3084/AB XXII. GP

Eingelangt am 08.08.2005
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMF-310205/0077-I/4/2005

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Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3116/J vom 8. Juni 2005 der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen, betreffend österreichische Steuergelder für Lebendtiertransporte, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend darf ich betonen, dass mir Fragen des Tierschutzes ein besonderes persönliches Anliegen sind. Gerade bei den Lebendtiertransporten sehe ich einen großen Handlungsbedarf. Wie bereits in Beantwortung der Anfrage Nr. 4071/J vom 14. Juni 2002 ausgeführt, war es für mich daher selbstverständlich, im Haushaltsrat am 21. und 22. November 2001 die Initiative für eine Verbesserung des Wohlergehens lebender Rinder beim Transport zu ergreifen. Dieser Vorstoß führte zu einer gemeinsamen Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates, mit welcher die Kommission zur jährlichen Berichterstattung über die Umsetzung der Vorschriften über das Wohlergehen lebender Rinder beim Transport, insbesondere in Hinblick auf die Rückforderung der Erstattungen, aufgefordert wurde.

 

In Entsprechung der diesbezüglichen Entschließung des Nationalrates hat diese Bundesregierung zahlreiche Gelegenheiten genutzt, um eine weitergehende Sensibilisierung der europäischen Entscheidungsträger auf die noch notwendigen Schritte vorzunehmen. Für die Umorientierung des Förderungsregimes von Lebendrinderexporten auf Fleischexporte sind nämlich Änderungen der europäischen Rechtslage erforderlich. So hat Österreich im Rat für Landwirtschaft in den Sitzungen am 20. November 2001 und am 15. Juli 2002 ebenso die Notwendigkeit der Abschaffung der Exporterstattungen für Lebend-Schlachttierexporte vertreten, wie im Sonderausschuss Landwirtschaft am 22. und 23. Juli 2002. Österreich trat dabei stets für eine Verwendung der durch einen solchen Schritt freiwerdenden Mittel für die verantwortungsvolle Viehproduktion ein. Im Handelsmechanismen-Ausschuss am 18. März 2003 konnte durch die Annahme der Verordnung VO 639/2003 dem Tierschutzgedanken mit einer Verschärfung der Bestimmungen betreffend Sanktionen Rechnung getragen werden.

 

In einem nächsten Schritt nach der Verabschiedung der VO (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport soll die Europäische Kommission einen Bericht über die gewonnenen Erfahrungen vorlegen. In diesem sollen Transportzeiten, Tierschutzaspekte und die wirtschaftlichen Folgen der Transportzeiten Berücksichtigung finden. Österreich befindet sich dabei unter jenen Staaten, die sich enttäuscht zeigten, dass man sich noch immer auf keine weiterreichenden Maßnahmen einigen konnte. Wie auch jene anderen Mitgliedsstaaten, die dem Tierschutz einen besonders hohen Stellenwert einräumen, hat sich Österreich darüber hinaus für eine möglichst kurze Frist für die Auswirkungsstudie ausgesprochen. So soll rasch eine Wiederaufnahme der Diskussionen über den weiteren Umgang mit Lebendtiertransporten ermöglicht werden.

 

Solange die materielle europäische Gesetzgebung Erstattungen für den Export von lebenden Tieren vorsieht, besteht auch die Verpflichtung zur Finanzierung. Es ist daher ohne entsprechende Änderung der materiellen Rechtsvorschriften nicht möglich, Exporterstattungen für lebende Tiere von der Finanzierung auszuschließen. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass alles getan werden muss, um eine Änderung dieser EU-rechtlichen Bestimmungen mit dem Ziel herbeizuführen, Lebendschlachtviehtransporte zur Gänze abzuschaffen. Ich werde alle sich mir bietenden Gelegenheiten wahrnehmen, um weiterhin auf dieses Ziel hinzuarbeiten.

 

Nun zu den konkreten Fragen der Ausfuhrerstattung für den Export lebender Rinder:

 

Zu 1. bis 3.:

Grundsätzlich ist zur Fragestellung zunächst festzuhalten, dass mir keine Zahlen über das Gesamtvolumen der durchgeführten Lebendtiertransporte durch Österreich vorliegen. So liegen mir insbesondere über Exporte mit Ausfuhrerstattung, die mit der Destination eines Drittlandes aus einem anderen Mitgliedsstaat durch Österreich gehen, keine Aufzeichnungen vor. Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich lediglich zu den österreichischen Exporten, zu welchen die in der Anfrage thematisierte Ausfuhrerstattung für lebende Rinder beantragt wurde, konkrete Auskunft erteilen kann:

 

Im Jahr 2004 gab es 347 Lebendtiertransporte, zu welchen eine Ausfuhrerstattung für den Export von lebenden Rindern beantragt wurde. Bis zum Stichtag 31. Mai waren es im Jahr 2005 bisher 121 Transporte.

 

Dabei waren während des abgefragten Zeitraumes 13.862 Rinder betroffen. Es handelte sich dabei ausschließlich um Zuchtrinder, und zwar so genannte Färsen mit dem KN-Code (Code der Kombinierten Nomenklatur) 01021010.

 

Zu 4.:

Die Entwicklung der Lebendtiertransporte, zu welchen eine Ausfuhrerstattung für den Export von lebenden Rindern beantragt wurde, stellt sich für die vergangenen Jahre wie folgt dar:

 

 

Ab dem Jahr 2000/2001 war der Rinderexportmarkt vor allem als Folge der BSE-Krise eingebrochen. 2004 wurde das Niveau des Jahres 1999 wieder erreicht.

 

Zu 5.:

Wie bereits in der Einleitung ausgeführt, bin ich stets sehr entschieden für die Abschaffung der Exporterstattungen für Lebendrinder eingetreten. Insbesondere geht die angeführte gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. November 2001 wesentlich auf meine Initiative zurück. Dies war ein Meilenstein in der Verbesserung der Transportbedingungen für Lebendrinder.

 

Zu 6. und 7.:

Exporterstattungen für Lebendrinder gehören nach wie vor zum Rechtsbestand der EU. Daher besteht bei Einhaltung der einschlägigen Vorschriften ein Rechtsanspruch auf Exporterstattungen.

 

Die Ausfuhrerstattung als Instrument der Gemeinsamen Agrarpolitik dient dazu, dem Exporteur die Ausfuhr von landwirtschaftlichen Grund- und Verarbeitungserzeugnissen aus der Europäischen Gemeinschaft zu ermöglichen, indem sie den Unterschied zwischen dem hohen Inlandspreisniveau und dem in der Regel viel niedrigeren Weltmarktpreisniveau ausgleicht.

 

Für die Umorientierung des Förderungsregimes von Lebendrinderexporten auf Fleischexporte sind Änderungen der Rechtslage erforderlich. Die materielle Gesetzgebung obliegt dabei dem Rat für Landwirtschaft. Allein die Agrarminister könnten im Rat, auf Vorschlag der Kommission, eine Änderung des materiellen Rechts beschließen. Österreich hat gemeinsam mit Deutschland, Schweden, Dänemark und dem Vereinigten Königreich im Rat für Landwirtschaft mehrfach die Abschaffung der Exporterstattungen für lebendes Schlachtvieh gefordert. Als Ergebnis der Bemühungen konnte bislang mittels Verordnungen eine deutliche Einschränkung der Erstattungstatbestände, die Verpflichtung zur tierärztlichen Kontrolle in den Drittländern sowie eine Verschärfung der Sanktionen erreicht werden.

 

Zu 8. bis 10.:

Als Reaktion auf die Missstände bei Lebendtiertransporten, die vor allem in Fernsehbildern betreffend Transporte in den Libanon festgehalten wurden, wurde die Verordnung VO (EG) Nr. 615/98 zum Schutz lebender Rinder beim Transport verabschiedet. Mit ihr wurde die Gewährung der monetären Komponente der Ausfuhrerstattung mit dem Tierschutz als Voraussetzung verknüpft.

 

Die Verknüpfung der monetären Seite mit dem Tierschutz sollte für die Exporteure ein hinreichender Grund sein, zumindest aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus die einschlägigen Tierschutzvorschriften einzuhalten. Jedenfalls wurde aber mit der erwähnten Verordnung und deren Nachfolgeverordnung, VO (EG) Nr. 639/03, ein tierschutzfreundliches Kontroll- und Sanktionssystem etabliert. Dieses gilt es im Zuge der bereits dargelegten Bestrebungen Österreichs weiter auszubauen.

 

Zu 11.:

Gemäß den mir vorliegenden Informationen waren beim Sonderausschuss Landwirtschaft der EU am 26. April 2005 über Antrag Dänemarks die Auskunft über getätigte Exporterstattungen für Lebendrinder sowie die langfristige Abschaffung derselben Diskussionspunkte. Zu den Mitgliedsstaaten, die auf Grund von Tierschutzaspekten diesen neuerlichen Vorstoß unterstützten, gehörten unter anderem Deutschland, Schweden, das Vereinigte Königreich, Luxemburg und die Niederlande. Auch die Abschaffung der Exporterstattungen für Zuchtrinder war wieder ein Forderungspunkt.

 

Dem gegenüber traten jedoch Spanien, Ungarn, Irland, Frankreich, Tschechien und Polen für die Beibehaltung der Erstattungen und eine Verbesserung der Kontrollen gemäß der VO 639/03 zum Schutz der lebenden Rinder beim Transport ein.

 

Auch wenn es somit derzeit nicht danach aussieht, als könnte eine Einigung auf eine rasche Abschaffung der Exporterstattungen der Europäischen Union für Lebend-Schlachttierexporte in Drittländer erzielt werden, so konnten bereits Signale aus der Europäischen Kommission geortet werden, die dafür sprechen, dass hier längerfristig dem Tierschutz zu seinem Recht verholfen werden könnte. Dabei bleibt auch abzuwarten, wie diesbezügliche Verhandlungen mit der WTO verlaufen.

 

Zu 12.:

Im Jahr 2004 wurden EU-weit für Lebendtiertransporte € 58,893 Mio. ausbezahlt, wovon € 1,8 Mio. an österreichische Exporteure gingen. Der Eigenmittelanteil Österreichs am EU-Budget beträgt 2,2 %. Österreich zahlt daher in den Topf "Lebendtiertransporte" rund € 1,3 Mio. ein.

 

Zu 13. und 14.:

Zur Positionierung und zum Vorgehen der österreichischen Bundesregierung in dieser für den Tierschutz so wichtigen Frage verweise ich auf meine einleitenden Bemerkungen.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen