2723/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.05.2005
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BM für Justiz

 

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0036-Pr 1/2005

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

zur Zahl 2825/J-Nr/2005

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Verdachtslage und Maßnahme im Zusammenhang mit den Straf- und Wiederaufnahmeverfahren gegen Peter Löffler und Tibor Foco“ gerichtet.

Bevor ich im Rahmen des mir gesetzlich eingeräumten Handlungsspielraumes auf die einzelnen Fragen eingehe, halte ich fest, dass zum Strafverfahren gegen Tibor Foco und Peter Löffler bereits eine Reihe von schriftlichen Anfragen an meine Amtsvorgänger und auch an mich gerichtet wurde. Ich weise daher auf die Beantwortung der schriftlichen Anfragen zu den Zahlen 2380/J-NR/2004, 4421/J-NR/2002, 603/J-NR/2000, 5897/J-NT/1999 und 1297/J-NR/1996 hin.

Die vorliegende Anfrage dabei von einer als erwiesen dargestellten Unschuld des Angeklagten Tibor Foco aus. Dazu ist freilich festzuhalten, dass eine rechtskräftige und gegenüber der ersten auf weitere Beweise und Indizien gestützte Anklage gegen Tibor Foco vorliegt, die von einem unabhängigen Gericht (Oberlandesgericht Linz) als zulässig beurteilt wurde. Es wird daher die Aufgabe der Geschworenen im wiederaufgenommenen Verfahren gegen Tibor Foco sein, die vorliegenden Beweise zu würdigen und über Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu entscheiden. Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich auch im Rahmen der Beantwortung dieser Anfrage keine Bewertung von Beweismitteln, Indizien oder Vorkommnissen vornehmen werde, solange jenes Strafverfahren anhängig ist, in der diese Fragen für die Entscheidungsfindung von Relevanz sein können.

Im Übrigen beantworte ich diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3 und 8:

Zu den bereits überprüften Vorwürfen gegen den Vorsitzenden im ersten Geschworenenverfahren (Punkt 1 der Anfragebegründung) ist zunächst auf die Beantwortung der Anfragen zu den Zahlen 1297/J-NR/96 sowie 5897/J-NR/99 zu verweisen. Da die Verurteilung aufgehoben und die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt wurde, sind die behaupteten Gesetzesverletzungen des seinerzeitigen Vorsitzenden nicht mehr Gegenstand des anhängigen Verfahrens gegen Tibor Foco.

Zu den nunmehr auch medial wieder verbreiteten Foltervorwürfen der Zeugin Regina Ungar (Punkt 2 der Anfragebegründung) ist insbesondere auf die Beantwortungen der Anfragen zu den 5897/J-99 und 4421/J-NR/02 zu verweisen. Die von Regina Ungar bereits vor mehr als zehn Jahren erhobenen Vorwürfe waren zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt. Dennoch wurden Erhebungen getätigt und festgestellt, dass eine weitere Verfolgung dieser Vorwürfe unabhängig von der bereits eingetretenen Verjährung insbesondere aus Beweisgründen nicht in Betracht kommt. Die Anzeige wurde daher nach § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. Der sich gegen Regina Ungar ergebende Verdacht der Verleumdung wurde ebenfalls wegen Verjährung nicht weiter verfolgt.

Auch der Vorwurf im Zusammenhang mit dem ungeklärten Verbleib von Beweismitteln (Punkt 3 der Anfragebegründung) wurde von der Staatsanwaltschaft Linz geprüft. Nach der Aktenlage liegen keine Anhaltspunkte vor, wonach das Verschwinden insbesondere jenes Taschentuches, das anlässlich der Ersterhebungen der Bundespolizeidirektion Linz am Fundort der Leiche der Elfriede Hochgatter sichergestellt worden war, mit einem Verhalten der Sachverständigen in einem ursächlichen Zusammenhang stünde. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Beweismittel anlässlich von Untersuchungen als Spurenträger verbraucht wurde. Dem Bundeskriminalamt Wiesbaden wurde neben einigen weiteren Beweismitteln auch jener leere Umschlag übermittelt, in dem das besagte Taschentuch aufbewahrt war, weil begründete Hoffnung bestand, dass sich in diesem Umschlag noch Reste von DNA-fähigem Material befunden haben könnten. Was die nicht mehr auffindbaren Kleidungsstücke des Tibor Foco betrifft, die im Zuge der Übersiedlung der Verwahrungsabteilung des Landesgerichtes Linz in Verlust geraten sein dürften, ist ergänzend anzumerken, dass diese für das bisherige Verfahren keine beweiserhebliche Bedeutung hatten. Im Übrigen ist auf die Beantwortung der Anfragen 5897/J-NR/99 sowie 603/J-NR/00 zu verweisen.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die erhobenen Vorwürfe sehr wohl bereits von den zuständigen Stellen untersucht und einer ihrem strafrechtlichen Gehalt und der Beweislage entsprechenden Erledigung zugeführt wurden. Für dienstaufsichtsbehördliche Maßnahmen besteht daher kein Anlass.

Zu 4:

Zur Frage nach den „wahren Mördern“ der Elfriede Hochgatter ist auf die rechtskräftige Anklage vom 27. Juni 2000 zu verweisen und somit davon auszugehen, dass Tibor Foco nach wie vor im Verdacht steht, diese Tat begangen zu haben. Weitere Ermittlungsansätze sind nach meinen Informationen nicht hervorgekommen.

Zu 5 und 6:

Selbstverständlich bin auch ich der Ansicht, dass Fehler im Bereich der Justiz aufgezeigt, untersucht und deren Wiederholung nach Möglichkeit verhindert werden müssen. Vor diesem Hintergrund kommen der medialen Berichterstattung und dem parlamentarischen Interpellationsrecht eine wesentliche Bedeutung zu.

Ich muss mich aber mit aller Entschiedenheit dagegen aussprechen, dass insbesondere Angehörigen der Anklagebehörde derart massiv geradezu amtsmissbräuchliche Vorgangsweisen unterstellt werden, wie dies im Zusammenhang mit der vorliegenden Strafsache getan wird.

Mögen auch Fehlleistungen letztlich nicht immer vermeidbar sein, so trägt die bestehende Organisation der zur Objektivität verpflichteten Anklagebehörden in Form einer hierarchischen Gliederung mit Weisungsrecht und Berichtspflichten wesentlich zu deren Vermeidung bei. Mit dem In-Kraft-Treten des Strafprozessreformgesetzes werden die Aufgaben der staatsanwaltschaftlichen Behörden eine entsprechende Weiterentwicklung erfahren und deren Qualität noch zusätzlich verbessert werden.

Zu 7 und 9:

Die unter Punkt 4 der Anfragebegründung angeführte Formulierung des Vergleichsvorschlags vom Februar 2005 rührt daher, dass mit der angestrebten vergleichsweisen Bereinigung der Angelegenheit sämtliche Ansprüche aufgrund aller erdenklichen Rechtsgrundlagen aus der strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung des Peter L. im Zusammenhang mit dem Mordfall Hochgatter - auch für den Fall einer späteren Änderung der Verhältnisse oder der Rechtslage - bereinigt und verglichen werden sollten. Eine solche mögliche Rechtsgrundlage stellt dabei nicht nur das Strafrechtliche Entschädigungsgesetz, sondern auch das Amtshaftungsgesetz dar. In Anbetracht der von Peter L. angestrebten Gesamtbereinigung der Angelegenheit ohne Fortführung des anhängigen Gerichtsverfahrens (und damit auch ohne Durchführung eines förmlichen Beweisverfahrens hinsichtlich der behaupteten strafrechtlich relevanten Vorgänge) sollten die von Peter L. erhobenen Vorwürfe mitverglichen sein und nicht im Raum stehen bleiben. Die in diesem Zusammenhang gegen Mitarbeiter meines Hauses erhobenen Vorwürfe weise ich jedenfalls mit Nachdruck zurück.

Das in der Anfragebeantwortung angeführte Vergleichsangebot vom Februar 2005 wurde vom Anspruchswerber zunächst im fraglichen Punkt modifiziert, dies wurde von der Republik Österreich auch akzeptiert. In der Folge hat der Ersatzwerber aber eine vergleichsweise Bereinigung der Angelegenheit vorerst abgelehnt. Für die geforderte Zurücknahme des Vergleichsangebots vom Februar 2005 verbleibt daher kein Raum. Mit Peter L. konnte zuletzt eine vergleichsweise Bereinigung der von ihm geltend gemachten Ansprüche erreicht werden. Damit sind sämtliche Ansprüche des Ersatzwerbers bereinigt und verglichen. Peter L. hat sich dabei ausdrücklich ausbedungen, dass über den genaueren Inhalt des Vergleichs Stillschweigen bewahrt wird.

Mai 2005

 (Maga. Karin Miklautsch)