2681/AB XXII. GP

Eingelangt am 29.04.2005
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0025-Pr 1/2005

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2719/J-NR/2005

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „mögliche Schließung oberösterreichischer Bezirksgerichte, insbesondere des Bezirksgerichtes Mauthausen“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 7:

Seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts waren und sind Justizminister bemüht, die Struktur der Bezirksgerichte — sie stammt im Wesentlichen aus dem 19. Jahrhundert — an die heutigen Anforderungen anzupassen. Gerichte müssen, wie Betriebe und andere öffentliche Einrichtungen auch, zur Sicherung ihrer Qualität und Wirtschaftlichkeit eine Mindestgröße haben.

Durch die Bezirksgerichte-Verordnungen 2002 wurde in Niederösterreich, der Steiermark, Tirol, Salzburg und Oberösterreich mit der Zusammenlegung von Kleinstbezirksgerichten ein erster und sehr erfolgreicher Schritt in diese Richtung gesetzt; die Zusammenführungen sind völlig problemlos verlaufen, an den aufgelassenen Standorten werden für die Rechtsversorgung der Bevölkerung regelmäßig Gerichtstage abgehalten.

In Österreich bestehen derzeit 140 Bezirksgerichte, also nach wie vor wesentlich mehr als Bezirksverwaltungsbehörden. Es bestehen nach wie vor 11 Bezirksgerichte, bei denen der Arbeitsanfall nicht einmal eine Richterkapazität mit richterlichen Rechtsprechungsagenden auslastet, bei etwa 50 Bezirksgerichten werden weniger als zwei Richterkapazitäten mit richterlichen Rechtsprechungsagenden ausgelastet. Die damit verbundenen negativen Folgen für die rechtsuchende Bevölkerung können nicht tatenlos hingenommen werden; durch notwendige Doppelplanstellen können die Richterinnen und Richter nicht an allen Tagen beim jeweiligen Gericht anwesend sein. Größere Gerichtseinheiten ermöglichen eine Spezialisierung der Richter, was sich auch positiv auf die Dauer der Gerichtsverfahren auswirken wird.

Fragen der Gerichtsorganisation wurden auch ausführlich im Österreich-Konvent beraten. Im Lichte dieser Beratungen werden nun die erforderlichen Planungen für eine leistungsfähige Justiz der Zukunft erstellt. Dabei leitet uns der Wunsch nach Bürgerservice, Gerechtigkeit, Qualität und Sparsamkeit.

Künftig soll es prinzipiell am Sitz der Bezirksverwaltungsbehörden als Eingangsgerichte Kreisgerichte geben, die im Bereich der Zivilsachen ohne Streitwertbegrenzung zuständig sein sollen. Verschiedene Spezialsachen sollen bei den Landesgerichten verbleiben. Darüber hinausgehende Pläne für weitergehende Schließungen werden von mir nicht verfolgt.

Eine weitgehend an die Standorte der Bezirksverwaltungsbehörden angelehnte Gerichtsorganisation bietet viele Vorteile. Diese Standorte werden für die Bürgerinnen und Bürger umfassende Servicezentren. Zu diesen Orten besteht österreichweit eine gute Verkehrsinfrastruktur. Die Anfahrtswege sind jedenfalls zumutbar, zumal aus verschiedenen empirischen Erhebungen hervorging, dass die Bürgerinnen und Bürger weitaus seltener persönlich zu Gericht kommen als zu Bezirksverwaltungsbehörden; im Durchschnitt kommen die Menschen etwa ein Mal im Leben persönlich zu Gericht.

Die Planungen werden derzeit noch mit betriebswirtschaftlichen, baulichen, topografischen und verkehrstechnischen Aspekten abgestimmt.

Die Standortfragen werden mit politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen, mit der  Personal– und Standesvertretung sowie den Vertretern der Rechtsberufe eingehend diskutiert werden, sodass auch spezifische Gesichtspunkte des Bundeslandes Oberösterreich erörtert werden.

Zu 8:

Nein. Das in der Anfrage angesprochene Bezirksgericht Mauthausen ist nicht am Sitz einer Bezirksverwaltungsbehörde angesiedelt. Der Anfall dieses Gerichtes lastet etwa 1,5 Richterplanstellen mit richterlichen Rechtsprechungsagenden aus; berücksichtigt man dabei noch die anfallenden infrastrukturellen Zeiten verbleibt eine Auslastung für nur 1,3 Richterkapazitäten.

Mauthausen liegt weniger als 9 km vom benachbarten Perg entfernt. Die Bezirkshauptstadt ist von Mauthausen mit dem Auto in 9 Minuten, mit der Bahn in 13 Minuten und mit dem Bus in 15 Minuten erreichbar.

. April 2005

 

(Maga. Karin Miklautsch)