3389/AB XXII. GP
Eingelangt am 18.11.2005
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BM
für Gesundheit und Frauen
Anfragebeantwortung
Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Dr.
Andreas Khol
Parlament
1017
Wien
GZ:
BMGF-11001/0121-I/3/2005
Wien, am 17. November 2005
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche
parlamentarische
Anfrage Nr. 3397/J der Abgeordneten Grünewald,
Freundinnen und Freunde wie folgt:
Frage 1:
Im Jahr 1996 wurde das
„Versorgungskonzept Onkologie“ vom Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen
(ÖBIG) im Auftrag des Gesundheitsressorts erstellt. Das Konzept umfasst eine
Bestandsaufnahme und -analyse der (damaligen) Versorgungssituation (stationäre
Versorgung, Krebsnachsorge, komplementäre onkologische Dienste). Weiters wurden
der Reformbedarf und die Zielvorstellungen für die Weiterentwicklung der
onkologischen Versorgung, darunter auch der Auf- und Ausbau einer
psychosozialen onkologischen Versorgungsstruktur, formuliert. Das Konzept
bildete die Basis für das in den Österreichischen Krankenanstalten- und
Großgeräteplan (ÖKAP/GGP) eingeflossene Konzept für die akutstationäre
onkologische Versorgung. Die Festlegungen im ÖKAP/GGP sind in einer
aktualisierten Form auch in den Entwurf zum Österreichischen Strukturplan
Gesundheit (ÖSG) eingeflossen.
Weiters
ist die Thematik hinsichtlich des intramuralen Bereichs von einer im Jahr 2002
im Auftrag des Gesundheitsressorts vom ÖBIG erstellten Studie betreffend die
stationäre psychotherapeutische und psychologische Versorgung mitumfasst, ein Exemplar
dieser Studie ist der Beantwortung beigeschlossen.
Frage
2:
Im bereits erwähnten
„Versorgungskonzept Onkologie“ (ÖBIG 1996) wurden in Bezug auf den Auf- und
Ausbau einer psychosozialen onkologischen Versorgungsstruktur allgemeine
Indikationskriterien und Problemstellungen der psychosozialen Betreuung sowie
erforderliche Strukturen in den verschiedenen Versorgungsebenen definiert.
In der Studie zur
stationären psychotherapeutischen und psychologischen Versorgung (ÖBIG 2002)
wurden die Entwicklungserfordernisse in der Versorgung von Patientinnen und
Patienten der Akutkrankenanstalten und Rehabilitationszentren im Allgemeinen
aufgezeigt.
Für die akutstationäre
Versorgung wurden im Österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplan
(ÖKAP/GGP) 2003 sowie im Entwurf zum Österreichischen Strukturplan Gesundheit
(ÖSG) Richtlinien für Strukturqualitätskriterien für die onkologischen
Versorgungsbereiche, die Palliativ- und Hospizversorgung sowie für die
psychosomatische Versorgung definiert. Damit soll die Bereitstellung von
Psychotherapie, Psychoonkologie bzw. psychosozialer Betreuung als verbindlicher
Standard in den Krankenhäusern gesichert werden.
Wie eine
Krebserkrankung bewältigt wird, ist jedoch individuell unterschiedlich. Jede/r
Krebskranke reagiert auf vergleichbare Situationen unterschiedlich, aber auch
die/der Einzelne passt ihre/seine Bewältigungsstrategien den Belastungen der
jeweiligen Krankheitsphase an.
Krebspatientinnen/Krebspatienten
erfahren durch die Diagnose und im Laufe der Behandlung eine enorme körperliche
und psychische Belastung. Beobachtbare Veränderungen im Verhalten und Erleben
der Patientinnen/Patienten ergeben sich durch die Notwendigkeit der Anpassung
an die veränderte Situation. Es wird in diesem Zusammenhang von sogenannten
„Anpassungsreaktionen" gesprochen, durch welche die Patientin/der Patient
in die Lage kommt, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen, und nicht "um psychopathologisch
klassifizierbare Prozesse".
Ausgangspunkt der
Behandlung sollte eine fachlich korrekte und ausführliche psychologische
Diagnostik sein, aus der sowohl eine spezifische psychologische
Indikationsstellung als auch mögliche Faktoren für die Entstehung und
Aufrechterhaltung (psychosoziale Situation, Persönlichkeitseigenschaften etc)
der Krankheit hervorgehen.
Anhand dieser
Erkenntnisse kann für jede Patientin/jeden Patienten ein individuelles
Behandlungskonzept (Dauer, Frequenz, Methode etc) entworfen und entsprechende
Behandlungsziele formuliert werden. Dies sollte nach Möglichkeit gemeinsam mit
der Patientin/dem Patienten gemacht werden. Die im Rahmen der Behandlung
eingesetzten Interventionen haben sich an den Bedürfnissen und der
Persönlichkeit der jeweiligen Patientin/des jeweiligen Patienten zu
orientieren.
Fragen 3 und 4:
Nach
den Bestimmungen des Bundes-KAKuG hat die Landesgesetzgebung sicherzustellen,
dass in den auf Grund ihres Anstaltszwecks und Leistungsangebots in Betracht
kommenden Krankenanstalten eine ausreichende klinisch-psychologische und
gesundheitspsychologische Betreuung und ausreichende Versorgung auf dem Gebiet
der Psychotherapie angeboten wird (§ 11b).
Die
nähere Ausgestaltung dieses grundsatzgesetzlichen Rahmens obliegt der
Landesgesetzgebung, ebenso ist der Vollzug Landessache.
Im
intramuralen Bereich sollte daher eine flächendeckende psychologische Betreuung
von KrebspatientInnen sichergestellt sein, dies auch ohne (zusätzliche)
psychiatrische Diagnose.
Frage 5:
Psychoonkologische
Kompetenz ist im ÖKAP/GGP 2003 sowie im Entwurf zum ÖSG für onkologische
Versorgungsbereiche als Strukturqualitätskriterium definiert.
Psychoonkologische Kompetenz ist auch impliziert im Angebot von
psychosomatischer Versorgung und daher auch implizit in den Richtlinien zur
Strukturqualität von Departments für Psychosomatik gefordert. Die Einhaltung
dieser Richtlinien liegt im Verantwortungsbereich der Bundesländer.
Psychotherapeutinnen
und Psychotherapeuten sind auf Basis ihrer Ausbildung sowie der Verpflichtung
zu kontinuierlicher Weiterbildung gemäß Psychotherapiegesetz, BGBl.Nr.
361/1990, grundsätzlich zur psychotherapeutischen Behandlung aller
psychosozial oder psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und
Leidenszustände berechtigt. Die speziellen Bedürfnisse unterschiedlicher
Zielgruppen sind bereits Gegenstand der psychotherapeutischen Ausbildung.
Darüber hinaus sind spezifische Problemlagen definierter Zielgruppen bzw. deren
bedürfnis- und bedarfsgerechte Therapie Thema des breit gefächerten
psychotherapeutischen Fort- und Weiterbildungsangebotes.
Auch im Rahmen der
klinisch-psychologischen Behandlung stellt der psychoonkologische Bereich
eines von vielen Interventionsfeldern dar. Hier stellt die Ausbildung im Rahmen
eines postgraduellen Curriculums „Klinische Psychologie“ die Berechtigung für
die Arbeit mit kranken Menschen dar. Wie für die Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten
gilt auch für die klinischen Psychologinnen/Psychologen, dass sie gesetzlich
zur regelmäßigen Fort- und Weiterbildung sowie zur Beschränkung ihrer Tätigkeit
auf Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden, in denen sie nachweislich
ausreichend Kenntnisse erworben haben, verpflichtet sind.
Frage 6:
Ich verwiese auf meine
Antwort zu den Fragen 3 und 4.
Grundsätzlich wird
extramurale psychoonkologische Betreuung durch Psychologen/Psychologinnen und
Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen angeboten. Bei der österreichischen
Gesellschaft für Psychoonkologie kann Auskunft über Psychotherapeut/inn/en, die
speziell mit Krebspatient/inn/en arbeiten, erhalten werden. Auch in den in
allen Bundesländern eingerichteten Beratungszentren der Österreichischen
Krebshilfe wird Auskunft zu psychoonkologischen Fragen gegeben und Information
über psychotherapeutische und psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen geboten.
Ein Lösungsansatz zur
Finanzierung klinisch-psychologischer Behandlung im niedergelassenen Bereich
könnte, auch nach Auffassung des Hauptverbandes, darin bestehen, im Rahmen
eines Modellversuchs entsprechend der einschlägigen Art. 15a-Vereinbarung bzw.
der entsprechenden Bestimmungen des KAKuG klinisch-psychologische Behandlung
durch niedergelassene klinische Psychologinnen und Psychologen in
Zusammenarbeit mit dem stationären Bereich sowie dem niedergelassenen ärztlichen
Bereich zu erproben. Überdies könnte auch meine Absicht, eine Rechtsgrundlage
für Angehörige freiberuflich ausübbarer Gesundheitsberufe, sich auch
interdisziplinär zu Gesellschaften zusammenzuschließen, zu schaffen, eine
Verbesserung auf dem in Rede stehenden Gebiet bringen (ich verweise dazu auch
auf meine Ausführungen zu Frage 7).
Frage 7:
Grundsätzlich muss ich
darauf hinweisen, dass das Sozialversicherungsrecht keine Unterscheidung nach
Diagnosen trifft.
Ziel der medizinischen
Rehabilitation der Österreichischen Sozialversicherungsträger ist es, im
Anschluss an eine Krankenbehandlung die Gesundheit so weit wiederherzustellen,
dass eine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess bzw. in das Alltagsleben möglich
ist. Anträge auf Gewährung von Heilverfahren bei Tumorpatient/inn/en werden
bewilligt, wenn der postoperative Zustand eine rehabilitative Nachbehandlung
erfordert.
Derzeit stehen im
Rehabilitationszentrum Hochegg etwa 6 Bettenäquivalente für die onkologische
Rehabilitation zur Verfügung. Dazu kommen weitere 60 Betten durch die jüngst
erfolgte Erweiterung des Kurheimes Rosalienhof (Bad Tatzmannsdorf) der
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter um den Aufgabenbereich einer
Sonderkrankenanstalt für onkologische Rehabilitation. Hier werden auch
Tumorpatient/inn/en anderer Versicherungsträger aufgenommen. Darüber hinaus
gibt es für die Rehabilitation von Lymphödemerkrankungen, die häufig als Folge
von Krebserkrankungen entstehen, derzeit zwei spezialisierte Einrichtungen: das
Zentrum für Lymphologie im LKH Wolfsberg mit 20 Rehabilitationsbetten und das
Therapiezentrum Wittlinger (Walchsee) mit 43 Betten.
Zusätzlich sieht der
Rehabilitationsplan 2004 des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger
die Ausweitung der ambulanten Möglichkeiten für die Nachsorge bzw. ambulante
Rehabilitation unter Einbindung niedergelassener Ärzte/Ärztinnen sowie
Therapeuten/Therapeutinnen vor. Dabei sollen in einem ersten Schritt
Ausbildungskriterien, -inhalte und -umfang für die Ausbildung der
niedergelassenen Therapeuten/Therapeutinnen erarbeitet und Qualitätszirkel zur
Qualitätssicherung eingeführt werden. Ziel ist der Einsatz von
interdisziplinären Behandlungsteams unter der Leitung einer/s entsprechend
geschulten Ärztin/Arztes.
Frage 8:
Im Zuge der
Weiterentwicklung des Österreichischen Strukturplans Gesundheit (ÖSG) werden
auch der ambulante Versorgungsbereich sowie die Nahtstellen zwischen ambulantem
und stationärem Bereich miteinbezogen und somit auch Mindeststandards für die
psychosoziale Betreuung von Krebspatient/inn/en definiert werden. Voraussetzung
für die in Aussicht genommenen Arbeiten ist jedoch eine österreichweit
vollständige und einheitliche Dokumentation von Diagnosen und Leistungen im ambulanten
Bereich, die sich derzeit in Vorbereitung befindet.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Rauch-Kallat
Bundesministerin
Beilage
Anmerkung der
Parlamentsdirektion:
Die
vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image (siehe Anfragebeantwortung
gescannt) zur Verfügung.