2987/AB XXII. GP

Eingelangt am 11.07.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit und Frauen

Anfragebeantwortung

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 3022/J der Abgeordneten Lackner, Mag. Maier und Genos-
sInnen wie folgt:

Grundsätzlich möchte ich voranstellen, dass die Anfrage betreffend der Pharm-
Med Austria von einem hohen Grad an Misstrauen beseelt ist, das dieses innova-
tive Projekt zur Verwaltungsreform nicht verdient: Die Ursache für die vollständi-
ge Reorganisation der Arzneimittelzulassung sowie der gesamten wissenschaftli-
chen und behördlichen Dossierbetreuung und Marktüberwachung von Arzneimit-
teln und Medizinprodukten liegt im Umstand begründet, dass die derzeitigen
Verwaltungskapazitäten sowohl in der Zentralstelle des BMGF als auch in der
nachordneten Dienstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel über viele Jahre
hinweg von der Gesundheitspolitik (vor allem sozialdemokratisch verantwortet)
nicht mit den ausreichenden Ressourcen (Personal und Budget) ausgestattet
wurden. Mein unmittelbarer Amtsvorgänger und dessen Staatssekretär haben
daher bereits im Jahr 2002 begonnen, einen dringend notwendigen zusätzlichen
Pool an Gutachterinnen und Gutachtern für die Arzneimittelzulassung zu er-
schließen, was aber auf Grund der hohen Komplexität und notwendigen Expertise
nur in geringem Ausmaß zu einer tatsächlichen Entspannung in diesem Aufga-
benbereich des Gesundheitsministeriums geführt hat.

Dem Beispiel vergleichbarer Regelungen in anderen Ländern der EU folgend, ha-
ben wir uns daher entschlossen, die operativen Arbeitsabläufe des Bereichs Zu-
lassung und Marküberwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten als eige-
nes unabhängiges Geschäftsfeld der bundeseigenen AGES zuzuordnen, um
außerhalb des Stellenplans des Bundes und des Bundeshaushalts zu völlig neuen
adäquaten Organisationsstrukturen zu kommen.

Arzneimittelzulassung und Überwachung ist angesichts der eminenten Bedeutung
für die Bevölkerung eine zwingend notwendige hoheitliche Aufgabe des Staates,
wenngleich weite Teile in diesem Bereich auf der Grundlage von Richtlinien der
EU wahrgenommen werden. Österreich braucht eine eigene staatliche Arzneimit-
telzulassungsagentur, die in Gestalt der PharmMed Austria als Geschäftsfeld der


staatlichen Agentur für Gesundheits- und Ernährungssicherheit auch tatsächlich
und nachhaltig gesichert wird. Falls bei den Anfragesteller/innen der durch unzu-
längliche Medienberichte falsche Eindruck entstanden sein sollte, die Arzneimit-
telzulassung werde „privatisiert", ist das schlichtweg falsch: Die AGES ist zwar
handelsrechtlich gesehen eine GesmbH, die sich aber zu 100 Prozent im Eigen-
tum der Republik Österreich befindet. Damit ist auch die PharmMed Austria zu
100 Prozent im Eigentum der Republik, und untersteht direkt dem/der Gesund-
heitsminister/in als Eigentümervertreter/in der Republik Österreich.

Die amtliche Arzneimittelzulassung ist eine Dienstleistung des Staates, die von
den Nutznießer/innen - zur Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler -
über Gebühren kostendeckend bezahlt werden soll. Vergleichbare Arzneimittelzu-
lassungsagenturen anderer Staaten kennen dieses kostendeckende Gebühren-
system bereits seit geraumer Zeit, insbesondere die Schweiz, die bekannt ist für
ihre strenge und unbestechliche Zulassung. Daher ist eine solche Dienstleistung
in eine Organisationsform zu gießen, die zwar einerseits den Bundeshaushalt
weitgehend entlastet, andererseits aber der nationalen als auch internationalen
gesetzlichen strengen Aufsicht entspricht. Im Sinne einer schlanken und innova-
tiven Verwaltung wurde deswegen vom Gesetzgeber ein eigenes Bundesamt ein-
gerichtet, das den eigentlichen behördlichen Akt der Zulassung setzt, sich aber
zur Bewältigung dieser Aufgabe vorgelagert der wissenschaftlichen Expertise der
Gutachter- und Laborkapazitäten der PharmMed Austria bedient.

Darüber hinaus möchte ich gerne festhalten, dass ich von Anfang an bemüht
war, dieses Projekt unter Einbindung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitar-
beitern sowie der zuständigen Personalvertretung in einem völlig transparenten
Prozess abzuwickeln. Derzeit läuft die Projektumsetzung in ca. 115 Einzelmodu-
len, an denen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Zentralstelle des
BMGF, des BifAs und der AGES mit einem ausgesprochen hohem Maß an Enga-
gement beteiligt sind, wofür ihnen Dank und Anerkennung gebührt.

