3393/AB XXII. GP
Eingelangt am 18.11.2005
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BM für
Inneres
Anfragebeantwortung
Herrn
Präsidenten des Nationalrates
Univ. Prof. Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Wien, am November 2005
Die Abgeordneten zum Nationalrat, Bettina STADLBAUER
und GenossInnen haben am 20. September 2005 zur Zahl 3427/J an mich eine
schriftliche, parlamentarische Anfrage betreffend „Frauenhändlerring“ gestellt.
Diese Anfrage beantworte ich nach den mir zur Verfügung stehenden
Informationen wie folgt:
Zu Frage 1:
Nach Ansicht des Bundeskriminalamtes bestehen sehr wohl ausreichende
rechtliche Grundlagen zur Bekämpfung des Frauenhandels, insbesondere seit
Anpassung und Änderung des Strafgesetzbuches per 01. Mai 2004. Zu diesem
Zeitpunkt wurden insbesondere im 10. Abschnitt – Strafbare Handlungen gegen die
sexuelle Integrität und Selbstbestimmung – umfangreiche Änderungen und
Strafverschärfungen eingeführt.
Speziell zum Anlassfall kann festgehalten werden, dass nach bestehender
Gesetzeslage sehr wohl Kunden, welche wissentlich mit Jugendlichen
geschlechtliche Handlungen vornehmen, gem. § 207b StGB (Sexueller Missbrauch
von Jugendlichen) gerichtlich verfolgt werden und bei einer Verurteilung mit
Freiheitsstrafe zu rechnen haben.
Hinsichtlich der Rechte zum Schutze betroffener Frauen hat gerade
Österreich in Umsetzung internationaler Richtlinien und Konventionen sowie
aufgrund der verstärkten Bedeutung dieser Thematik für Österreich als Ziel- und
Transitland vorbildhafte Rahmenbedingungen geschaffen. Unter anderem wurde in
Österreich als eines der ersten europäischen Länder für betroffene Frauen ein
humanitärer Aufenthaltstitel im
Fremdengesetz geschaffen und in der Realität auch tatsächlich gewährt.
Es werden NGO´s finanziell
unterstützt und mit den für sie erforderlichen Informationen versorgt. Eine
Zusammenarbeit zwischen den bestehenden NGO´s und der Exekutive ist durch
Verträge und erlassene Dienstanweisungen sichergestellt und wird laufend einer
Verbesserung und Evaluierung zugeführt.
Aus
fremdenpolizeilicher Sicht ist zu bemerken, dass bereits das geltende FrG 1997
die Ausbeutung eines Fremden, der sich rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält,
über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt oder sich sonst in einem
Abhängigkeitsverhältnis befindet, mit gerichtlicher Freiheitsstrafe ahndet.
Durch das FPG 2005 wird bei diesem Delikt ein höherer Strafrahmen festgesetzt.
Darüber hinaus
sieht das FPG 2005 zur Bekämpfung der illegalen Migration beim Tatbestand der
Schlepperei eine Verschärfung insofern vor, als das Erfordernis der
Entgeltlichkeit wegfällt und für den qualifizierten Tatbestand der besonderen
Verwerflichkeit der Strafrahmen erhöht wird.
Zu Frage 2:
Eine öffentliche Stellungnahme zu dem in der Präambel beschriebenen
Sachverhalt lag in der Zuständigkeit der verantwortlichen Justizbehörden.
Zu Frage 3:
Laut Kriminalstatistik
2000
62 Frauen
2001
46 Frauen
2002
85 Frauen
2003
252 Frauen
2004
353 Frauen
2005
noch nicht
ausgewertet
Zu Frage 4:
In der Kriminalstatistik werden anonymisierte Täter- und Opferdaten
gespeichert.
Zu Frage 5:
Der Begriff „Prostituierten-Visa“ ist dem
Fremdengesetz fremd.
Für Personen, die in Österreich die Prostitution
ausüben wollen, wird eine Aufenthaltserlaubnis für den Zweck „Selbstständig, §
7 Abs. 4 Z 4 FrG“ ausgestellt. (nähere Beantwortung auch Frage 7)
Zu Frage 6:
Der Begriff „Showtänzerinnen-Visa“ ist dem Fremdengesetz fremd.
Für Personen, die in Österreich in GoGo-Lokalen und ähnlichen
Etablissements auftreten, wird – wenn die Selbstständigkeit gewährleistet ist –
eine Aufenthaltserlaubnis für den Zweck „kurzfristig Kunstausübende
selbstständig, § 90 Abs. 4 FrG“ ausgestellt.
(nähere Beantwortung auch Frage 7)
Zu Frage 7:
Die Zahlen zu den unter den Fragen 5 und 6 genannten Zwecken werden in
der jährlichen Fremdenstatistik veröffentlicht.
Bemerkt wird dazu, dass daraus aber weder die tatsächliche Anzahl an
Personen abgelesen werden kann, die im Bundesgebiet der Prostitution nachgehen
noch die Anzahl derer, die als Showtänzerinnen beschäftigt sind.
Zu Frage 8:
Gerade in diesem Bereich war es in den letzten Jahren mehrfach
notwendig, durch Erlässe eine für die Behörden vernünftige Administration zu
gewähren und gleichzeitig den in dieser Branche Tätigen einen möglichst hohen
Schutz vor Ausbeutung zu bieten. Zuletzt wurde vom BMI auf der Homepage eine
Analyse zum Thema Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen
Erwerbstätigkeit veröffentlicht, um den Fremdenpolizeibehörden eine
größtmögliche Hilfestellung bei der Erteilung der Aufenthaltstitel zu geben.
Zu Frage 9:
Antragsteller einer Aufenthaltserlaubnis sind immer die Fremden selbst
und keinesfalls die Künstleragenturen oder die Bordellbetreiber. Nur wenn bei
der Antragstellung alle notwendigen Unterlagen vorliegen – dazu gehören unter
anderem auch die behördlichen Bewilligungen der Bordellbetreiber -, kann der
angestrebte Titel auch erteilt werden, welcher wiederum von der Antragstellerin
persönlich abzuholen ist.
Eine namentliche Auflistung aller behördlich genehmigten Betriebe ist
seitens des BMI nicht möglich.
Zu Frage 10:
Eine Statistik über strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen
Agenturen gibt es nicht.
Zu Frage 11:
Bisher 1 Fall im Jahr 2002
Zu Frage 12:
Es gibt keine
Statistik, die eine Aussage über das Geschlecht von abgeschobenen Fremden
trifft.
Zu Frage 13:
Es können keine Angaben über die erteilten humanitären Aufenthaltstitel
an Opfer des Menschenhandels genannt werden, da die allgemeine Statistik keine
Unterscheidung macht, aus welchem Grund diese Titel erteilt worden sind.
Zu Frage 14:
Von LEFÖ-IBF, Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels, wurden
2000 – 2005 insgesamt 175 Betroffene des Frauenhandels untergebracht und
intensiv betreut. Zehn Frauen konnten mit Hilfe dieser Institution nachweislich
Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten.
Aufschlüsselung nach Jahren:
2000 29
Frauen
2001 31
Frauen
2002 20
Frauen
2003 45
Frauen
2004 27
Frauen
2005 23
Frauen
(ergänzende Angaben dazu auch bei Frage 20).
Zu Frage 15 bis 18:
Mit Anweisung des BM.I vom 4. Juli 2005 wurde
entsprechend den Regelungen des Abkommens des Europarates (Council of Europe
Convention on Action against Trafficking in Human Beings) geregelt, dass
mögliche Opfer des Menschenhandels jedenfalls von den Behörden darauf
hinzuweisen sind, dass eine Anregung auf Erteilung einer humanitären
Aufenthaltserlaubnis (bzw. nach dem 1.1.2006 Aufenthaltsbewilligung)
eingebracht werden kann.
Um den betroffenen Opfern die Entscheidung über
die Vorgehensweise betreffend ihre Zukunft und den weiteren Aufenthalt in
Österreich oder eine Rückkehr in die Heimat zu ermöglichen, ist ihnen eine
Bedenkzeit (recovery and reflection period) von mindestens 30 Tagen zu
gewähren.
Während dieser Zeit sind von den Behörden
keinerlei aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu setzen (vergleiche hiezu Artikel 13
des Abkommens).
Wenn festgestellt wurde, dass es sich um Opfer
des Menschenhandel handelt, können für diese Personen (und unter Umständen auch
für Kinder dieser Personen) Aufenthaltsbewilligungen aus humanitären Gründen
von mindestens 6 Monaten Gültigkeitsdauer gewährt werden, und - wenn es die
persönliche Situation des Opfers erforderlich macht - auch unabhängig davon ob
die Bereitschaft besteht, mit den Behörden zusammenzuarbeiten.
Zu Frage 19:
Einen effektiven Schutz für betroffene Frauen im Ausland, kann
Österreich bzw. die Sicherheitsexekutive nicht gewähren, falls gewünscht und
benötigt, werden aber Sicherheitsdienststellen oder NGOs im Heimatland um deren
Betreuung und Schutz gebeten.
Hinsichtlich der Frage nach den einzuholenden Informationen wird
angeführt, dass dies pauschal nicht beantwortet werden kann. Grundsätzlich ist
die Exekutive zur Wahrheitsfindung verpflichtet und hat dazu Angaben des Opfers
und der oder des Täters durch Einholung von Informationen zu überprüfen.
Zu Frage 20:
In Österreich gibt es seit 1998 die Interventionsstelle für Betroffene
des Frauenhandels. Die Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels
wird zur Hälfte vom Bundesministerium für Inneres und zur Hälfte vom
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen finanziert.
Aufgrund der steten Zunahme der von den Interventionsstellen für
Betroffene des Frauenhandels (IBF) betreuten Opfer wurde das Budget für die
Interventionsstelle gegen Betroffene des Frauenhandels trotz notwendiger
Kürzungen in anderen Bereichen kontinuierlich aufgestockt.
Die Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels wurde im Jahr
2004 vom BMI mit € 115.042,80 und im Jahr 2005 mit € 161.675,00 gefördert.
Ab dem Jahr 2006 erhält die
Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels vom BMI und vom BMGF einen
5-jährigen Rahmenvertrag.
Zu Frage 21:
Grundsätzlich werden zur Einvernahme von Opfern durch Frauenhandel
speziell geschulte Exekutivbeamte herangezogen.
Zu Frage 22:
Es gibt keine statistischen Aufzeichnungen über derartige
Telefonüberwachungen.
Zu Frage 23:
Über laufende Gerichtsverfahren können seitens des BM.I keine Auskünfte
erteilt werden.
Zu Frage 24 bis 26:
Die Finanzierung der
Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels erfolgt zu 50 % aus Mitteln des
Bundesministeriums für Inneres.
Aus diesen Mitteln wird unter
anderem auch die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Frauenhandel getragen. Durch
den Ausbau
der Kooperationsbasis, kontinuierliche Kommunikation und Zusammenarbeit mit
allen beteiligten Behörden und Institutionen, um die Betreuung der Frauen zu
koordinieren und Informationen hinsichtlich der rechtlichen und sozialen
Entwicklungen in Bezug auf Frauenhandel und seine Bedingungen in Ziel- und
Herkunftsländern auszutauschen, erfolgt eine weitflächige Bewusstseinsbildung
zum Thema Frauenhandel. Durch die Abhaltung von und Teilnahme an
Arbeitskreisen, Seminaren und anderen Veranstaltungen zum Thema Frauenhandel
wird die Vernetzung der beteiligten Einrichtungen und Behörden gefördert.
Eine darüber hinausgehende Medienkampagne ist
derzeit aufgrund der budgetären Rahmenbedingungen nicht geplant.