2749/AB XXII. GP

Eingelangt am 20.05.2005
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMF-310205/0036-I/4/2005

 

 

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2787/J vom 22. März 2005 der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Reise nach Russland im Juni 2004, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass es zu den Verpflichtungen eines Regierungsmitgliedes gehört, auf internationaler Ebene Gespräche mit Amtskollegen auch an ihrem jeweiligen Amtssitz zu führen. Die in der gegen­ständlichen Anfrage angesprochene Moskaureise diente dabei konkret Gesprächen mit dem russischen Finanzminister Aleksej Kudrin sowie dem ersten Vizepräsidenten der Russischen Zentralbank, Aleksej V. Uljukajew. Zu erörtern war dabei unter anderem das Thema eines weiteren Ausbaus der außenwirtschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und Russland.

 

Mit Russland bestehen enge Verbindungen: Im Jahr 2003 wurde erstmals die 1 Mrd. Euro Exportmarkte überschritten und Russland steht bei Exportförderungen und Garantien an zweiter Stelle. Ebenfalls ist zu betonen, dass Russland der größte Schuldner Österreichs ist. Es ist somit meine Pflicht als Finanzminister mit meinem Amtskollegen Gespräche zu führen. Ich darf Sie auch darüber informieren, dass weitere Gespräche zum Thema Schuldentilgung mit dem russischen Finanzminister Aleksej Kudrin am Rande der Weltbanktagung in Washington am 16. April 2005 stattfanden.

 

Russland stellt nicht nur für Österreich einen wichtigen Handelspartner dar. Mit der EU-Erweiterung werden die soliden wirtschaftlichen Beziehungen der EU mit Russland weiter ausgebaut werden. Die EU ist nunmehr Russlands größter Handelspartner und hat einen rund 50%igen Anteil am gesamten russischen Handelsvolumen. Russland deckt derzeit 20% des Bedarfs der EU am Erdölimport. Der Dienstleistungshandel birgt hohes Potenzial. Es ist davon auszugehen, dass dieser dynamische Sektor in Hinkunft eine bedeutende Rolle in den wirtschaftlichen Beziehungen spielen wird. Bedeutend sind in diesem Zusammenhang auch die Bestrebungen zur Schaffung eines Gemeinsamen Wirtschaftsraumes, der im Wesentlichen darauf abzielt, die Abschaffung der Handelsgrenzen durch die Angleichung der Vorschriften zu erreichen. Zur Vertiefung der Handelsbeziehungen zwischen Russland und der EU wird im Jahr 2006 unter österreichischem Vorsitz ein EU-Russland-Gipfel stattfinden.

 

Insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Erweiterung und der Schaffung eines Gemeinsamen Wirtschaftsraumes werden auch die wirtschaftlichen Beziehungen Österreichs mit der Russischen Föderation weiter vertieft.

 

Die proaktive Teilnahme an diesem Prozess, wozu auch die Kontaktpflege zu den maßgeblichen Größen der russischen Finanzpolitik gehört, bedeutet, der österreichischen Wirtschaft Chancen für diese bedeutungsvollen Wirtschaftsbeziehungen zu eröffnen.

 

 

 

Nun zu den konkreten Fragen:

 

Zu 1., 4. und 20.:

Die gegenständliche Reise bin ich – entgegen den in der Anfrage gemachten Unterstellungen - nicht in einem Privatjet angetreten. Wie üblich, habe ich auch in diesem Fall einen Linienflug in Anspruch genommen. Zum Zwecke der abschließenden Vorbereitung auf die Gespräche während der Anreise wurde ich von den sachlich zuständigen MitarbeiterInnen begleitet, was im Übrigen mit der Reisegebührenvorschrift selbstverständlich vereinbar ist.

