Gremiums kein Protokoll (in den zB der Widerspruch von Teilnehmern namentlich zugeordnet und dokumentiert sein könnte) zugänglich ist? Falls nein, ersuchen wir um die Übermittlung des Sitzungsprotokolls.
Antwort:
Ein Sitzungsprotokoll über die
Konsensus-Konferenz ist zwar meiner Information zufolge geplant, liegt mir aber
derzeit noch nicht vor .
Fragen 12 bis
14:
Laut Antwort auf Frage 14 der erwähnten Anfrage sind Dr. Oswald Jahn und Dr. Michael Kundi Mitglieder des WBF. Im FMK-Newsletter 4/2004 wird auf Seite 45 eine Liste der Mitglieder des WBF veröffentlicht. Dort sind weder Dr. Oswald Jahn noch Dr. Michael Kundi aufgeführt.
Welche Angabe ist richtig, die Antwort auf Frage 14 in der letzten Anfrage oder die Liste im FMK-Newsletter?
Wenn die Liste im FMK-Newsletter den Tatsachen entspricht, wieso wurden von Ihnen die Herren Dr. Oswald Jahn und Dr. Michael Kundi als Mitglieder genannt?
Wenn die Liste im FMK-Newsletter den Tatsachen entspricht, bedeutet das, dass - nach Ihren Angaben im WBF - nur ein einziger Umweltmediziner als Vertreter des Forschungsgebietes, mit dem sich der WBF beschäftigen soll, überhaupt dort Mitglied ist.
Welche Relevanz kann der Beirat dann wissenschaftlich überhaupt haben?
Antwort:
Für das Ergebnis der
Konsensus-Konferenz und war ausschließlich die Frage wesentlich, wer bei dieser
Konferenz stimmberechtigt war. Dieser Personenkreis war weiter gefasst als der
Kreis der in den Aussendungen zum WBF genannten WBF-Mitglieder, was im
Zusammenhang mit den Antworten auf die der Anfrage Nr.
2268/J bedauerlicherweise zu Mißverständnissen Anlass gibt, weil darin nicht minutiös und
punktgenau zwischen WBF-Mitgliedern einerseits und stimmberechtigten
Teilnehmern an der Konsensus-Konferenz andererseits unterschieden wird. Da für
mich als verantwortlichen Bundesminister ausschließlich das Ergebnis der
Konsensus-Konferenz von Bedeutung ist, kommt für mich in diesem Zusammenhang
der Frage der formalen Zuordnung von Personen in (reine) Mitglieder des WBF
(sonstige) stimmberechtigte Teilnehmer an der Konsensus-Konferenz und nur eine
untergeordnete Rolle zu.
Die wissenschaftliche Relevanz des
WBF ist nicht in Zweifel zu ziehen, da die dem WBF gestellte zentrale Frage,
nämlich, ob Mobilfunk gesundheitsbeeinträchtigende Auswirkungen auf den
Menschen hat, auch ausschließlich aus wissenschaftlicher Sicht zu beantworten
ist. Die Kompetenz zur Beantwortung dieser Frage kann auf Grund des
Expertenwissens der stimmberechtigten Teilnehmer an der Konsensus-Konferenz
seriöserweise nicht verneint werden.
Frage 15:
Im Falle der Finanzierung des WBF werden offensichtlich Mitglieder direkt von den Mobilfunkbetreibern bezahlt für ihre "ehrenamtliche" Tätigkeit, wobei man diese Tätigkeit zudem sicherlich in keiner Weise als Forschung bezeichnen kann.
Wollen Sie dennoch weiterhin allen Ernstes behaupten, dass die Mitglieder des WBF trotzdem unabhängig von den Interessen der Mobilfunkbetreiber agieren können?
Antwort:
Siehe dazu meine Beantwortung zu den Fragen 2
und 3.