2862/AB XXII. GP
Eingelangt am 10.06.2005
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BM
für Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ. BMF-310205/0047-I/4/2005
Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr
Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 2893/J vom 12. April 2005 der Abgeordneten Ing.
Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen, betreffend öffentliche zentralistische
Beschaffungs-Systeme im EU-Vergleich, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:
Die
Bundesregierung hat im Jahr 2000 als eine der Maßnahmen zur
Budgetkonsolidierung eine umfassende Neuorganisation des Beschaffungs-
wesens des Bundes beschlossen. Der Gesetzgeber legte im Bundesgesetz über die
Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung
(BB-GmbH-Gesetz) die Rahmenbedingungen für die Optimierung der
Einkaufsbedingungen des Bundes durch ökonomisch sinnvolle Volumens- und
Bedarfsbündelung fest.
Durch
die Konzentration der Beschaffungsvorgänge konnten einerseits bessere
Einkaufspreise erzielt werden, andererseits wurde den Ressorts damit auch die
Möglichkeit eingeräumt, ihre Beschaffungsprozesse zu optimieren.
Das
von der BBG im Jahr 2004 erwirtschaftete Einsparungspotenzial des Bundes
beträgt rund 50 Mio. Euro. Damit wurde wieder ein wichtiger Beitrag zur
nachhaltigen Verwaltungsreform geleistet. Jeder in der Verwaltung eingesparte
Euro kommt dem Steuerzahler und letztlich wieder der Wirtschaft, insbesondere
auch den KMUs, zugute.
Für
die heimische Wirtschaft stellen die KMUs eine wichtige Säule dar, die
maßgeblich zu unserem Steueraufkommen und damit zur Erhaltung der
Standortqualität Österreichs beitragen. Allein die Senkung der Körper-
schaftsteuer bringt eine Nettoentlastung von 975 Mio. Euro. Davon profi-
tieren rund 100 000 Unternehmen - etwa
80 % davon sind KMUs. Weitere Maßnahmen zur Förderung der klein- und
mittelständischen Unternehmen stellen die begünstigte Besteuerung nicht
entnommener Gewinne bis 100.000,-- Euro, die Abschaffung der 13.
Umsatzsteuer-Vorauszahlung, die allgemeine Senkung der Lohn- und
Einkommensteuer und die Abschaffung der Bagatellsteuern wie der
Schaumweinsteuer oder der Biersteuer dar.
In
diesem Zusammenhang weise ich aber darauf hin, dass öffentliche
Auftragsvergaben jedenfalls den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes sowie
den Grundsätzen des EG-Vertrages unterliegen. Insbesondere ist das Prinzip der
Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz zu beachten. Jegliche
Bevorzugung von Unternehmen und damit Diskriminierung anderer Unternehmen ist
somit rechtlich unzulässig. Die BBG hält sich strikt an diese gesetzlich
vorgebenden Rahmenbedingungen.
Die
Erschließung des öffentlichen Beschaffungswesens für den Wettbewerb ist als
tragender Grundsatz des EU-Vergaberechts anzusehen. Zentrale Be-
schaffungsmethoden tragen gemäß EU-Richtlinie 2004/18/EG zur Ver-
besserung des Wettbewerbs und damit zur Rationalisierung des öffentlichen
Beschaffungswesens bei.
Nun zu den konkreten Fragen:
Zu 1.:
Zunächst erlaube ich mir darauf
hinzuweisen, dass der europarechtlich vorgegebene Begriff "zentrale
Beschaffungsstelle“ lautet (vgl. Art. 1 Abs. 10 der Richtlinie 2004/18/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung
der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und
Dienstleistungsaufträge). Eine zentrale Beschaffungsstelle nach der genannten
EU-Richtlinie ist demnach ein öffentlicher Auftraggeber, der für (andere)
öffentliche Auftraggeber bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen erwirbt oder
öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen über Bauleistungen,
Waren oder Dienstleistungen für öffentliche Auftraggeber abschließt. Den
Erwägungsgründen zur genannten EU-Richtlinie zufolge tragen zentrale
Beschaffungsverfahren zur Verbesserung des Wettbewerbs und zur Rationalisierung
des öffentlichen Beschaffungswesens bei. Österreich hat mit der BBG eine
derartige zentrale Beschaffungsstelle eingerichtet. Die bisher (2002 bis 2004)
für den Bund erzielten Einsparungen allein bei den Einkaufspreisen betragen
über 100 Mio. Euro.
Soweit mir bekannt ist, gibt es unter
anderem in Deutschland, in Italien, in Frankreich und in Großbritannien
zentrale Beschaffungsorganisationen.
Zu 2. und 3.:
Von der Europäischen Union werden im
Rahmen des so genannten EU Public Procurement Learning Lab regelmäßig
Erfahrungstreffen von Einkaufsorganisationen im öffentlichen Bereich
organisiert. In den Arbeits-
gruppen sind 15 Mitglieder aus EU-Staaten und Beitrittskandidaten-Ländern
vertreten. Die BBG nimmt regelmäßig an den Arbeitsgruppen-Sitzungen teil. Die
Erkenntnisse werden laufend in den Ausschreibungen der BBG umgesetzt, so etwa
bei den Losvergaben.
Wie mir die Geschäftsführung der BBG
berichtet, sind die Methoden der ausländischen Beschaffungsorganisationen nicht
anders als in Österreich. Es werden verstärkt Rahmenvereinbarungen
abgeschlossen, die es auch KMUs ermöglicht, auf Listen präqualifizierter
Unternehmen zu kommen. Andererseits erfolgen Auftragsvergaben in Losen. So
werden etwa auch in Deutschland mittelständische Interessen vornehmlich durch
Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose in jedem Fall, in dem dies nach Art
und Umfang der Leistung zweckmäßig ist, berücksichtigt, wobei die einzelnen
Lose so bemessen sein müssen, dass eine unwirtschaftliche Zersplitterung
vermieden wird.
Mit freundlichen Grüßen