2770/AB XXII. GP

Eingelangt am 27.05.2005
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BM für Justiz

 

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0034-Pr 1/2005

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2812/J-NR/2005

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Gerichtsschließungen in Kärnten“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 10:

Seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts waren und sind Justizminister bemüht, die Struktur der Bezirksgerichte — sie stammt im Wesentlichen aus dem 19. Jahrhundert — an die heutigen Anforderungen anzupassen. Gerichte müssen, wie Betriebe und andere öffentliche Einrichtungen auch, zur Sicherung ihrer Qualität und Wirtschaftlichkeit eine Mindestgröße haben.

Durch die Bezirksgerichte-Verordnungen 2002 wurde in Niederösterreich, der Steiermark, Tirol, Salzburg und Oberösterreich mit der Zusammenlegung von Kleinstbezirksgerichten ein erster und sehr erfolgreicher Schritt in diese Richtung gesetzt; die Zusammenführungen sind völlig problemlos verlaufen, an den aufgelassenen Standorten werden für die Rechtsversorgung der Bevölkerung regelmäßig Gerichtstage abgehalten.

In Österreich bestehen derzeit 140 Bezirksgerichte, also nach wie vor wesentlich mehr als Bezirksverwaltungsbehörden. Es bestehen noch immer elf Bezirksgerichte, bei denen der Arbeitsanfall nicht einmal eine Richterkapazität mit richterlichen Rechtsprechungsagenden auslastet, bei etwa 50 Bezirksgerichten werden weniger als zwei Richterkapazitäten mit richterlichen Rechtsprechungsagenden ausgelastet. Die damit verbundenen negativen Folgen für die rechtsuchende Bevölkerung können nicht tatenlos hingenommen werden; so können etwa durch die bei Kleingerichten notwendigen Doppelplanstellen die Richterinnen und Richter nicht an allen Tagen beim jeweiligen Gericht anwesend sein. Größere Gerichtseinheiten ermöglichen eine Spezialisierung der Richter, was sich auch positiv auf die Dauer der Gerichtsverfahren auswirken wird.

Fragen der Gerichtsorganisation wurden auch ausführlich im Österreich-Konvent beraten. Im Lichte dieser Beratungen werden nun die erforderlichen Planungen für eine leistungsfähige Justiz der Zukunft erstellt. Auch wenn durch die Herstellung entsprechender Betriebsgrößen Synergieeffekte und damit Einsparungen lukriert werden können, ist das Hauptanliegen der Gerichtsreform das Erzielen einer Qualitätssteigerung für den Bürger.

Ich strebe eine weitgehend an die Standorte der Bezirksverwaltungsbehörden angelehnte Gerichtsorganisation an, die viele Vorteile bietet. Diese Standorte werden für die Bürgerinnen und Bürger zu umfassenden Servicezentren. Zu diesen Orten besteht österreichweit eine gute Verkehrsinfrastruktur. Die Anfahrtswege sind jedenfalls zumutbar, zumal aus verschiedenen empirischen Erhebungen hervorging, dass die Bürgerinnen und Bürger weitaus seltener persönlich zu Gericht kommen als zu Bezirksverwaltungsbehörden; im Durchschnitt kommen die Menschen etwa ein Mal im Leben persönlich zu Gericht.

Die Standortfragen werden im Zuge der Verwaltungsreform II und mit politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen, eingehend diskutiert werden, sodass auch spezifische Gesichtspunkte des Bundeslandes Kärnten erörtert werden. Die Planungen für Kärnten werden derzeit an betriebswirtschaftliche, bauliche, topografische und verkehrstechnische Bedürfnisse angepasst. Die konkrete Ausgestaltung der neuen Gerichtsorganisation hängt freilich vom Ergebnis dieser und anderer Gespräche ab. Die mehrsprachigen Gerichte stellen eine besonders Situation dar, die sowohl mit Vertretern der sprachlichen Minderheiten als auch mit der Landespolitik Kärntens zu besprechen ist. Ich habe auch bereits konstruktive Gespräche mit Vertretern der sprachlichen Minderheiten geführt. Zusammenfassend meine ich, dass diese Gerichte nicht völlig aus der Diskussion ausgeklammert werden dürfen, weil auch der Bevölkerung in diesen Gerichtssprengeln eine Gerichtsorganisation zur Verfügung gestellt werden muss, die den Bedürfnissen der Zukunft entspricht.

Sobald sich eine konkrete Einigung – auch über einzelne Standorte – abzeichnet, werde ich die Öffentlichkeit informieren.

 

 

. Mai 2005

 

(Maga. Karin Miklautsch)