3332/AB XXII. GP

Eingelangt am 11.10.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Inneres

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

 

 

DVR: 0000051

 

GZ 85.700/062-BIA/03

 
 

 

 

 


Wien, am          . Oktober 2005

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter PILZ und KollegInnen haben am 11. August 2005 unter der Zl. 3367/J-NR/2005 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Trinkgelder für BeamtInnen“ (XXII.GP.-NR 2612/J) gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zur Frage 1:

Vom Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) wurden insgesamt 597 PolizistInnen den jeweils örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften wegen Verdacht nach § 304 StGB angezeigt.

 

Zur Frage 2:

Bei insgesamt 71 BeamtInnen haben die vom BIA geführten Erhebungen ergeben, dass sie zumindest in einzelnen Monaten mehr als € 70,-- an „Trinkgeldern“ angenommen haben.

 

Zur Frage 3:                

Auf Grund niederschriftlicher Angaben von Auskunftspersonen geht das BIA davon aus, dass eine „bevorzugte Behandlung“ der Transporte nach Trinkgeldleistungen, etwa in Form einer rascheren Abwicklung der Transportkontrolle erfolgt ist. Über die Anzahl der tatsächlich erfolgten „bevorzugten Behandlungen“ können mangels konkreter Aussagen der einvernommenen Auskunftspersonen keine gesicherten Angaben gemacht werden.

 

Zur Frage 4:                

In insgesamt neun Fällen wurde angegeben, dass PolizistInnen die Zahlung von „Trinkgeldern“ aktiv gefordert haben.

 

Zur Frage 5:                

Ja.

 

Zur Frage 6:                

Vom BIA wurden insgesamt 55 BeamtInnen wegen des Verdachtes nach § 302 StGB, weitere 70 BeamtInnen wegen des Verdachtes nach § 297 StGB und ein Beamter wegen des Verdachtes nach § 144 StGB an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften angezeigt.

 

Zur Frage 7:                

Ja.

 

Zu den Fragen 8 und 9: 

Gemäß § 304 Abs. 2 StGB ist ein Beamter auch zu bestrafen, wenn er für die pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäftes Vermögensvorteile fordert, annimmt oder sich versprechen lässt.

 

Darüber hinaus regelt auch die Bestimmung des § 59 Abs. 1 BDG die Geschenkannahme durch BeamtInnen. Demnach ist es einem Beamten untersagt ein Geschenk, einen anderen Vermögensvorteil oder einen sonstigen Vorteil für sich oder einen Dritten in Hinblick auf seine amtliche Stellung zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen. Als „Geschenk“ bzw. gleichzuhaltenden Vorteil wird dabei wertmäßig jedwede Möglichkeit eines Wertzuwachses angesehen, der das Ausmaß orts- oder landesüblicher Aufmerksamkeiten von geringem Wert übersteigt. Als geringwertig sind zum Beispiel Reklameartikel einfacher Art mit Firmenaufdruck wie Kalender, Kugelschreiber, Schreibblöcke oder ähnliche Gegenstände anzusehen. Ein geringfügiger Wert wird jedoch bei einem „Werbegeschenk“ dann nicht anzusetzen sein, wenn ein hoher Materialwert vorliegt, mag auch ein „Firmenaufdruck“ erfolgt sein (z.B. goldener Kugelschreiber). Die Ortsüblichkeit übersteigen jedenfalls Bücher, Theaterkarten, mehrere Flaschen Wein oder eben so genannte „Trinkgelder“.

 

Im Gegensatz zu den strafrechtlichen Normen des § 304 StGB, welche auf die pflichtkonforme bzw. die pflichtwidrige Vornahme von Amtsgeschäften abstellen, setzt der Tatbestand des § 59 BDG bereits wesentlich früher ein. So soll damit insbesondere der Schaffung eines „günstigen Klimas“ vorgebeugt werden.  § 59 BDG erklärt daher die Geschenkannahme generell auch dann für unzulässig, wenn diese nicht mit der konkreten Amtsausübung in Zusammenhang steht.

 

Zur Frage 10:              

Alle an die Staatsanwaltschaft angezeigten Fälle werden auch einer disziplinarrechtlichen Prüfung unterzogen.

 

Zur Frage 11:              

Die disziplinarrechtlichen Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen.