2789/AB XXII. GP

Eingelangt am 31.05.2005
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BM für Gesundheit und Frauen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/0051-I/A/3/2005

Wien, am      27. Mai  2005

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 2828/J der Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen wie folgt:

 

Fragen 1 bis 7:

Ende März 2005 wurde die Europäische Kommission von den US-amerikanischen Behörden davon unterrichtet, dass von 2001 bis 2004 in den USA die nicht zu­gelassene genetisch veränderte Maislinie Bt10 irrtümlicherweise in den Vertrieb gelangt ist.

 

Nach den Angaben der Behörden wurden in den USA 15.000 Hektar mit Bt 10‑Mais anstelle von Bt11-Mais (eine zugelassene, sehr eng verwandte Maislinie) angebaut. Die Problematik wurde ursprünglich durch die Umstellung der Nach­weismethode des Herstellers, der Fa. Syngenta, von Protein- auf DNA-Basis erkannt; Bt10 enthält im Vergleich zur zugelassenen Maislinie Bt11 zusätzlich ein Antibiotika-Resistenzgen gegen Ampizillin.

Mais von diesen Anbauflächen wurde zu Futtermittelzwecken unter der Be­zeichnung Bt11 in die Europäische Union ausgeführt.

 

Die Mitgliedstaaten wurden von der Europäischen Kommission im Weg des Schnellwarnsystems (RASFF) am 23. März 2005 und am 1. April 2005 informiert. Nach Angaben der Europäischen Kommission sind von Verunreinigungen mit der nicht zugelassenen Maislinie Bt10 ausschließlich bestimmte Importe von Futter­mitteln (Maiskleber und Biertreber) aus den USA betroffen. Diese Lieferungen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nach Österreich gelangt.

 

Frage 8:

Die Kontrolle und Untersuchung auf nicht zugelassenes genetisches Material, wie die Maislinie Bt10, wurde umgehend in der laufenden Schwerpunktaktion A14/05 der Lebensmittelaufsicht, die ich veranlasst habe, berücksichtigt.

 

Fragen 9 und 10:

Seit 25. April 2005 ist eine von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission validierte Nachweismethode für Bt10 verfügbar, für die Jahre 2001-2004 gibt es daher keine spezifischen Untersuchungsergebnisse auf Bt10. Routinemäßig werden aber alle Lebens-, Futtermittel- und Saatgutproben bei einem positiven Screening-Ergebnis auf bestimmte GVO untersucht – darunter auch Bt11. Da die Nachweismethode für Bt11 bis dato auch Bt10 erfasst hätte, kann auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse auf Bt11 auch eine Aussage über ein mögliches Vorkommen von Bt10 getroffen werden. Nach Auskunft der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wurde lediglich 2001 eine für Bt11 positive Futtermittelprobe festgestellt (s. dazu auch die Anfragebeantwortung 235/AB durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft).

 

Über die Anzahl der untersuchten Proben gibt die nachstehende Tabelle Auf-schluss:

 

 

Saatgut *2)

Lebensmittel

Futtermittel

2001

337 *1)

94

73

2002

195 *1)

89

157

2003

209 *1)

109

93

2004

178 *1)

96

177

 

*1)         Kornuntersuchungen aus Saatgutproben im Saatgutanerkennungs-, Kontroll- oder GVO-Überwachungs-/Monitoring-Verfahren

*2)         Weiters wurden 2001 bis 2004 insgesamt 149 umfassende Audits zur Überprüfung der Rückverfolgbarkeit inkl. Probenahmen bei Saatgutunternehmern durchgeführt.

Aus 75 Saatgut-Vermehrungsbeständen wurden ca. 4,3 Mio. Pflanzen bewertet und daraus 813 Fremdtypen (sog. Outcrosses, das sind jene Pflanzen, die nicht dem Sortentyp entsprechen) ermittelt, beprobt und einer GVO-Untersuchung unterzogen.

Im Nachkontrollanbau wurden 487 Parzellen inklusive Blattprobe­nahmen insbesondere auf GVO-Vereinigungen analysiert.

Nur in Einzelfällen konnten GVO-Verunreinigungen, primär bei Saatgut erwachsen aus Zuchtmaterial aus Drittstaaten, stets unter 0,1 %, nachgewiesen werden. Der Anteil von Saatgut kontrollierter österreichischer Erzeugung und Zertifizierung ist im Berichtszeit­raum bei den bezughabenden Pflanzenarten deutlich angestiegen.

 

Frage 11:

Maßgebend hiefür wäre die unmittelbar anwendbare EU-Verordnung 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel. Der Import von nicht zugelassenen genetisch veränderten Lebensmitteln oder Futtermitteln, wie im Fall der Maislinie Bt10, stellt einen Verstoß gegen diese EU-Verordnung dar. Darüber hinaus wäre gegebenenfalls zu prüfen, ob betreffend die Rückverfolg­barkeit ein Verstoß gegen die EU-Verordnung 1830/2003 über die Rückverfolg­barkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen vorliegt.

 

Beide EU-Verordnungen wurden in das österreichische Lebensmittel- und Futtermittelrecht rezipiert. Verstöße gegen diese EU-Verordnungen in Österreich sind Verstöße gegen einschlägige Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes bzw. des Futtermittelgesetzes.

 

Wie bereits ausgeführt, ist Österreich nach dem derzeitigen Wissensstand mit hoher Wahrscheinlichkeit von den fraglichen Lieferungen nicht betroffen.

 

Frage 12:

Generell muss angemerkt werden, dass eine Beurteilung – gemäß den recht­lichen Vorgaben der Gentechnik-spezifischen europäischen Rechtsvorschriften bzw. des Gentechnikgesetzes - immer nur von Fall zu Fall erfolgen und auf Grundlage einer vom betreffenden Antragsteller zu erstellenden Risikobe­wertung sowie eines von der zuständigen Behörde zu erstellenden Bewertungsberichtes zu erfolgen hat. Entsprechende Antragsunterlagen liegen weder in den USA noch in Europa vor; die Fa. Syngenta beabsichtigt nicht, einen Zulassungs­antrag für Bt10 zu stellen.

 

Die Maislinie Bt10 enthält gemäß den bisher bekannten Informationen im Ver­gleich zur zugelassenen Maislinie Bt11 zusätzlich ein Antibiotika-Resistenzgen gegen Ampizillin. Dieses Resistenzgen ist auch in der Maislinie Bt176, für die Österreich, Luxemburg und Deutschland Importverbote verhängt haben, enthalten.

Im Übrigen hat auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) grundsätzlich kritisch zu Ampizillin-Resistenzgenen Stellung genommen. Wegen der Möglichkeit des horizontalen Gentransfers in Krankheitserreger und der Gefahr des Unwirksamwerdens klinisch relevanter Antibiotika hat sich Österreich bislang immer gegen das Inverkehrbringen derartiger Produkte ausgesprochen.

 

Das ebenfalls in beiden Maislinien Bt10 und Bt176 enthaltene Bacillus thuringiensis (Bt)-Toxin für Insektenresistenz wird aus österreichischer Sicht im Hinblick auf seine Umweltverträglichkeit kritisch beurteilt, da u.a. schädliche Wirkungen auf Nicht-Ziel-Organismen nicht ausgeschlossen werden können.

 

Frage 13:

Ob Haftungsansprüche bei eingetretenen Schäden nach einem illegalen Transport nach Österreich gegen Produzenten oder Importeure gestellt werden können, wäre in erster Linie gemäß dem Schadenersatzrecht nach dem ABGB zu beurteilen, bzw. ob ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten vorliegt. Ebenfalls könnte geprüft werden, ob gemäß dem Produkthaftungsrecht Schadenersatz für ein fehlerhaftes Produkt verlangt werden kann.

 

Dazu ist allerdings anzumerken, dass diese Frage nicht den Zuständigkeits­bereich meines Ressorts betrifft.

 

Frage 14:

Am 18. April 2005 hat die Kommission im Rahmen des Ausschussverfahrens nach Artikel 53 der EU-Verordnung 178/2002 beschlossen, auf bestimmte Im­porte von Futtermitteln aus den USA Schutzmaßnahmen anzuwenden, um das Risiko weiterer Einfuhren der nicht zugelassenen Maislinie Bt10 in die EU aus­zuschließen.

 

Diese Maßnahmen, die vom Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette nahezu einstimmig gebilligt wurden, bestehen im Wesentlichen darin, von den Importeuren Garantieerklärungen und Analysenzertifikate zugelassener Labors zu verlangen, dass die betreffenden Lieferungen Bt10-frei sind. Der Beschluss ist den Mitgliedstaaten am 20. April 2005 mitgeteilt worden; die Europäische Kom­mission muss diese Maßnahmen in sechs Monaten einer Überprüfung unter-ziehen.

 

Auf der Grundlage zukünftiger Ergebnisse der Lebensmittel- und Futtermittel­kontrollen der Mitgliedstaaten könnte jedoch die Ausweitung des Anwendungs-bereichs der getroffenen Maßnahmen erforderlich sein.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin