3125/AB XXII. GP
Eingelangt am 10.08.2005
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ. BMF-310205/0084-I/4/2005
Herrn
Präsidenten des
Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr
Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr.
Wie bei meiner Beantwortung der schriftlichen Anfrage vom
9. Juni 2005, Nr. 3130/J, der Abgeordneten Dr. Kurt
Grünewald, Kolleginnen und Kollegen, möchte ich vor Beantwortung der konkreten
Fragen, einige allgemeine Bemerkungen zur F&E-Politik dieser
Bundesregierung machen.
Daten der Statistik Austria belegen,
dass die Gesamtsumme der Forschungsausgaben im Zeitraum 2000 bis 2004
gegenüber dem Vergleichszeitraum 1995 bis 1999 um 47% gestiegen sind.
Allein daraus ist zu entnehmen, wie
wichtig dieser Bundesregierung Investitionen in Forschung und Entwicklung und
damit Investitionen in die Zukunft unserer Kinder sind.
Dieser eingeschlagene Weg wurde im
Bundesvoranschlag für das Jahr 2006 konsequent fortgesetzt. 2006 sind
zusätzlich 30 Millionen € für Forschung vorgesehen. Die
Sonderoffensive wird fortgesetzt und mit 220 Millionen € dotiert.
All diese Maßnahmen führen zu einer
Erhöhung der Forschungsquote seit 1999 von 1,9% auf 2,5% im Jahr 2006.
Mit dem Reformdialog für Wachstum und
Beschäftigung wurde abschließend die indirekte Forschungsförderung durch die
zusätzliche Hereinnahme der Auftragsforschung in die Bemessungsgrundlage für
Freibetrag und Prämie sowie die Bereitstellung einer weiteren Milliarde € bis
2010 für direkte Forschungsförderung beschlossen.
Wie auch dem Regierungsübereinkommen
entnommen werden kann, ist es das Ziel dieser Bundesregierung – und damit
selbstverständlich auch meines, den wettbewerbsfähigen, innovativen und
wissensbasierten Wirtschaftsstandort Österreich nicht nur zu erhalten, sondern
auch auszubauen und damit Wachstum und Beschäftigung zu erhalten. Dazu
benötigen wir natürlich gut ausgebildete, hoch qualifizierte Arbeitskräfte.
Dazu brauchen wir Experten, Forscher in den Betrieben, an den Universitäten und
in den sonstigen Forschungseinrichtungen.
Konsequent und folgerichtig war es
daher, dass wir mit der Errichtung der Nationalstiftung für Forschung,
Technologie und Entwicklung einen Meilenstein in der österreichischen
Forschungspolitik gesetzt und für die Unternehmen steuerliche Anreize wie die
Forschungsprämie und den Forschungsbeitrag für mehr Investitionen in Forschung
und Entwicklung geschaffen haben.
Ich möchte aber auch nicht verschweigen,
dass die auf europäischer und nationaler Ebene als Zielgröße formulierten 3%
F&E-Quote für sich allein noch zu wenig über Wachstum, Wohlstand und
Produktivität einer Volkswirtschaft aussagt. Nur ein effektiver und
effizienter Einsatz der für F&E von den öffentlichen Haushalten und den
Unternehmen bereitgestellten Mittel wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer
Wirtschaft und die wissenschaftlichen Leistungen unserer wissenschaftlichen
Einrichtung nachhaltig verbessern. Nicht nur die Höhe der ausgegebenen Mittel
ist für den Nutzen entscheidend, sondern vor allem das, was die forschenden
Einrichtungen daraus machen. Insofern möchte ich das Anliegen, dass der
forschungspolitische Fokus auch auf der qualitativen Umsetzung der
F&E-Ausgaben liegen muss, sogar noch verstärken.
Vor
Beantwortung der konkreten Fragen - soweit dies überhaupt zum derzeitigen
Zeitpunkt bereits möglich ist - seien weitere grundsätzliche Anmerkungen
vorangestellt:
·
Forschung und Entwicklung ist im
Lichte der Lissabon- und Barcelona Agenda ein wichtiges Element zur
Dynamisierung von Wachstum und Beschäftigung.
·
In diesem Sinne hat die
Bundesregierung im Ministerrat vom 3. Mai 2005 beschlossen, mit der Forschungsanleihe zusätzliche
Forschungsmittel in Höhe von 1 Mrd. € vorzusehen, die in den Jahren 2005 bis
2010 ausgabewirksam werden sollen.
·
Die Österreichische
Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) stellt die entsprechende Liquidität zur
Verfügung – unter anderem dienen Ausschüttungen der ÖIAG der Gegenfinanzierung
·
Die Bundesregierung setzt damit
Rahmenbedingungen, die einerseits langfristige Planung ermöglichen und
andererseits dazu beitragen, das hochgesteckte Ziel einer Forschungsquote von
3% im Jahr 2010 erreichbar zu machen.
Auch
unter diesen Gesichtspunkten beantworte ich die konkreten Fragen wie folgt:
Zu
1., 2. und 21.:
Im
Ministerrat vom 3. Mai 2005 („Unternehmen Arbeitsplatz - Reformdialog für
Wachstum und Beschäftigung“) hat die Bundesregierung auf Grundlage eines
einvernehmlichen Ministerratsvortrages des Herrn Bundeskanzlers, des Herrn
Vizekanzlers, des Bundesministers für Finanzen und des Bundesministers für
Wirtschaft und Arbeit u.a. beschlossen, im Rahmen einer neuen
Forschungsoffensive bis zum Jahr 2010 zusätzlich
1
Mrd. € zur Verfügung zu stellen.
Die
Bundesregierung hat ihre Versprechen, zusätzliche Mittel für Forschung und
Entwicklung bereit zu stellen, bisher mehr als erfüllt. So wurden für den
Zeitraum 2001 bis 2003 Sondermittel in Höhe von 509 Mio. €, für den Zeitraum
2004 bis 2006 in Höhe von 600 Mio. € zur Verfügung gestellt. Auch diese Mittel
wurden nicht einmalig mit einem Gesamtbetrag budgetiert, sondern auf mehrere
Jahre aufgeteilt. Diesem Grundsatz folgend, wird auch die zusätzliche
Forschungsmilliarde bis 2010 ausgeschüttet werden. Damit ist gegenüber dem
Regelbudget, das an das Prinzip der Einjährigkeit gebunden ist,
Planungssicherheit gegeben und überdies wird die Nachhaltigkeit für die
Forschung gewährleistet. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die
bevorstehende Haushaltsrechtsreform verweisen, mit der durch die mittelfristige
Budgetplanung die Vorhersehbarkeit des Budgets nachhaltig erhöht werden wird.
Die
Finanzierung wird über den Bundeshaushalt abgewickelt, sodass jedenfalls eine
bundesfinanzgesetzliche Grundlage durch Beschluss des Nationalrates
erforderlich sein wird.
Im
Übrigen verweise ich auf die Novellen des Bundesfinanzgesetzes 2005 und 2006,
mit denen bereits für diese beiden Jahre zusätzliche Budgetmittel
bereitgestellt und die vom Nationalrat am 7. Juli 2005 im Rahmen des Wachstums-
und Beschäftigungsgesetzes 2005
beschlossen worden sind.
Zu 3. bis 5., 9., 14., 17. und
18.:
Die Österreichische
Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) finanziert durch Mittelaufnahmen im Rahmen
ihres "Debt Management" und stellt diese Mittel nach dem jährlichen
Bedarf über den Bundeshaushalt zur Verfügung; dies wird außerdem durch die
verbindliche Anordnung im Bundesfinanzierungsgesetz, das im Rahmen des
Wachstums- und Beschäftigungsgesetzes 2005 geändert wurde, ausdrücklich
bestärkt.
Die Ausstattung der Anleihe orientiert
sich an der Finanzmarktsituation zum Zeitpunkt der Mittelbereitstellung und ist
jeweils unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Finanzierungsform innerhalb
einer Jahresgesamtfinanzierung zu sehen.
Zu 6.:
Bis zum Jahr 2010 soll jedenfalls eine
Milliarde € zusätzlich für Forschung zur Verfügung stehen.
Zu 7.:
Nein, dies ist nicht der Fall. Vielmehr
werden im Wege der Bundesfinanzgesetz-Novellen 2005 und 2006 50 bzw. 75
Mio. € zusätzlich zu bestehenden Offensivmitteln bereit gestellt.
Zu
8.:
Die
Mittelaufnahme wird unter anderem durch Ausschüttungen der ÖIAG
gegenfinanziert.
Zu 10. und 11.:
Es wird sich um eine „normale“ Anleihe
handeln, daher ist keine Steuerbegünstigung vorgesehen.
Zu
12.:
Die Österreichische Industrieholding AG
(ÖIAG) ist gemäß § 7 Abs. 1 ÖIAG-Gesetz 2000, BGBl. I Nr. 24/2000, idgF, in
Erfüllung des jeweils für eine Legislaturperiode von der Bundesregierung
beschlossenen Privatisierungsauftrages mit der gänzlichen oder teilweisen
Privatisierung jener Unternehmen betraut, deren Anteile ihr übertragen sind
oder ihr künftig durch Bundesgesetz oder Rechtsgeschäfte zur Privatisierung
übertragen werden.
Für die laufende Legislaturperiode
bestehen derzeit auf Basis des Privatisierungsauftrages der Bundesregierung
vom 1. April 2003 folgende rechtliche Rahmenbedingungen für weitere
Privatisierungen:
·
Für
die Telekom Austria AG ist die Privatisierung bis zu 100 % anzustreben.
·
Für
die Österreichische Post AG wird ein strategischer Partner gesucht und damit
ein erster Privatisierungsschritt unter der Voraussetzung der flächendeckenden
Erhaltung der Servicequalität und Verbesserung der Unternehmensstruktur im
Interesse der Steuerzahler und Konsumenten vorgenommen.
Der Anteil der ÖIAG an der Telekom
Austria AG beträgt derzeit 30,17 %, wovon 5 % Aktien der Umtauschanleihe
unterlegt sind.
Von der ÖIAG wird nach deren
Mitteilung bei Schaffung der
notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen (insbes. Novellierung des
Postgesetzes) und bei einem geeigneten Kapitalumfeld eine teilweise
Börseneinführung der Österreichischen Post AG angestrebt. Gemäß § 7 Abs. 3
ÖIAG-Gesetz 2000 entscheidet die ÖIAG nach dem pflichtgemäßen Ermessen ihrer
Organe, wann und in welchem Umfang Privatisierungen erfolgen.
Zu
13.:
Die gestellte Frage ist so nicht zu
beantworten, da künftige ÖIAG-Gewinnausschüttungen, welche u.a. zur
Finanzierung der Forschungsmilliarde verwendet werden sollen, zwar größtenteils
von weiteren Privatisierungen, zu einem geringen Teil aber auch von der Höhe
der Dividendenzahlungen der bestehenden Beteiligungen der ÖIAG abhängen.
Konkrete Erlöserwartungen aus künftigen
Privatisierungen der ÖIAG kann ich nicht bekannt geben, da jedes Bekannt werden
solcher Daten gravierende Folgen für das betreffende Unternehmen bzw. den
allfälligen Börsekurs hätte.
Zu 15. und 16.:
Gespräche mit der ÖBFA über verschiedenste Finanzierungsmöglichkeiten werden laufend geführt. Finanzierungsformen, die dem Steuerzahler zusätzliche Kosten verursachen, werden sowohl von der ÖBFA als auch von mir abgelehnt.
Zu 19. und 20.:
Die Belastung des Budgets aus solchen
Aufnahmen ist abhängig von der Ausstattung der Finanzierungen, die sich an der
Finanzmarktsituation zum Zeitpunkt der Mittelbereitstellung orientiert. Die
Ausstattung ist jeweils unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen
Finanzierungsform innerhalb einer Jahresgesamtfinanzierung zu sehen.
Zu 22.:
Im Zuge der Umsetzung der von der
Bundesregierung beschlossenen Forschungsoffensive wird davon auszugehen sein,
dass Forschungsausgaben insgesamt (also auch jene aus anderen Bereichen als
vom Bundessektor) aus unterschiedlichen Quellen finanziert und damit von einer
Vielzahl von Faktoren abhängig sind, wie beispielsweise von unternehmerischen
Investitionsentscheidungen, in Österreich F&E durchzuführen, von der
Teilnahme Österreichs an internationalen Programmen, von ausländischen
Unternehmen, F&E-Aktivitäten in Österreich zu finanzieren und von der
Attraktivität direkter und indirekter öffentlicher Förderungen.
F&E-Ausgaben sind ein bedeutender
Faktor für dynamisches Wirtschaftswachstum. Die österreichische
Bundesregierung hat sich in diesem Sinne, wie eine Reihe anderer europäischer
Regierungen, das Ziel gesetzt, die F&E-Ausgaben auf 3% BIP zu erhöhen. Dabei
wird auch zu berücksichtigen sein, dass die F&E-Quote als Anteil am BIP
wesentlich von der Entwicklung des BIP und damit vom Wirtschaftswachstum
abhängt und das Erreichen einer bestimmten F&E-Quote zwar erstrebenswert
ist, primär jedoch ein reines Ausgabenziel darstellt und ein Mehr an
Forschungsausgaben nicht automatisch zu Produktivitätswachstum führt.
Eine alleinige Erhöhung der
Forschungsquote in Annäherung an die 3%-Marke würde enorme Steigerungen der
privaten und öffentlichen Ausgaben erfordern. Dazu gibt es eine Reihe von
Szenarien verschiedener Wirtschaftsforschungsinstitute. Aus meiner Sicht setzt
jedoch jegliche Steigerung öffentlicher Mittel auch weiterhin einen effektiven
und effizienten Einsatz voraus: Öffentlich finanzierte Forschungsausgaben
sollen zusätzliche, nachhaltige Wachstumseffekte erzeugen, die
Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wissenschaft und
Wirtschaft steigern, nicht jedoch private Mittel ersetzen.
Zu 23.:
Die Bereitstellung der insgesamt einen
Milliarde € für die Forschungsoffensive in Österreich bis zum Jahr 2010 wurde
erst im Rahmen des „Reformdialogs“ am 1. Mai 2005 grundsätzlich und im
Ministerrat am 3. Mai 2005 formell beschlossen.
Die Budgets 2005 und 2006 hingegen
wurden - wie Ihnen bekannt ist - bereits zu einem früheren Zeitpunkt verhandelt
und im Nationalrat am 17. November 2004 bzw. am 7. April 2005 beschlossen.
Zu
24.:
Hier verweise ich auf meine
einleitenden Ausführungen sowie auf meine Beantwortung der Frage 22.
Wie andere europäische Beispiele in
Europa zeigen, ist die F&E-Quote vor allem in jenen Ländern
überdurchschnittlich hoch, in denen die Industrie überdurchschnittlich zu den
F&E-Ausgaben beiträgt. Vergleichswerte für Schweden und Finnland belegen
dies sehr eindrucksvoll: die F&E-Quote für das Jahr 2001 liegt in Schweden
bei 4,27%, hiervon sind 71,88% industriefinanziert. Ähnlich stellt sich die
Situation in Finnland dar: 2002 betrug die F&E-Quote 3,46%, der
industriefinanzierte Anteil 69,52%. In Deutschland liegt die Quote 2002 bei
2,5%, der Industrieanteil bei 65,52% (lt. EUROSTAT). F&E-schwache
Volkswirtschaften sind demgegenüber durch einen relativ hohen Staatsanteil
gekennzeichnet (z.B. hat Portugal eine Staatsquote von rund 61% bei einer
F&E-Quote von 0,8% im Jahr 2002).
Darüber hinaus hängen die notwendigen
Gesamtausgaben zur Zielerreichung einer F&E-Quote wesentlich von der
Entwicklung des BIP ab. Ein überdurchschnittliches BIP-Wachstum erfordert
relativ stärker wachsende F&E-Ausgaben um ein Ansteigen der F&E-Quote
zu erreichen.
Zu 25.:
Kurzfristig und direkt können mit
dieser Maßnahme zusätzlich etwa 4.000 Vollbeschäftigungsjahre finanziert
werden. Hinzu kommt ein indirekter Nachfrageeffekt bzw. Wettbewerbseffekt
(Multiplikator) von ca. 1.000 Vollbeschäftigungsjahren. Da die steuerliche
Förderung eine Dauermaßnahme ist, kann mit einem Dauereffekt von ca.
7.000 Dauerarbeitsplätzen gerechnet werden.
Zu 26.:
Die Zahlen sind mit einander vereinbar.
Nach Berechnungen meines Ressorts wird 2006 eine Spitze von etwa 25.000
Arbeitsplätzen erreicht werden, die insbesondere durch die Maßnahmen beim
Infrastrukturausbau entstehen. Auf Dauer gehen meine Experten von etwa 20.000
zusätzlichen Arbeitsplätzen aus.
Mit freundlichen
Grüßen