3456/AB XXII. GP

Eingelangt am 09.12.2005
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates
Parlament
1017 Wien

                       

GZ: BMI-LR2220/0155-II/3/05                        Wien, am   . Dezember 2005

              

 

Die Abgeordneten Posch und GenossInnen haben am 19. Oktober 2005 unter der Nr. 3545/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Verhängung von Schubhaft über minderjährige Asylwerber“ gerichtet.                                                      

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:    
Mit Erlass vom 9.12.1999, GZ: 31.340/12-III/16/99 und zusammenfassend abermals mit Erlass vom 10.4.2000, GZ: 31.340/17-III/16/00, wurde zum einen klargestellt, dass
„die besondere Stellung der Minderjährigen in der Rechtsordnung es erfordert, die Zahl der in Schubhaft angehaltenen Minderjährigen so gering wie möglich zu halten. Insbesondere im Lichte des Art 37 der UN-Kinderrechtskonvention soll die Anhaltung eines Minderjährigen in Schubhaft stets nur das letzte Mittel zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Fremdenpolizeibehörden sein“. Zum anderen wurden die Fremdenpolizeibehörden in den besagten Erlässen ausdrücklich angewiesen, über Minderjährige unter 14 Jahren „keinesfalls Schubhaft zu verhängen, sondern erforderlichenfalls ein gelinderes Mittel anzuwenden.“ 

In Umsetzung mehrerer Empfehlungen des Menschenrechtsbeirates, (vgl. Bericht vom 11.7.2000 „Minderjährige in Schubhaft“) wurden mit Erlass vom 2.10.2000,
GZ: 31.340/29-III/16/00,  die Grundsätze der eingangs erwähnten Erlässe in Erinnerung gerufen und darüber hinaus angewiesen, dass “für den Fall, dass unter Berücksichtung der mit der Altersschätzung verbundenen Bandbreite die Unterschreitung des gesetzlich vorgegebenen Mindestalters nicht ausgeschlossen werden kann, im Zweifel von der Minderjährigkeit des Betroffenen auszugehen ist.“
Darüber hinaus wurde in diesem Erlass angewiesen, „vor dem Hintergrund der im Fremdengesetz verankerten Sonderbestimmungen für Minderjährige … sicherzustellen, dass bei Fremden, die ihre Minderjährigkeit angeben, jedenfalls der gesetzliche Vertreter, bei unbegleiteten Minderjährigen der Jugendwohlfahrtsträger, informiert und in das Verfahren einbezogen wird“. Die Behörde hat dieser Verständigungspflicht ohne unnötigen Aufschub nachzukommen.

 

Zu Frage 2 :

Die Anordnungen betreffend Schubhaft und Minderjährige sind klar und unmissverständlich formuliert. Sie wurden mehrmals konkretisiert.

 

Zu Frage 3:

Nach den mir vorliegenden Informationen wurden in dem in der Anfrage genannten Zeitraum keine Minderjährigen unter 14 Jahren in Schubhaft genommen.

 

Zu Frage 4:

Hinsichtlich der Schubhaften bei Minderjährigen über 14 Jahren wurden von den Behörden folgende Zahlen gemeldet:

 

Schubhaft - § 61/1 FrG

2002

2003

2004

2005
(1.1. – 31.10.)

- 16 Jahre

58

69

25

11

16–18 (19)Jahre

293

307

250

130

 

Zu Frage 5: 
Mir ist kein Fall bekannt.

 

Zu Frage 6:    
Gegen den in Rede stehenden Fremden wurde von der Bezirkshauptmannschaft Baden mit Bescheid vom 17.9.2005 die Schubhaft zur Sicherung der (asylrechtlichen) Ausweisung verhängt und wurden die Gründe dafür im Schubhaftbescheid ausführlich dargelegt. Die
Behörde hatte von einer beabsichtigten Verfahrensverzögerung bzw.  -entziehung auszu-
gehen, da Genannter bereits im Zuge des Asylverfahrens einmal untergetaucht war und
überdies divergierende Angaben hinsichtlich seiner Identität und seines Alters gemacht hat. Mit einer allfälligen Straffälligkeit des Fremden steht die Anordnung der Schubhaft nicht im Zusammenhang.
Eine erhobene Schubhaftbeschwerde beim UVS-Niederösterreich wurde von diesem abgewiesen und festgestellt, dass die Verhängung der Schubhaft rechtmäßig war. 

Zu Frage 7:
Obwohl der in der Anfrage genannte Fremde unter mehreren Aliasidentitäten in Erscheinung getreten ist, ging der Unabhängige Bundesasylsenat in seiner Entscheidung erkennbar   ebenfalls von der Minderjährigkeit des Genannten aus.


Zu Frage 8:
§ 77 Abs. 1 FPG sieht vor, dass bei Minderjährigen grundsätzlich das gelindere Mittel anzuwenden ist.
Die Möglichkeit der Inschubhaftnahme musste als Auffangtatbestand aufrechterhalten werden, um Missbräuchen vorzubeugen (z.B. Untertauchen). Schubhaft kann dann verhängt werden, wenn deren Zweck durch das gelindere Mittel nicht erreicht werden kann.

Zu Frage 9:
Nach österreichischer Rechts- und Erlasslage ist die Verhängung der Schubhaft gegen Minderjährige nur als ultima ratio vorgesehen. Auch die UN-Kinderrechtskonvention lässt als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit die Verhängung der Schubhaft gegen Minderjährige zu.

Zu den Fragen 10 und 11:
Ja, aufgrund erweiterter Schubhafttatbestände, wie sie im § 76 FPG vorgesehen sind, ist mit einer Zunahme der Schubhaften zu rechnen.
Auch nach Inkrafttreten des FPG gelten im Zusammenhang mit Minderjährigen die Regelungen über die Anwendung gelinderer Mittel sowie die damit im Zusammenhang stehende bereits zu Frage 1 angeführte Erlasslage.

Zahlen können derzeit nicht angegeben werden, da diese auch abhängig von den nicht absehbaren Migrationsbewegungen sind.