2944/AB XXII. GP
Eingelangt am 01.07.2005
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BM für Wirtschaft und Arbeit
Anfragebeantwortung
Präsident des Nationalrates Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL Parlament 1017 Wien |
Wien, am 29. Juni 2005
Geschäftszahl:
BMWA-10.101/0066-IK/1a/2005
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 3065/J betreffend Steinbruch Hollitzer Bad Deutsch-Altenburg II, welche die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen am 19. Mai 2005 an mich richteten, stelle ich fest:
Antwort zu
Punkt 1a der Anfrage:
Nach Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha ist eine
derartige Befristung nicht bekannt. Im Übrigen wäre eine Befristung der
gewerberechtlichen Abbaugenehmigung mit Unterstellung des Tagbaus unter das
Bergrecht (1. Jänner 1991) irrelevant geworden, da die gewerberechtliche
Genehmigung aus dem Jahr 1908 durch Unterstellung des Tagbaus unter das
Bergrecht obsolet geworden ist.
Antwort zu
Punkt 1b der Anfrage:
Den Akten der ehemaligen Berghauptmannschaft Wien ist zu entnehmen, dass
die Hollitzer Baustoffwerke Gesellschaft m. b. H. in Bezug auf das Abbaufeld
VII Eigentümerin der betroffenen Grundstücke war. In Bezug auf die Abbaufelder
I bis VI war die Hollitzer Baustoffwerke Gesellschaft m. b. H. zwar nicht Eigentümerin
der dazugehörigen Liegenschaften; die Unternehmung war jedoch aufgrund von mit
den Eigentümern
abgeschlossenen Abbauverträgen zum Abbau berechtigt und verfügte so hin über
die Abbaurechte im Sinne des § 238 Abs.1 Z 2 des Berggesetzes 1975. Weiters
befand sich im Bereich der Abbaufelder I bis VII ein erschlossenes Vorkommen
eines grundeigenen mineralischen Rohstoffes, sodass die Gewinnungsbewilligungen
für die Fläche dieser Abbaufelder von Gesetzes wegen als erteilt galten.
Antwort zu
Punkt 1c der Anfrage:
Nach § 100 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 in der Fassung der
Berggesetznovelle 1994, BGBl. Nr. 633, war für eine nach dem 1. Jänner 1995
(Inkrafttreten der Berggesetznovelle 1994) erfolgte Aufnahme sowie für die
Wiederaufnahme des Abbaues nach einer länger als fünf Jahre dauernden
Unterbrechung ein genehmigter Aufschluss- und Abbauplan erforderlich. Beginn
der fünfjährigen Unterbrechungsfrist war der 1. Jänner 1995. Bei einer
erheblichen Ausweitung der Abbaufläche nach dem 1. Jänner 1995 war § 100 Abs. 1
des Berggesetzes 1975 sinngemäß anzuwenden (siehe Abs. 6 leg. cit.).
Für Bergbaue, bei denen der Abbau zwischen dem 1. Jänner 1991 und dem
31. Dezember 1995 aufgenommen worden war, kam nicht § 100 Abs.1 des
Berggesetzes 1975 zur Anwendung, sondern die Übergangsbestimmung im Art. II der
Berggesetznovelle 1994:
Nach dieser Bestimmung hatte die Berghauptmannschaft auf Antrag einer
durch das Gewinnen berührten Partei nach § 203 Abs. 2 des Berggesetzes 1975
eine Erhebung durchzuführen und dem Bergbauberechtigten allenfalls
erforderliche Sicherheitsmaßnahmen aufzutragen, wenn die Aufnahme oder nach
einer länger als 5 Jahre dauernden Unterbrechung die Wiederaufnahme des
Gewinnens grundeigener mineralischer Rohstoffe in einem aufgrund des § 238
Abs.5 des Berggesetzes 1975 bekannt gegebenen Abbaufeld zwischen dem
Inkrafttreten der Berggesetznovelle 1990 und dem 1. Jänner 1995 erfolgt war.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist zu den gestellten Fragen
auszuführen:
Welche Flächen zwischen dem 1. Jänner 1995 und dem 31. Dezember 1998 neu
abgebaut wurden (eine mehr als fünfjährige Unterbrechung des Gewinnens zwischen
dem 1. Jänner 1995 und dem 31. Dezember 1998 kam der Natur der Sache nach nicht
in Betracht) ist den Akten der Berghauptmannschaft nicht zu entnehmen.
