2805/AB XXII. GP

Eingelangt am 31.05.2005
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

 

GZ. BMVIT-12.000/0002-I/CS3/2005     DVR:0000175

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

Wien, 31. Mai 2005

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2823/J-NR/2005 betreffend Krankheitssymptome in der Umgebung von Mobilfunkmasten, die die Abgeordneten Edeltraud Lentsch und KollegInnen  am 1. April 2005 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Was gedenken Sie gegen die oben angeführte Problematik zu tun?

 

Antwort:

Im Rahmen meiner Kompetenzen habe ich den in den letzten Jahren geführten Dialog zwischen den Betroffenen in Müllendorf, den Mobilfunkbetreibern, dem Land Burgenland und dem burgenländischen Umweltanwalt stets gefördert. So konnte durch Messungen festgestellt werden, dass die Mobilfunkanlagen entsprechend den rechtlichen Vorschriften betrieben werden sowie, dass Hochfrequenz keinen Infraschall erzeugt, wodurch eine weitere lange Zeit im Raum gestandene Behauptung widerlegt werden konnte.

 

Solange die gesetzlichen Vorgaben für Funksendeanlagen eingehalten werden, besteht auf der rechtlichen Ebene derzeit keine Handlungsmöglichkeit für die mir unterstellten Organe der Fernmeldebehörden.

 

Folglich kann eine Verlegung eines Handymasten nur auf freiwilliger Basis der Mobilfunkbetreiber erfolgen. Ich würde es daher begrüßen, wenn das Land Burgenland den bereits erfolgten Dialog zwischen allen Betroffenen neuerlich beginnt und biete auch dazu in Person meiner Experten jedwede Unterstützung an.

 

Unabhängig davon habe ich die Einrichtung eines wissenschaftlichen Beirates initiiert, um die Diskussion über die gesundheitlichen Einflüsse oder Nichteinflüsse von Funk bzw. der Mobilkommunikation zu versachlichen. Der Beirat heißt bewusst „Wissenschaftlicher Beirat Funk“ (WBF), weil nicht nur die Auswirkungen elektromagnetischer Felder des Mobilfunks, sondern die Auswirkungen aller elektromagnetischen Felder, die bei Funk- und anderen Anwendungen des täglichen Lebens entstehen, diskutiert werden sollen.

Der nach seiner Geschäftsordnung unabhängige und weisungsfreie WBF, der bei den Austrian Research Centers Seibersdorf (ARCS) angesiedelt ist, beschäftigt sich u.a. mit dem Thema „Mobilfunk und Gesundheit“, wobei seine Aufgabe darin liegt, themenbezogene publizierte Untersuchungen sowie Studien und Forschungsarbeiten zu beurteilen, entsprechende Abschätzungen und Schlussfolgerungen hinsichtlich der behaupteten Gesundheitsrisiken auszuarbeiten und diese Beurteilungen auch in die öffentliche Diskussion einzubringen.

Erste Ergebnisse wurden bereits Ende 2004 präsentiert (siehe dazu meine Antwort zu Fragepunkt 7).

 

Frage 2:

Planen Sie eine EU-weite Studie zu initiieren?

 

Antwort:

Die Initiierung einer EU weiten Studie ist nicht geplant, da auf europäischer Ebene zahlreiche Studien existieren und die Forschung weitergeführt wird. Siehe dazu die Antwort zu Frage 3.

 

Fragen 3 und 8:

Welche Studien zu diesem Thema gibt es derzeit?

 

Gibt es Studien über die Strahlenbelastung, die von Basisstationen (Masten) oder von Handys ausgehen und wie sehen diesbezügliche Ergebnisse aus?

 

Antwort:

Es existieren eine Vielzahl von Studien, die sich mit der Frage nach den Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf den menschlichen Organismus beschäftigen. Es kann in diesem Zusammenhang auf die bislang vom WBF untersuchten Studien hingewiesen werden.

 

Diese sind – neben mehreren Überblicksstudien, die die Forschung zusammenfassen - insbesondere:

 

- Röösli & Hug: Gesundheitsrisiko der Mobilfunkstrahlung (REVIEW), 2004

- Hossmann & Hermann: effects of electromagnetic radiation of mobile phones in the central 

  nervous system, 2003

- C. M. Krause et al.: effects of electromagnetic field emmitted by cellular phones on the EEG

  during a memory task, 2000

- Huber et al.: electromagnetic fields, such as those from mobile phones, alter regional 

  cerebral blood flow and sleep and waking EEG, 2002

- C. M. Krause et al.: effects of electromagnetic fields emitted by cellular phones on the EEG

  during an auditory memory task: a double blind replication study, 2004

- Freude et al.: microwaves emitted by cellular telephones effect human slow brain

  potentials, 2000

- K. Mann & J. Röschke: Sleep under exposure to high frequency electromagnetic fields

  (REVIEW), 2004

- K. Mann & J. Röschke: effects of pulsed high-frequency electromagnetic fields on human

  sleep, 1996

- Wagner et al.: human sleep unter the influence of pulsed radio frequency electromagnetic 

  fields: a polysomnographic study using standardized conditions, 1998

- Wagner et al: human sleep EEG under the influence of pulsed radio frequency  

  electromagnetic fields. Results of polysomnographies using submaximal high power flux 

  densities, 2000

- Borbely et al.: pulsed high frequency electromagnetic field effects human sleep and sleep

  electroencephalogram, 1999

- Huber et al.: exposure to pulsed high frequency electromagnetic field during waking effects

  human sleep EEG, 2000

- Lebedeva et al.: investigation of brain potentials in sleeping hmans exposed to the

  electromagnetic field of mobile phones, 2001

- Mann et al.: No effects of pulsed highfrequency electromagnetic fields on heart rate

  variability during human sleep, 1998

- Huber et al.: radio frequency electromagnetic field exposure in humans: estimation of SAR 

  distribution in the brain, effects on sleep and heart rate, 2003

- Mann et al.: effects of pulsed high frequency electromagnetic fields on the neurendocrine

  system, 1998

- G. Schmid, C. Sauter, R. Stepansky, I. S. Lobentanz & J. Zeitlhofer: no influence on

  selected parameters of human visual perception during 1,970 MHz UMTS-like exposure (in 

  Druck)

- M. Unterlechner, C. Sauter, G. Schmid & J. Zeitlhofer: no effect of a 1.970 GHz

  electromagnetic field (UMTS) on a human attention and reaction (in Begutachtung)

- Oftedal et al.: Symptoms experienced in connection with mobile phone use, 2000

- Hocking: Preliminary report: symptoms associated with mobile phone use, 1998

- Hietanen et al. : Hypersensitivity symptoms associated with exposure to cellular

  telephones: no causal links, 2002

- Koivisto et al.: GSM phone signal does not produce subjective symptoms, 2001

- Edelstyn et al. : The acute effects of exposure to the electromagnetic field emitted by

  mobile phones on human attention, 2002

- Haarala et al. : Effect of a 902 MHz electromagnetic field emitted by mobile phones on

  human cognitive function: a replication study, 2003

- Haarala et al. : 902 MHz Mobile phone does not affect short term memory in humans, 2004

- Koivisto et al.: The effects of electromagnetic field emitted by GSM phones on working

  memory; 2000

- Koivisto et al.: Effects of 902 MHz electromagnetic field emitted by cellular telephones on

  response times in humans, 2000

- Lee et al.: The effect of the duration of exposure to the electromagnetic field emitted by

  mobile phones on human attention, 2003

- Lee et al.: Effect on human attention of exposure to the electromagnetic field emitted by 

  mobile phones, 2001

- Preece et al.: Effect of a 915-MHz. Simulated mobile phone signal on cognitive function in

  man, 1999

- Smythe and Costall: Mobile phone use faciliates memory in male but not in female, 2003

- Rothman et al.: Assessment of cellular telephone and other radio frequency exposure for

  epidemiologic research, 1996

- Dreyer et al.: Cause-specific mortality in cellular telephone users, 1999

- Hardell et al.: Use of cellular telephones and the risk for brain tumors: A case-control study,

  1999

- Hardell et al.: Case-control study on radiology work, medical x-ray investigations, and use

  of cellular telephones as risk factors for brain tumors, 2000

- Hardell et al.: Ionizing radiation, cellular telephones and the risk for brain tumours, 2001

- Muscat et al.: Handheld cellular telephone use and risk of brain cancer, 2000

- Inskip et al.: Cellular-telephone use and brain tumors, 2001

- Stang et al.: The possible role of radiofrequency radiation in the development of uveal

  melanoma, 2001

- Johansen et al.: Cellular telephones and cancer—A nationwide cohort study in Denmark,

  2001

- Auvinen et al.: Brain tumors and salivary gland cancers among cellular telephone users,

  2002

- Muscat et al.: Handheld cellular telephones and the risk of acoustic neuroma, 2002

- Hardell et al.: Cellular and cordless telephones and the risk for brain tumours, 2002

- Hardell et al.: 2002b. Case-control study on the use of cellular and cordless phones and the

  risk for malignant brain tumours, 2002

 

Der WBF wird sich auch in Zukunft mit den jeweiligen aktuellen Studien in diesem Bereich befassen.

 

Frage 4:

Ist eine Arbeitsgruppe in Ihrem Ressort eingerichtet?

Wenn ja, wie ist sie zusammengesetzt?

Wenn nein, wann werden sie diese einrichten?

 

Antwort:

Im bmvit selbst ist keine derartige Arbeitsgruppe eingerichtet, aus diesem Grund habe ich den wissenschaftlichen Beirat ins Leben gerufen, damit dieser aus unabhängigen Wissenschaftern besetzte Beirat die aktuelle wissenschaftliche Forschung evaluiert und für die Politik die entsprechenden Entscheidungsgrundlagen liefert.

 

Frage 5:

Haben Sie Finanzmittel für allfällige Studien veranschlagt?

 

Antwort:

Das  Austrian Research Center Seibersdorf  hat an Bundesmitteln in den Jahren 2001-2004 insgesamt € 845.000,-- für die EMF - Forschung (Elektromagnetische Felder und biologische Systeme) eingesetzt. Aus diesem Budget wurden auch Aufwendungen für die Tätigkeit des WBF bestritten.

 

Frage 6:

Was planen Sie, um die Mobilfunkbetreiber in diese Projekte einzubinden?

 

Antwort:

Siehe dazu auch meine Beantwortung zu Fragepunkt 1.

Zur Vermeidung des Vorwurfes der Befangenheit erfolgte keine unmittelbare Einbindung der Mobilfunkbranche in die Tätigkeit des WBF. Von Seiten der Mobilfunkbetreiber wurden aber in Kooperation mit dem ARC gesamthaft rund € 100.000,-- beigetragen.

 

 

 

Frage 7:

Gibt es technische Entwicklungen, die dieses Risiko reduzieren?

 

Antwort:

Neue technische Entwicklungen zur Risikoreduktion sind nicht bekannt. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse bei Einhaltung der geltenden Grenzwerte keine Gesundheitsgefährdung  besteht.

 

Am 4. November 2004 hat der WBF die ersten Ergebnisse präsentiert, die wie folgt zusammengefasst werden können.

 

Gibt es einen Einfluss des Mobilfunks auf das Nervensystem?

 

Kognitive Fähigkeiten

Eine Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten (z.B. Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Reaktionsfähigkeiten) bei Exposition bei Einhaltung der Grenzwerte ist nach heutigem Wissensstand eindeutig auszuschließen.

 

EEG und Schlaf

Die Hirnstromaktivität (EEG) des Menschen zeigt grundsätzlich große individuelle Unterschiede. Änderungen einzelner Parameter sind beim arbeitenden Gehirn ganz natürlich, die bisherigen Untersuchungen – auch wenn sie teilweise geringe Veränderungen beschreiben – lassen keinen Schluss auf eine gesundheitsschädigende Wirkung zu.

In Schlafuntersuchungen fanden sich geringe Veränderungen einzelner Parameter, jedoch keine, die eine Störung der Schlafqualität oder ein Gesundheitsrisiko darstellen.

 

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Tumorentstehung und Mobilfunk?

Die bisher vorliegenden Studien lassen keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Mobilfunk und erhöhter Tumorhäufigkeit, insbesondere in Bezug auf Tumore im Kopfbereich, erkennen.

Wenn es nach Meinung einzelner Autoren gegenteilige Hinweise gibt, so ist festzuhalten, dass diese Daten sich auf Technologien beziehen, die seit Jahren nicht mehr in Verwendung sind.

Im Hinblick auf die lange Latenzzeit und die Entwicklung der Technologien des Mobilfunks laufen derzeit internationale Studien zu diesem Thema, deren Ergebnisse vom WBF diskutiert und bewertet werden.

 

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Mobilfunk und der Befindlichkeit des Menschen?

Die vorliegenden Untersuchungen zeigen keinen Zusammenhang zwischen Befindlichkeit und der Exposition des Mobilfunks.

 

Zusammenfassung:

Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft gibt es keinen Nachweis für eine Gefährdung der Gesundheit durch elektromagnetische Felder des Mobilfunks unterhalb der von der WHO/ICNIRP empfohlenen Grenzwerte.

Ungeachtet der bisherigen Erkenntnisse laufen derzeit umfangreiche internationale Studien, deren Ergebnisse umgehend vom WBF wissenschaftlich diskutiert und bewertet werden.

 

Im Übrigen darf ich dazu auch auf meine Beantwortung zu den Fragepunkten 3 und 8 verweisen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen