3548/AB XXII. GP
Eingelangt am 09.01.2006
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ. BMF-310205/0130-I/4/2005
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage
Nr. 3597/J vom 9. November 2005 der Abgeordneten Franz Riepl,
Kolleginnen und Kollegen, betreffend dessen Kritik an den Lohnabschlüssen der
Metaller, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:
Einleitend halte ich ausdrücklich fest,
dass das österreichische Modell der Sozialpartnerschaft zu einem für
gesamtwirtschaftliche Erfolge bedeutsamen Umfeld beiträgt und ich zu keinem
Zeitpunkt die Autonomie der Sozialpartner bei Kollektivvertragsverhandlungen in
Frage gestellt habe. Als Finanzminister trage ich aber auch die Verantwortung
für die Makropolitik bzw. Stabilitätspolitik unseres Landes und habe die
Pflicht die Bevölkerung über aktuelle Diskussionen und Entwicklungen zu
informieren. Die zitierten Aussagen entstanden im Zuge der Diskussion der
EU-Finanzminister am 8. November 2005 angesichts der von der EZB angekündigten
Zinserhöhung. Im Rahmen der Makro- bzw. Stabilitätspolitik ist auf die Balance
der volkswirtschaftlichen Größen wie etwa Kaufkraft und Inflation zu achten.
Wird nämlich durch das Außerachtlassen des erforderlichen Gleichgewichts eine
Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt, so bedeutet dies, den Wohlstand der
ÖsterreicherInnen und den Arbeitsmarkt zu gefährden. Es ist somit im Interesse
aller BürgerInnen, wenn man darauf hinweist, dass auch in Lohnverhandlungsrunden
die Faktoren Geldwertstabilität, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum
ebenso wichtige Größen wie die Kaufkraft darstellen müssen.
Nun zu den konkreten Fragen:
Zu 1. und 2.:
Wie bereits in der Einleitung ausgeführt,
sehe ich keine Veranlassung, die Autonomie der Sozialpartner bei
Kollektivvertragsverhandlungen in Frage zu stellen. Lohnpolitik fällt in die
Zuständigkeit der Sozialpartner. Allerdings muss der Hinweis darauf, dass die
Lohnpolitik neben der Kaufkraft unter anderem auch die Wettbewerbsfähigkeit
berücksichtigen muss, zulässig sein.
Zu 3. und 4.:
Die Aussagen zur Lohnmäßigung vom
8. November 2005 entstanden im Zuge der Diskussion um eine Zinserhöhung
durch die EZB. Damals warnte die EZB davor, dass die ArbeitnehmerInnen eine
Inflationsabgeltung für die höheren Energiepreise fordern könnten und kündigte
daher eine Zinserhöhung an.
Da die Unternehmen bereits aufgrund der
höheren Energiepreise höhere Kosten zu tragen haben, würden Abgeltungen für die
allein ölinduzierten Inflationsanteile die Unternehmerseite doppelt belasten.
Durch diesen Kostendruck würden Preiserhöhungen von Seiten der Unternehmen
ausgelöst werden. Dies würde die Inflation erneut anheizen, die Kaufkraft
schwächen und zusätzlich – über eine Zinserhöhung der EZB – auch negative
Einflüsse auf die Konjunktur ausüben. Die dabei in Gang gesetzte
Lohn-Preis-Spirale würde den Wohlstand der ÖsterreicherInnen und den
Arbeitsmarkt gefährden.
Mein Aufruf zur Berücksichtigung der
volkswirtschaftlichen Kennzahlen in der Lohnpolitik bezog sich dabei auf den
Umstand, dass die vereinbarten Steigerungen für die Metaller in einer Höhe von
3,1 % deutlich über der Inflation im Ausmaß von 2,3 % liegen. Er diente
primär dem Ziel, eine Zinserhöhung der EZB zu verhindern. Es ist wichtig,
klare Signale der Entspannung an die EZB geben zu können, denn: Niedrige
Zinsen sichern in der aktuellen Konjunktursituation Wachstum und Beschäftigung
und sind im Interesse aller ÖsterreicherInnen.
Zu 5.:
Grundsätzlich ist anzumerken, dass
übermäßige Lohnerhöhungen zum einen der Einbremsung der Inflation
entgegenwirken und sich zum anderen überhöhte Personalkosten negativ auf den
Wirtschaftsstandort Österreich auswirken, da die Gefahr von
Betriebsabsiedelungen und damit verbunden eine Schwächung des Arbeitsmarktes
erhöht wird.
Die Stärkung der Kaufkraft war und ist
dieser Bundesregierung ein besonderes Anliegen. Deshalb wurde beispielsweise
auch im Zuge der beiden Etappen der Steuerreform das steuerfreie Basiseinkommen
angehoben und zudem eine massive Entlastung durch den neuen
Einkommensteuertarif herbeigeführt. In diesem Zusammenhang weise ich auch auf
das spezielle Familienpaket mit den Maßnahmen zur Unterstützung der AlleinverdienerInnen
und der AlleinerzieherInnen hin. Es wurden somit gezielte Maßnahmen zur
Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen bzw. des Mittelstandes gesetzt. So
beträgt die Entlastung durch die Steuerreform 2004/05 bei einem monatlichen Bruttobezug
von € 1200 jährlich ca. € 630 bzw. bei einem monatlichen Bruttobezug von € 3300
jährlich ca. € 480.
Zur Stärkung der Kaufkraft, zur
Reduzierung der Arbeitslosigkeit und zur Stärkung des Beschäftigungs- und
Wirtschaftsstandortes wurden von dieser Bundesregierung gezielte, nachhaltige
Maßnahmen gesetzt. Die Maßnahmenpakete der Bundesregierung zwischen 2002 und
2006 weisen ein Gesamtvolumen von ca. 5,3 Mrd. Euro auf und haben bis zu 1,4
Prozentpunkte zusätzliches Wachstum und die Schaffung bzw. Sicherung von bis zu
63.000 Arbeitsplätzen erreicht. Ganz im Gegensatz zu vorangegangenen
Regierungsperioden konnte eine nachhaltige Konsolidierung des öffentlichen
Haushaltes erreicht werden.
Die steuerlichen Maßnahmen reichen
dabei von solchen, die direkt jedem Einzelnen zu Gute kommen, bis hin zur
indirekten Stützung aller ArbeitnehmerInnen durch eine Stärkung der
Unternehmen. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung entsprechende Maßnahmen
für die österreichische Wirtschaft, wie beispielsweise die Herabsenkung des
Körperschaftsteuersatzes von 34% auf 25%, gesetzt. Die Förderung der Auftragsforschung
kommt insbesondere Klein- und Mittelunternehmen zu Gute.
Aufgrund der gestiegenen Energiepreise
und der dadurch verursachten Kaufkraftminderung der BürgerInnen wurden sowohl
das Pendlerpauschale wie auch das Kilometergeld angehoben. Weiters wurde die
Offensive gegen Schwarzarbeit und Steuerbetrug fortgeführt: dazu weise ich
beispielsweise auf die unter dem Titel "Aktionstag Bau" durchgeführte
bundesweite Aktion am 9. November 2005 hin; dabei wurden zu den Schwerpunkten
Bekämpfung der illegalen Beschäftigung im Bau- und Baunebengewerbe, Einbringung
von Abgabenrückständen und Überprüfung der Einhaltung abgaben- und
sozialversicherungsrechtlicher Pflichten spezial- aber auch generalpräventive
Erfolge verbucht. Weiters verweise ich auf die EU-weite Initiative Österreichs
zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges hin: durch die Einführung des Reverse
Charge Systems bei Rechnungen über
€ 10.000,-- soll zukünftig in allen Unternehmensbranchen dem Umsatzsteuerbetrug
ein Riegel vorgeschoben werden. Durch die gezielten Betrugsbekämpfungsmaßnahmen
wird die nachhaltige Stärkung der Wirtschaft, die Entlastung der BürgerInnen,
eine Erhöhung der Beschäftigungsrate und eine Stärkung der Kaufkraft
gewährleistet.
Es wäre kurzsichtig, die Kaufkraft
allein über Lohnverhandlungen stärken zu wollen. Die dabei zu erzielenden
vermeintlichen Steigerungen der Kaufkraft würden durch eine gleichzeitig
ausgelöste Lohn-Preis-Spirale zu einer Destabilisierung des
volkswirtschaftlichen Gleichgewichtes und damit zu einem Wohlstandsverlust
führen. Neben der Steuerreform ist es daher ein Ziel der Bundesregierung sowie
der EU, den Wettbewerb auf den Produktmärkten zu stärken. Dadurch sinken die Preise
und die reale Kaufkraft wird gestärkt. Moderate Lohnerhöhungen im öffentlichen
Dienst haben das Ziel, die Ausgabendynamik einzubremsen. Spielräume für
Steuersenkungen können so erreicht werden. Niedrigere Steuern bedeuten höhere
Kaufkraft. Niedrigere Steuern bieten mehr Anreize, da die BürgerInnen mehr Geld
für eigene Leistung erhalten. Nur so kann die Wirtschaft angekurbelt werden.
Mit freundlichen Grüßen