Diesbezüglich bestand auch keine Meldepflicht des Bergbauberechtigten.
Wie sich aus dem auf § 203 Abs.2 des Berggesetzes 1975 gestützten
Bescheid der Berghauptmannschaft vom 22. Juli 1998, Zl. 12.242/2/98, mit dem
der „Rahmenbetriebsplan 1997“ zur Kenntnis genommen wurde, und mit dem die in
der Beantwortung der Anfrage Nr. 2294/J angeführten Sicherheitsmaßnahmen
angeordnet wurden, ergibt, ist die Berghauptmannschaft davon ausgegangen, dass
es sich beim gegenständlichen Tagbau um einen solchen handelt, der unter die
Übergangsbestimmung des Art. II der Berggesetznovelle 1994, fiel.
Antwort zu
den Punkten 1d und 1e der Anfrage:
Wie bereits unter Punkt 1a ausgeführt, ist die gewerberechtliche
Genehmigung für den Abbau mit Inkrafttreten der Berggesetznovelle 1990
(1.1.1991) obsolet geworden. Dies gilt auch für den in Rede stehenden
gewerberechtlichen Feststellungsbescheid aus dem Jahr 1983.
Da ferner das Berggesetz 1975 - im Gegensatz zum Mineralrohstoffgesetz -
für das obertägige Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe keine Abstände
zu den Nachbarn vorsah, war es der Berghauptmannschaft verwehrt, die Einhaltung
eines solchen Abstandes vorzuschlagen.
Im Übrigen ergibt sich - nach Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft -
aus den von der Unternehmung der Berghauptmannschaft mit dem
„Rahmenbetriebsplan 1997“ vorgelegten planlichen Darstellungen, dass der
Mindestabstand der vom Rahmenbetriebsplan erfassten Flächen zum nächstgelegenen
Wohngebiet in Hainburg 315 m, also mehr als der 300 m Schutzabstand nach dem
Mineralrohstoffgesetz, beträgt, da vom gg. Rahmenbetriebsplan nur etwa ein
Drittel der Fläche der Abbaufelder I bis VII erfasst ist.
Vorliegendenfalls kommt die Übergangsbestimmung des § 204 Abs.1 des
Mineralrohstoffgesetzes in der Fassung der MinroG-Novelle 2001 zur Anwendung.
Nach dieser Bestimmung gilt u.a. in den Fällen, in denen ein Hauptbetriebsplan
nach dem Berggesetz 1975 in der Fassung der Berggesetznovelle 1990 nicht
aufzustellen war, weil regelmäßig weniger als 40 Arbeitnehmer beschäftigt waren
(Kleinbetriebe) - dies traf auf den Tagbau Pfaffenberg zu - die Genehmigungen
nach §§ 83 und 116
MinroG von Gesetzes wegen als erteilt.
Der Bergbauberechtigte hatte jedoch der Behörde bis zum Ablauf des 31.
Dezember 2002 Unterlagen der im § 113 Abs.1 Z 2, 5 und 6 MinroG genannten Art
vorzulegen. Auf diese Unterlagen findet § 179 Abs.1 und 2 leg. cit. Anwendung.
Nach Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft hat die Hollitzer
Baustoffwerke Gesellschaft m.b.H. fristgerecht die im § 204 Abs.1 MinroG
angeführten Unterlagen vorgelegt. Diese beziehen sich auf dieselben Flächen,
wie der vorangeführte „Rahmenbetriebsplan 1997“.
Im Rahmen des § 204 Abs.1 des Mineralrohstoffgesetzes bedeutet dies,
dass nach dem Mineralrohstoffgesetz für einen allfälligen Abbau auf jenen
Flächen, die nicht von den von der Unternehmung vorgelegten Unterlagen erfasst
sind, ein Gewinnungsbetriebsplan für das obertägige Gewinnen grundeigener
mineralischer Rohstoffe erforderlich wäre. Dies würde bedeuten, dass unter
anderem von Wohngebieten grundsätzlich ein Mindestabstand von 300 m einzuhalten
ist.
Antwort zu
Punkt 2a der Anfrage:
Nach Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft wurden seit April 2004
seitens des Referates Luftgüte des Amtes der NÖ Landesregierung
Luftgütemessungen unter
anderem im Bereich der Pfaffenbergsiedlung in Hainburg an der Donau
durchgeführt, deren Ergebnis demnächst erwartet wird.
Vom Ergebnis dieser Messungen wird es abhängig sein, ob und welche
Maßnahmen die Bezirkshauptmannschaft nach § 179 MinroG vorzuschreiben hat.
Antwort zu
Punkt 2b der Anfrage:
Nach Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft erfolgte die Erhebung der
Emissionen und Ermittlung der Immissionen in einem Verfahren nach § 119 MinroG
im Jahr 2004 betreffend die Änderung von Bergbauanlagen durch den Projektanten.
Antwort zu
Punkt 2c der Anfrage:
Wie bereits ausgeführt, wäre für eine Erweiterung des Steinbruches über
die von den Unterlagen nach § 204 MinroG erfassten Flächen hinaus die
Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes nach §§ 83 und 116 MinroG
erforderlich.
Abgesehen von der Einhaltung eines Mindestabstandes u.a. zu Wohngebäuden
ist Voraussetzung für die Erteilung einer derartigen Genehmigung unter anderem,
dass keine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Personen und keine
unzumutbare Belästigung von Personen sowie keine Gefährdung von fremden, dem
Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen eintritt.
Antwort zu
Punkt 3 der Anfrage:
Gemäß Abschnitt 4.3 der ÖNORM S 9020 „Erschütterungsrichtwerte“ gelten
die Richtwerte für Sprengerschütterungen aus regelmäßigen
Gewinnungssprengungen, z.B. eine Gewinnungssprengung pro Woche. Im Fall
häufigerer Gewinnungssprengungen (darunter sind nach der genannten ÖNORM eine
oder mehrere Sprengungen täglich zu verstehen) sind die Richtwerte um 20 % zu
reduzieren.
Beim gegenständlichen Steinbruch wird nicht täglich und somit nicht
„häufig“ im Sinne der ÖNORM S 9020 gesprengt. In der 22., 23., 27., 32., 33.,
35., 37. und 39. Kalenderwoche des Jahres 2004 fanden zwei
Gewinnungssprengungen pro Woche statt, im Jahresdurchschnitt wird jedoch nur
ein Mal pro Woche gesprengt, wobei die zulässigen Schwinggeschwindigkeiten
nicht erreicht wurden. Aber selbst bei einer Reduktion der Richtwerte um 20 %
wären die gemessenen Schwinggeschwindigkeiten zulässig.
Im Übrigen ist auszuführen, dass die Bezirkshauptmannschaft unter
anderem ein - auch der Bürgerinitiative bekanntes - Gutachten von Rolf R.
Schillinger, Sachverständiger für Sprengtechnik und Sprengerschütterungen über-
und untertage, eingeholt hat. In diesem wird u. a. Folgendes ausgeführt: „Bei
allen Einwirkungen auf das Umfeld ist zu berücksichtigen, dass nach allgemeinen
Erkenntnissen der zeitliche Ablauf einer Gewinnungssprengung im Steinbruch der
Hollitzer Baustoffwerke Bestriebs-Gesell-schaft m. b. H. um ca. 1 - 2 Sekunden
liegen wird. Die Einwirkungen sind als kurzzeitige Erschütterungen anzusehen,
deren Häufigkeit des Auftretens nicht ausreicht, um in der betroffenen
Bauwerksstruktur Resonanz zu erzeugen.
Vor diesem Hintergrund ist die Aussage, dass die gemessenen Werte „für
eine Betrachtung der Gebäudeschäden durch Sprengerschütterungen, welche über
Jahre hindurch auf Gebäude einwirken“ nicht heranzuziehen seien, nicht
nachvollziehbar.
