3070/AB XXII. GP
Eingelangt am
05.08.2005
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BM für Verkehr,
Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ.
BMVIT-12.000/0005-I/CS3/2005 DVR:0000175
An den
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 W i e n
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 3098/J-NR/2005 betreffend Dalai-Lama-Briefmarken -
Nachteile für österreichische Staatsbürger durch Untätigkeit der Regierung
hinsichtlich erneuter Einflussnahmen Chinas über „höchste Stellen“ auf die
Unternehmenspolitik der Österreichischen Post AG, die die Abgeordneten Dr.
Moser, Freundinnen und Freunde am 7. Juni 2005 an mich gerichtet haben, beehre
ich mich wie folgt zu beantworten:
Frage 1:
Können Sie ausschließen, dass es offiziellen
Vertretern der Volksrepublik China in Österreich möglich ist, sich Zugang zum
elektronischen Mail-Verkehr Dritter zu verschaffen?
Antwort:
Nach der österreichischen Rechtsordnung ist es
nicht zulässig sich - ohne Zustimmung des Betroffenen - Zugang zum
elektronischen Mail Dritter zu verschaffen.
Frage 2:
Welche entsprechenden Maßnahmen und Schritte
wurden Ihrerseits (zB über Fernmeldebüros) gesetzt, um diesbezüglich
sicherzugehen?
Antwort:
Wie bereits zu Fragepunkt 1 ausgeführt, habe
ich keinen Anlass davon auszugehen, dass sich Vertreter der VR China illegal
Zugang zum elektronischen Mail-Verkehr Dritter verschafft haben.
Ich habe daher auch keine Veranlassung gesehen,
Aufsichtsmaßnahmen der Fernmeldebehörden gemäß §§ 86 ff.
Telekommunikationsgesetz 2003 zu treffen.
Frage 3:
Auf welcher Grundlage wäre es rechtlich
gedeckt, wenn offiziellen VertreterInnen anderer Staaten sich in Österreich
Zugang zu elektronischen Mail-Verkehr Dritter verschaffen?
Antwort:
Das geltende Telekommunikationssgesetz 2003
bietet keine rechtlich gesicherte Möglichkeit, sich - ohne Zustimmung Dritter -
Zugang zu deren elektronischen Mail-Verkehr zu verschaffen. Ich möchte an
dieser Stelle nochmals betonen, dass ich keinen Grund zur Annahme habe, dass
sich Vertreter der VR China Zugang verschafft haben.
Frage 4:
Seit wann sind Sie über die entsprechenden
Vorgänge informiert und welche Aktivitäten haben Sie wann konkret gegenüber
VertreterInnen der VR China gesetzt, um den gesetzlichen Grundlagen
entsprechenden unbehelligten und vertraulichen elektronischen Mail-Verkehr
Dritter in Österreich sicherzustellen.
Antwort:
Mir liegen keine Informationen über die in den
Fragen 1 bis 3 angesprochenen Vorgänge vor; aus diesem Grund habe ich auch
keinen Anlass für Maßnahmen gesehen.
Frage 5:
Auf welcher Rechtsgrundlage ist es offiziellen
Vertretern der Volksrepublik China in Österreich möglich, offenbar erfolgreich
Einfluss auf das Briefmarken-Ausgabeprogramm der Österreichischen Post AG sowie
auf die Anwendung der AGB der Österreichischen Post AG im einzelnen zu nehmen?
Antwort:
Die Österreichische Post AG weist seit der
Ausgliederung aus der Hoheitsverwaltung die Rechtsform einer Aktiengesellschaft
auf und ist als solche zu wirtschaftlichem Handeln im Rahmen des Aktiengesetzes
verpflichtet.
Es ist daher durchaus legitim, dass Vertreter
der VR China mit der Österreichischen Post AG Kontakt aufnehmen bzw. in
Verhandlungen eintreten. Im Übrigen ist das Recht zur Herstellung und Ausgabe
von Postmarken - einschließlich Sondermarken - gemäß § 19 Postgesetz der
Österreichischen Post AG vorbehalten.
Frage 6:
Seit wann sind Sie über die entsprechenden
Vorgänge informiert und welche Aktivitäten haben Sie wann konkret gegenüber
VertreterInnen der VR China gesetzt, um die unbehinderte Geschäftstätigkeit der
Österreichischen Post AG in Österreich sicherzustellen?
Antwort:
Ich wurde im Sommer 2004 von Vertretern der VR
China auf entsprechende Wünsche in Bezug auf das Briefmarken-Ausgabeprogramm
der Österreichischen Post AG angesprochen, habe aber im Sinne der Beantwortung
der Frage 5 unmissverständlich darauf hingewiesen, dass das Recht zu
Herstellung und Ausgabe von Postmarken ausschließlich der Post AG vorbehalten
ist.
Frage 7:
Wie beurteilen Sie die Ablehnung von
Großaufträgen aus Österreich durch ein noch dazu zu 100% im Staatsbesitz
befindliches Unternehmen a) generell, zB angesichts der aktuellen mit
finanziellen Argumenten begründeten Schließung von hunderten Postdiensstellen,
b) im Lichte des Aktienrechts?
Antwort:
Die Österreichische Post AG weist - wie bereits
erwähnt - die Rechtsform einer Aktiengesellschaft auf. Als Bundesminister für
Verkehr, Innovation und Technologie fällt es nicht in meine Zuständigkeit, in
die Geschäftstätigkeit der Österreichischen Post AG einzugreifen.
