2803/AB XXII. GP

Eingelangt am 31.05.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

GZ BMF-310205/0035-I/4/2005

Anschrift:

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

                                     

Erledigungstext:

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2814/J vom 31. März 2005 der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ertragssteuerliche Behandlung der Rückstellungen / Gewinne bzw. Überschüsse bei den Branchenrecyclinggesellschaften im ARA-System, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Bevor ich die Fragen aus dem Bereich des Abgabenrechtes beantworte, möchte ich einleitend auf die Präambel zur Anfrage eingehen.

 

Die Ausführungen, welche die Grundlage der Anfrage erläutern sollen, enthalten Begriffe wie "gerüchteweise" und "angeblich". Tatsächlich halten die erhobenen Behauptungen einer sachlichen Betrachtung in keiner Weise stand. Den Vorwurf der bevorzugten Behandlung einzelner Unternehmen durch die Finanzbehörde weise ich daher entschieden zurück.

 

Ergänzend darf ich darauf hinweisen, dass mein Ressort das Programm zur Erhöhung der Steuergerechtigkeit und zur Schaffung von fairen Bedingungen für alle Teilnehmer am Wirtschaftsleben äußerst erfolgreich umsetzt. Das Aktionspaket zur Betrugsbekämpfung sei hier nur als ein Beispiel von vielen genannt.

Nun zu den konkreten Fragen:

 

Zu 1., 2. und 13.:

Steuerlich wirksame Rückstellungen können nach § 9 EStG für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden. Die Bildung von steuerlichen Verbindlichkeitsrückstellungen ist insbesondere an drei Voraussetzungen geknüpft:

Alle drei Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

 

Im Zusammenhang mit den ungeplanten Überschüssen im ARA-System sind die wirtschaftliche Verursachung und die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme gegeben. Für die Bildung einer Verbindlichkeitsrück­stellung stellt sich daher die Frage, ob eine Außenverpflichtung vorliegt. Dazu ist folgendes festzuhalten:

 

Die Gesellschaften im ARA-System haben sich verpflichtet, allfällige Überschüsse nicht an die Eigentümer auszuschütten, sondern an Kunden (Lizenzpartner) der ARA AG über jährliche Tarifkalkulationen zurückzuerstatten. Unter Berücksichtigung der verwaltungsrechtlichen Verankerung in den Systembescheinigungen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als Aufsichtsbehörde einerseits sowie des konkreten Verpflichtungscharakters der zivilrechtlichen Festlegungen in den Entsorgungsverträgen zwischen der ARA AG und den Branchenrecyclinggesellschaften andererseits liegt im gegenständlichen Fall eine Außenverpflichtung vor. Für die Verpflichtung zur Vornahme künftiger Tarifabsenkungen ist daher  die Dotierung einer Verbindlichkeitsrückstellung im Sinne des § 9 EStG zulässig. Den Überschüssen kann kein Eigenkapitalcharakter zugemessen werden.

 

Der Verpflichtungscharakter bedingt aber auch die ehebaldige Rückführung der ungeplanten Überschüsse in das System. Für eine solche darf nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen der Zeitraum von drei Jahren nicht überschritten werden. Da dies den Zeitraum von einem Jahr übersteigt, hat gemäß § 9 Abs. 5 EStG eine Kürzung der Rückstellung auf 80% zu erfolgen.

 

In Punkt 13. der Anfrage wird offenbar von der Fiktion ausgegangen, dass im vorliegenden Fall keine steuerlich wirksame Rückstellung gebildet werden kann. Nach ausführlicher Erläuterung der tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf die dort gestellten Fragen.

 

Zu 3.:

Auch in einer Anfragebeantwortung der zuständigen Fachabteilung im Bundesministerium für Finanzen aus dem Jahre 1995 (GZ. T 1191/2/1-IV/6/94) wurde die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung bereits als zulässig betrachtet.

 

Zu 4., 5. und 6.:

Zum gegenständlichen Thema hat eine Besprechung stattgefunden, wobei seitens des Bundesministeriums für Finanzen die in den vorangegangenen Ausführungen dargestellte Rechtsansicht vertreten wurde.

Sektionschef Dr. Nolz hat an der Besprechung nicht teilgenommen, wurde aber von seinen Fachvertretern über das Ergebnis informiert.

 

Zu 7., 9. und 10.:

Im Hinblick auf die bestehende Rechtslage entbehren sämtliche Vorwürfe, die Finanzbehörde hätte nicht auf den Nachweis von abgabenrechtlich bedeutsamen Abläufen bestanden oder sich in die Irre führen lassen, jeglicher Grundlage. Selbstverständlich wird jeder steuerlich relevante Sachverhalt von den zuständigen MitarbeiterInnen meines Ressorts in Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages ordnungsgemäß erhoben und die erforderlichen Nachweise überprüft. Die in der Anfrage enthaltene Unterstellung eines unsachgemäßen Vollzuges der Abgabenerhebung weise ich entschieden zurück!

 

Zu 8.:

Die steuerlichen Auswirkungen im Bereich der Zahlungspflichtigen werden im Einzelfall zu beurteilen sein und unterliegen der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht.

 

Zu 11. und 12.:

Weder die Geschäftsführung der ARA AG noch die wirtschaftlichen Verhältnisse der "Duale System Deutschland AG" sind Gegenstand der Vollziehung des Bundes. Daher unterliegen sie nicht dem Fragerecht im Sinne des § 90 GOG.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Heinz Grasser eh.