3100/AB XXII. GP

Eingelangt am 09.08.2005
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BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Anfragebeantwortung

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien                                                                                                                      GZ 10.000/0085-III/4a/2005

                                                                                           

                                                                                                                                       

                                                                                                                                       

                                                                                                                                       

                                                                                                                                       

                                                                                                     

                                                                                                                        Wien, 8. August 2005                        

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3158/J-NR/2005 betreffend Schiele-Gebleicht II, die die Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen am 9. Juni 2005 an mich richteten, wird nach der Einholung einer Stellungnahme der Direktion der Albertina wie folgt beantwortet:

 

 

Ad 1.:

Die von Herrn Albertini zu den betreffenden Zeichnungen verfassten Protokolle halten Untersuchungen der jeweiligen Papiere und der Pigmente und ihre Reaktion auf den möglichen Einsatz von Chloramin und Natriumborhybrid fest.

 

Ad 2. und 3.:

Der zwischen der Albertina und dem Grafikrestaurator Christoph von Albertini abgeschlossene Überlassungsvertrag hält den Gegenstand der Überlassung (fünf Zeichnungen von Egon Schiele mit den Inventarnummern 32601, 29764, 25143, 25793 und 31019), die Dauer der Überlassung (sechs Monate), den Zeitpunkt des Hintransports (spätestens bis 15. Juni 2004), die Aufbewahrung in einem Hochsicherheitslager und die Versicherung fest. Die schriftliche Ausfertigung des Überlassungsvertrages wurde am 18. Juni 2004 vom Direktor der Albertina unterzeichnet.

 

Ad 4.:

Die Entscheidung, die fünf Schiele-Werke nach Beendigung der maltechnischen Untersuchungen einer Restaurierung in der Schweiz zu unterziehen, wurde von der Direktion der Albertina getroffen. Die Entscheidung fiel nach Erstellung eines Offerts durch Herrn Albertini am 17. Juli 2004.

 

Ad 5. bis 7.:

Eine Information des Bundesdenkmalamtes vor Beginn der Restaurierungsarbeiten erfolgte nicht. Die beauftragte Spedition hat das notwendige Formular für das Ansuchen auf befristete Ausfuhrgenehmigung ausgefüllt und darin als Begründung zutreffend „maltechnische Untersuchung“ angegeben. Dieses Formular wurde von der zuständigen Abteilung der Albertina unterfertigt. Für die Verlängerung hat die Spedition am 24. Jänner 2005 das Formular durch Übernahme der Angaben im ersten Ansuchen ausgefüllt. Zu diesem Zeitpunkt waren die maltechnischen Untersuchungen bereits abgeschlossen und es hatte die Restaurierung begonnen.

 

Ad 8. und 9.:

Der Direktor der Albertina hat die Frage der Restaurierung der Schiele-Werke eingehend mit den Restaurator/innen des Hauses erörtert, diese haben die Restaurierung nicht empfohlen. In einem Aktenvermerk vom 16. August 2004 hat Frau Mag. Elisabeth Thobois ihre Bedenken gegen eine Restaurierung niedergelegt. Nach Einholung der Meinung externer Restauratoren und nach Abwägung der Argumente hat sich die Direktion dennoch zur Durchführung der Restaurierung entschlossen.

 

Ad 10.:

Laut Auskunft der Direktion der Albertina wurde Christoph von Albertini deshalb beauftragt, weil er als Spezialist auf dem Gebiet der Papierrestaurierung gilt. Er verfügt über eine 40-jährige Berufserfahrung und hat auch schon Papierarbeiten von Schiele restauriert.

 

Ad 11.:

Die Albertina hat eine Direktvergabe vorgenommen. Bei den betreffenden Kunstwerken handelt es sich um künstlerisch bedeutende Arbeiten in einem restaurierungsbedürftigen Zustand, die nur einem Restaurator anvertraut werden sollten, der das volle Vertrauen der Direktion der Albertina hat.

 

Ad 12.:

Die Zeichnung wurde nach Aussage des Restaurators nicht „zerschnitten“. Vielmehr ging es um die Eliminierung vollkommen zerstörter Papierfasern - was zu einer Trennung und einem anschließenden, neuen Zusammenfügen der vorhandenen Fasern führte. Es ist dies laut Angabe der Albertina die einzige Möglichkeit für ein ästhetisch befriedigendes und restauratorisch zu rechtfertigendes Ergebnis. Die Eliminierung der Bruchfalte war notwendig, um den ursprünglichen Zustand weitgehend wiederherzustellen. Der Auftrag hiezu erfolgte durch die Direktion der Albertina, die diesen Restaurierungsschritt als konservatorische Maßnahme sieht.

 

Ad 13.:

Grundsätzlich wird der Wert eines Kunstwerkes auch durch seinen Erhaltungszustand bestimmt. Ist dieser beeinträchtigt, dann ist der Wert des Werkes entsprechend niedriger anzusetzen. Die in der Anfrage getroffene Feststellung, dass restaurierte Kunstwerke grundsätzlich an Wert verlieren, kann seitens des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur deshalb nicht geteilt werden.

 

Ad 14.:

Die Werke wurden im unrestaurierten Zustand zu folgenden Werten versichert:

 

Inv. Nr. 32601, Knabe mit langem Rock

    70.000

Inv. Nr. 29764, Erlösung

 € 210.000 

Inv. Nr. 25143, Mädchenhalbakt

    40.000 

Inv. Nr. 25793, Liegende Frau mit geneigtem Kopf

    70.000

Inv. Nr. 31019, Brustbild eines rothaarigen Mädchens

    40.000€

 

Diese Werte wurden nach Prüfung durch die Versicherung als fixe Taxe (= im Schadensfall außer Streit gestellte vereinbarte Werte) akzeptiert.

 

Der Schätzwert der Werke nach erfolgter hervorragender Restaurierung beträgt:

Inv. Nr. 32601, Knabe mit langem Rock

  1.300.000 

Inv. Nr. 29764, Erlösung

  3.500.000 

Inv. Nr. 25143, Mädchenhalbakt

     900.000 

Inv. Nr. 25793, Liegende Frau mit geneigtem Kopf

     800.000 

Inv. Nr. 31019, Brustbild eines rothaarigen Mädchens

     500.000 

 

Die ersten drei genannten Werke wurden inzwischen als Leihgaben an das Van Gogh Museum in Amsterdam verliehen. Dabei wurden die genannten hohen Versicherungswerte jeweils vom Leihnehmer und dessen Versicherung akzeptiert.

 

Ad 15.:

Der Restaurierbericht hält dazu fest, dass zwei der Schiele-Zeichnungen (Inventarnummern 32601 und 25143) infolge massiver Exponierung an das Licht ohne schützende Maßnahmen durch ihre Vorbesitzer übermäßig stark gebräunt waren, wodurch gewisse vom Künstler verwendete Farben nicht mehr wahrnehmbar waren, was die beabsichtigte Wirkung der Darstellung beeinträchtigte. Aus diesem Grund wurde mittels einer Maske gezielt Chloramin T partiell zum Einsatz gebracht. Die Reduktion der Bräunung hat die ursprüngliche Wirkung wieder besser wahrnehmbar gemacht. Die Blätter wurden selbstverständlich nicht zwecks Bleichung dem Sonnenlicht ausgesetzt.

 

Ad 16. und 17.:

Laut Auskunft der Albertina ist keines der Herrn Albertini überlassenen Schiele-Werke beschädigt worden. Die endgültig angefallenen Gesamtkosten betragen € 31.460,09. Dieser Betrag wurde zur Gänze aus zweckgebundenen, allein für die Restaurierung vorgesehenen Sponsormitteln finanziert.

 

Ad 18. und 19.:

Infolge eines Schreibfehlers wurden die Lagerkosten in der Beantwortung 2736/AB bei Frage 13 nicht in Schweizer Franken, sondern in Euro angegeben. Tatsächlich betrugen sie 3.642,60 Schweizer Franken. Diese angegebenen Lagerkosten beinhalten auch die Kosten für Zollabwicklung, Verpackung, Bürgschaftsprovision etc. Die fünf Schiele-Werke wurden während ihres Aufenthalts in der Schweiz in einem Hochsicherheitslager der Speditionsfirma Möbeltransport AG in Zürich untergebracht.

Sowohl die maltechnischen Untersuchungen als auch die notwendigen Restaurierungsarbeiten an den Schiele-Werken erfolgten laut Auskunft der Albertina äußerst sorgfältig und behutsam. Herr Albertini hat angesichts des Wertes und der Bedeutung der Werke einen längeren Zeitraum für deren Wiederherstellung vorgesehen und in Anspruch genommen.

 

 

Die Bundesministerin:

Elisabeth Gehrer e.h.