2650/AB XXII. GP
Eingelangt am
18.04.2005
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BM für Gesundheit und Frauen
Anfragebeantwortung
Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017
Wien
GZ:
BMGF-11001/0035-I/A/3/2005
Wien, am . April 2005
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche
parlamentarische
Anfrage Nr. 2677/J der Abgeordneten Heidrun Silhavy
und GenossInnen und Genossen wie folgt:
Frage 1:
Nach § 1 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) hat
das Pflegegeld den Zweck, in Form eines Beitrages pflegebedingte
Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen soweit
wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit
zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen.
Frage 2:
Ich darf darauf hinweisen, dass Angelegenheiten des
Bundespflegegeldgesetzes in den Zuständigkeitsbereich der Frau Bundesministerin
für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz fallen und verweise
daher auf ihre Antwort.
Frage 3:
Festgehalten wird vorab, dass aus sozialversicherungsrechtlicher
Sicht die medizinische Hauskrankenpflege nach § 151 ASVG von der „einfachen“
Hauskrankenpflege zu unterscheiden ist. Erstere wird als –
krankenhausersetzende - Pflichtleistung der Sozialversicherung gewährt, wenn
und solange es die Krankheit erfordert. Als Maßnahmen der medizinischen
Hauskrankenpflege im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften
kommen einerseits die ärztliche Betreuung und andererseits qualifizierte Pflegeleistungen
durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auf
ärztliche Anordnung – wie etwa Verabreichung von Injektionen ‑ in Betracht.
Im Gegensatz dazu umfasst die „einfache“ Hauskrankenpflege die
sonstige persönliche Betreuung im Rahmen der Grundpflege und
hauswirtschaftlichen Versorgung. Diese Leistungen sind im Rahmen der – in die
Zuständigkeit der einzelnen Länder fallenden - Sozialhilfe zu gewähren. § 151
Abs. 3 ASVG weist explizit darauf hin, dass die „einfache“ Krankenpflege nicht
von der sozialversicherungsrechtlichen medizinischen Hauspflege umfasst ist.
Für derartige Leistungen dürfen seitens der Krankenversicherungsträger keine
Kosten übernommen werden.
Die
Krankenversicherungsträger haben jeweils Verträge mit verschiedenen Anbietern
von medizinischer Hauskrankenpflege abgeschlossen (z. B. Caritas,
Volkshilfe, Hilfswerk, Rotes Kreuz, etc.) und können aufgrund der
Vertragsgestaltung davon ausgehen, dass diese Institutionen die in Österreich
geltenden Vorschriften einhalten und vor allem Personal einsetzen, das den vom
Gesetz geforderten Voraussetzungen entspricht (siehe § 151 Abs. 2
ASVG, der als Voraussetzung für eine medizinische Hauskrankenpflege die
Erbringung durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und
Krankenpflege verlangt).
Ein
Vertragsabschluss mit Vereinen hat sich in Österreich durchwegs durchgesetzt,
weil damit auch der engen Vermengung von (durch die Versicherungsträger nicht
zu finanzierender) Grundpflege mit der medizinischen Hauskrankenpflege besser
begegnet werden kann.
Hat
ein/e Anspruchsberechtigte/r für die medizinische Hauskrankenpflege nicht die
Vertragspartner/innen der Krankenversicherungsträger in Anspruch genommen, so
gebührt ihm/ihr ein Kostenersatz. Dieser Kostenersatz wird erst dann gewährt,
wenn die Voraussetzungen gemäß § 151 Abs. 2 ASVG erfüllt sind.
Medizinische Hauskrankenpflege ist nach der klaren Anordnung des § 151
Abs. 2 ASVG ausschließlich durch Angehörige des gehobenen Dienstes für
Gesundheits- und Krankenpflege zu erbringen (z. B. durch freiberuflich
tätige diplomierte Krankenpfleger bzw. –schwestern). Bei Durchführung durch
andere Personen besteht keine Möglichkeit eines Kostenersatzes nach § 131
ASVG.
Ob
die genannten Voraussetzungen vorliegen, wird von den Krankenversicherungsträgern
im Einzelfall überprüft. Erst dann wird der in der Satzung geregelte
Kostenzuschuss für medizinische Hauskrankenpflege durch diplomiertes
Pflegepersonal erbracht.
Fragen
4 bis 6:
Gemäß § 49 Abs. 1 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr.
169, sind Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, jede/n von ihnen in ärztliche
Beratung oder Behandlung übernommene/n Gesunde/n und Kranke/n ohne Unterschied
der Person gewissenhaft zu betreuen. Sie haben insbesondere nach Maßgabe der
ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden
Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards das Wohl der Kranken
und den Schutz der Gesunden zu wahren.
Unter den bestehenden Vorschriften sind sämtliche
Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder zu verstehen, sodass Ärztinnen und
Ärzte Pflichten, die sich aus anderen Vorschriften als dem Ärztegesetz 1998
ergeben, ebenso zu beachten haben. Dies bedeutet, dass ein Verstoß gegen eine
solche Rechtsvorschrift auch einen Verstoß gegen § 49 Abs. 1 Ärztegesetz 1998
darstellt und gemäß § 199 Abs. 3 leg.cit. als Verwaltungsübertretung
geahndet werden kann.
Soweit mir bekannt, ist bei den Krankenversicherungsträgern keine
Beschwerde anhängig bzw. bekannt, dass ein Arzt/eine Ärztin einer nicht entsprechend qualifizierten
Pflegeperson Tätigkeiten im Rahmen der medizinischen Hauskrankenpflege
angeordnet hätte.
Meinem Ressort liegen mangels gesetzlicher
Meldepflicht der Verwaltungsstrafbehörden keine diesbezüglichen Meldungen vor.
Frage 7:
Die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten an
Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege ist in
§ 49 Abs. 3 Ärztegesetz 1998 geregelt, wonach Ärztinnen und Ärzte im
Einzelfall an Angehörige anderer Gesundheitsberufe oder in Ausbildung zu einem
Gesundheitsberuf stehende Personen ärztliche Tätigkeiten übertragen können,
sofern diese vom Tätigkeitsbereich des entsprechenden Gesundheitsberufes
umfasst sind. Sie tragen die Verantwortung für die Anordnung. Die ärztliche
Aufsicht entfällt, sofern die Regelungen der entsprechenden Gesundheitsberufe
bei der Durchführung übertragener ärztlicher Tätigkeiten keine ärztliche
Aufsicht vorsehen.
Die Durchführungsverantwortung liegt bei der
Person, die die übertragenen ärztlichen Tätigkeiten ausführt.
Bei der Frage, wie sich der Hausarzt/die Hausärztin
über die „Qualifikation und Anerkennung der Betreuungsperson als Angehörige der
gehobenen Dienste für Gesundheits- und Krankenpflege gemäß österreichischer
Gesetzeslage vergewissert“, ist die konkrete fachliche Qualifikation von der
formalen Qualifikation zu unterscheiden. Die formale Qualifikation bezeichnet
dabei die entsprechende Berufsberechtigung im gehobenen Dienst für Gesundheits-
und Krankenpflege.
Da Ärztinnen und Ärzte gemäß § 49 Abs. 3 Ärztegesetz
1998 Tätigkeiten nur an in Österreich berufsberechtigte Personen übertragen
dürfen, ist von einer entsprechenden Vergewisserungspflicht über das Vorliegen
einer entsprechenden Berufsberechtigung im Umfang des § 49 Abs. 1 Ärztegesetz
1998 auszugehen. Daher wird sich die Ärztin/der Arzt vor der erstmaligen
Übertragung über das Bestehen der Berufsberechtigung für den gehobenen Dienst
für Gesundheits- und Krankenpflege, etwa durch Vorlage des Berufausweises, zu
vergewissern haben, soweit der Ärztin/dem Arzt nicht ohnedies bekannt ist, dass
es sich in concreto um eine berufsberechtigte Person handelt.
Hinsichtlich der Vergewisserung über die „fachliche
Qualifikation“ eines/einer Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits-
und Krankenpflege ist anzumerken, dass im Rahmen der Übertragung ärztlicher
Tätigkeiten an Angehörige der gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegeberufe
gemäß § 15 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997,
keine ärztliche Aufsicht bei Durchführung der Tätigkeiten vorgesehen ist.
Es ist daher im Rahmen des Vertrauensgrundsatzes
davon auszugehen, dass Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und
Krankenpflege im Rahmen der ihnen von der Rechtslage zugewiesenen
Tätigkeitsbereiche ihren Aufgaben gewachsen sind und sorgfaltsgemäß handeln.
Dieses ärztliche Vertrauen in die sorgfaltsgerechte pflichtgemäße Erbringung
ihrer Aufgaben wird jedoch dann enden, wenn für die Ärztin/den Arzt konkrete
Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass Angehörige des gehobenen Dienstes für
Gesundheits- und Krankenpflegeberufe ihren Aufgaben im Einzelfall nicht
gewachsen sind und den an sie gerichteten Sorgfaltsmaßstab nicht erfüllen.
Eine
Anerkennung als Leistungserbringer für medizinische Hauskrankenpflege durch
einen im EU-Bereich angesiedelten „Pflegeverein“ kann nur erfolgen, wenn die
zur Leistungserbringung herangezogenen Personen in Österreich
berufsausübungsberechtigt sind.
Fragen
8, 11 und 14:
Das Tätigwerden von derartigen Vereinen war bereits
seit längerem bekannt. Daher hat das Gesundheitsressort im Jahre 2000 mit
Erlass vom 4. Jänner 2001, GZ 210.130/0-VIII/D/13/00, die Landeshauptleute auf
die Problemlage hingewiesen und ersucht, die erforderlichen Veranlassungen im
Hinblick auf die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Grundlagen, insbesondere
des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, zu treffen.
Was die Überprüfung der Einhaltung der eindeutigen
berufsrechtlichen Regelungen im Bereich der Hauskrankenpflege betrifft, so ist
einerseits auf die Zuständigkeit der Landeshauptleute im Rahmen der mittelbaren
Bundesverwaltung und andererseits der Verwaltungsstrafbehörden betreffend die
Durchführung verwaltungsstrafrechtlicher Maßnahmen zu verweisen.
Im Hinblick auf die umfassenden und klaren
Regelungen im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz sehe ich keinen legistischen
Handlungsbedarf.
Frage
9:
Gemäß
§ 51 Abs. 1 Ärztegesetz 1998 sind Ärztinnen und Ärzte verpflichtet,
Aufzeichnungen über jede zur Beratung oder Behandlung übernommene Person,
insbesondere über den Zustand der Person bei Übernahme der Beratung oder
Behandlung, die Vorgeschichte einer Erkrankung, die Diagnose, den
Krankheitsverlauf sowie über Art und Umfang der beratenden, diagnostischen oder
therapeutischen Leistungen einschließlich der Anwendung von Arzneispezialitäten
und der zur Identifizierung dieser Arzneispezialitäten und der jeweiligen
Chargen im Sinne des § 26 Abs. 8 des Arzneimittelgesetzes, BGBl.
Nr. 185/1983, erforderlichen Daten zu führen und hierüber der beratenen
oder behandelten oder zu ihrer gesetzlichen Vertretung befugten Person alle
Auskünfte zu erteilen.
Aus der von der Österreichischen Ärztekammer
übermittelten Stellungnahme geht nicht hervor, dass bei der ärztlichen
Dokumentation im Bereich der medizinischen Hauskrankenpflege praktische
Besonderheiten bestehen.
Frage 10:
Hinsichtlich der Durchführung und
Überwachung der Hauskrankenpflege ist festzuhalten, dass gemäß § 49
Abs. 3 Ärztegesetz der Arzt/die Ärztin die Verantwortung für seine/ihre
Anordnungen trägt, der/die Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits-
und Krankenpflege die Durchführungsverantwortung. Weiters sind
Vertragsärzte/Vertragsärztinnen gemäß § 9 der Richtlinien über die
Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung gemäß
§ 31 Abs. 5 Z 10 ASVG – RÖK grundsätzlich verpflichtet, an
Vertragspartner/innen zu überweisen. Die Krankenversicherungsträger haben
jeweils vertragliche Beziehungen zu Institutionen, die Leistungen der medizinischen
Hauskrankenpflege erbringen (siehe die Ausführungen zu Frage 3). Vertraglich
ist sichergestellt, dass nur entsprechend qualifiziertes und in Österreich zur
Berufsausübung berechtigtes Personal eingesetzt werden darf. Den Einrichtungen
obliegt die Durchführung einer nachvollziehbaren Dokumentation der
Leistungserbringung durch das Pflegepersonal und die Kontrolle der Einhaltung
der gesetzlich geforderten Qualitätskriterien.
Die
Ärztinnen und Ärzte können daher bei der Inanspruchnahme solcher Pflegerinnen
und Pfleger vom Vorliegen der notwendigen Qualifikation ausgehen. Im Übrigen
unterliegen die delegierten Leistungen der Dokumentationspflicht nach dem
Ärztegesetz.
Überdies
hat die Sozialversicherungsanstalt der Bauern im Auftrag des Bundesministeriums
für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz die Organisation und
Koordination der Institution "Qualitätssicherung in der häuslichen
Betreuung" als Kompetenzzentrum für alle Pensionsversicherungsträger
österreichweit inne. Im Rahmen dieser Qualitätssicherung wird durch persönliche
Kontaktnahme (entspricht § 33a Bundespflegegeldgesetz) mit den
Pflegegeldbezieherinnen und Pflegegeldbeziehern und deren Betreuungspersonen
die tatsächliche Pflegesituation anhand eines Situationsberichtes erhoben und bei
Bedarf eine notwendige Information und Beratung durchgeführt, um den
Betroffenen eine erforderliche Unterstützung und bestmögliche Rahmenbedingungen
für die alltägliche Pflege und Betreuung zu gewährleisten.
Frage 12:
Dazu ist festzuhalten,
dass für Fragen des Pflegegeldes ausschließlich das Bundesministerium für
soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz zuständig ist, hingegen
Fragen des Leistungsrechts in der Krankenversicherung und Fragen des
Berufsrechts in meine ausschließliche Zuständigkeit fallen; einen direkten
Kooperationsbedarf erachte ich daher nicht als vorrangig.
Frage 13:
In dieser Frage gibt es
keine derartigen Kontakte.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Rauch-Kallat
Bundesministerin