Bevor ich auf die einzelnen Fragen eingehe möchte ich die Anfragesteller drin-
gend ersuchen, das implizit geäußerte Misstrauen gegenüber dem Projekt
PharmMed Austria abzulegen, weil es sich hier um eine Maßnahme handelt, die
sowohl im Interesse der gesamten Bevölkerung steht, als auch zur Absicherung
zehntausender Arbeitsplätze am Pharmastandort Österreich beiträgt.

Frage 1:

Mit Stand 31. Mai 2005 lag die Zustimmung von fünf Bundesländern gemäß
Art. 102 Abs. 4 B-VG vor. Die Frau Landeshauptfrau von Salzburg hat mir ge-
genüber in einem persönlich Gespräch die Zustimmung des Landes Salzburg in
Aussicht gestellt.

Frage 2:

Sollte gemeint sein, ob alle drei Mitglieder des Bundesamtes Bescheide unter-
zeichnen müssen, so ist diese Frage im Hinblick auf die Judikatur des Verwal-
tungsgerichtshofes zu verneinen. Eine entsprechende explizite Regelung wird in
der gesetzlich vorgeschriebenen Geschäftsordnung des Bundesamtes zu erfolgen
haben. Sie müssen nur grundsätzlich zwischen PharmMed Austria und dem Bun-
desamt unterscheiden: Ersteres übernimmt die wissenschaftliche Begutachtung
und Marktüberwachung, zweiteres übernimmt die behördliche Bescheidung der
eigentlichen Zulassung.


Fragen 3 und 4:

Ich möchte Sie gerne auf die geltende Rechtslage aufmerksam machen: Auch
bisher ist kein Instanzenzug vorgesehen. Im Sinne der Raschheit von Entschei-
dungsprozessen wurde dieser Sachverhalt auch auf die Entscheidung des Bun-
desamtes übertragen. Das ist also für die Antragsteller eine positive Maßnahme
zur Verwaltungsvereinfachung. Gegen Bescheide des Bundesamtes steht - wie
bisher gegen Bescheide der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen - die
Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts aber selbstverständlich
jederzeit offen.

Frage 5:

Zum Stichtag 11.5.2005 hatte die AGES 1.210 Bedienstete (dies entspricht
1.127,51 Vollbeschäftigtenäquivalenten).

Fragen 6 und 7:

Die genaue Anzahl jener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von der Zentral-
stelle des BMGF dienstzugewiesen werden bzw. freiwillig in die PharmMed Austria
wechseln werden, wird nach Erstellung der endgültigen Organisationsstruktur für
das Geschäftsfeld PharmMed Austria im September feststehen. Derzeit läuft bis
Ende September 2005 eine mit den betroffenen Personalvertretungen abgespro-
chene „Interessensbekundung" für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zent-
ralstelle des BMGF und im BifA: Leitungsfunktionen und alle Stellen für Sachrefe-
rentinnen und Sachreferenten stehen bevorzugt den bisherigen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern offen. Aber auch hier ist zu unterscheiden: Die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des BifA werden alle - wie im Gesetz vorgesehen - der neuen
PharmMed Austria dienstzugeteilt.

Fragen 8 und 9:

Personal- und Ressourcenprobleme, die sich über Jahre angestaut haben, lassen
sich nicht über Nacht lösen: Aber die PharmMed Austria wird zu den Stichtagen
über soviel qualifiziertes Personal verfügen, dass ein reibungsloser Ablauf ge-
währleistet sein wird. Das Arbeitskonzept der PharmMed sieht erstmals auch ein
Qualitätssicherungs- und Kundenbetreuungsprogramm vor. Zusätzliche Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter und deren Ausbildung finden sich im Businessplan der
PharmMed Austria und werden schrittweise aufgenommen. Einige dieser Neuauf-
nahmen sind übrigens schon erfolgt.

Frage 10:

Sollten Bedienstete aus den auszugliedernden Bereichen im BMGF verbleiben,
sind diese insbesondere als Ersatz für zu erwartende Abgänge vorgesehen. Frei-
werdende Personalressourcen werden im Zuge einer Geschäftseinteilungsreform
im Herbst 2005 für dringend notwendige Projekte - besonders im Bereich von
Public Health - eingesetzt werden.

Frage 11:

Alle konkreten, operativen, nationalen und internationalen Tätigkeiten und Ar-
beitsabläufe, die mit der unmittelbaren Zulassung eines Arzneimittels zu tun ha-
ben, also von der klinischen Studie bis zur Zulassung, oder mit der Bearbeitung
des Dossiers dieses Arzneimittels (Inspektionen, Änderungen etc.) sowie mit der
Marktüberwachung (Vigilanz), werden sowohl im nationalen als auch im interna-
tionalen Vollzug von der PharmMed Austria wahrgenommen.


Die Erstellung von nationalen und internationalen Richtlinien oder legistischen
Maßnahmen für Arzneimittel und Medizinprodukte oder die Vertretung der Bun-
desregierung bei den mit diesen Fragen befassten internationalen Behörden wird
durch das BMGF wahrgenommen.

Fragen 12 und 15:

Die behördlichen Kompetenzen sind durch das Gesetz klar geregelt, diesbezüg-
lich können daher keine Kompetenzkonflikte auftreten. Es wird keine Parallel-
strukturen im BMGF und der PharmMed Austria geben. Wenn es - wie Sie schrei-
ben - zu einem „katastrophalen" Ist-Zustand gekommen sein sollte, dann be-
fragen Sie bitte die sozialdemokratischen Gesundheitsminister/innen vergange-
ner Legislaturperioden.

Frage 13:

Dass es auf diesem Gebiet der Bearbeitungszeiten von Zulassungsdossiers ein
Verbesserungspotential gibt, ist korrekt und wurde von mir und meinem unmit-
telbaren Amtsvorgänger - anscheinend im Gegensatz zu den sozialdemokrati-
schen Gesundheitsminister/innen davor - erkannt. Genau deswegen kommt es
zur Gründung der PharmMed Austria. Die objektivierbaren Probleme sind jedoch
nur mit zusätzlichem Personal bzw. mit organisatorischen Mitteln in den Griff zu
bekommen, die zusätzliche Ressourcen erschließen.

Frage 14:

Das BMGF wird die legistischen Maßnahmen und die Setzung von Normen im Be-
reich Arzneimittel und Medizinprodukte selbständig, aber sicher unter Berück-
sichtigung der wissenschaftlichen und operativen Expertise der PharmMed
Austria wahrnehmen.

Frage 16:

Ich verweise auf die Ausführungen zu den Fragen 12 und 15. Aber nochmals
grundsätzlich: Die Reorganisationsmaßnahmen dienen gerade dazu, das Arznei-
mittelzulassungsverfahren auf ein Niveau zu bringen, das den qualitativen Not-
wendigkeiten für die Versorgung der Österreicherinnen und Österreicher mit mo-
dernen und innovativen Arzneimitteln dient.

Frage 17:

Die Bilanz 2004 weist einen Bilanzgewinn in Höhe von € 957.000 und keinen Ab-
gang aus, die zur Zeit vorliegende Schätzung für 2005 spricht von einem Abgang
in Höhe von € 1.445.000, der durch die dafür vorgesehenen Rücklagen im Unter-
nehmen gedeckt ist.

Frage 18:

Das Finanzierungskonzept der AGES ist mit den Regelungen in § 12 Gesundheits-
und Ernährungssicherheitsgesetz sichergestellt. Ich verweise darüber hinaus auf
unzählig von mir gemachten parlamentarischen Äußerungen, in denen ich von
der Erhöhung der Bareinlage und der gegenüber den Organen der Gesellschaft
abgegebene Patronazerklärung der Eigentümer berichtet habe.

Fragen 19 und 20:

Die Finanzierung läuft im Sinne der Kosteneinsparung für die Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler über eine neue Gebührenordnung, da die Dienstleistung der
PharmMed von den Antragsteller/innen (den pharmazeutischen Unternehmun-


gen) kostendeckend finanziert werden müssen. Derzeit gibt es umfangreiche
Kalkulationen über kostendeckende Gebühren; die endgültige Höhe für die unter-
schiedlichen Gebührensätze orientiert sich an den zu erwartenden Aufwendun-
gen; beide Aspekte werden rechnerisch gerade fertiggestellt und über den dann
üblichen Weg der Gebührenfestlegung fixiert.

Fragen 21 und 22 :

Gemäß Art. 1 Z 36 des Ihnen ja sicherlich bestens vertrauten Gesetzesbeschlus-
ses, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Arzneimit-
telgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002, das
Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz geändert wur-
den, hat die Geschäftsführung der Agentur sicherzustellen, dass die Einnahmen
aus den Gebühren des Bundesamtes nach § 6a Abs. 6 ausschließlich zur Finan-
zierung der Aufgaben des Geschäftsfeldes PharmMed Austria verwendet werden
dürfen. Damit ist eine Quersubventionierung ausgeschlossen. Dieser Umstand ist
deswegen zwingend, weil eine Arzneimittelzulassungsagentur einen in sich ge-
schlossenen und unabhängigen Rechnungskreislauf bilden muss.

Fragen 23 bis 25:

Um die derzeit bestehenden Rückstände abzuarbeiten (nochmals: die teilweise
aus Zeiten von vor 1997 datieren, in denen ausschließlich sozialdemokratische
Minister/innen ressortverantwortlich gewesen sind!), wurde von mir eine eigene
Projektgruppe unter der Leitung eines der besten und erfahrendsten fachkundi-
gen Mitarbeiter des BMGF eingesetzt. Diese Projektgruppe koordiniert ein detail-
liertes Aktivitätenbündel der Zentralstelle und des Bundesinstituts für Arzneimit-
tel (BIFA). Auf diese Weise werden möglichst viele wenn nicht beinahe alle offe-
nen Änderungs- oder Zulassungsanträge im Jahr 2005 bearbeitet bzw. abge-
schlossen werden.