3267/AB XXII. GP

Eingelangt am 08.09.2005
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0063-I 3/2005

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,

Kolleginnen und Kollegen vom 8. Juli 2005, Nr. 3319/J, betreffend

Aarhus-Konvention 3. Säule - Rechtsdurchsetzung durch NGO

und widerrechtliche Baumaßnahmen S 1

 

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen vom 8. Juli 2005, Nr. 3319/J, betreffend Aarhus-Konvention 3. Säule - Rechtsdurchsetzung durch NGO und widerrechtliche Baumaßnahmen S 1, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu Frage 1:

 

Das Ziel, das die Europäische Kommission mit dem Richtlinienvorschlag über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten verfolgt, ist grundsätzlich begrüßenswert. Die verbesserte praktische Anwendung und Durchsetzung des Umweltrechts muss den Mitgliedstaaten ein Anliegen sein.

 

Bei der Wahl und Ausgestaltung der Mittel zur Erreichung dieses Ziels berücksichtigt der Vorschlag aber zu wenig die in den europäischen Staaten bestehenden Rechtstraditionen. Da das Aarhus-Übereinkommen den Vertragsparteien in dieser Frage einen sehr großen Umsetzungsspielraum lässt, sollte diese Flexibilität durch europarechtliche Vorgaben nicht auf unverhältnismäßige Weise eingeschränkt werden.

 

Die Stellungnahmen der Mitgliedstaaten haben jedenfalls bisher gezeigt, dass nur sehr wenige Staaten den Richtlinienvorschlag begrüßen und sich für eine Aufnahme der Verhandlungen im Rat aussprechen. In diesem Zusammenhang hat Österreich die Auffassung vertreten, dass die Richtlinie keine zwingende Voraussetzung für die - mittlerweile erfolgte - Ratifizierung des Aarhus-Übereinkommens darstellt. Die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten teilt die Auffassung Österreichs.

 

Zu Frage 2:

 

Die entsprechenden Bestimmungen der Aarhus-Konvention und die darauf basierende Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie 2003/35/EG wurden im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz bereits durch die Novelle 2004 umgesetzt. Darin wurde der Parteienkreis insofern erweitert als nunmehr bestimmte Umweltorganisationen die Möglichkeit haben, sich als Parteien in UVP-Verfahren zu beteiligen. Insbesondere in UVP-Verfahren für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken hat die Novelle 2004 einen bedeutenden Fortschritt aus dem Blickwinkel der Parteienrechte gebracht.

 

Was die Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention betreffend eine mögliche Anfechtung rechtswidrigen Handelns oder Unterlassens abseits von Genehmigungsverfahren anlangt, wird derzeit auf EU-Ebene intensiv diskutiert. Österreich hat in diesem Zusammenhang angeregt, die Kommission möge in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten evaluieren, ob und in welchem Umfang die nationalen Systeme den Anforderungen der Aarhus-Konvention entsprechen und inwieweit allenfalls Umsetzungslücken bestehen. Sollte sich für Österreich ein Umsetzungsbedarf ergeben, wird selbstverständlich entsprechend zu reagieren sein.

 

Es steht außer Diskussion, dass Österreich seine Verpflichtungen aus internationalen Vereinbarungen ernst nimmt.

 

 

 

 

Zu Frage 3:

 

Bei dem gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren handelt es sich um ein nachgeordnetes Bewilligungsverfahren, welches nach Durchführung eines UVP-Verfahrens durchzuführen ist.

 

Gemäß § 23a UVP-G war vor Erlassung einer Trassenverordnung gemäß § 4 Abs. 1 Bundesstraßengesetz die Haupttrasse der S 1 (früher B 301) einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Der Bau der Trasse erfolgt in Teilstücken. Nach Durchführung und Beendigung der jeweiligen nachgeordneten Bewilligungsverfahren (z.B. nach Wasser- oder Forstrechtsverfahren) für die jeweiligen Teilstücke erfolgt der tatsächliche Ausbau.

 

Im gegenständlichen Fall ist das wasserrechtliche Verfahren anhängig.

 

Derzeit finden auf dem genannten Teilstück keine diesbezüglichen Bauarbeiten statt. Es wird seitens der ASFINAG nur an jenen Teilstücken gebaut, für die alle behördlichen Bewilligungen in Rechtskraft erwachsen sind. Mangels baulicher Tätigkeiten kann nicht von einer Duldung einer Fertigstellung ohne wasserrechtliche Bewilligung seitens der Wasserrechtsbehörde ausgegangen werden.

 

Zu Frage 4:

 

Da derzeit, wie bereits oben erwähnt, auf dem gegenständlichen Teilstück keine Bauarbeiten stattfinden, kann aus Sicht der Obersten Wasserrechtsbehörde nicht von einem nicht gesetzeskonformen Zustand gesprochen werden. Es entspricht der Gesetzeslage in Österreich, dass Verfahren, deren Bescheide von einem Höchstgericht aufgehoben worden sind, an die belangte Behörde zur Durchführung eines neuerlichen Verfahrens zurückzustellen sind.

 

Seitens der Obersten Wasserrechtsbehörde wird derzeit dem Grundsatz der ökonomischen Rationalität (Raschheit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit) entsprechend ein wasserrechtliches Berufungsverfahren unter Einhaltung der zwingenden Bestimmungen des AVG und des WRG durchgeführt.

Auch in diesem Verfahren muss die Oberste Wasserrechtsbehörde wie jede andere Behörde im Rahmen des Berufungsverfahrens unter Anwendung des AVG prüfen, ob die formellen Prozessvoraussetzungen vorliegen. Nach Klärung dieser Prozessvoraussetzungen wird in weiterer Folge seitens der obersten Wasserrechtsbehörde in eine inhaltliche Prüfung einzutreten sein.

 

 

Der Bundesminister: