2704/AB XXII. GP
Eingelangt am 02.05.2005
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BM für
Gesundheit und Frauen
Anfragebeantwortung
Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Dr.
Andreas Khol
Parlament
1017
Wien
GZ:
BMGF-11001/0043-I/A/3/2005
Wien, am 30 . April 2005
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche
parlamentarische
Anfrage Nr. 2741/J der Abgeordneten Heidrun Silhavy
und GenossInnen wie folgt:
Generell möchte ich festhalten, dass in Bereichen der gesetzlich geregelten und regelbaren Gesundheitsberufen und Gesundheitsdienstleister Zug um Zug immer höhere und strengere Qualitätsmaßstäbe angelegt werden. Das von mir initiierte Gesundheits-Qualitätsgesetz (GQG) soll Ihnen als Beispiel dienen, wie sehr ich Wert auf Qualitätssicherung, Evidenz-Based-Medicine und Health-Technology-Accessment lege.
Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen wird in den nächsten Monaten ein Bundesinstitut für Qualitätssicherung errichten und hat die Patenschaft für ein HTA-Institut der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft übernommen. Die soziale Krankenversicherung betont – generell auch im gesamten Arzneimittelsektor – die Wichtigkeit der Evidenz-Based-Medicine. Letztlich sind all diese Maßnahmen auch der einzig wirkliche Schutz kranker Menschen vor Scharlatanerie und unqualifizierter Krankenbehandlung.
Sie werden also zugestehen, dass kein Gesetzgeber und keine Gesundheitsbehörde dieser Welt immer und zu jeder Stunde in der Lage ist, den bunten und lebendigen Markt von Esoterik und sektiererischen Gruppen einzudämmen. Die Verantwortung des Einzelnen, zweifelhafte Therapien im Krankheitsfall kritisch abzulehnen, bleibt immer bestehen.
Die Erfahrungen aus der Verwaltungspraxis nach
In-Kraft-Treten des Psychotherapiegesetzes, BGBl. Nr. 361/1990, und des
Psychologengesetzes, BGBl. Nr. 360/1990, im Jahre 1991 haben gezeigt, dass
neben der hochqualifizierten Versorgung durch Psychotherapeuten, klinische
Psychologen und Gesundheitspsychologen sowie durch andere anerkannte
Berufsgruppen im psychosozialen Feld, wie etwa durch Sozialarbeiter/-innen und
Lebens- und Sozialberater/-innen, ein breites Spektrum an unseriösen Hilfs- und
Behandlungsangeboten besteht.
Diese Problematik wird in Österreich von
zahlreichen Institutionen und Behörden wahrgenommen. Insbesondere werden das
Gesundheitsressort und die Bundesstelle für Sektenfragen mit Anfragen und
Beschwerden über unseriöse Anbieter immer wieder befasst.
Viele einschlägige Angebote finden sich im Bereich
Esoterik. Hier wird meist von einer „ganzheitlichen Sicht“ des Menschen
ausgegangen – psychische, physische und spirituelle Faktoren würden eng
zusammenhängen („Geist, Körper, Seele“). Daher wird Heilung meist auf allen
Ebenen angeboten und ist schwer in ihre Einzelbestandteile aufzulösen.
Versprochen wird häufig „umfassende“ Gesundheit. Ein Ausbleiben des
prognostizierten Erfolges wird oft auf eine mangelhafte Haltung des Betroffenen
zurückgeführt.
Im Übrigen verweise ich auf die Zuständigkeiten der
ebenfalls mit einer jeweils ähnlichlautenden Anfrage befassten Bundesministerin
für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz sowie des
Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.
Frage 4:
Zum zitierten Vorbringen
gibt es in meinem Ressort keine Erfahrungswerte.
Grundsätzlich sind auch in sämtlichen
Berufsgesetzen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe die Berufspflichten
geregelt. Beispielsweise normiert § 4 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz
analog zu § 49 Ärztegesetz: „Angehörige der Gesundheits- und
Krankenpflegeberufe haben ihren Beruf ohne Unterschied der Person gewissenhaft
auszuüben. Sie haben das Wohl und die Gesundheit der Patienten, Klienten und
pflegebedürftigen Menschen unter Einhaltung der hierfür geltenden Vorschriften
und nach Maßgabe der fachlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse und
Erfahrungen zu wahren. Jede eigenmächtige Heilbehandlung ist zu unterlassen.
Sie haben sich über die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse der
Gesundheits- und Krankenpflege sowie der medizinischen und anderer
berufsrelevanter Wissenschaften regelmäßig fortzubilden“.
Frage 5:
Meinem Ressort liegen hiezu keine diesbezüglichen
Daten vor.
Fragen 6 bis 32:
Vor dem Hintergrund des Rechts der
Gesundheitsberufe bezeichnet der Begriff „Ausbildung“ den geregelten Erwerb der
für die Ausübung eines Gesundheitsberufes erforderlichen Kenntnisse,
Fertigkeiten und/oder Erfahrungen. Die Absolvierung der Ausbildung ist
Voraussetzung für die Erlangung der Berufsberechtigung. Diese
Begriffsdefinition, ist im Übrigen auch dem Ausbildungsvorbehaltsgesetz,
BGBl. Nr. 378/1996, zugrundegelegt.
Da die in den Fragen 6 bis 32 beschriebenen
Tätigkeiten keine gesetzlich geregelten Berufsbilder im Bereich des
Gesundheitswesens und somit keine Gesundheitsberufe darstellen, bestehen auch
keine diesbezüglichen gesetzlich anerkannte Ausbildungen.
Mangels gesetzlicher Regelung kann auch auf keine
besonderen Qualitätskriterien der angebotenen Leistungen zurückgegriffen
werden. Stellt die angebotene Leistung eine Tätigkeit dar, die in das
Berufsbild eines Gesundheitsberufes fällt, greifen insbesondere die in den
allgemeinen berufsrechtlichen Vorschriften verankerten
Qualitätssicherungsansprüche.
Im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen der
Ausübung von Gesundheitsberufen und gewerberechtlichen Tätigkeiten darf insbesondere
auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. 11. 1999, Zl. 98/04/0026
hingewiesen werden, in dem der VwGH ausdrücklich festgehalten hat, dass eine
Tätigkeit, die sich darauf bezieht, Personen auf ihren Gesundheitszustand hin
zu untersuchen und mit natürlichen Heilmethoden zu behandeln, Ausübung der
Heilkunde ist und nicht unter den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fällt.
Darauf, dass die Methoden nicht auf medizinisch-wissenschaftlichen
Erkenntnissen beruhen, kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht an.
Dem „A bis Z der freien Unternehmenstätigkeiten“,
herausgegeben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ist zu entnehmen,
dass die „Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen
Ausgewogenheit
·
mittels
der Methode von Dr. Bach,
·
mittels
Biofeedback oder Bioresonanz,
·
mittels
Auswahl von Farben,
·
mittels
Auswahl von Düften,
·
mittels
Auswahl von Lichtquellen,
·
mittels
Auswahl von Aromastoffen,
·
mittels
Auswahl von Edelsteinen,
·
mittels
Auswahl von Musik,
·
unter
Anwendung kinesiologischer Methoden,
·
mittels
Interpretation der Aura,
·
mittels
Magnetfeldanwendung,
·
durch
sanfte Berührung des Körpers bzw. gezieltes Auflegen der Hände an bestimmten
Körperstellen und
·
mittels Craino-Sacral Balancing
ein freies Gewerbe ist. Sehr viele dieser Methoden
zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen Ausgewogenheit stellen
auch ärztliche Behandlungsmethoden dar, sodass der ärztliche
Tätigkeitsvorbehalt, insbesondere auch bei Beratungsleistungen, die
Gewerbeausübung entsprechend einschränkt.
Aus meiner Sicht sind daher die zuständigen
Gewerbebehörden aufgefordert, den entsprechenden Ausnahmetatbestand der
Heilkunde und der übrigen Tätigkeiten der Gesundheitsberufe gemäß § 2 Abs. 2 Z
11 Gewerbeordnung 1994 (GewO
1994), BGBl. Nr. 194/1994, vor der Vergabe von Gewerbeberechtigungen
gewissenhaft zu überprüfen bzw. gegebenenfalls auch die vergebenen
Gewerbeberechtigungen wieder zurückzunehmen.
Auch die Ausbildung zu Tätigkeiten der
Gesundheitsberufe ist durch das Ausbildungsvorbehaltsgesetz umfassend
geschützt.
So bestimmt § 1 Abs. 1 Ausbildungsvorbehaltsgesetz,
dass die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch die einschlägigen
gesundheitsberufsrechtlichen Vorschriften geregelt sind, ausschließlich den
nach diesen Bundesgesetzen dafür vorgesehenen Einrichtungen obliegt. Das
Anbieten oder Vermitteln solcher Ausbildungen durch andere Personen oder
Einrichtungen ist verboten. Zuwiderhandeln gegen die Bestimmungen des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes
stellt - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die
Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren
Handlung bildet – eine Verwaltungsübertretung dar.
Dieser verwaltungsstrafrechtlich abgesicherte
Ausbildungsvorbehalt, der eine weitere Facette des umfassenden
Qualitätssicherungsanspruchs der Gesundheitsberufe umsetzt, findet somit
insbesondere auf so genannte „Ausbildungsangebote“ im Bereich der Heil- und
Naturpraktiker, aber auch auf esoterische Angebote im Gesundheitsbereich,
Anwendung.
Frage 33:
Für die Gesundheitsberufe
gilt - wie ich bereits ausgeführt habe - das Ausbildungsvorbehaltsgesetz.
Sämtliche Behandlungsmethoden dürfen durch den Arzt/die Ärztin verantwortlich
angewandt werden. Der Arzt/die Ärztin kann bestimmte medizinische Handlungen an
bestimmte Gesundheitsberufe delegieren.
Probleme können auftreten, wenn etwa als ‚freie Gewerbe’ Berufe ausgeübt werden, die im ‚Wellness’ - Bereich liegen und deren Abgrenzung zu den Gesundheitsberufen nicht eindeutig ist.
Frage 34 und 35:
Die
Beantwortung der Frage fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich.
Frage 36:
Das Thema „Sekten“ wird vom Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz bereits seit Jahren behandelt und vielfältige Informations- und Beratungsaktivitäten gesetzt. Ziel ist es dabei, den Einzelnen eine breite Entscheidungsgrundlage über einen etwaigen Beitritt zu liefern, wobei jedoch die Entscheidung selbst in der Eigenverantwortung des Einzelnen bleiben muss.
Darüber hinaus werde ich
auch die bisherige Kooperation meines Ressorts mit der Bundesstelle für Sektenfragen weiterführen und sofern
nötig auch verstärken.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Rauch-Kallat
Bundesministerin