3098/AB XXII. GP

Eingelangt am 09.08.2005
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BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Anfragebeantwortung

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien                                                                                                                      GZ 10.000/0084-III/4a/2005

                                                                                           

                                                                                                                                       

                                                                                                                                       

                                                                                                                                       

                                                                                                                                       

                                                                                                     

                                                                                                                        Wien, 8. August 2005                        

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3148/J-NR/2005 betreffend Aktivitäten des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseums im „Narrenturm“ und nach wie vor nicht erfolgte bauliche Sanierungsmaßnahmen, die die Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen am 9. Juni 2005 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Ad 1. und 2.:

Ziel des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1998, BGBl I Nr. 181/1998, ist die Rückgabe der nach Abschluss der Provenienzforschung in den österreichischen Bundesmuseen identifizierten Kunstgegenstände, die im Zuge oder als Folge der NS-Gewaltherrschaft in das Eigentum des Bundes gelangt sind, an die früheren Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger.

 

Im Zuge des Auftrages an alle Bundesmuseen, Provenienzforschung durchzuführen, wurde auch das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum mit Recherchen nach Präparaten beauftragt, welche von Personen stammen, die im Zeitraum 1938 bis 1945 Opfer des Nationalsozialismus geworden sind. Der dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur vorgelegte Bericht bezieht sich auf vier Präparate.

 

Zwei der im Bericht des Museums erwähnten Präparate stammen von Österreichern. Die Leiterin des Pathologisch-anatomischen Bundesmuseums wurde deshalb angewiesen, mit Rücksicht auf die Hinterbliebenen der Opfer den Bericht nicht zu publizieren, sondern die Angehörigen der österreichischen Opfer, von denen präparierte Leichenteile im Museum verwahrt werden, ausfindig zu machen, damit das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur an diese Angehörigen mit der Frage herantreten kann, ob eine Ausfolgung der Leichenteile oder deren würdige Bestattung gewünscht wird. Ein Präparat stammt von einer unbekannten russischen Kriegsgefangenen, eines von einer Ostarbeiterin unbekannter Herkunft. Eine würdige Bestattung auch dieser Leichenteile nach Rücksprache mit der russischen Botschaft in Wien wurde in Aussicht genommen.

 

Ad 3. – 11. und 16.:

Im Jahr 2003 fanden im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur mehrere Dienstbesprechungen mit Vertretern der Universität Wien und der BIG über die geplante Generalsanierung des so genannten „Narrenturmes“, in welchem das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum untergebracht ist, statt. Der Delegierte der BIG erklärte, das von ihm vertretene Unternehmen sei bereit, eine Vereinbarung über die Geschäftsführung und begleitende Kontrolle des Sanierungsvorhabens abzuschließen. Zur Vorbereitung dieser Vereinbarung sollte gemeinsam mit der Leiterin des Pathologisch-anatomischen Bundesmuseums ein Katalog der substanzsichernden Maßnahmen, gereiht nach Dringlichkeit, erstellt werden, und zwar auf Basis der von DI Kratschmer bereits erstellten Studien über Restaurierung und Neunutzung des „Narrenturmes“.

 

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur ging davon aus, dass die Finanzlage neben der Sanierung nicht auch noch eine Neueinrichtung des Pathologisch-anatomischen Bundesmuseums ermöglicht, sodass, sofern nicht Sponsorenleistungen gewonnen werden könnten, das Museum mit seiner bisherigen Einrichtung das Auslangen finden müsse, die in den nur baulich zu sanierenden Räumlichkeiten wieder aufzustellen sei.

 

Die BIG hat darauf mitgeteilt, dass eine nachträgliche Nachrüstung der in einer ersten baulichen Sanierung hintangestellten Maßnahmen für einen zeitgemäßen Museumsbetrieb technisch und finanziell ungünstig erscheine und dass für die Neueinrichtung des Objektes gemeinsam mit den Adaptierungsarbeiten vorzusorgen wäre. Die Konfiguration der Räume im „Narrenturm“ mache eine fixe Vitrinenkonstruktion erforderlich und eine Nachrüstung würde erheblichen verlorenen Aufwand involvieren.

 

Zur Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen wurde vorgeschlagen, dass die Universität Wien oder die BIG den für die Finanzierung des Bauvorhabens erforderlichen Kredit aufnimmt, wobei die Rückzahlungen in Form eines Zuschlages zum Mietzins, etwa 20 bis 25 Jahre lang, erfolgen könnte. Hinsichtlich Umfang und Kostenrahmen des Projektes, hinsichtlich der Mitwirkungsrechte und -pflichten der einzelnen Partner sowie der Art der Finanzierung wurde bislang keine Festlegung erzielt.

 

Architekt DI Kratschmer führt laufend Kontrollen hinsichtlich des Erhaltungszustandes des „Narrenturmes“ durch und meldet aufgetretene Schäden zur Behebung.

Die Neukonzeption und bauliche Sanierung des Museums geschieht im Hinblick auf eine Erhöhung der Publikumsfrequenz.

 

Ad 12. und 13.:

Bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Bundesmuseen-Gesetzes wurde erwogen, das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum mit den medizinhistorischen Sammlungen der Universität Wien zu vereinigen bzw. es an eine andere größere Organisationseinheit anzuschließen. Die Umwandlung in eine vollrechtsfähige wissenschaftliche Anstalt hätte dann eine Novellierung des Bundesmuseen-Gesetzes bedingt. Aus demselben Grund wurde auch keine entsprechende Museumsordnung erlassen.

 

Ad 14.:

Seitens des Pathologisch-anatomischen Bundesmuseums wurde am 5. November 2003 ein Vertrag über die Erstellung eines Werks über die Geschichte des „Narrenturmes“ abgeschlossen, ohne die fälligen Raten aus der zugewiesenen Dotation des Museums begleichen zu können. Um derartige Budgetüberschreitungen hintanzustellen, wurde die Anordnungsbefugnis der Leiterin betragsmäßig beschränkt, wobei Zahlungen für Miete, Betriebskosten, Gas, Strom, etc. ausgenommen wurden.

 

Die Kontrolle der Abrechnungen des Museums hat zudem ergeben, dass wiederholt völkerkundliche Objekte aus Afrika, die den Sammlungsbereich des Pathologisch-anatomischen Bundesmuseums nur peripher betreffen, angekauft wurden. Da einer Untersagung des Ankaufs derartiger Gegenstände per Erlass nicht Folge geleistet wurde, sind alle künftigen Ankäufe von Sammlungsobjekten von einer vorherigen schriftlichen Genehmigung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur abhängig gemacht worden.

 

Ad 15.:

Die Gestaltung der Öffnungszeiten zählt zu den Aufgaben der Museumsleitung. Die zuständige Sektion des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur wurde angewiesen, gemeinsam mit der Museumsleitung eine Prüfung hinsichtlich möglicher Optimierungen durchzuführen.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Elisabeth Gehrer e.h.