3243/AB XXII. GP

Eingelangt am 07.09.2005
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

GZ. BMF-310205/0096-I/4/2005

»

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

 

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

»Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3263/J vom 7. Juli 2005, der Abgeordneten Franz Riepl und Kolleginnen und Kollegen, betreffend „Moderne Sklavenarbeit“ der Firma S.S.U. Montage und Demontage GmbH., beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Lassen sie mich betonen, dass gegenständlicher Fall äußerst bedauerlich ist. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass die Erteilung der Entsendebewilligungen in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit fällt.

 

In meinem Ressort habe ich verschiedene Maßnahmen ergriffen, die redliche Wirtschaft durch verstärkte Kontrollen zu schützen. Der Personalstand der KIAB wird im Laufe des heurigen und des nächsten Jahres aufgestockt. Die Finanzämter erhalten zukünftig die Kompetenz, Kontrollen nach dem
Ausländerbeschäftigungsgesetz durchzuführen. Die Kooperation zwischen KIAB und Finanzämtern wird in Zukunft verstärkt, um Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung umfassend zu bekämpfen. Ich gehe davon aus, dass diese Maßnahmen zu einer noch höheren Aufdeckungsquote im Bereich der illegalen Beschäftigung führen werden.

 

Nun zu den konkreten Fragen:

 

Zu 1.:

Zu dieser Frage muss festgehalten werden, dass es in meinem Ressort keine Möglichkeiten gibt, solche Missbräuche zu verhindern. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sehen vor, dass für Betriebsentsendungen – je nach Art bzw. Dauer – eine Entsendebestätigung oder eine Entsendebewilligung vom AMS erforderlich ist. In beiden Fällen wird ex ante aufgrund von be­haupteten Umständen, teilweise auch belegt durch Vorlage von Verträgen, der erforderliche Bescheid ausgestellt. Die Prüfvorgänge beziehen sich also auf Behauptungen des jeweiligen antragstellenden Unternehmens.

 

Wenn der tatsächliche Einsatz von den im Antrag behaupteten Umständen abweicht, kann dieser Umstand nur anlässlich einer Kontrolle der tat­sächlich ausgeübten Tätigkeit aufgedeckt werden, ohne dass sich zunächst an der Gültigkeit der Bewilligung etwas ändert. Unmittelbar reagiert werden kann lediglich, wenn die Tätigkeit selbst vom Inhalt der Bewilligung abweicht (z.B. eine andere Tätigkeit als die bewilligte bzw. angezeigte ausgeübt wird, andere Personen eingesetzt werden, etc.), da es sich diesfalls um eine illegale Beschäftigung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes handelt. Hier werden durch die KIAB die entsprechenden Schritte in Form von Strafan­trägen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gesetzt.

 


Zu 2.:

Bezüglich der Vorgehensweise möchte ich generell darauf hinweisen, dass die Kontrollorgane der Finanzverwaltung sowie der KIAB bei Routine-Überprüfungen, Schwerpunktaktionen sowie speziellen Fällen die dies erfordern, regelmäßig mit Organen der Sicherheitsdienststellen, der Sozialversicherungsträger sowie des Arbeitsinspektorates zusammenarbeiten. In diesem Zusammenhang möchte ich auch hervorheben, dass diese Zusammenarbeit ausgezeichnet funktioniert. Die Ergebnisse der gemeinsamen Überprüfungen werden von den jeweiligen Behörden in deren Wirkungsbereich umgesetzt.

 

Zum besseren Verständnis eine allgemeine Darstellung der Prozessabläufe bei einem KIAB-Einsatz:

Kontrollen erfolgen entsprechend den Kontrollzielen und allenfalls vorhandener Informationen grundsätzlich in unterschiedlicher Zusammensetzung gemeinsam mit Vertretern der KIAB, des Finanzamtes, des AMS, der Gebietskrankenkasse und des Magistrats bzw. des Arbeitsinspektorats. Ergebnismitteilungen der KIAB werden weiters von den Finanzämtern und Krankenkassen grundsätzlich auf ihre abgaben- und sozialversicherungsrechtliche Relevanz geprüft.

 

Zu 3. bis 6.:

Der Bundesminister für Finanzen hat insbesondere als mit Aufgaben der Bundesverwaltung betrautes Organ im Sinne des Art. 20 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz ganz allgemein die Amtsverschwiegenheit bzw. in abgabenrechtlicher Funktion entsprechend den Bestimmungen des § 48a Bundesabgabenordnung in Verbindung mit § 74 Z 4 Strafgesetzbuch (StGB) die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht zu beachten. Die Verletzung von Geheimhaltungspflichten ist strafbar (§ 251 Finanzstraf­gesetz und § 310 StGB).

 


Auf Grund dieser Bestimmungen ist es mir nicht möglich, die gestellten Fragen, die sich auf ein konkretes Unternehmen und damit auf einen konkreten Steuerpflichtigen beziehen, zu beantworten, wofür ich um Verständnis ersuche.

 

Zu 7.:

In Verdachtsfällen erfolgt eine laufende Kooperation im Wege der Amtshilfe zwischen AMS und KIAB. Eine Übermittlung sämtlicher Beschäftigungsbe­willigungen im Zeitpunkt der Ausstellung erfolgt derzeit nicht. Entsendebe­willigungen werden durch die Zentrale Koordinationsstelle dem Arbeits­inspektorat übermittelt. Das AMS kann auf das EDV-System der KIAB zugreifen, in welchem sämtliche Überprüfungshandlungen der KIAB und allfällig daraus resultierende Verwaltungsstrafverfahren gespeichert sind.

 

Zu 8.:

Anlassbezogen wurden seitens der beteiligten Institutionen Überlegungen angestellt, wie derartigen Vorgangsweisen schon im Vorfeld effektiv begegnet werden kann. Ein Maßnahmenkatalog ist in Ausarbeitung.

 

Wird bei der Kontrolle der Verdacht auf Unterentlohnung festgestellt, so setzt die KIAB nachstehende Maßnahmen:

Für menschenunwürdige Wohnmöglichkeiten oder wenn die Tätigkeit an sich lebensbedrohend oder zumindest gesundheitsgefährdend ist (z.B. auch Überschreitungen der zulässigen Arbeitszeit), erfolgt eine Kooperation mit den zuständigen Behörden.

 


Zu 9.:

Mein Ressort ist erst seit 1. Juli 2002 für die Kontrolle illegaler Beschäfti­gung verantwortlich. Daten können daher erst ab diesem Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden. Nachstehend werden die Daten über die von der KIAB erstellten Strafanträge im Zusammenhang mit Entsendungen über­mittelt.

 

1. HJ 2005

2004

2003

2002

Strafantrag gemäß § 18 AuslBG Abs. 1 (Entsendebewilligung)

40

23

13

4

Strafantrag gemäß § 18 AuslBG Abs. 12

(EU-Entsendebewilligung)

18

19

23

1

Anzeige nach dem AVRAG

29

47

40

2

 

Zu 10.:

Auch diesbezüglich möchte ich vorerst grundsätzlich festhalten, dass allen Teilnehmern am Wirtschaftsleben gleiche und faire Bedingungen gewährleistet werden sollen. Aus diesem Grund ist die Einhaltung des steuerlichen Grundsatzes der "Gleichmäßigkeit der Besteuerung" für das Bundesministerium für Finanzen von wesentlicher Bedeutung. Mein Ressort räumt daher der Betrugs­bekämpfung einen hohen Stellenwert ein. In diesem Zusammenhang möchte ich beispielsweise darauf hinweisen, dass bei den Betriebsprüfern zwischen dem 1. Jänner 2004 und dem 1. Jänner 2005 ein realer Zuwachs um 108 Mitarbeiter erfolgt ist. Auch die seit 1. Juli 2002 zu meinem Ressort gehörende KIAB (Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung) hat bezüg­lich der Betrugsbekämpfung große Erfolge aufzuweisen, wobei z.B. im Jahr 2004 rund 23.000 Kontrollen durchgeführt und dabei 6.169 illegal Beschäftigte festgestellt wurden. Weiters möchte ich auf die Schnelle Eingreifgruppe Bau (SEG-Bau) verweisen, die auch in anderen Branchen tätig ist und im Jahr 2004 1.299 Erhebungen durchgeführt hat. Bezüglich des hohen Stellenwertes den


 

 

die Betrugsbekämpfung in meinem Ressort hat, ist auch auf die Betrugsbekämpfungsberichte der österreichischen Finanzverwaltung und der österreichischen Zollverwaltung zu verweisen, die auch dem Parlament übermittelt werden.

 

Wie aus diesen Ausführungen ersichtlich ist, schöpft das Bundesministerium für Finanzen im Rahmen seiner Kompetenzen die ihm zur  Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Betrugsbekämpfung aus, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu gewährleisten.

 

Zu 11.:

Da es sich in aller Regel um Missstände handelt, die sich erst dann offen­baren, wenn die angezeigte oder bewilligte Tätigkeit bereits begonnen hat (Divergenz zwischen Antrag/Bewilligung und tatsächlicher Beschäftigung), sind als wichtigste Informationsquelle interne Informationen, etwa Hinweise durch Betriebsräte oder Brancheninsider anzusehen. Diese können auch darauf beruhen, dass bei Ausschreibungen Anbote mit unglaubwürdiger Preisgestaltung gelegt wurden und daher reelle Unternehmen aufgrund dieser Preisgestaltung nicht zum Zug gekommen sind.

 

Eine konkrete Maßnahme, um künftig derartige Missstände zu verhindern, könnte im Bereich KIAB etwa die lückenlose Kontrolle aller Meldungen von Entsendungen sein. Hier würden jedoch in einem relativ untergeordneten Bereich Kapazitäten für andere Ermittlungen gebunden werden.

 

Zusätzliche gesetzliche Maßnahmen im Bereich meines Ressorts scheinen nicht erforderlich, da die vorhandenen Bestimmungen ausreichend Hand­habe bieten, Missbrauch zu verhindern bzw. aufzudecken.

 

Mit freundlichen Grüßen