3458/AB XXII. GP

Eingelangt am 09.12.2005
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BM für Gesundheit und Frauen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/0131-I/3/2005

Wien, am      30. November 2005

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 3504/J der Abgeordneten Doris Bures, Dr. Kräuter, Lackner und GenossInnen wie folgt:

 

 

Frage 1:

Nach § 448 ASVG unterliegen die Versicherungsträger nach dem ASVG und der Hauptverband samt ihren Anstalten und Einrichtungen der Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht über den Hauptverband, die Pensionsversicherungsanstalt und die Pensionsinstitute ist von der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, die Aufsicht über die sonstigen Ver­sicherungsträger ist von der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen als oberste Aufsichtsbehörde auszuüben. In Angelegenheiten, die in den Wirkungs­bereich beider Bundesministerinnen oder ausschließlich in den Wirkungsbereich der jeweils anderen Bundesministerin fallen, ist von der Bundesministerin, die die oberste Aufsicht ausübt, das Einvernehmen mit der anderen Bundesministerin herzustellen.

 

In Entsprechung der gesetzlichen Bestimmungen wurden und werden alle Be­schlüsse in den Verwaltungskörpern des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften hin über­prüft. Dafür bin ich in den Sitzungen der Verwaltungskörper in der Regel durch einen Vertreter/eine Vertreterin zur Wahrung der Interessen, die in meinen Wirkungsbereich fallen, vertreten.

 

Eine chronologisch nach Datum geordnete Übersicht der Ausübung der Aufsicht durch Teilnahme an den Sitzungen der Verwaltungskörper wird im Bundes­ministerium für Gesundheit und Frauen bislang nicht geführt. Aus gegebenem Anlass wurde die nachstehende demonstrative Aufstellung betreffend den Haupt­verband erhoben:

 

 

2003

 

Hauptversammlung

19.11.

 

 

 

Verwaltungsrat

1.4.

24.4.

26.5.

9.7.

18.12.

 

 

Geschäftsführung

10.3.

17.3.

7.4.

23.4.

12.5.

16.6.

1.8.

1.9.

15.9.

30.9.

13.10

11.11.

18.12.

 

 

 

Controllinggruppe

28.2.

19.9.

19.12.

 

Sozial- und Gesundheitsforum Österreich

17.3.

12.5.

30.9.

9.12.

 

 

 

 

2004

 

Hauptversammlung

14.1.

11.3.

16.4.

25.11.

 

Verwaltungsrat

19.2.

31.3.

14.4.

30.4.

24.6.

15.7.

23.9.

18.11.

16.12.

 

Geschäftsführung

21.1.

9.2.

15.3.

16.3.

23.3.

13.4.

14.4.

10.5.

18.5.

7.6.

17.6.

21.6.

13.7.

13.9.

23.9.

30.9.

11.10.

8.11.

6.12.

14.12.

16.12.

 

Controllinggruppe

11.2.

21.4.

27.5.

21.7.

21.9.

15.12.

 

 

2005

 

Trägerkonfernz

10.1.

4.2.

23.2.

14.4.

29.6.

30.9.

 

Verbandsvorstand

27.1. (4.2.)

16.2.

18.3.

31.3.

18.5.

15.6.

13.7.

14.9.

19.10.

 

 

 

 

 

Allein im Jahr 2005 wurden bis zum 24. Oktober 2005 in den Sitzungen der Ver­waltungskörper mehr als 335 Berichte behandelt; davon standen rund 30 mit Arznei­mitteln im weitesten Sinn in Zusammenhang.

 

Nach § 449 ASVG haben die Aufsichtsbehörden die Gebarung der Versicherungs­träger (des Hauptverbandes) zu überwachen und darauf hinzuwirken, dass im Zuge dieser Gebarung nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Sie kön­nen ihre Aufsicht auf Fragen der Zweckmäßigkeit erstrecken; sie sollen sich in diesem Falle auf wichtige Fragen beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) nicht un­nötig eingreifen. Die Aufsichtsbehörden können in Ausübung des Aufsichtsrechtes Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben.
 

Der Aufsichtsbehörde sind auf Verlangen alle Bücher, Rechnungen, Belege, Ur­kunden, Wertpapiere, Schriften und sonstige Bestände vorzulegen und alle zur Ausübung des Aufsichtsrechtes geforderten Mitteilungen zu machen; alle Ver­lautbarungen sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.

 

Für die laufende Prüfung der Gebarungsunterlagen der Kranken- und Unfallver­sicherung sowie die Untersuchungen der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes im Hinblick auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften sowie der Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist in meinem Ressort eine eigene Abteilung eingerichtet.

 

Im 2. Halbjahr 2003 wurden Teileinschauen bei den Gebietskrankenkassen in Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol, Burgenland sowie im Hauptverband durchgeführt.

 

Im Jahr 2004 erfolgten eine Prüfung beim Hauptverband bezüglich des Standes der Implementierung des Chip-Card-Systems in der Sozialversicherung sowie Querschnittprüfungen zur finanziellen Lage der Gebietskrankenkassen in Wien, Burgenland, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Tirol sowie der Sozialver­sicherungsanstalt der Bauern.

 

Im Jahr 2005 erfolgen Querschnittprüfungen zur trägerübergreifenden bzw. trägervergleichenden Erhebung der aktuellen Heilmittelaufwandsentwicklung und die Untersuchung der Praxis der Krankenversicherungsträger bei der Umsetzung der mit 1. Jänner 2005 eingetretenen Änderungen in der Administration der Ein­holung der Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes bei allen Ge­bietskrankenkassen, Sonderversicherungsträgern und dem Hauptverband.

Darüber hinaus erwächst aus der Aufsicht eine Reihe von Genehmigungsbe­fugnissen, wie etwa die Genehmigung von Bauführungen und Liegenschafts­transaktionen gemäß § 447 ASVG oder die Genehmigung von Satzungen (§ 355 ASVG) und Krankenordnungen (§ 456 ASVG), auf die hier nicht näher einge­gangen wird.
 
 

Frage 2:

Aus dem bisherigen Verständnis der einschlägigen Bestimmungen des AMG und auch aus der Rechtsprechung des OGH ergibt sich eindeutig, dass das Gewähren von Naturalrabatten im Arzneimittelbereich nach der bisher geltenden Rechtslage keinen Verstoß gegen das AMG darstellt und auch sonst nach wettbewerbsrechtlichen Regelungen nicht verboten ist. Im Einzelnen hat der OGH dazu entschieden, dass „§ 55 erster Satz AMG richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass zulässige Naturalrabatte nicht unter das Verbot fallen.“ Die in einer bestimmten oder lediglich nach Bruchteilen zu berechnenden Menge derselben Ware bestehende Zugabe war bisher sowohl nach österreichischem (§ 9a Abs 2 Z 6 UWG) als auch nach deutschem Recht (§ 1 Abs 2 lit c ZugabeVO) zulässig. Voraussetzung ist, dass die dazugegebene Ware mit der Hauptware qualitativ völlig identisch ist. Eine mit der Hauptware identische Mehrlieferung ist im Gegensatz zu einer Mehrlieferung, die aus verschiedenen Arzneispezialitäten besteht, nicht geeignet, den Preis zu verschleiern und aus anderen als rein sachlichen Überlegungen zum Kauf zu verleiten (vgl. 4 Ob 250/98p mwN).

 

Die RL 2001/83/EG (Humankodex) als zentrale gemeinschaftsrechtliche Grundlage des Arzneimittelrechts legt ausdrücklich fest, dass die in der Richtlinie enthaltenen Werbebestimmungen (Beschränkungen) die nationalen Praktiken bei Rabatten unberührt lassen. Somit ist dem OGH zuzustimmen, dass nach der bisherigen Rechtslage § 55 AMG keine taugliche Rechtsgrundlage für ein Verbot von Rabatten (sowohl Geld- als auch Naturalrabatten) bietet, da Rabatte auf Basis der geltenden Rechtslage keine gemäß § 55 AMG verbotenen Zuwendungen sind.

 

 

Frage 3:

Da es derzeit weder im Gesetz, noch in der Rechtsprechung zu § 55 AMG eindeutig festgelegte Grenzen gibt, könnte sich der nach § 55 AMG zulässige Wert einer Zuwendung an der Rechtsprechung zu Fällen der Geschenkannahme durch Beamte, der bei ca. 70 € liegt, orientieren. Im BMGF befindet sich derzeit eine VO in Ausarbeitung, die nähere Regelungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Zuwendungen an zur Verschreibung oder Abgabe berechtigte Personen enthalten wird, und erlassen werden soll, soweit das Gesetz tatsächlich mit 1.1.2006 in Kraft treten kann.

 

Rabatte an sich sind, im Sinne des zu Frage 2) Gesagten, im geltenden Recht nie eine Prämie, die nach § 55 AMG zu beurteilen wäre.

Es ist aber darauf hinzuweisen, dass selbst bei der Einordnung eines Rabattes als Prämie im Sinn des § 55 AMG die Frage der Zulässigkeit eines solchen Rabattes auf Grund seiner prozentualen Höhe nie ohne Berücksichtigung des Verkaufspreises und der Menge der gelieferten Ware beurteilt werden kann. Der zweite Teil der Frage 3) kann daher nicht sinnvoll beantwortet werden.

 

Frage 4:

Da mit der teilweisen Neuregelung des europäischen Arzneimittelrechts durch die Richtlinien 2004/24/EG, 2004/27/EG und 2004/28/EG auch eine Überarbeitung der Werbebestimmungen im AMG notwendig wurde und dabei schon auf gesetzlicher Ebene gerade im Hinblick auf die Fragen der Zuwendungen an ÄrztInnen und ApothekerInnen Konkretisierungen erfolgen mussten, wäre eine VO auf Basis der alten Rechtslage nicht zielführend gewesen. Die AMG-Novelle 2005 (geplantes Inkrafttreten 1.1.2006) erhält eine wesentlich detaillierte VO-Ermächtigung zur näheren Konkretisierung der Geringwertigkeit von Prämien, des zulässigen Repräsentationsaufwands und zur Angemessenheit von Reise- und Aufenthaltskosten bei wissenschaftlichen Veranstaltungen. Diese VO befindet sich gerade in Erarbeitung.

 

 

Frage 5:

Da Naturalrabatte im geltenden AMG bisher nicht unzulässig waren und sich darüber hinaus im AMG auch keine VO-Ermächtigung für ein Verbot von Naturalrabatten findet, konnte die bestehende Praxis bei Naturalrabatten nicht durch eine VO abgestellt werden.

 

 

Frage 6:

Da die bisherige Interpretation der Werbebestimmungen im AMG Naturalrabatte nicht verbietet, ich die bestehende Praxis aber ausdrücklich verändern möchte, wurde durch die AMG-Novelle 2005 bewusst der Weg beschritten, das diesbezügliche Verbot ausdrücklich ins AMG aufzunehmen (vgl. § 55b der RV, 1092 der Beilagen), um dadurch für eine rechtliche Absicherung des Verbots auf Gesetzesebene zu sorgen.

 

 

Frage 7:

Wie schon zu Frage 2 ausgeführt, sind Naturalrabatte im Sinne der Rechtsprechung bisher eben nicht verboten, sondern vom OGH als zulässig erachtet worden. Auch für den Weiterverkauf gibt es keine Beschränkungen, da es sich nicht um Gratismuster (Ärztemuster) im Sinne des § 58 AMG handelt. Sie sind keine Abgabe von Gratismustern zum Zwecke der Verkaufsförderung, wie sie nach dem AMG eingeschränkt wäre, „sondern eine Mehrlieferung“ (vgl. OGH 4 Ob346/98f).

 

 

Frage 8:

Es gibt einen ärztlichen Verhaltenskodex (Beschluss der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer vom 24.5.2005) bei der Zusammenarbeit mit der Pharma- und Medizinprodukteindustrie, der in der Österreichischen Ärztezeitung am 12.9.2005 veröffentlicht wurde. Darüber hinaus gibt es einen Verhaltenskodex der Pharmig. Diese beiden werden häufig als „Code of Conduct“ bezeichnet. Von Seiten meines Ressorts wird entsprechend der durch die AMG-Novelle 2005 geschaffenen VO-Ermächtigung eine VO erarbeitet (siehe Fragen 3 und 4).

 

 

 

 

Frage 9:

Durch das geplante Verbot der Naturalrabatte wird es gelingen, die überschießende Praxis bei der Gewährung von Naturalrabatten (teilweise 100%-200%) zu beenden. Alle meinem Ressort bekannt gewordenen Fälle beziehen sich ausschließlich auf Naturalrabatte. Es ist zu erwarten, dass durch das Verbot der Naturalrabatte eine größere Transparenz über die tatsächlich gewährten Rabatte entsteht.

 

 

Frage 10:

Rabatte sind, wie oben erwähnt, vom AMG bisher nicht verboten. Durch die AMG-Novelle 2005 wird erstmals eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen werden,  behördliche Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung der Werbevorschriften zu ermöglichen (§ 56a der RV).

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin