3259/AB XXII. GP

Eingelangt am 08.09.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stoisits, Freundinnen und Freunde haben
am 8. Juli 2005 unter der Nr. 3306/J an mich eine schriftliche parlamentarische An-
frage betreffend Umsetzung von Urteilen des EuGH für Menschenrechte (EGMR) in
Österreich gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2:

Zu dem von der Anfrage angesprochenen Urteil des EGMR vom Februar 2005 ist
vorab zu bemerken, daß der EGMR darin ausschließlich die überlange Verfahrens-
dauer festgestellt und eine Entschädigung in Höhe von € 1.500,- insgesamt zuge-
sprochen hat; die Zahlungsfrist hiefür endet am 24. August 2005. Das Urteil des
EGMR wurde - wie alle Urteile des EGMR, die sich an Österreich richten - umge-
hend den betreffenden Stellen übermittelt. Im konkreten Fall liegt dem Bundeskanz-
leramt eine Zusage der für die Überweisung zuständigen Stelle vor, für die fristwah-
rende Überweisung an den Beschwerdeführer Sorge zu tragen.

Nach Art. 52 B-VG und § 90 1. Satz des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 ist der
Nationalrat u.a. befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen,
deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle ein-
schlägigen Auskünfte zu verlangen.

Für die von der Anfrage angesprochene Dauer eines Verfahrens vor einem unabhän-
gigen österreichischen Gericht fehlt einem Verwaltungsorgan jegliche Ingerenz. Auch
die Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgerichtshof im konkreten Einzelfall ist keine
Angelegenheit, die in den Vollzugsbereich der Bundesregierung oder des Bundes-
kanzlers fällt.

Die allgemeine Problematik der durchschnittlichen Verfahrensdauer vor dem Verwal-
tungsgerichtshof ist jedoch ein bereits seit etlichen Jahren bestehendes Problem.
Nicht zuletzt die Rechtsprechung des EGMR hat zur Einführung der Unabhängigen
Verwaltungssenate in den Ländern geführt, die sehr wesentlich dazu beitragen, den


Verwaltungsgerichtshof zu entlasten. Ein ähnliches Ziel verfolgte bereits zuvor die
Einführung der Möglichkeit für den Verwaltungsgerichtshof, Beschwerden unter be-
stimmten Voraussetzungen abzulehnen (Art. 131 Abs. 3 B-VG). Schließlich sind in
diesem Zusammenhang die seit deutlich mehr als einem Jahrzehnt geführten Debat-
ten um die Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit
I. Instanz zu erwähnen. De-
ren Einrichtung wird auch vom Verwaltungsgerichtshof seit längerem gefordert.

Die Einführung von Verwaltungsgerichten I. Instanz war auch Gegenstand der Bera-
tungen des Österreich-Konvents, der seine Arbeit mit der Präsentation seines Berich-
tes Ende Jänner 2005 beendet hat. Mit der vorliegenden Problematik hat sich insbe-
sondere der Ausschuß 9 des Österreich-Konvents befaßt. In diesem Zusammenhang
ist hervorzuheben, daß die Einführung von Verwaltungsgerichten
I. Instanz innerhalb
des Konvents von Konsens getragen war (siehe dazu den Bericht des Österreich-
Konvents, Teil 3, S 212 ff).

Im Nationalrat wurde zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents ein Be-
sonderer Ausschuß eingerichtet. Dieser Besondere Ausschuß hat bereits zwei Sit-
zungen abgehalten und wird seine Beratungen am 22. September 2005 fortsetzen.
Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht zweckmäßig, einzelne Punkte aus den be-
vorstehenden Beratungen herauszulösen. Vielmehr erscheint der Besondere Aus-
schuß das geeignete Gremium zu sein, um - basierend auf den oben wiedergegebe-
nen Ergebnissen des Österreich-Konvents - über die zukünftige Ausgestaltung einer
Verwaltungsgerichtsorganisation
I. Instanz zu beraten.