3050/AB XXII. GP

Eingelangt am 01.08.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

BM für Gesundheit und Frauen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/0083-I/A/3/2005

Wien, am      29. Juli 2005

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 3084/J der Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen wie folgt:

 

Frage 1:

Der beschriebene Sachverhalt betrifft insbesondere Fragen der Befangenheit der Expert/inn/en der wissenschaftlichen Ausschüsse der EFSA (European Food Safety Authority), d.h. einer eigenen durch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 geschaffenen europäischen Behörde, deren Hauptaufgabe die wissenschaftliche Beratung auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit, einschließlich der Sicherheit von gentechnisch veränderten Organismen, darstellt. Sie erstellt somit wissen-schaftliche Gutachten und hat keine Entscheidungsbefugnis.

 

Die Interessent/inn/ensuche für alle Expert/inn/en für die wissenschaftlichen Ausschüsse der EFSA erfolgte öffentlich. Die Auswahl erfolgte zwecks besonderer Bedachtnahme auf die Unparteilichkeit der künftigen EFSA-Expert/inn/en durch externe Begutachter/innen, erst dann erfolgte der Vorschlag durch den Exekutivdirektor und die Entscheidung durch den ebenfalls auf den Prinzipien der Unabhängigkeit gegründeten Verwaltungsrat. Es gibt daher grundsätzlich keinen Grund an der Unabhängigkeit dieser Expert/inn/en zu zweifeln.

 

Bezüglich der in der Einleitung genannten deutschen Experten ist überdies zu erwähnen, dass nach dem Ressort vorliegenden Informationen diesen Experten auch keine Verletzung ihrer Dienstpflichten vorgeworfen werden konnte.

 

Frage 2:

Die Genehmigung einer Maislinie MON 836 ist meinem Ressort nicht bekannt. Hinsichtlich der Maislinie BT11 ist in der gesamten Union der Anbau nach wie vor nicht zulässig.

 

Frage 3:

Auf Grund der genannten Vorfälle können neue Genehmigungen nicht gestoppt werden. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse die bisher vorliegenden Gutachten der EFSA bezüglich der Unbedenklichkeit dieser Erzeugnisse für die Gesundheit und Umwelt ernsthaft in Frage gestellt werden.

 

Fragen 4 und 11:

Hinsichtlich der EFSA sind das um Objektivität bemühte Auswahlverfahren, die Bestellung der Sachverständigen durch den unabhängigen Verwaltungsrat, der ständige peer review durch die Sachverständigenkolleg/inn/en und die Verpflichtung zur Selbstdeklaration möglicher Befangenheitsgründe ausreichende Vorkehrungen, um die Unparteilichkeit der Aussagen der Sachverständigen-gremien der EFSA sicher zu stellen.

Im Übrigen ist nochmals anzumerken, dass die EFSA kein Zulassungsgremium, sondern im Wesentlichen eine Begutachterstelle ist.

 

Auch im Auswahlverfahren der Europäischen Kommission für die Beamt/inn/en des FVO, eines Direktorates der DG SANCO, d.h. einer Dienststelle der Europäischen Kommission in Dublin gelten ähnliche Kriterien, um die „Unabhängigkeit“ dieser Beamt/inn/en sicher zu stellen.

 

Was die EMEA betrifft, ist hinsichtlich der möglichen Interessenskollisionen bei Beamt/inn/en oder Expert/inn/en festzuhalten, dass sich in der EU-Verordnung 2309/93, durch welche die EMEA gegründet wurde, in Artikel 54.2 folgende Regelung findet:

 

"Verwaltungsratsmitglieder, Ausschussmitglieder, Berichterstatter und Sachverständige dürfen keinerlei finanzielle oder sonstige Interessen in der pharmazeutischen Industrie haben, die ihre Unparteilichkeit beeinflussen können. Alle indirekten Interessen, die mit dieser Industrie in Zusammenhang stehen könnten, sind in einem von der Agentur zu führenden Register anzugeben, das von der Öffentlichkeit eingesehen werden kann."

 

Von der EMEA wurde ein Formblatt entwickelt ("Interessenserklärung", „Declaration of Interest“), das im Laufe der Jahre mehrmals verändert wurde und in dem alle nationalen Beamt/inn/en und Sachverständige, die bei der EMEA tätig sind, gegebenenfalls ihre indirekten Interessen im Zusammenhang mit der pharmazeutischen Industrie angeben müssen. Dieses Formblatt wird jedes Jahr auf den letzten Stand gebracht, die Interessenserklärungen sind auf der Homepage der EMEA einsehbar.

 

Alle Expert/inn/en, die seitens des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen in Komitees und Arbeitsgruppen der EMEA entsandt werden bzw. ihre gutachterliche Expertise in Zulassungs- und Änderungsverfahren zur Verfügung stellen, müssen ihre Interessensdeklaration abgeben und bürgen mit ihrer Unterschrift dafür. Es wird davon ausgegangen, dass die eigenhändig ausgefüllte „Declaration of Interest“ korrekt abgegeben wird. Bei allen beim Bund beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschieht dies zusätzlich zum Diensteid, den diese abgelegt haben.

 

Anzumerken ist, dass die Frage, warum die „Unabhängigkeit“ der in den EU-Gremien tätigen Gutachter und Gutachterinnen „nicht gesichert werden soll“, in diesem Zusammenhang nicht verständlich ist.

 

Fragen 5 bis 7:

Da das Auswahlverfahren durch die EFSA selbst bzw. für das FVO durch die Kommission ohne Einbindung nationaler Behörden erfolgt, ist eine entsprechende Einflussnahme oder Kontrolle der entsprechenden Besetzungen durch Österreich schwer möglich und im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen auch nicht erforderlich.

 

Zur EMEA ist grundsätzlich festzustellen, dass sich der Verwaltungsrat der EMEA mehrmals ausführlich mit möglichen Interessenskollisionen von Expert/inn/en befasst hat und in dieser sehr sensiblen Frage gemeinsam mit dem Verwaltungsdirektor der EMEA um die größtmögliche Transparenz bemüht ist (ich verweise dazu auf die Ausführungen zu den Fragen 4 und 11 – Veröffentlichung im Internet).

 

Der derzeitige Stand der Dinge ist wie folgt:

 

Im März 2004 hat der Verwaltungsrat der EMEA ein Dokument mit dem Titel "EMEA Policy Handling of Conflicts of Interests for CXMP members and experts" beschlossen. (http://www.emea.eu.int/htms/general/direct/conflicts.htm) In diesem Dokument werden

 

- eindeutige Kriterien für einen möglichen Interessenskonflikt festgelegt,

 

- ein formales Verfahren für Feststellung und Bewertung eines Interessenskonflikts festgelegt,

 

- eine organisatorische Struktur in der EMEA eingerichtet, welche die Teilnahme von Expert/inn/en in wissenschaftlichen EMEA-Aktivitäten in Hinblick auf Interessenskonflikte beurteilt.

 

In der letzten Sitzung des EMEA-Verwaltungsrates (26. Mai 2005) hat der Verwaltungsdirektor der EMEA dazu einen Erfahrungsbericht nach einem Jahr vorgelegt.

 

Die Unabhängigkeit ist durch die angeführten Maßnahmen – soweit möglich – gesichert. 

 

Frage 8:

Nach meinen Informationen sind derzeit drei Österreicher/innen mit Fragen der wissenschaftlichen Koordinierung in der EFSA beschäftigt und zwei Österreicher/innen als Gutachter/innen für je ein wissenschaftliches Gremium der EFSA tätig. Es handelt sich in allen Fällen um keine mir unterstellten Beamten oder Beamtinnen.

 

Ein Beamter der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit ist Mitglied im Beirat (Advisory Forum) der EFSA und ein pensionierter Beamter des ehemaligen Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist Mitglied des Verwaltungsrates der EFSA.

 

Frage 9:

Für den Verwaltungsrat der EMEA sind Herr Prof. Dr. Robert Schlögel als Mitglied und Herr Dr. Christian Kalcher als stellvertretendes Mitglied für Österreich nominiert.

 

In der EMEA-list of experts sind seitens Österreichs derzeit insgesamt 123 Expert/inn/en für diverse Komitees, Arbeitsgruppen und als Gutachter/innen nominiert.

 

Zur Frage der Unabhängigkeit verweise ich auf meine Ausführungen zu den Fragen 4 und 11.

 

Frage 10:

In der FVO sind nach meinen Informationen derzeit drei Österreicher/innen sowie ein Stagiaire/Trainee beschäftigt.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin