3085/AB XXII. GP

Eingelangt am 08.08.2005
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-11.000/0016-I/CS3/2005     DVR:0000175

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017   Wien

Wien, 8. August 2005

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3102/J-NR/2005 betreffend bisher fehlende Konsequenzen aus neuen Erkenntnissen zur Verursachung gesundheits- und umweltschädlicher Kfz-Schadstoff-Emissionen, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 8. Juni 2005 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Welche Maßnahmen a) haben sie bereits gesetzt bzw. b) werden Sie wann im einzelnen setzen, um angesichts der ernüchternden Ergebnisse der Untersuchungen (u.a. ÖAMTC) zu den Folgen der Streckung der ehemals jährlichen wiederkehrenden Überprüfungen nach § 57a KFG wieder dichtere, zB. jährliche Prüfintervalle für die einzelnen betreffenden Fahrzeugkategorien einzuführen?

 

Antwort:

Derzeit sind keine Maßnahmen vorgesehen, da die Ergebnisse der Untersuchungen keine neuen Erkenntnisse gebracht haben. Die derzeitigen Überprüfungsintervalle sind strenger als die Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinie 96/96/EG und durchaus im Rahmen anderer vergleichbarer Länder (z.B. Deutschland, Schweiz).

 

Fragen 2 und 3:

Welche Konsequenzen a) haben sie bereits gezogen bzw. b) werden Sie wann im einzelnen ziehen, um den im Jahresbericht 2004 der Bundesanstalt für Verkehr (versa) enthaltenen Ergebnissen des Abgas-Fernerkennungs-Projektes Rechnung zu tragen, wonach 25 % der LKW für 50 % der NO-Emissionen der LKW und - noch gravierender - 5 % der PKW für 50 % der CO-Emissionen der PKW verantwortlich sind?

 

Welche vorsorgenden Maßnahmen a) haben sie hierzu bereits getroffen bzw. b) werden Sie hierzu wann im einzelnen treffen, um die nachsorgenden Maßnahmen nach § 56 KFG, die das vorhergehende Ertappen von "Emissionssündern" erfordern, sinnvoll zu ergänzen?

 

Antwort:

Das von der Bundesanstalt für Verkehr eingesetzte System zur Abgasfernerkennung – ein in Europa einzigartiges, dem neuesten Forschungsstand entsprechendes Gerät – bietet die Möglichkeit, hochemittierende Fahrzeuge ohne Beeinträchtigung der übrigen Verkehrsteilnehmer zu identifizieren.

 

Dieses Abgasfernerkennungssystem wird nach einem Einsatz in Wien nunmehr auch in Vorarlberg in Zusammenarbeit mit der Umweltabteilung der Vorarlberger Landesregierung eingesetzt. Weitere sind bereits für die Bundesländer Oberösterreich sowie Burgenland geplant.

Mit diesem System ist ein wesentlicher Beitrag für raschere, effizientere und mehr Kontrollen zu erwarten. 

Für den Bereich der Erkennung von Partikelemissionen ist ein weiterführendes Forschungsprojekt bei der Bundesanstalt für Verkehr in Vorbereitung.

International bemüht sich Österreich, dass eine derartige Abgasprüftechnologie in das Gemeinschaftsrecht  als Alternativverfahren aufgenommen wird.

 

Hinsichtlich der schockierend wirkenden Ergebnisse der PKW-Kontrollergebnisse muss jedoch insofern relativiert werden, dass hier hauptsächlich alte Fahrzeuge ohne Katalysator für das Ergebnis verantwortlich sind. Alte Fahrzeuge, also ab dem 12. Zulassungsjahr, werden stichprobenartig zu besonderen Überprüfungen gemäß § 56 KFG 1967 herangezogen. Hier ist das Abgasverhalten des Fahrzeuges ein wesentlicher Bestandteil der technischen Fahrzeugkontrolle.

Die Bundesanstalt für Verkehr hat den dargestellten Erkenntnissen folgend, in Zusammenarbeit mit der Bundespolizeidirektion Wien eine Erhöhung der Vorladung der Besitzer von sogenannten „Altfahrzeugen“ um 50 Prozent für das Jahr 2005 bereits veranlasst.

 

Im Zuge von Straßenkontrollen der Bundesanstalt für Verkehr in Zusammenarbeit mit dem Land Wien wurde im Jahr 2004 die Möglichkeit der Vorselektion von hochemittierenden Fahrzeugen mittels Abgasfernmessung und nachfolgender Prüfung gemäß § 56 KFG 1967 erprobt.

 

Hier hat sich herausgestellt, dass die abgasauffälligen Fahrzeuge auch in hohem Maß mit sicherheitstechnischen Mängel behaftet waren. Diese Vorgehensweise zeigt ein hohes Potential für den Einsatz des Abgasfernerkennungssystems in Zusammenhang mit der bereits erwähnten Erhöhung der § 56 KFG – Prüfungen, aber auch mit unangekündigten Unterwegskontrollen gemäß § 58 KFG.

 

Mein Ressort kann somit mit dem Abgasfernerkennungssystem den für die Straßenverkehrskontrollen gemäß §§ 56 und 58 KFG zuständigen Bundesländern ein modernes und effizientes Kontrollsystem zur Verfügung stellen.

 

Frage 4:

Welche Informationen liegen Ihnen zum Beitrag des Chiptuning zur Schadstoff- sowie zur Lärm-Emissionsbilanz des Straßenverkehrs vor?

 

Antwort:

Chiptuning wird vor allem bei PKW mit modernen Dieselmotoren mit elektronischer
Steuerung der Kraftstoffeinspritzung eingesetzt. Dabei wird durchwegs im Bereich des oberen Leistungsdrittels die Menge des eingespritzten Kraftstoffes erhöht und somit die Leistung gesteigert.

 

Die Auswirkung im tatsächlichen Betrieb ist naturgemäß von der Verwendung durch den Lenker abhängig. Der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer betreibt das Fahrzeug im oberen Leistungsdrittel äußerst selten, also lediglich bei Beschleunigungsvorgängen, auf Steigungen oder im höheren Geschwindigkeitsbereich.

 

Die durch das Chiptuning verursachte Verbrauchssteigerung wirkt sich bei durchschnittlicher Fahrweise ähnlich der durch Verwendung von Winterreifen gegebenen Steigerung aus.

 

Frage 5:

Welche Maßnahmen zur Eindämmung des negativen Beitrags von Chiptuning zur Umwelt- und Gesundheitsbilanz des Straßenverkehrs - von den nachteiligen Wirkungen für die Verkehrssicherheit einmal abgesehen - a) haben sie bereits gesetzt bzw. b) werden Sie wann im einzelnen setzen?

 

Antwort:

Neben Kontrollmaßnahmen durch die Exekutive vor allem im Bereich der Mopeds mit Schall- und Geschwindigkeitsmessgeräten – ist es wichtig, bewusstseinsbildende Maßnahmen zu setzen.

Chipgetunte PKW, die derzeit illegal im Verkehr unterwegs sind, könnten zu einem Großteil durch Eintragen der Leistungsänderung in den Typenschein in einen legalen Zustand versetzt werden.

 

Repressive Maßnahmen im Bereich der chipgetunten PKW sind mit hohem technischen Aufwand verbunden; die Fahrzeuge müssen zur Feststellung einer Leistungssteigerung am Leistungsprüfstand geprüft werden.

 

Die Technologie der Abgasfernerkennung besitzt auch hier Potential.

Weitere Untersuchungen sind allerdings noch nötig, um die erforderliche Aussagesicherheit zu erreichen, woran in der Bundesanstalt für Verkehr gearbeitet wird.

 

Frage 6:

Welche Maßnahmen a) haben Sie bereits gesetzt bzw. b) werden Sie wann im einzelnen setzen, um die sachlich völlig ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von LKW und PKW bei der Festlegung von Emissionsgrenzwerten auf EU-Ebene abzustellen (nach wie vor sind bei LKW Grenzwerte pro kWh Motorleistung, bei PKW hingegen je km Fahrtstrecke die Regel, was durch die "Hintertür Leistungszunahme" beim LKW weit größere Spielräume als beim PKW lässt)?

 

Antwort:

Die unterschiedliche Vorgangsweise für LKW und PKW bei der Festlegung von Emissionsgrenzwerten hat ihren Ausgang in der völlig unterschiedlichen Konzeption dieser Fahrzeugkategorien.

 

Im Gegensatz zu PKW werden LKW modular in sogenannten Baukastensystemen konzipiert, wobei die unterschiedlichen Baugruppen Motor, Getriebe, Antriebsachsen etc. beliebig untereinander kombinierbar sind. Daher werden im Bereich der LKW die Motoren am Motorprüfstand hinsichtlich des Abgasverhaltens geprüft.

Im Gegensatz dazu werden PKW als komplette Fahrzeuge für die Typenprüfung am Rollenprüfstand geprüft.

Wollte man nun dies auch für LKW anwenden, würde dies bedeuten, dass beinahe jeder einzelne, hergestellte LKW, da die Fahrzeugaufbauten einzeln und nicht in Serie hergestellt werden, einem Abgastypprüfungstest unterzogen werden müsste, was einen immensen finanziellen und technischen Aufwand darstellen würde, der in der Praxis undurchführbar erscheint.

Bei leichten Nutzfahrzeugen, die teilweise die gleichen Motortypen wie PKW besitzen, zeigt sich, dass in der Regel bei den unterschiedlichen Testverfahren ohne technische Änderung am Motor, die Einhaltung beider Grenzwerte gegeben ist.

 

Frage 7:

Wann wird Österreich die Richtlinie 2005/13/EG betreffend die Emissionen land- und forstwirtschaftlicher Zugmaschinen umsetzen?

 

Antwort:

Die Richtlinie 2005/13/EG wird aus heutiger Sicht, entsprechend den Bestimmungen in der Richtlinie, mit der nächsten KDV-Novelle bis 31.12.2005 umgesetzt werden.

 

Frage 8:

Welche Festlegungen auf EU-Ebene sind bereits getroffen, was Schadstoffgrenzwerte sowie deren Verschärfung/Weiterentwicklung a) bei LKW, b) bei Bussen, c) bei PKW, d) bei Motorrädern und anderen einspurigen Kfz, e) bei mobilen Maschinen und Geräten, f) bei land- und forstwirtschaftlichen Zugmaschinen, g) bei sonstigen, nicht unter a) bis f) erfaßten Emittenten, wie Schifffahrt oder Luftfahrt, betrifft?

 

Antwort:

Die Bestimmungen hinsichtlich der Schadstoffgrenzwerte haben eine derart komplizierte Form angenommen, dass eine detaillierte Beschreibung hier nicht möglich ist.

 

Der aktuelle Stand wurde zuletzt mit der 49. KDV-Novelle, BGBl. Teil II, Nr. 129/2004, § 1d, Anlage 1, Tabelle I, II und III dargestellt (elektronisch verfügbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie).

 

Regelungen für Emissionen im Bereich der Luftfahrt sind im Anhang 16 zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (Chicago Convention, 1944) geregelt. Die Vorgaben dieses Anhanges sind weltweit gültig. Änderungen zu diesen Regelungen werden von den Gremien der International Civil Aviation Organisation (ICAO) beschlossen. Österreich und die EU, die in diesen Gremien vertreten sind, setzen sich im Rahmen der europäischen Koordination unter der Ägide der ECAC für eine Verschärfung der NOx-Abgasgrenzwerte ein.

 

Die Europäische Richtlinie 97/68/EG umfasst seit ihrer Änderung durch die Richtlinie 2004/26/EG auch Motoren für die Binnenschifffahrt. Die Richtlinie wurde mit Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, BGBl. II Nr. 136/2005, in österreichisches Recht umgesetzt, wodurch bereits sichergestellt ist, dass (unter Berücksichtigung der Übergangsfristen) nur mehr Motoren, die den Anforderungen der Richtlinie entsprechen, in Verkehr gebracht werden dürfen. Eine Novelle der Schiffstechnikverordnung zur Übernahme der entsprechenden Vorschriften in die Voraussetzungen zur Erteilung einer Schiffszulassung ist in Vorbereitung. Damit soll auch der eher theoretische Fall, dass in einen Schiffsneubau ein gebrauchter Motor eingebaut wird, ausgeschlossen werden.

 

Für Sportboote wurden Lärm- und Schadstoffemissionsgrenzwerte mit der Änderung der Europäischen Richtlinie 94/25/EG durch die Richtlinie 2003/44/EG eingeführt, die Umsetzung erfolgte ebenfalls durch den sachlich zuständigen Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit Verordnung über Anforderungen an Sportboote BGBl. II Nr. 276/2004 idF BGBl. II Nr. 21/2005.

 

Frage 9:

Welche Maßnahmen haben Sie bereits gesetzt bzw. werden Sie wann im einzelnen setzen bzw. gegebenenfalls bei Ihren RegierungskollegInnen veranlassen, um auf EU-Ebene eine Vorziehung und/oder Verschärfung der bereits beschlossenen Schadstoffgrenzwerte sowie eine Weiterentwicklung dieser Grenzwerte in der bisher noch nicht erfassten Zeitspanne zu erreichen, und zwar a) bei LKW, b) bei Bussen, c) bei PKW, d) bei Motorrädern und anderen einspurigen Kfz, e) bei mobilen Maschinen und Geräten, f) bei land- und forstwirtschaftlichen Zugmaschinen, g) bei sonstigen, nicht unter a) bis f) erfaßten Emittenten?

 

Antwort:

Eine Weiterentwicklung der einschlägigen Emissionsrichtlinien bzw. eine Verschärfung der Schadstoffgrenzwerte wird von Österreich laufend betrieben. Dieser Bereich wird aber vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wahrgenommen, da diese Belange auf EU-Ebene stets im Umweltministerrat und nicht im Verkehrsministerrat behandelt werden.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen