2705/AB XXII. GP
Eingelangt am 02.05.2005
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BM
für Gesundheit und Frauen
Anfragebeantwortung
Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Dr.
Andreas Khol
Parlament
1017
Wien
GZ:
BMGF-11001/0045-I/A/3/2005
Wien, am 30. April 2005
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche
parlamentarische
Anfrage Nr. 2757/J der Abgeordneten Bettina
Stadlbauer und GenossInnen wie folgt:
Frage 1:
Vorausgesetzt, die gegenständlichen Äußerungen
wurden in den Medien korrekt wiedergegeben, zeigen diese für mich einen
eklatanten Mangel an Wissen um die traumatisierende Wirkung von (sexueller)
Gewalt und um die Gefahr, als Opfer durch ein Strafverfahren retraumatisiert zu
werden, sowie vor allem die mangelnde Achtung vor dem sexuellen
Selbstbestimmungsrecht jeder Frau.
Frage 2:
Es liegt in der Zuständigkeit des Bundesministeriums
für Justiz, Konsequenzen aus den geschilderten Äußerungen zu ziehen. Ich habe
vollstes Vertrauen zur Bundesministerin für Justiz, mit der ich einen sehr
guten Austausch pflege, dass diesen angemessen Rechnung getragen wurde.
Frage 3:
Ich halte es für unzulässig, aus dem
gegenständlichen Vorfall zu schließen, dass in der österreichischen Justiz
generell Sexismus vorherrscht. Auf die etablierten Strukturen und Instrumente
zur Erreichung von Gleichstellung und Eliminierung von Diskriminierung im
Bundesdienst (insbesondere Gleichbehandlungskommission und IMAG der
Gleichbehandlungsbeauftragten aller Ministerien) wird hingewiesen.
Fragen 4 bis 6:
Die allgemeinen Dienstpflichten des Beamten/der
Beamtin sind in § 43 Beamten-dienstrechtsgesetz 1979 idgF. (BDG), das
Disziplinarrecht ist in § 91ff BDG geregelt. Über schuldhafte Verletzungen der
Dienstpflichten ist von den Mitgliedern der Disziplinarkommissionen und der
Disziplinaroberkommission zu entscheiden. Diesen ist durch Verfassungsbestimmung
die Selbständigkeit und Unabhängigkeit garantiert.
Frauenfeindliche Aussagen, die im Zusammenhang mit
einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis getätigt werden, können den Tatbestand
der sexuellen Belästigung nach § 8 Bundes-Gleichbehandlungsgesetz oder der
Belästigung nach § 8a Bundes-Gleichbehandlungsgesetz erfüllen. Diese sind
Verletzungen der Verpflichtungen, die sich aus dem Dienstverhältnis ergeben und
nach den dienst- und disziplinarrechtlichen Vorschriften zu verfolgen.
Fragen 7 bis 9:
Laut dem zitierten OGH-Urteil ist das Entgelt aus
einem Vertrag über die geschlechtliche Hingabe nicht einklagbar, ein bereits
(auch im Vorhinein) bezahltes Entgelt kann aber in der Regel auch nicht mehr
unter Berufung auf die Sittenwidrigkeit des Vertrages zurückgefordert werden.
Es ist jedoch zu bedenken, dass dieses Urteil aus
dem Jahr 1989 stammt und sich die in der Rechtsordung ablesbaren
Wertungsgesichtspunkte, die in ihrer Gesamtheit der Beurteilung eines Verstoßes
bzw. Übereinstimmung mit den guten Sitten zugrundeliegen, einem
gesellschaftlichen Wandel unterliegen, was sich u.a. darin ausdrückt, dass
Ehebruch mittlerweile nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden kann - § 194
STGB in der damaligen Fassung, Ehebruch, wurde mit dem Strafrechtsänderungsgesetz
1996 aufgehoben.
Insoferne halte ich es durchaus für denkbar, dass
diese Frage von einem Gericht mittlerweile anders beurteilt werden würde. Eine
anderslautende gesetzliche Regelung ist derzeit jedoch nicht beabsichtigt und
bedürfte sicher einer umfassenden Diskussion, wie die Situation von
Prostituierten verbessert werden könnte. Ich darf in diesem Zusammenhang auch
auf die Ausführungen der Frau Bundesministerin für Justiz zu den Fragen 30 bis
32 der an sie gerichteten parlamentarischen Anfrage Nr. 2758/J verweisen.
Fragen 10 bis 12:
Sowohl in meiner Funktion als Frauenministerin als
auch als Gesundheitsministerin sind Prostituierte und Sexarbeiterinnen
selbstverständlich auch Zielgruppe meiner Arbeit. Neben allgemeinen
Anlaufstellen im Frauen- und Gesundheitsbereich (Frauenservicestellen,
Frauengesundheitszentzren, AIDS-Hilfe), die natürlich auch Prostituierten und
Sexarbeiterinnen offen stehen, unterstütze ich daher Einrichtungen, die sich
konkret der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen widmen, sowohl aus dem Budget
für Frauenangelegenheiten, als auch aus dem Gesundheitsbudget.
In diesem Zusammenhang möchte ich MAIZ, das
Autonome Integrationszentrum von und für Migrantinnen anführen, das von mir
gefördert wird, wobei ein Förderantrag für heuer derzeit noch in Bearbeitung
ist.
MAIZ bietet Beratung, Begleitung, Streetwork und
Ausbildungen für Migrantinnen in der Sexarbeit an.
Weiters möchte ich auf den Verein LEFÖ hinweisen,
dessen breites Angebot vom Betrieb eines Beratungs- und Bildungszentrums für
Migrantinnen aus Lateinamerika über spezifische Öffentlichkeitsarbeit zu
Prostitution und Frauenhandel bis zum Projekt TAMPEP, einem aktiven
Interventions- und Forschungsprojekt für Präventionsarbeit im
Gesundheitsbereich für migrierte Sexarbeiterinnen, reicht. Der Verein LEFÖ wird
in diesen Bereichen von mir
finanziell unterstützt, ein Förderantrag betreffend die nächste Phase des
Projekts TAMPEP ist derzeit in Bearbeitung.
Nicht zuletzt ist die von LEFÖ betriebene
Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels anzuführen, die von der
Bundesministerin für Inneres und von mir gefördert wird.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Rauch-Kallat
Bundesministerin