3087/AB XXII. GP

Eingelangt am 08.08.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

GZ. BMVIT-11.000/0017-I/CS3/2005     DVR:0000175

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017   W i e n

 

 

Wien, 8. August 2005

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3113/J-NR/2005 betreffend Beharren auf Tempo-160-Träumereien trotz eindeutig entgegenstehender Faktenlage, die die Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 8. Juni 2005 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Fragen 1 bis 4:

Ist es zutreffend, dass bei Erhöhung der Geschwindigkeit von Kraftfahrzeugen im diskutierten Bereich die Emissionen a) generell, b) speziell von CO2, Feinstaub und Stickoxiden exponentiell ansteigen?

 

Liegen Ihnen Untersuchungen oder sonstige Entscheidungsgrundlagen vor, die eine Senkung die Emissionen a) generell, b) speziell von CO2, Feinstaub und Stickoxiden durch versuchsweise oder sonstige Umsetzung von Tempo 160 auf Teilstrecken des Straßennetzes belegen? Wenn ja, welche, und mit welchen entsprechenden Inhalten im einzelnen?

 

Liegen Ihnen Untersuchungen oder sonstige Entscheidungsgrundlagen vor, die eine Senkung die Emissionen von Lärm durch versuchsweise oder sonstige Umsetzung von Tempo 160 auf Teilstrecken des Straßennetzes belegen? Wenn ja, welche, und mit welchen entsprechenden Inhalten im einzelnen?

 

Liegen Ihnen Untersuchungen oder sonstige Entscheidungsgrundlagen vor, die eine Senkung von Unfallzahlen, Unfallschwere, Zahl von Unfalltoten oder Zahl von Unfallverletzten durch die Umsetzung von Tempo 160 auf Teilstrecken des Straßennetzes belegen? Wenn ja, welche, und mit welchen entsprechenden Inhalten im einzelnen?

 

 

Antwort:

Es ist zweifellos Stand der Technik, dass bei einer Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit auch die Emissionen zunehmen. Hinsichtlich der Unfallsentwicklung ist das Problem wesentlich differenzierter zu sehen. Konkret für den Geschwindigkeitsbereich zwischen 130 km/h und 150 km/h, entsprechend dem italienischen Modell, und 160 km/h, wie in Österreich angedacht, sind keine gesicherten Untersuchungen bekannt.

In diesem Zusammenhang muss auch darauf hingewiesen werden, dass es auf den Autobahnen Deutschlands trotz weitestgehend freier Geschwindigkeitswahl günstigere Unfallsvergleichswerte als in Österreich gibt. In diesem Zusammenhang sind auch die jüngst bekanntgewordenen Ergebnisse aus Dänemark zu sehen, wo trotz Anhebung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h auf 130 km/h die Unfallzahlen gesunken sind. Allerdings war diese Anhebung von einer

Überwachungsoffensive begleitet.

 

Bei Aussagen über Geschwindigkeit und Unfallsentwicklung sind daher immer auch andere Parameter zu berücksichtigen.

 

Fragen 5, 6 und 8:

Wie erklären Sie Ihr Festhalten am Projekt „Tempo 160“ trotz der unmissverständlichen Tatsache, dass beispielsweise, aber nicht nur an der geplanten Versuchsstrecke in Oberösterreich (A1) die Stickoxid- und Feinstaubgrenzwerte nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft bereits heute überschritten werden und eine wissentliche Vergrößerung dieses Problems durch die Zulassung noch höherer Geschwindigkeiten daher klar in Konflikt mit bundesgesetzlich bindenden Vorgaben des IG-L stünde?

 

Wie erklären Sie Ihr Festhalten am Projekt „Tempo 160“ trotz der unmissverständlichen Tatsache, dass die mit der auch nur versuchsweisen Umsetzung unausweichlich verbundene Zunahme des Ausstoßes an klimawirksamen Gasen wie CO2 im Widerspruch zur Einhaltung der Klimaschutz-Verpflichtungen nach dem Kyoto-Protokoll stünde, zu denen Österreich bundesgesetzlich und im EU-Rahmen verpflichtet ist?

 

Welchen Beitrag würde von Ihnen beabsichtigte versuchsweise oder sonstige Umsetzung von Tempo 160 auf Teilstrecken des Straßennetzes zur Erreichung der gesetzlichen Verpflichtungen Österreichs nach dem Emissionshöchstmengengesetz Luft leisten?

 

Antwort:

Vorauszuschicken ist, dass die Entscheidung über den Standort der Versuchsstrecke noch offen ist. Auf die Einhaltung der Klimaschutzverpflichtungen kann daher erst zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Streckenabschnitt eingegangen werden.

 

Wie bereits in der Beantwortung der Fragen 1-4 ausgeführt, steht ein Zusammenhang zwischen Emissionen und Geschwindigkeit außer Zweifel. Ebenso steht außer Zweifel, dass ich im Straßenbau, ebenso wie in allen Infrastrukturprojekten, ein besonders hohes Augenmerk auf die Umweltverträglichkeit lege.

 

Realistisch betrachtet wird bereits heute auf vielen Abschnitten unseres Autobahnnetzwerkes Tempo 160 und noch viel schneller gefahren. Eine Befragung des ÖAMTC zeigt weiters, dass eine signifikante Anzahl der PKW-Fahrer eine Anhebung des Geschwindigkeitslimits befürworten würden.

Es sollte daher möglich sein die Bedürfnisse und Wünsche eines wesentlichen Teils der österreichischen Bevölkerung offen zu diskutieren und unter Bedachtnahme auf die anderen Einflussgrößen ein geeignetes Erprobungsprojekt mit entsprechender Überwachung durchzuführen.

 

Frage 7:

Haben Sie bereits die Meinung der Industrie – beispielsweise der VOEST im für den Probelauf von Ihnen ins Auge gefassten oberösterreichischen Zentralraum – zu Ihrem Tempo-160-Vorschlag eingeholt, konkret hinsichtlich der Frage, ob die Industrie nach den bereits getätigten bzw. paktierten massiven Maßnahmen gegen Luftschadstoffemissionen zu zusätzlichen Investitionen in die Reduktion des Schadstoffausstoßes bereit ist, um die durch Ihre Tempo-160-Pläne zu erwartenden Emissionszuwächse in der Region zu kompensieren? Ist die Industrie dazu bereit?

 

Antwort:

Im Vergleich zum aktuellen Schadstoffausstoß der von Ihnen angeführten VOEST ist der Schadstoffausstoß eines 20 km langen Autobahnabschnittes im Promillebereich. Da die Anhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 160 km/h nur von PKW-Lenkern und hier wieder nur von einem Teil in Anspruch genommen wird verschiebt sich diese Relation in den marginalen Bereich.

 

Frage 9:

Würde eine Überwachung von Tempo 160 mittels Section Control ausschließen, dass auf einem Teil der so überwachten Strecke weit höhere Geschwindigkeiten als zulässig gefahren werden (z.B. 200 km/h) bei entsprechend niedrigeren Geschwindigkeiten auf den verbleibenden Streckenteilen (z.B. 120 km/h)?

 

Antwort:

Diese Möglichkeit besteht grundsätzlich auch bei mit Section Control überwachten Abschnitten auf denen mit Tempo 130 gefahren wird. Im übrigen dürfte ein derartiges Verhalten ziemlich praxisfremd sein.

 

Fragen 10 bis 15:

Wer sind die Mitglieder der von Ihnen eingerichteten Arbeitsgruppe zum Thema Tempo 160?

 

Welche Aktivitäten sind seitens dieser von Ihnen eingerichteten Arbeitsgruppe bisher im einzelnen gesetzt worden?

 

Wie viele Arbeitsstunden für MitarbeiterInnen Ihres Ressorts waren bisher mit den einzelnen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Ihrem Tempo-160-Vorhaben verbunden (bitte um Angaben je nach Tätigkeit)?

 

Wieviele Arbeitsstunden für MitarbeiterInnen ihres Ressorts sollen künftig mit den einzelnen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Ihrem Tempo-160-Vorhaben verbunden sein (bitte um Angaben je nach Tätigkeit)?

 

Wie hoch waren bisher die Ausgaben für die einzelnen Aktivitäten im Zusammenhang mit Ihrem Tempo-160-Vorhaben (bitte um Angaben je nach Aktivität)?

 

Wie hoch sollen die künftigen Ausgaben für die einzelnen Aktivitäten im Zusammenhang mit Ihrem Tempo-160-Vorhaben (bitte um Angaben je nach Aktivität)?

 

Antwort:

Die Arbeitsgruppe besteht aus Mitarbeitern meines Kabinettes, die Fachmeinungen aus den unterschiedlichsten Bereichen einholen. Der damit verbundene Aufwand ist, im Vergleich zu den anderen Aufgaben, bisher äußerst gering. Über die künftigen Kosten insbesondere in Zusammenhang mit der Realisierung der Erprobungsstrecke liegen noch keine Schätzungen vor.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Hubert Gorbach