2634/AB XXII. GP
Eingelangt am
14.04.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für
Wirtschaft und Arbeit
Anfragebeantwortung
Präsident des Nationalrates Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL Parlament 1017 Wien |
Wien, am 12. April 2005
Geschäftszahl:
BMWA-10.101/0030-IK/1a/2005
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2679/J betreffend Umgehung österreichischer Gesetze durch Vereine, welche die Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen am 18. Februar 2005 an mich richteten, stelle ich fest:
Einleitend ist
zu bemerken, dass in
der Anfrage häufig die Begriffe „illegale Beschäftigung“ und „Schwarzarbeit“
verwendet werden. Diese Begriffe sind nicht deckungsgleich und gehen auch weit
über den Bereich der illegalen Ausländerbeschäftigung hinaus. Die in der
Anfrage genannten Vereine "vermitteln" in aller Regel ausländische
Arbeitskräfte zur Betreuung von Pflegebedürftigen in private Haushalte. Dabei
wird aber keineswegs nur gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz, sondern in
aller Regel auch gegen Bestimmungen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes sowie
gegen gesetzliche und kollektivvertragliche Lohn- und Arbeitsbedingungen und
nicht zuletzt gegen sozialversicherungsrechtliche Vorschriften verstoßen.
Antwort zu
den Punkten 1 und 2 der Anfrage:
Diesbezüglich darf ich zuständigkeitshalber auf die Beantwortung der Anfrage 2377/J durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen verweisen.
Antwort zu
Punkt 3 der Anfrage:
Die seitens der Vereine angebotenen Tätigkeiten
umfassen die Bereiche Kranken- und Sozialbetreuung. Die Vereinbarung gemäß Art.
15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe sieht
die Harmonisierung von Berufsbildern durch Land und Bund vor. Soweit durch
Bundesgesetz umzusetzende Maßnahmen betroffen sind, erfolgt auf Grund der
Kompetenzverteilung eine Umsetzung durch das Bundesministerium für Gesundheit
und Frauen. Für die Erlassung von Regelungen im Rahmen der Gewerbeordnung ist
demzufolge kompetenzmässig kein Raum gegeben.
Antwort zu
den Punkten 4 und 5 der Anfrage:
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine effiziente Bekämpfung der illegalen Ausländerbeschäftigung wurden in den letzten Jahren entscheidend verbessert. Mit der Übertragung der Kontrollagenden von den Arbeitsinspektoraten an die Zollbehörden im Rahmen des Konjunkturpakets 2002 wurden die Strafen für Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erhöht und die Zollorgane außerdem ermächtigt, Ausländer bei Gefahr im Verzug zum Zweck der Identitätsfeststellung und zur Übergabe an die nächste Sicherheitsdienststelle vorübergehend festzu-nehmen.
Zudem wurden die gegenseitigen Informations- und Anzeigeverpflichtungen aller zuständigen Behörden im Wege der erweiterten Amtshilfe deutlich ausgeweitet, um so alle Erscheinungsformen der illegalen Beschäftigung – im Arbeitsrecht, im Gewerberecht, im Sozialversicherungsrecht und im Abgabenrecht – ebenso wie Ge-setzesverletzungen im Gesundheits- und Umweltschutzrecht wirksam bekämpfen zu können.
Durch diese Maßnahmen konnte die Kontrolleffektivität der illegalen Ausländerbeschäftigung eindrucksvoll gesteigert werden; für den Bereich der illegalen Pflege in privaten Haushalten sind der Kontrolle allerdings im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre der Pflegebedürftigen und des Hausrechts von vornherein enge Grenzen gesetzt.
Darüber hinaus habe ich im September des Vorjahres eine Verordnung erlassen, der zufolge Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten auch nach Überschreitung der gesetzlichen Ausländerhöchstzahlen für eine Beschäftigung in einem Gesundheits- und Krankenpflegeberuf eine Beschäftigungsbewilligung erhalten können, wenn sie eine monatliche Bruttoentlohnung von mindestens € 1.452,- (das entspricht 40 % der ASVG - Höchstbeitragsgrundlage) erhalten. Mit dieser Regelung soll die Zulassung qualifizierter Pflegekräfte unter Einhaltung geltender Lohn- und Arbeitsbedingungen ermöglicht werden. Gleichzeitig erfüllt Österreich damit seine im Zuge der EU-Erweiterung eingegangene Verpflichtung, Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten bei der Zulassung zum österreichischen Arbeitsmarkt gegenüber Drittstaatsangehörigen zu bevorzugen.
In diesem Zusammenhang erwarte ich auch eine Verbesserung durch die Einführung des Dienstleistungsschecks, dessen Idee darin liegt, in einfacher und unbürokratischer Weise haushaltstypische, personennahe Dienstleistungen sozialrechtlich abgesichert zu erschließen.
Antwort zu
Punkt 6 der Anfrage:
Im Ressortbereich wurden zu diesem Thema keine Studien beauftragt. In einer Untersuchung aus dem Jahr 1996 (Badelt u.a.) wurde aber zum Beispiel auf Basis des Mikrozensus 1992 das gesamte Ausmaß der Betreuungsbedürftigkeit in Österreich ermittelt: Demnach waren 1992 insgesamt 493.328 Personen bzw. 31% der Bevölkerung über 60 Jahre betreuungsbedürftig. Unter der Annahme, dass die Zahl betreuungsbedürftiger Personen linear zunimmt, kann 2004 von knapp 560.000 ausgegangen werden. Für 2010 werden in dieser Untersuchung 593.256 bzw. für 2030 811.159 betreuungsbedürftige Personen prognostiziert.
Nach einer Erhebung des Österreichischen Bundesinstitutes für Gesundheitswesen waren Ende 1999 im Bereich „Pflege und Betreuung älterer Personen“ rund 54.800 Personen (35.800 Vollzeitäquivalente) beschäftigt. Hochgerechnet auf 2004 sind insgesamt rund 65.000 Beschäftigte im Bereich Pflege und Betreuung tätig (42.000 Vollzeitäquivalente). Die zunehmende Zahl an älteren Personen (die über 70-Jährigen werden bis 2010 um 8,8% und bis 2020 um 29,2% ansteigen) sowie die zu beobachtenden Änderungen der Familienstrukturen werden die Arbeitskräftenachfrage in diesem Arbeitsmarktsegment weiter deutlich heben.
Antwort zu
Punkt 7 der Anfrage:
Zur Unterstützung des erwartbaren Wachstums gilt es, den laufenden Reformprozess im Bereich
der Gesundheits- und Pflegeberufe fortzusetzen. Wichtige Ziele dabei sind:
Ausbau und Weiterentwicklung des bestehenden Ausbildungsangebots, Erhöhung der
Attraktivität der Pflege- und Sozialbetreuungsberufe, Schaffung von
Rechtssicherheit in der Berufsausübung sowie die Etablierung adäquater
Qualitätssicherungssysteme.
Antwort zu
den Punkten 8 bis 10 der Anfrage:
Für den speziellen Bereich der illegalen
Beschäftigung im Bereich der Pflegeberufe liegen keine Zahlen vor. Nachdem das
Problem größtenteils auf illegal beschäftigte Personen aus östlichen
Nachbarländern zurückzuführen sein dürfte, ist mittelfristig eine Reduktion
dieses speziellen „Schwarzarbeitsmarkts“ zu erwarten. In den betreffenden
Nachbarländern gibt es bereits heute Engpässe im Pflegebereich, die sich in den
nächsten Jahren noch weiter verstärken werden.
In Hinblick auf das Ziel der Schaffung
regulärer Beschäftigungsgelegenheiten enthält der Dienstleistungsscheck (DLS)
u. a. folgende Elemente:
·
Der
DLS ermöglicht einfach und unbürokratisch den Kauf von einfachen, personennahen
Dienstleistungen im Haushalt.
·
Sämtliche
Sozialversicherungsabgaben sind im Kaufpreis des Schecks enthalten. Der Preis
setzt sich aus dem Entgelt für den Arbeitnehmer und den
Sozialversicherungsabgaben zusammen.
·
Mit
der Übergabe des Schecks erfüllt der Arbeitgeber seine Verpflichtungen.
·
Übersteigt
die Summe der mit DLS eingereichten Entgelte die monatliche
Geringfügigkeitsgrenze, so ist der Arbeitnehmer kranken- und
pensionsversichert.
·
Der
Arbeitnehmer kann sich bei geringfügigen Scheck-Entgelten auch freiwillig
kranken- und pensionsversichern.
·
Vor
allem Haushalte älterer Menschen und solcher mit geringerem Einkommen (etwa
Bezieher von Pflegegeld) profitieren.
·
Neue
Beschäftigungsmöglichkeiten vor allem für Personen mit Pflichtschulabschluss
bzw. nur geringerer Qualifizierung werden geschaffen.
Antwort zu
Punkt 11 der Anfrage:
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit arbeitet mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen und dem Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz in Fragen der Zulassung und Beurteilung der Tätigkeit von Pflegekräften in privaten Haushalten regelmäßig zusammen und stimmt darüber hinaus in Einzelfällen immer wieder Informationen ab.
Antwort zu
Punkt 12 der Anfrage:
Aufgrund des
engen Konnexes von Ausländerbeschäftigungsgesetz und Fremdengesetz werden bei
der Zulassung ausländischer Pflegekräfte auch in Einzelfällen (etwa bei
Vermittlungen aus dem Ausland und bei der ausländerbeschäftigungsrechtlichen
Beurteilung der beabsichtigten Pflegetätigkeiten) regelmäßig Kontakte
hergestellt.
Antwort zu
den Punkten 13 und 14 der Anfrage:
Was den Arbeitsmarkt für diesen Sektor
betrifft, ist festzustellen, dass die Zahl der Beschäftigten ständig steigt. In
den vergangenen fünf Jahren hat die Beschäftigung um rund 29.000 bzw. um rund
20,3 % zugenommen. Mit einer steigenden Nachfrage an qualifizierten Kräften ist
auch weiterhin zu rechnen.
Dem entsprechend sieht das Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit die Ausbildung von Arbeitslosen und die Weiterbildung
von Beschäftigten in Gesundheits- und Pflegeberufen als arbeitsmarktpolitischen
Schwerpunkt. Das im Ressortbereich angesiedelte AMS führt schon seit dem Jahr
2002 insbesondere in Zusammenarbeit mit Trägern der freien Wohlfahrt
umfangreiche Qualifizierungsprogramme durch. Bisher nahmen rund 6.000 Personen
an solchen Maßnahmen teil. Die sehr erfolgreichen Programme werden auch in
Zukunft weitergeführt.
Antwort zu
den Punkten 15 und 17 bis 19 der Anfrage:
Nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ist grundsätzlich der Arbeitgeber Adressat der Strafnorm wegen illegaler Beschäftigung von Ausländern. Bei den in der Anfrage geschilderten Vermittlungskonstruktionen ist allerdings nicht ohne weiteres zweifelsfrei feststellbar, wer Arbeitgeber im arbeitsrechtlichen Sinn ist. Zudem sind die angesprochenen Vereine in letzter Zeit streng darauf bedacht, ihre Vermittlungstätigkeit nur mehr vom Territorium der Nachbarstaaten aus durchzuführen, d.h. die Straftat wird im Ausland begangen.
Selbst wenn man
also einwandfrei feststellen könnte, wer im Einzelfall Arbeitgeber im
arbeitsrechtlichen Sinn ist, ob es sich somit um unerlaubte Arbeitsvermittlung
oder Arbeitskräfteüberlassung handelt, ist eine verwaltungsstrafrechtliche
Verfolgung der Verantwortlichen wegen Verstößen gegen das
Arbeitsmarktförderungsgesetz oder des Arbeitskräfteüberlassungsgesetz in
Österreich nur dann gegeben, wenn ein territorialer Anknüpfungspunkt (wie
Firmensitz, Filialniederlassung, etc.) in Österreich besteht. In Fällen, wo der
Pflegebedürftige oder dessen Angehörige weder hinsichtlich der Bezahlung oder
sonstiger Modalitäten Vorgaben von dritter Seite (Verein) erhalten, wird
allerdings auch diesem Verantwortung in seiner Funktion als Arbeitgeber
zukommen.
Konkrete Fälle illegaler Ausländerbeschäftigung durch den Verein „Altern in Würde“ sind mir nicht bekannt.
Die Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung und deren statistische Erfassung (Führung der Zentralen Verwaltungsstrafevidenz) wird seit 1. Juli 2002 von den Zollbehörden (Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung beim Zollamt Wien - KIAB) wahrgenommen. Bei Fällen des Verdachts auf illegale Beschäftigung werden selbstverständlich die zuständigen Behörden informiert bzw. Anzeigen erstattet. So hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Jahr 2000 bei den Staatsanwaltschaften Innsbruck und Linz gegen bestimmte Vereine Strafanzeigen wegen des Verdachts der illegalen Beschäftigung bzw. der Schlepperei erstattet. Im Jahr 2003 wurde das Bundesministerium für Finanzen durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hinsichtlich des Verdachts der unerlaubten Vermittlung ausländischer Pflegekräfte in Kenntnis gesetzt.
Antwort zu
Punkt 16 der Anfrage:
Diesbezüglich darf ich zuständigkeitshalber auf die Beantwortung der Anfrage 2378/J durch die Frau Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz verweisen.
Antwort zu
Punkt 20 der Anfrage:
Der von der Kommission ausgearbeitete Entwurf einer Richtlinie über
Dienstleistun-gen im Binnenmarkt befasst sich mit der Erbringung von
Dienstleistungen und be-wirkt Erleichterungen für die Anbieter bei
grenzüberschreitenden Tätigkeiten durch den Abbau von bürokratischen
Hindernissen und die Zusammenarbeit von Behör-den.
Auf den Berufszugang und damit die Anerkennung von Berufsqualifikationen
bei reglementierten
Berufen sind andere rechtliche Instrumente wie die Berufsaner- kennungsrichtlinie anzuwenden. Dies
bedeutet, dass in Österreich weiterhin die gewohnten Berufsstandards gelten, die der Erbringer
einer Dienstleistung bei Kontrollen nachzuweisen. Für sensible Bereiche wie den
Gesundheitssektor konnten weitere wichtige Kontrollmechanismen wie Meldepflichten
und zwei Jahre Berufspraxis bei Nicht-Reglementierung im Herkunftsland
festgesetzt werden.
Die Entsendung von
Arbeitnehmern ist in einer eigenen Richtlinie, der Entsende-richtlinie
geregelt. Demgemäß muss ein Dienstleistungserbringer, der zum Zwecke der
Dienstleistungserbringung Mitarbeiter in einen anderen Mitgliedstaat entsendet,
die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmestaates
(Kollektivver-träge, Arbeitnehmerschutz, Urlaubsregelungen) erfüllen.
Zur Erleichterung der Abläufe, auch der Kooperation der Abläufe, fordert Österreich bei den Verhandlungen über die Richtlinie ein Verwaltungsvollstreckungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten.