2825/AB XXII. GP

Eingelangt am 06.06.2005
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-10.000/0018-I/CS3/2005     DVR:0000175

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Wien,       . Juni 2005

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2838/J-NR/2005 betreffend die geplante Reform des Nahverkehrs in Österreich, die die Abgeordneten Eder und GenossInnen am 6. April 2005 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Die von Ihnen gestellten Fragen zur Reform des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (ÖPNRV) in Österreich veranlassen mich zu einer grundsätzlichen Vorbemerkung. Der ÖPNRV soll einer Reform mit dem Ziel

 

einer klaren Aufgabenzuständigkeit

einer effizienten Leistungserstellung sowie

einer darauf basierenden geordneten Finanzierung

 

unterzogen werden. Die Reform soll vor allem zu einer Transparenz und Effizienz in der Finanzierungs- und Angebotsstruktur des ÖPNV führen. 

 

Innerhalb der europäischen Betrachtungsweise wird der Wettbewerb auch im Nahverkehrsbereich stark zunehmen. Durch die Hinwendung zu einem kontrollierten Wettbewerb und seinen Rahmenbedingungen soll eine Angebotsausweitung und effizienterer Mitteleinsatz erreicht werden. Auch unter  Berücksichtigung des Magdeburger – Urteils, demnach staatliche Zuschüsse und Konzessionen für Regionalbuslinien nicht automatisch EU-rechtswidrig sind, soll eine Vorbereitung auf einen EU-Ausschreibungswettbewerb stattfinden. In Zukunft, sollte jener den Zuschlag erhalten, der das schlüssigste und beste Konzept für das Befahren einer bestimmten Strecke im Nahverkehr vorlegt. Des weiteren sollten stärkere Elemente des Wettbewerbs durch die Installation von Marktübersichtsinstrumenten und durch Verkürzung der Konzessionslaufzeit vorgesehen werden.

Ein weiteres wichtiges Ziel sollte die Anhebung der Kundenzufriedenheit sein, um die angestrebten Qualitätsverbesserungen im ÖPNRV zu erreichen. Um diese angestrebten Verbesserungen zu erzielen, sollten die Kundenbedürfnisse genauer erhoben und berücksichtigt werden. Daneben sollte auch eine verbesserte Fahrplanabstimmung (vgl. etwa Schweiz)  als Faktor für einen attraktiven Personennahverkehr herangezogen werden.

Bei der Vertragsgestaltung im Zusammenhang mit der Bestellung schienengebundener Verkehrsdienstleistungen sind marktwirtschaftliche und nachfrageseitige Aspekte zu wenig beachtet worden, Anreize zur Kostensenkung werden nicht genügend genützt. Bei den Verkehrsverbünden ist eine zu starke Orientierung auf Ländergrenzen und weniger auf Verkehrsströme zu beobachten (eine Konzentration auf großflächige Verbundräume sollte hier angestrebt werden). Eine stärkere Hinwirkung auf  institutionalisierte Kooperation von Verkehrsunternehmen zum Zweck der Transparenz der Verkehrsdienstleistungen und verbesserten Aufgabenerfüllung sollte angestrebt werden. Daraus resultiert:

 

Maßnahmen in einem ersten Schritt:

 

Novellierung des Kraftfahrliniengesetzes

Eine Novellierung des Kraftfahrliniengesetzes ist notwendig, da die gegenwärtige Praxis der Konzessionsvergabe und Konzessionsverlängerung nicht mehr mit dem Wettbewerbsrecht im Einklang steht. Vor allem die Konzessionsverlängerung wird parallel der gesetzlichen Vorgaben für die Neuvergabe geregelt werden müssen. Durch die Einführung eines geeigneten Verfahrens muss eine Transparenz des Konzessionssystems gewährleistet werden. Diesbezüglich wurde jedoch noch keine Entscheidung getroffen. Da die EU-Kommission von Österreich dringend eine umfassende Lösung erwartet, wird durch das BMVIT eine entsprechende Novelle zum Kraftfahrliniengesetz noch vor dem Sommer in Begutachtung gegeben werden. Im Zuge dieser Novellierung kann auch gleichzeitig eine Verländerung der Zweilandlinien, sowie eine Verkürzung der Konzessionsdauer angestrebt werden.

 

Verländerung der Zahlungen des BMVIT an die Verkehrsverbünde

Verländerung der Zahlungen an die Verkehrsverbünde für die Ab- und Durchtarifierungsverluste ab 1.1.2006. Diese Zahlungen waren für den „Durchbruch des Verbundgedankens“ in Österreich sicher von entscheidender Bedeutung. Die Reformüberlegungen sehen vor, diese Mittel nunmehr in die Hoheit der Länder zu übertragen, da der Bund im Bereich der Verkehrsverbünde sinnvollerweise keine operativen Aufgaben mehr wahrnehmen sollte. Der Bund wird sich auf strategische Vorgaben und auf das Monitoring der eingesetzten Mittel zurückziehen.

 

Verländerung der Bestellerförderung

Verländerung der Bestellerförderung gem. ÖPNRV-G ab 1.1.2006. Diese Zahlungen des BMVIT waren für die Förderung der Qualität im ÖPNRV als ein erster Schritt notwendig. Sie könnten jedoch nunmehr in die Hoheit der Länder übertragen werden, da es nicht Aufgabe des Bundes sein soll, einzelne Buskurse, Zugverbindungen und Rufbusse zu bestellen. Für diese Aufgaben sind die Länder und Gemeinden wesentlich besser geeignet. Der Bund wird sich auf die verkehrspolitische Zielsetzung und auf das Monitoring der eingesetzten Mittel zurückziehen. Im Zuge der Arbeitsgruppe Bund/Länder wird noch über eine entsprechende Dotierung der Bestellerförderung verhandelt werden.

 

Als Maßnahmen für den zweiten Schritt sind vorgesehen:

 

Umwandlung des derzeitigen Systems des Verlagerungs- und Qualitätsbonus

 

Zurechnung des ÖKOBONUS auf die Länder

Infrastrukturförderung für „private“ Hauptbahnen bleibt beim Bund, alle anderen haben ein Wahlrecht

 

Übertragung von noch zu definierenden Regional- und Nebenbahnen auf die Länder

 

Fragen 1 und 2:

In welchen Stadium befinden sich derzeit die Gespräche mit den Bundesländern?

 

Bis wann ist mit der Vorlage eines entsprechenden Gesetzes zur Nahverkehrsreform zu rechnen?

 

Antwort:

Die Gespräche auf Arbeitsgruppenebene, unter Einbindung der Spitzenbeamten der jeweiligen Bundesländer, konnten erste Ergebnisse liefern, die in den kommenden Monaten – dem Wunsch der Landeshauptleute entsprechend – mit weiterem Datenmaterial verdichtet werden. Es werden alle für die  Regionalisierung in Frage kommenden Gebiete bearbeitet, d.h. die Gemeinwirtschaftlichen Leistungen des Bundes für die Schienenbahnen inklusive Schüler- und Lehrlingsfreifahrten, die Verkehrsverbundfinanzierung durch den Bund, die Bestellerförderung gemäß §§ 24 und 26 ÖPNRV-G, die Infrastruktur der Nebenbahnen (das Netz ist noch genau zu definieren), die Qualitätskontrolle einer künftigen Mittelverwendung durch die Bundesländer ("Monitoring"), wie es der Rechnungshof vorgeschlagen hat, sowie Fragen des Wettbewerbes nach dem EU- sowie österreichischen Binnenrecht.

 

Wenn sich ein Konsens mit den Ländern erzielen lässt, werden die entsprechenden Gesetzesänderungen vorbereitet und auf den Gesetzgebungsweg geschickt. Ein Inkrafttreten der neuen/novellierten Gesetze wäre diesfalls mit 1.1.2006 vorgesehen.

 

Frage 3:

Wird es zu einer Kürzung der Finanzmittel für den Nahverkehr insgesamt kommen und damit zu einer Qualitätsverschlechterung?

 

 

 

Antwort:

Wie die bisherigen Ergebnisse der Arbeitsgruppen zeigen, sind die Bundesmittel für den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr in den letzten Kalenderjahren deutlich gestiegen. Auch wird in den künftigen Jahren mit keiner finanziellen Schlechterstellung in diesem Bereich zu rechnen sein.

 

Ungeachtet der gleichbleibenden Bundesmittel wird künftig durch Umschichtung zwischen den einzelnen Förderpositionen (gemeinwirtschaftliche Leistungen, Verbundfinanzierung, Bestellerförderung gemäß §§ 24 Abs. 2 und 26 Abs. 3 ÖPNRV-G) eine Erhöhung der Effizienz des Mitteleinsatzes angestrebt, um damit eine Qualitätsoffensive zu erleichtern. Wie und in welcher Folge die Finanzierung und die Qualität des Nahverkehrs verbessert werden kann, ist derzeit Gegenstand der unter der Führung des Herrn Staatssekretärs Mag. Kukacka eingesetzten Arbeitsgruppe.

 

Frage 4:

Auf Basis welcher Kompetenzzuteilung in der Bundesverfassung wird den Ländern die Zuständigkeit im ÖPNRV überlassen? Welche Kompetenzen leiten sich daraus für die Länder ab und sind diese ausreichend, um den Rückzug des Bundes aus diesem Bereich zu ersetzen?

 

Antwort:

Die kompetenzrechtlichen Grundlagen für den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr ergeben sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 8 und 9 sowie Art. 17 Bundes-Verfassungsgesetz und dem Finanz-Verfassungsgesetz 1948. Darauf aufbauend hat der Nationalrat das Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (ÖPNRV-G) beschlossen, welches mit 1. Jänner 2000 in Kraft getreten ist und welches als sog. Rahmengesetz ohnedies bereits eine Fülle von Aufgabenerledigungen durch die regionalen Gebietskörperschaften vorsieht.

 

Nach knapp 5-jährigem Beobachtungszeitraum ist festzustellen, dass sich die Zielsetzungen dieses Bundesgesetzes durchaus bewährt haben, in einigen Bereichen - insbesondere im Hinblick einer noch besseren Effizienz der eingesetzten Finanzmittel für den ÖPNV und einer zusätzlichen Aufgabenstärkung der regionalen Gebietskörperschaften - einer Reform bedürfen, womit nach Vorliegen der Ergebnisse der von Herrn Staatssekretär eingesetzten Arbeitsgruppe auch eine Adaptierung der betreffenden Bundesgesetze (insbesondere des ÖPNRV-G) notwendig sein wird. Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Rahmenbedingungen soll aber ungeachtet der beabsichtigten Bundesgesetzadaptierungen weiterhin beim Bund angesiedelt bleiben. 

 

Frage 5:

Der Rechnungshof kritisiert in seinem Rohbericht, dass der Bund seine Verantwortung aus dem ÖPNRVG 1992 nicht wahr genommen hat. Ist ein Rückzug aus der Verantwortung die adäquate Methode, auf diese Kritik zu reagieren?

Antwort:

Hiezu darf ich zunächst feststellen, dass es sich bei dem zitierten Bericht um einen Rohbericht handelt, in dem die Stellungnahme meines Ressort noch nicht berücksichtigt ist.

 

Keinesfalls ist jedoch an einen völligen Rückzug des Bundes aus der Verantwortung gedacht, weil die grunsätzliche Kompetenz des Bundes bestehen bleiben soll. Der Bund wird jedenfalls auf den zweckorientierten Einsatz der Mittel achten. Dazu soll ein Monitoring mit einer periodischen Evaluierung der Erfolge der Reform eingerichtet werden.

 

Frage 6:

Auf welche Art plant der Bund die Integration des Bahn-Fernverkehrs in die Verbünde, oder ist eine solche von Seiten des Bundes nicht vorgesehen? Wer trägt politisch die Verantwortung dafür, dass Pendler mit Verbundkarten keine IC- und EC-Züge mehr benützen dürfen?

 

Antwort:

Eine Integration des Bahn-Fernverkehrs in die Bestellorganisation der Verkehrsverbünde ist nicht Bestandteil der geplanten Reform des Nahverkehrs. Die Fahrpreisgestaltung in den Fernverkehrszügen ist Sache des operativen Managements der ÖBB-Personenverkehrs AG.

 

Frage 7:

Auf welche Art plant der Bund die Bereitstellung von landesgrenzenübergreifenden Verkehren? Wie ist eine eventuelle Vergabe EU-rechtskonform möglich und von wem?

 

Antwort:

Schon bisher gibt es länderübergreifende  Verkehrsverbünde, die sich durchaus bewährt haben. Diesen Verbundorganisationsgesellschaften sind EU-konforme Vergabemöglichkeiten nicht fremd. Darüber hinaus besteht immer die Möglichkeit der bewährten länderübergreifenden Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften in Fragen

der Bestellung länderübergreifender Verkehrsdienste.

 

Frage 8:

Mit welchen Finanzmitteln in wessen Verantwortung sind größere Erhaltungs- und Bauinvestitionen im geplanten Landesschienennetz durchzuführen? Welchen Zustand haben die geplanten Landesschienenstrecken und wann sind wo welche größeren Erhaltungs- und Bauarbeiten notwendig? Sind die Länder über diesen Zustand informiert und bekommen sie an den Investitionsbedarf angepasste Dotierungen? Wo sind diese Erhaltungsarbeiten derzeit budgetiert und in welcher Höhe?

 

Antwort:

Dies ist derzeit Gegenstand von Verhandlungen zwischen Bund und Ländern in der Arbeitsgruppe zur Nahverkehrsreform. Derzeit sind die Aufwendungen für die Erhaltung des Schienenetzes in der ÖBB-Infrastrukturbetriebs AG bzw. bei den jeweiligen Privatbahnen angesiedelt, Reinvestitionen sind Angelegenheiten des Rahmenplans der ÖBB-Infrastrukturbau AG bzw. des mittelfristigen Investitionsprogramms der Privatbahnen

 

Fragen 9 und 10:

Wer hat die in den nächsten Jahren die Kosten der steigenden IBE (Schienenmaut) zu tragen und werden die Betroffenen dafür kompensiert? Welche zusätzlichen Kosten kommen auf welche zukünftigen Aufgabenträger zu und sind diese darüber informiert?

 

Die IBE ist betragsmäßig fixiert. Eine Rücknahme bestellter Leistungen auf der Bahn und eine Stilllegung von Streckenteilen erhöht daher anteilig die Kosten für Bestellungen im ganzen restlichen Land. Wie gedenkt der Bund einen Stilllegungswettbewerb des einen Landes auf Kosten des anderen zu verhindern? Haben die Länder die steigenden Kosten aus der Stilllegung einzelner Strecken selbst zu tragen oder werden ihnen diese Kosten ersetzt und von wem?

Hintergrund: Derzeit tragen die ÖBB praktisch das Gesamtrisiko an der IBE, da diese als feste Summe an den Bund abgeliefert werden muss. Die ÖBB werden diese auf ihre Auftraggeber (Länder für gemeinwirtschaftliche Leistungen, Fahrgäste im Fernverkehr) abwälzen. Damit kommt ein verhängnisvolles Gefangenendilemma zum Tragen: Jedes Land hat den Anreiz zum Stilllegen, denn der IBE-Ausfall wird von allen Ländern gemeinsam getragen.

 

Antwort:

Die Fragen des IBE im öffentlichen Personennahverkehr sind Gegenstand der o.a. Verhandlungen, wobei die Vorgaben der EU-Richtlinien zum IBE jedenfalls zu beachten sein werden. Das IBE ist keineswegs betragsmäßig fixiert, sondern fällt nur beim Befahren einer Strecke in der in den Schienennetznutzungsbedingungen festgelegten Höhe pro Zugkm bzw. tkm an (analog zur Straßenmaut). Daher stimmt die Annahme nicht, dass eine Stillegung von Streckenteilen das IBE für die anderen Strecken erhöht, dies wäre auch EU-widrig. Weiters wird das IBE nicht „an den Bund abgeliefert“, sondern stellt eine Einnahme der ÖBB-Infrastrukturbetriebs AG dar, die schrittweise den Kostendeckungsgrad des Betriebes der Schieneninfrastruktur abdecken soll. 

 

Frage 11:

Auf Basis welcher Rechtsgrundlage soll das ÖBB-Betriebspersonal an die zu schaffenden Landes-Infrastruktur-Betriebs-Gesellschaften verliehen werden? Ist dazu eine Zustimmung der Betroffenen erforderlich? Wenn die Länder nur einen Teil des ÖBB-Personals übernehmen (oder nur ein Teil des ÖBB-Personals wechselt), wer übernimmt die Kosten und die politische Verantwortung für den Abbau des ÖBB-Personals? Wer trägt die Risiken arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen um das Personalleasing? Plant die Bundesregierung die Änderung des AÜG oder gesetzliche Eingriffe ins ÖBB-Dienstrecht?

 

 

 

Antwort:

Dies wird Gegenstand von Verhandlungen im Rahmen des ÖBB-Dienstrechts sein.

 

Frage 12:

Schienenverkehr kostet viermal soviel wie Busverkehr. Dies hat systembedingte Gründe, aber auch fehlende Anlastung externer Kosten und Ungleichbehandlung zwischen Straßen- und Schienenmaut. Gleichzeitig hat die Bahn in den letzten Jahren Fahrgäste leicht gewonnen, während der Bus massiv Fahrgäste verloren hat. Wie will der Bund sicher stellen, dass die Länder unter Budgetdruck (siehe IBE-Steigerungen, siehe Stilllegungswettbewerb, siehe Investitionen in Regionalverkehrsnetz, siehe fehlende Indizierung der übertragenen Bundesmittel) nicht trotzdem Bahn durch Bus ersetzen und damit den einzigen erfolgreichen Verkehrsträger im ÖPNV zusätzlich schwächen?

 

Antwort:

Den richtigerweise erwähnten Mehrkosten des Systems Schiene im Vergleich zum Bus steht auch ein wesentlich höherer Nutzen des Systems Schiene für den Fahrgast gegenüber, wenn die Systemvorteile der Schiene zum Tragen kommen können. Dies ist dort der Fall, wo größere Fahrgastzahlen vorhanden sind, die einen Schienenverkehr rechtfertigen. Dies ist weiters auch dort gegeben, wo sich die Haltestellen der Bahn im Einzugsbereich der Siedlungsschwerpunkte und nicht weitab davon liegen. Dies ist schließlich auch dort der Fall, wo die Bahn Fahrzeitvorteile gegenüber dem Bus besitzt. Liegt kein Systemvorteil der Schiene gegenüber dem Bus vor, ist die Aufrechterhaltung einer Bahnverbindung eine Vergeudung öffentlicher Mittel. Darüber zu befinden, ist jedoch aufgrund des ÖPNRV-G schon jetzt ausdrücklich Sache der regionalen Gebietskörperschaften und wird es im Falle einer Verländerung der Schienenmittel noch viel mehr sein. Dies entspricht auch dem unserer Rechtsordnung zugrundeliegenden Subsidiaritätsprinzip. Es trifft auch keineswegs zu, dass die Schiene in den letzten Jahren überall dazu gewonnen hat. Sie hat dies vielmehr nur dort, wo sie die erwähnten Systemvorteile besitzt und keineswegs in der Fläche.

 

Frage 13:

Ist im Zuge der Regionalisierung der Finanzmittel auch die Regionalisierung der FLAF-Mittel geplant? Nach welchem Schlüssel? Wie soll dies gesetzlich verankert werden? Werden dies für die Länder "frei verfügbare" Mittel und Können unter Umständen den Anspruchsberechtigten BürgerInnen (SchülerInnen, Lehrlinge, Senioren) auf Landesebene diese Mittel durch Umschichtungen in andere Leistungen ganz oder teilweise entzogen werden? Bleibt das Recht auf Schüler- und Lehrlingsfreifahrt als Recht bestehen? Wenn keine Verländerung vorgesehen ist: Wie sollen die FLAF-Gelder in Zukunft abgerechnet werden?

 

Antwort:

Dazu wird derzeit diskutiert, die FLAF-Mittel für die Schüler- und Lehrlingsfreifahrt über die Verkehrsverbundgesellschaften auf der Grundlage von Verträgen zwischen BMSG und diesen Gesellschaften abzurechnen, wie dies schon im Verkehrsverbund Ostregion (VOR) der Fall ist.

 

Fragen 14 und 15:

Berücksichtigt das Reformvorhaben den voraussichtlich Mitte April vorgestellten Entwurf für eine Nachfolgeregelung der EU-Verordnung 1191/69? Wie berücksichtigt das BMVIT die dort vermutlich enthaltene marktorientierte Direktvergabe an "In-House-Unternehmen, sofern diese nicht außerhalb des Territoriums der zuständigen Behörde tätig sind"? Wie ist eine Direktvergabe der Länder an überregionale Verkehrsanbieter überhaupt möglich? Wenn dies nicht möglich ist, wie will der Bund die Interaktion von zwei oder mehreren Bahnunternehmen im teilweise überlasteten Streckennetz mit knappen Umsteigezeiten gewährleisten?

 

Wenn die Länder die "zuständigen Behörden" im Sinne des ÖPNRVG und der VO 1191/69 sind, welches Land ist die zuständige Vergabebehörde für den Großraum Wien?

 

Antwort:

Zunächst ist festzuhalten, dass noch kein Entwurf der EU-Verordnung 1191/69 vorliegt. Im Zuge des Reformvorhabens der Regionalisierung beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit dem Thema Wettbewerb, wo insbesondere auch das derzeitige Kraftfahrliniengesetz unter Beachtung des Vergabegesetzes sowie eine mögliche Ausgestaltung der Wettbewerbsform im Falle der rechtlichen Zulässigkeit einer Inhousevergabe behandelt werden.

 

Die Frage der Inhousevergabe bei Zuständigkeit von mehreren Behörden wurde von der Europäischen Kommission informell dahingehend beantwortet, dass der Begriff der zuständigen Behörde so weit gefasst ist, dass auch ein Zusammenschluss mehrerer Behörden oder deren Kooperation für die Inhousevergabe möglich ist.

 

Frage 16:

Welche quantitativen Ziele setzt sich der Bund beim ÖV-Modal Split bei der Reform? Welche wissenschaftlichen Studien belegen, dass die vorgelegten Maßnahmen auch geeignet sind, dieses Ziel zu erreichen? Welche Konsequenzen wird der Bund ziehen, wenn die geplante Reform nicht das gewünschte Ergebnis erzielt? In welchen Abständen sind Evaluierungen der Reform geplant?

 

Antwort:

Die quantitativen Ziele der ÖPNV-Reform hinsichtlich des Modal-Split lassen sich nicht ziffernmäßig nennen und dies wäre auch nicht sinnvoll, weil sich die marktmäßigen Rahmenbedingungen ändern können. Die Regionalisierung der Verkehrsfinanzierung wurde in der BRD erfolgreich durchgeführt und wird dort von allen politischen Parteien befürwortet und als sinnvoll anerkannt. Der in Deutschland durchgeführten Regionalisierung gingen zahlreiche Studien und Untersuchungen voraus, die alle die Sinnhaftigkeit einer Zusammenführung von Ausgaben- und Aufgabenverantwortung in Länderhand betonten. Da - wie in der BRD - die Regionalisierung laufend durch ein begleitendes Monitoring evaluiert wird, sind Anpassungen nach einem mehrjährigen Zeitraum möglich und auch geplant. Es wird ein 5- bis 8-jähriger Zeitraum anvisiert.

 

Frage 17:

Welche Auswirkungen auf die ArbeiternehmerInnen im Verkehrsbereich wird zunehmender Ausschreibungswettbewerb haben? Sind diese Auswirkungen intendiert, in Kauf genommen oder sind Gegenmaßnahmen geplant?

 

Antwort:

Diese Frage kann derzeit nur an Hand ausländischer Beispiele beantwortet werden, die alle in die Richtung gehen, dass durch die Ausschreibung ein deutlicher Produktivitätsgewinn realisiert werden kann, der letztendlich auch zu Einsparungen bei der öffentlichen Hand führt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen