2679/AB XXII. GP

Eingelangt am 29.04.2005
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0023-Pr 1/2005

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2715/J-NR/2005

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Schließung von Bezirksgerichten in Oberösterreich“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 20:

Seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts waren und sind Justizminister bemüht, die Struktur der Bezirksgerichte — sie stammt im Wesentlichen aus dem 19. Jahrhundert — an die heutigen Anforderungen anzupassen. Gerichte müssen, wie Betriebe und andere öffentliche Einrichtungen auch, zur Sicherung ihrer Qualität und Wirtschaftlichkeit eine Mindestgröße haben.

Durch die Bezirksgerichte-Verordnungen 2002 wurde in Niederösterreich, der Steiermark, Tirol, Salzburg und Oberösterreich mit der Zusammenlegung von Kleinstbezirksgerichten ein erster und sehr erfolgreicher Schritt in diese Richtung gesetzt; die Zusammenführungen sind völlig problemlos verlaufen, an den aufgelassenen Standorten werden für die Rechtsversorgung der Bevölkerung regelmäßig Gerichtstage abgehalten.

In Österreich bestehen derzeit 140 Bezirksgerichte, also nach wie vor wesentlich mehr als Bezirksverwaltungsbehörden. Es bestehen nach wie vor 11 Bezirksgerichte, bei denen der Arbeitsanfall nicht einmal eine Richterkapazität mit richterlichen Rechtsprechungsagenden auslastet, bei etwa 50 Bezirksgerichten werden weniger als zwei Richterkapazitäten mit richterlichen Rechtsprechungsagenden ausgelastet. Die damit verbundenen negativen Folgen für die rechtsuchende Bevölkerung können nicht tatenlos hingenommen werden; durch notwendige Doppelplanstellen können die Richterinnen und Richter nicht an allen Tagen beim jeweiligen Gericht anwesend sein. Größere Gerichtseinheiten ermöglichen eine Spezialisierung der Richter, was sich auch positiv auf die Dauer der Gerichtsverfahren auswirken wird.

Fragen der Gerichtsorganisation wurden auch ausführlich im Österreich-Konvent beraten. Im Lichte dieser Beratungen werden nun die erforderlichen Planungen für eine leistungsfähige Justiz der Zukunft erstellt. Dabei leitet uns der Wunsch nach Bürgerservice, Gerechtigkeit, Qualität und Sparsamkeit.

Künftig soll es prinzipiell am Sitz der Bezirksverwaltungsbehörden als Eingangsgerichte Kreisgerichte geben, die im Bereich der Zivilsachen ohne Streitwertbegrenzung zuständig sein sollen. Verschiedene Spezialsachen sollen bei den Landesgerichten verbleiben. Darüber hinausgehende Pläne meines Amtsvorgängers für weitergehende Schließungen werden von mir nicht verfolgt.

Eine weitgehend an die Standorte der Bezirksverwaltungsbehörden angelehnte Gerichtsorganisation bietet viele Vorteile. Diese Standorte werden für die Bürgerinnen und Bürger umfassende Servicezentren. Zu diesen Orten besteht österreichweit eine gute Verkehrsinfrastruktur. Die Anfahrtswege sind jedenfalls zumutbar, zumal aus verschiedenen empirischen Erhebungen hervorging, dass die Bürgerinnen und Bürger weitaus seltener persönlich zu Gericht kommen als zu Bezirksverwaltungsbehörden; im Durchschnitt kommen die Menschen etwa ein Mal im Leben persönlich zu Gericht.

Die Planungen werden derzeit auf betriebswirtschaftliche, bauliche, topografische und verkehrstechnische Bedürfnisse abgestimmt.

Die Standortfragen werden mit politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen, mit der  Personal– und Standesvertretung sowie den Vertretern der Rechtsberufe eingehend diskutiert werden, sodass auch spezifische Gesichtspunkte des Bundeslandes Oberösterreich erörtert werden. Diese Fragen sind insbesondere auch Gegenstand der Gespräche mit hochrangigen Vertretern der Bundesländer im Rahmen der Verwaltungsreform II. Einen Zeithorizont für eine Einigung kann ich derzeit nicht angeben.

Es ist richtig, dass ich am 25. Februar 2005 ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Zentralauschusses beim Bundesministerium für Justiz für die Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes und die Vertragsbediensteten der Planstellenbereiche Justizbehörden in den Ländern und Zentralleitung, geführt habe. Die Personalvertretung steht den Plänen für eine Schaffung von leistungsfähigen Eingangsgerichten, die sich weitgehend an die Organisationsstruktur von Bezirksverwaltungsbehörden anlehnt, dabei aber auch die jeweilige Größe des Gerichtes - gemessen am Arbeitsfall - und geografische und topografische Besonderheiten berücksichtigt, aufgeschlossen und gesprächsbereit gegenüber. Ich habe der Personalvertretung zugesagt, dass es aus Anlass der gerichtsorganisatorischen Maßnahmen zu keinen Kündigungen kommen wird und bei personellen Maßnahmen, wie schon anlässlich der Bezirksgerichte-Verordnung 2002 auf einvernehmliche Lösungen mit den Mitarbeitern hingearbeitet wird.

Das Hauptanliegen der Gerichtsreform ist eine Qualitätssteigerung. Freilich können durch die Herstellung entsprechender Betriebsgrößen auch Synergieeffekte und damit Einsparungen lukriert werden. Diese ergeben sich insbesondere durch die Zusammenziehungen von Standorten, und zwar durch Verringerung von

-        Personalkosten (Justizverwaltungsbereich, Unterstützungsdienste),

-        Reisekosten,

-        Betriebskosten (vor allem standortfixe),

-        Bibliothekskosten und

-        EDV-Kosten.

Die möglichen Einsparungen bewegen sich je nach konkretem Standort zwischen 60.000 Euro und 70.000 Euro jährlich.

. April 2005

 

(Maga. Karin Miklautsch)