Frage 8:
Wie schätzen Sie die politischen, aber auch die
imagemäßigen Konsequenzen für Österreich und für die Österreichische Post AG
aus der Tatsache ein, dass seitens der Post die Bestellung personalisierter
Briefmarken mit dem Porträt eines anerkannten religiösen Spitzenrepräsentanten
sowie Friedensnobelpreisträgers ohne offizielle Angabe von Gründen abgelehnt
wird und somit in gleicher Weise verfahren wird wie mit Bestellungen mit
rassistischem, sexistischem oder nazistischem Inhalt?
Antwort:
Wie bereits festgestellt, ist die Herausgabe
von Postmarken der Österreichischen Post AG vorbehalten; gemäß den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGB) Philatelie („Meine Marke“) behält es sich die
Österreichische Post AG vor, Bildmotive auch ohne Angabe von Gründen von der
Herstellung einer „Meine Marke“ auszuschließen. Der Kunde bekommt im Falle
einer Ablehnung eine schriftliche Verständigung der Österreichischen Post AG.
Allfällige Konsequenzen aus der Ablehnung hat
daher die Österreichische Post AG zu verantworten.
Frage 9:
Wie bewerten Sie die Tatsache, dass seitens der
Österreichischen Post AG die Herausgabe von Briefmarken mit chinesischen
Tierkreiszeichen im Gegensatz zu einem Porträt eines Friedensnobelpreisträgers
für opportun gehalten wird?
Antwort:
Ich kann nur wiederholen, dass das
Markenprogramm der Österreichischen Post AG autonom von dieser festgelegt wird
und ich keine Möglichkeit habe, darauf Einfluss zu nehmen; im Übrigen darf ich
auf die Antwort zu Fragepunkt 8 verweisen.
Frage 10:
Teilen Sie die offenkundig von maßgeblichen
Kreisen des Managements der Österreichischen Post AG vertretene „Haltung“, dass
das Wohlwollen eines anderen noch dazu fragwürdig mit Menschenrechten und
Minderheiten umgehenden Staates und seiner Repräsentanten wichtiger ist als das
Einhalten schriftlicher Zusicherungen gegenüber österreichischen
SteuerzahlerInnen, die ja mittelbar Eigentümer und durch Jahrzehnte auch
Mitfinanziers dieses Unternehmens sind?
Antwort:
Auch zu dieser Frage darf ich festhalten, dass
mir als Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie keine Bewertung
der Geschäftstätigkeit des Managements der Österreichischen Post AG zusteht.
Frage 11:
Seitens der Österreichischen Post wurde am
4.1.2005 schriftlich festgehalten, dass es sicher keinen Einwand gegen eine
personalisierte Dalai-Lama-Briefmarke geben werde. Können Sie ausschließen,
dass der (dann doch erfolgte) Einwand über „Vermittlung“ reisefreudiger und
wirtschaftsnaher Eigentümervertreter wie Sie oder den Herrn Finanzminister bzw.
Ihre jeweiligen MitarbeiterInnen zustandekam?
Antwort:
Ob die Österreichische Post AG schriftliche
Zusicherungen gegeben hat, ist keine Frage der Vollziehung durch das
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und ich kann daher
auch nicht Stellung dazu nehmen; Fragen die den Herrn Bundesminister für
Finanzen betreffen, kann ich nicht beantworten.
Frage 12:
Falls Sie das Vorgehen der VertreterInnen der
VR China und die Unterordnung Österreichs billigend oder gar zustimmend in Kauf
nehmen:
Welche wirtschaftlichen Interessen sind für Sie
als Vizekanzler der Republik Österreich so wichtig, dass sie a) Interessen an
einer zeitgemäßen Menschenrechts- und Minderheitenpolitik, b) Interessen an der
Einhaltung schriftlicher Abmachung zwischen einem österreichischen
Staats-unternehmen und einem österreichischen Staatsbürger überwiegen?
Antwort:
Ich bin der Meinung, dass in diesem Fall weder
von einem Nachgeben staatlicher Stellen gegenüber Interessen der VR China noch
von einer Unterordnung Österreichs die Rede sein kann.
Ich darf nochmals darauf hinweisen, dass es
sich um eine unternehmerische Entscheidung der Österreichischen Post AG
gehandelt hat, auf die ich als Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie keinen Einfluss nehmen kann und die daher von der Österreichischen
Post AG zu verantworten ist.
Frage 13:
Wer war in dieser Angelegenheit a) 2004, b)
2005 AnsprechpartnerIn des Chinesischen Botschafters bzw. der Chinesischen
Botschaft „an höchster Stelle“, also wohl im Kreis der Bundesregierung?
Antwort:
Es entzieht sich meiner Kenntnis, wer außer mir
von Vertretern der VR China in dieser Angelegenheit kontaktiert wurde und
verweise auf meine Antwort zur Frage 6.
Frage 14:
Was können Sie insgesamt dem verheerenden
Eindruck entgegensetzen, dass höchstrangige politische und wirtschaftliche
RepräsentantInnen unseres Landes Freiheit, Minderheitenschutz und
Menschenrechte offenbar ohne jede moralische Grenze unterordnen, sobald es um das
Wohlwollen des Staates China und seiner politischen und wirtschaftlichen
Repräsentanten sowie um den „Reibach“ österreichischer Unternehmen geht?
Antwort:
Fragen, welche die diplomatischen Beziehungen -
und deren Auswirkungen - zwischen Österreich und der VR China betreffen, kann
ich nicht beantworten, da sie in die Zuständigkeit der Frau Bundesminister für
Auswärtige Angelegenheiten fallen.
Unabhängig davon möchte ich jedoch die Aussage,
dass man um des „Reibachs Willen“ bestimmte moralische Grundprinzipien negiert,
auf das schärfste zurückweisen. Auch die verallgemeinerte Aussage, dass
„höchste politische und wirtschaftliche Repräsentanten Österreichs“ involviert
waren, kann ich in dieser Form nicht akzeptieren.
Mit freundlichen Grüßen
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