Zu den Ausführungen, dass die Richtwerte der ÖNROM S 9020
„frequenzneutral“ dargestellt seien, sodass „für die Beurteilung von
Gebäudeschäden, welche vermutlich durch Sprengerschütterungen hervorgerufen
wurden, eine exakte Feststellung der Schwingungsfrequenzen an diversen
Gebäudeteilen erforderlich“ sei, ist auszuführen:
Gemäß der ÖNORM S 9020 haben Erschütterungsmessungen dort zu erfolgen,
wo die Erschütterungen in das Gebäude eingeleitet werden, das heißt, im
Fundamentbereich an der der Sprengstelle nächstgelegenen Bauwerkseite. Die
maßgebliche Beurteilungskenngröße bildet dabei der Scheitel der resultierenden
Schwinggeschwindigkeit (Schwinggeschwindigkeit v R, max). Der Einfluss
der Frequenz ist in dieser Norm jedoch nur in zwei Stufen (Bereich bis 50 m und
Bereich über 50 m) berücksichtigt.
Internationale wissenschaftliche und technische Erkenntnisse der letzten
Jahre haben ergeben, dass nicht die aus den drei Einzelkomponenten x, y und z
sich ergebende resultierende Schwinggeschwindigkeit v R, max für die
Beurteilung der Sprengerschütterungsemissionen maßgeblich ist, sondern dass der
größte Schwinggeschwindigkeitswert (Maximalwert vi, max) aus einer der
drei Einzelkomponenten (x, y und z) am Fundament zu beurteilen ist. Einhergehend
sind die begleitenden Frequenzen zu den Schwinggeschwindigkeiten verstärkt zu
beurteilen.
Die DIN 4150 „Erschütterungen im Bauwesen“, die diesen Grundsätzen
Rechnung trägt, ist ein auf dem besten Stand der Technik basierendes Regelwerk,
dessen Beurteilungsanleitungen für die Anrainer als bestmöglich angesehen
werden können. Dementsprechend hat auch der von der Bezirkshauptmannschaft
beigezogene Sachverständige für Sprengtechnik und Sprengerschütterungen sein
Gutachten auf die DIN 4150 „Erschütterungen im Bauwesen“, Februar 1999,
gestützt.
Wie diesem Gutachten zu entnehmen ist, wurden am Fundament von Bauwerken
in Hainburg während des Sprengens Schwinggeschwindigkeiten vi gemessen, die
sämtliche weit unter dem Anhaltewert von 5 für Bauten der Gebäudeklasse 2
(Wohngebäude und in ihrer Konstruktion und /oder Nutzung gleichartige Bauten)
gemäß DIN 4150 lagen. Der höchste Wert wurde am 27. 8. 2004 mit einer
Schwinggeschwindigkeit von 2,41 mm/s bei 14 Hz gemessen.
Teilweise lagen die Werte sogar noch weiter unter dem Anhaltewert 3 für
besonders erschütterungsempfindliche und besonders erhaltenswerte Bauten nach
der DIN 4150.
Hiezu führt der sprengtechnische Sachverständige Folgendes aus: „Die
Schwinganfälligkeit von Gebäuden, d.h. deren Fähigkeit, dynamische Spannungen
aufzunehmen, wird durch eine Zuordnung in Gebäudeklassen festgelegt. Die dort
aufgeführten Richtwerte lassen nicht erwarten, dass bis zu deren Erreichen
schädliche dynamische Spannungen auftreten. Die Grundlage dazu sind zahlreiche
wissenschaftliche und praktische Untersuchungen und Feldversuche, die über
einen langen Zeitraum durchgeführt wurden.“
Zu dem in der parlamentarischen Anfrage unter Bezugnahme auf eine Auskunft
des Amtes der NÖ Landesregierung angeführten Wert von 4,38 mm/sec ist
auszuführen, dass dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ein Schreiben
des geologischen Dienstes des Amtes der NÖ Landesregierung vom 10. Mai 2005
vorliegt. In diesem scheint als höchster gemessener Wert 4,36 mm/sec auf.
Frequenzen werden in diesem Schreiben nicht angegeben. Aus sprengtechnischer
Sicht hiezu auszuführen, dass eine exakte Beurteilung ohne Kenntnis der
begleitenden Frequenz nicht möglich ist. Im Übrigen beträgt der Anhaltewert der
DIN 4150 für Wohngebäude und in ihrer Konstruktion und /ihrer Nutzung
gleichartige Bauten - wie ausgeführt - 5 mm/sec. und ist bei Unterschreitung
dieses Wertes - nach den Ausführungen des sprengtechnischen Sachverständigen -
mit keinen Gebäudeschäden zu rechnen.