 

Zu 2. und 3. sowie 6. bis 9. und 11.:

Wie bereits in der Beantwortung der Anfrage Nr. 2257/J vom 9. November 2004 ausgeführt, habe ich von 8. bis 9. Juni 2004 in Begleitung meines Kabinettchefs und des Leiters der Sektion III im Bundesministerium für Finanzen eine Dienstreise nach Moskau durchgeführt. Diese diente ausschließlich den bereits eingangs beschriebenen Arbeitsgesprächen mit dem russischen Finanzminister und dem Vizepräsidenten der russischen Zentralbank in Moskau an denen auch der österreichische Botschafter in Moskau teilnahm.

 

An Gesamtkosten sind für diese zweitägige Dienstreise einschließlich Flugkosten, Nächtigung und sonstigen Kosten wie Dolmetsch- und Mietwagenkosten € 7.060,15 angefallen. Die darin enthaltenen Flugkosten betragen € 5.063,67.

 

Zu 5.:

Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz hat – wie im Übrigen auch der die gegen­ständliche Anfrage stellende Abgeordnete Mag. Kogler - am 8. Juni 2004 an den Beratungen im Finanzausschuss teilgenommen. Dabei wurden so wichtige Regierungsvorlagen wie jene zum Finanzkonglomerategesetz behandelt. Eine Beantwortung dieser Frage erübrigt sich daher.

 

 

Zu 10.:

Dienstreisen sind ein routinemäßiger Bestandteil meiner Tätigkeit im In- und Ausland. Bei der Buchung von Flugarrangements nehme ich dabei grundsätzlich auf die Erfordernisse des Einzelfalls unter bestmöglicher Wahrung des Gebotes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Bedacht. Dabei wird im Regelfall auf die für die Republik Österreich vertraglich zugesicherten Sonderkonditionen zurückgegriffen. Beispielhaft darf ich dazu auch anführen, dass bei Buchungen von Flugreisen stets eine etix-Buchung durchgeführt wird, womit eine Kostenersparnis von € 15,-- im Einzelfall verbunden ist.

 

Zu 12.:

Für die österreichische Wirtschaft spielt die Garantiepolitik gegenüber Russland eine wichtige Rolle. Am 30. Oktober 2000 wurde vom Russischen Vizefinanzminister Ignatijew und mir ein Memorandum über die Kooperation zwischen der Republik Österreich und der Russischen Föderation über die finanzielle Unterstützung von gemeinsamen Projekten unterzeichnet. Parallel zur wirtschaftlichen Erholung und politischen Stabilisierung Russlands wurde die Deckungspolitik sukzessive erweitert, um die österreichischen Exporteure nicht einem Wettbewerbsnachteil auszusetzen. Die Übernahme von Bundeshaftungen für österreichische Exporte nach Russland ist derzeit im kurz-, mittel- und langfristigen Bereich möglich. Die positive wirtschaft­liche Entwicklung Russlands schlägt sich auch in einer laufenden Verbesserung der Einstufung durch die OECD-Länderrisikoexperten nieder. Derzeit befindet sich Russland in Kategorie 4 aus 7.

 

Eine Fortsetzung der Gespräche zum Abschluss eines neuen Abkommens über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen war daher ein wichtiges Gesprächsthema. Bereits zu Jahresbeginn 2003 haben wir dazu mit der Neuverhandlung des seinerzeitigen Abkommens vom 8. Februar 1990, welches aufgrund eines Notenwechsels mit der Russischen Föderation weiterhin angewendet wird, begonnen. In einer ersten Verhandlungsrunde in Moskau sind dabei noch wesentliche inhaltliche Fragen offen geblieben. Österreich ist jedoch nach wie vor sehr an einer Finalisierung eines neuen Investitionsschutzabkommens mit der Russischen Föderation interessiert.

 

Zu 13. und 14.:

Es hat mich keine Wirtschaftsdelegation begleitet. Dementsprechend konnte diesbezüglich auch aus den Gesprächen kein unmittelbares Ergebnis entstehen.

 

Zu 15.:

Nein.

 

Zu 16. und 17.:

Ich habe in Russland keine Verhandlungen mit Vertretern der Immobilien­branche geführt.

 

Zu 18.:

Herr Julius Meinl war bei zwei Terminen als Experte anwesend.

 

Zu 19.:

Die Gespräche mit den russischen Vertretern hatten keinerlei konkrete Projekte zum Gegenstand, somit auch nicht zu Fragen des Immobilien­erwerbs durch ein österreichisches Unternehmen. Grundsätzlich bin ich jedoch bestrebt, mit den Instrumenten, die mir als Finanzminister zur Verfügung stehen, österreichischen Unternehmen den Zugang zu Drittmärkten zu erleichtern. Damit kann ich zu Wachstum und Beschäftigung in Österreich beitragen.

 

So ist es in letzter Zeit dank der Stärke österreichischer Unternehmen gelungen, wesentliche Projekte in Osteuropa, so auch in Russland, zu effektuieren. Durch die im Rahmen des österreichischen Ausfuhrförderungs­verfahrens erfolgte Unterstützung von Auslandsinvestitionen vor allem auch in Osteuropa wurde ein wesentlicher Beitrag für die erstmals positive FDI-Nettoposition Österreichs im Jahr 2004 geleistet. Beispielhaft kann ich folgende Großprojekte anführen:

-         Kauf einer Papierfabrik in Russland

-         (Teil)-Finanzierung der Netzwerke vieler österreichischer Banken in Mittel-, Ost- und Südeuropa

-         Unterstützung der Expansion österreichischer Lebensmittelketten in Mittel-/Osteuropa, z.B. Betrieb von Supermärkten in Russland

-         Errichtung eines Spanplattenwerkes in Russland

-         Aufbau von Forstbetrieben zur nachhaltigen Forstnutzung in osteuro­päischen Ländern, darunter auch Russland.

 

Zu 21.:

Zum einen darf ich wieder einmal darauf hinweisen, dass, soweit ich als Privatperson angesprochen werde, dies nicht Gegenstand der Geschäfts­führung eines Mitgliedes der Bundesregierung ist und somit nicht dem Interpellationsrecht unterliegt. Zum anderen ist diese Frage zu verneinen, wobei ich auch auf die Beantwortung der Frage 10 verweise.

 

Zu 22.:

In diesem Zusammenhang erinnere ich nochmals an den Bericht des Rechnungshofausschusses, Nr. 342 d.B. (XXI. GP), über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend "Durchführung des Verlangens betreffend Über­prüfung der Verwendung der Repräsentationsaufwendungen des vormaligen Bundeskanzlers Dr. Vranitzky von 1990 bis zu seinem Ausscheiden aus diesem Amt im Hinblick auf deren Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit".

 

Das damalige Verlangen gemäß § 32e GOG wurde im Rahmen des Bekannt­werdens der so genannten "WestLB-Flugaffäre" gestellt. Damals hatte eine Reihe von deutschen Politikern auf Kosten der Westdeutschen Landesbank Privatflüge absolviert. Aber die Düsseldorfer Steuerfahnder informierten auch darüber, dass der seinerzeitige Bundeskanzler Dr. Vranitzky zusammen mit seiner Frau während seiner Amtszeit 13 Gratisflüge im Wert von ATS 1,2 Mio. in Anspruch genommen hat.

 

Der Seite 6 des zitierten Berichtes ist zu entnehmen, dass der damalige Bundesminister für Justiz vor dem Ausschuss bestätigte, dass von den Justizbehörden Vorerhebungen eingeleitet wurden. Dr. Vranitzky bestätigte bei seiner Befragung diesen Sachverhalt (Seiten 9ff des Berichtes).

 

In seinen Schlussfolgerungen warf der Ausschuss dem seinerzeitigen Bundeskanzler deshalb "mangelnde Sensibilität und leichtfertige Annahme von Gratisflügen in beträchtlicher Höhe von Dritten" vor. Ein weiteres Zitat aus diesem Bericht: "...so ist diese Vorgangsweise des Altbundeskanzlers politisch mehr als verwerflich und daher sehr kritisch zu beurteilen."

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen